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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
November 2019
20. Jahrgang
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1062. BVerfG 2 BvR 650/19 (2. Kammer des Zweiten Senats) – Beschluss vom 17. September 2019 (OLG Celle / LG Osnabrück)
Lockerungen im Strafvollzug zur Erhaltung der Lebenstüchtigkeit langjährig Inhaftierter (Grundrecht auf Resozialisierung; Vollzugslockerungen auch ohne Anzeichen einer haftbedingten Deprivation und ohne konkrete Entlassungsperspektive; Erforderlichkeit zumindest von Ausführungen; Ausschluss einer konkreten Missbrauchs- oder Fluchtgefahr durch geeignete Sicherheitsvorkehrungen); Recht auf effektiven Rechtsschutz (Absehen von einer Entscheidungsbegründung durch das Rechtsbeschwerdegericht; offenkundiges Abweichen von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts).
Art. 1 Abs. 1 GG; Art. 2 Abs. 1 GG; Art. 19 Abs. 4 GG; § 11 StVollzG; § 109 StVollzG; § 119 Abs. 3 StVollzG
1063. BVerfG 2 BvR 681/19 (2. Kammer des Zweiten Senats) – Beschluss vom 18. September 2019 (OLG Koblenz / LG Koblenz)
Lockerungen im Strafvollzug zur Erhaltung der Lebenstüchtigkeit langjährig Inhaftierter (Grundrecht auf Resozialisierung; Vollzugslockerungen auch ohne konkrete Entlassungsperspektive und nicht erst bei Anzeichen einer haftbedingten Deprivation; Erforderlichkeit zumindest von Ausführungen; Ausschluss einer konkreten Missbrauchs- oder Fluchtgefahr durch geeignete Sicherheitsvorkehrungen; Beurteilungsspielraum der Justizvollzugsanstalt; Nachprüfung durch die Vollstreckungsgerichte).
Art. 1 Abs. 1 GG; Art. 2 Abs. 1 GG; § 11 StVollzG; § 109 StVollzG; § 48 Abs. 1 Satz 1 LJVollzG RP
1. Eine Strafvollstreckungskammer verkennt Bedeutung und Tragweite des Resozialisierungsanspruchs des Strafgefangenen, wenn sie der Justizvollzugsanstalt hinsichtlich der Versagung von Vollzugslockerungen einen deutlich zu weiten Beurteilungsspielraum einräumt und die Gewährung von Lockerungen erst dann („zwingend“) für geboten erachtet, wenn der Gefangene Anzeichen einer drohenden haftbedingten Depravation aufweist.
2. Das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG verpflichtet den Staat, den Strafvollzug auf eine Resozialisierung des Gefangenen auszurichten. Dies gilt auch für den Vollzug einer lebenslangen Freiheitsstrafe. Besonders bei langjährig Inhaftierten ist es erforderlich, aktiv den schädlichen Auswirkungen des Freiheitsentzuges entgegenzuwirken und die Lebenstüchtigkeit des Betroffenen in Freiheit zu erhalten und zu festigen.
3. Die Versagung von Vollzugslockerungen nach mehrjährigem Freiheitsentzug berührt den grundrechtlich geschützten Resozialisierungsanspruch des Strafgefangenen. Sie darf nicht auf lediglich abstrakte Wertungen gestützt werden. Vielmehr sind im Rahmen einer Gesamtwürdigung konkrete Anhaltspunkte darzulegen, die geeignet sind, eine Flucht- oder Missbrauchsgefahr in der Person des Gefangenen zu begründen.
4. Bei langjährig Inhaftierten können auch ohne Bestehen einer konkreten Entlassungsperspektive zumindest Lockerungen in Form von Ausführungen verfassungsrechtlich geboten sein, bei denen die Justizvollzugsan-
stalt einer angenommenen Flucht- oder Missbrauchsgefahr durch geeignete Sicherheitsvorkehrungen entgegenwirkt.
5. Die Versagungsgründe der Flucht- und Missbrauchsgefahr eröffnen der Vollzugsbehörde bei ihrer Prognoseentscheidung einen Beurteilungsspielraum. Gleichwohl haben die Vollstreckungsgerichte den Sachverhalt umfassend aufzuklären und dabei festzustellen, ob die Vollzugsbehörde eine hinreichende tatsächliche Grundlage für ihre Entscheidung geschaffen hat.
1064. BVerfG 2 BvR 903/18 (2. Kammer des Zweiten Senats) – Beschluss vom 23. September 2019 (OLG Frankfurt am Main / LG Marburg)
Besondere Sicherungsmaßnahmen im Maßregelvollzug (Recht auf effektiven Rechtsschutz; gerichtliche Sachaufklärungspflicht; fehlende Aufklärung sich widersprechenden Vorbringens der Beteiligten; Absehen von einer Entscheidungsbegründung durch das Rechtsbeschwerdegericht; offenkundiges Abweichen von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts).
Art. 19 Abs. 4 GG; § 119 Abs. 3 StVollzG; § 20 Abs. 2 HMRVG; § 34 HMRVG
1. Die durch Art. 19 Abs. 4 GG gebotene wirksame gerichtliche Kontrolle im Sinne einer umfassenden Prüfung des Verfahrensgegenstandes gebietet eine zureichende Aufklärung des jeweiligen Sachverhalts durch die Fachgerichte.
2. Beanstandet ein im Maßregelvollzug Untergebrachter, die Vollzugseinrichtung habe ihm nach einem Fluchtversuch als besondere Sicherungsmaßnahmen in rechtswidriger Weise bestimmte Kleidungsstücke vorenthalten und ihm den Kontakt zu Justizbehörden verwehrt, so verletzt die Strafvollstreckungskammer den Anspruch auf eine wirksame gerichtliche Kontrolle, wenn sie trotz sich widersprechenden tatsächlichen Vorbringens der Beteiligten nicht aufklärt, welche Kleidung dem Untergebrachten zur Verfügung gestanden hat und ob ihm eine Kontaktaufnahme mit Gerichten und Staatsanwaltschaft verboten worden ist.
3. Sieht das Rechtsbeschwerdegericht von einer Begründung seiner Entscheidung ab, so ist dies mit dem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz bereits dann nicht vereinbar, wenn die angegriffene Entscheidung offenkundig von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts abweicht, so dass erhebliche Zweifel an ihrer Vereinbarkeit mit Grundrechten bestehen.
1065. BVerfG 2 BvR 1165/19 (2. Kammer des Zweiten Senats) – Beschluss vom 18. September 2019 (OLG Hamm / LG Bielefeld)
Lockerungen im Strafvollzug zur Erhaltung der Lebenstüchtigkeit langjährig Inhaftierter (Grundrecht auf Resozialisierung; Vollzugslockerungen auch ohne konkrete Entlassungsperspektive und nicht erst bei Anzeichen einer haftbedingten Deprivation; Erforderlichkeit zumindest von Ausführungen; Ausschluss einer konkreten Missbrauchs- oder Fluchtgefahr durch geeignete Sicherheitsvorkehrungen; Beurteilungsspielraum der Justizvollzugsanstalt; Nachprüfung durch die Vollstreckungsgerichte).
Art. 1 Abs. 1 GG; Art. 2 Abs. 1 GG; § 11 StVollzG; § 109 StVollzG; § 53 Abs. 3 Satz 1 StVollzG NRW
1066. BVerfG 2 BvR 2100/18 (2. Kammer des Zweiten Senats) – Beschluss vom 17. Oktober 2018 (OLG Celle)
Einstweilige Anordnung gegen eine Auslieferung an Rumänien zum Zwecke der Strafverfolgung aufgrund eines Europäischen Haftbefehls (Mindestanforderungen an die Haftbedingungen im ersuchenden Staat; Recht auf den gesetzlichen Richter und Pflicht zur Vorlage an den Europäischen Gerichtshof; Beschränkung der Prüfung auf die erste Haftanstalt; anteilige Fläche von lediglich mehr als 3 m2 in einem Gemeinschaftshaftraum; Folgenabwägung zugunsten des Verfolgten).
Art. 1 Abs. 1 GG; Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG; § 32 Abs. 1 BVerfGG; Art. 267 Abs. 3 AEUV; Art. 4 GRCh; Art. 3 EMRK
1067. BGH 3 StR 130/19 – Beschluss vom 25. Juni 2019 (LG Oldenburg)
Wohnungseinbruchsdiebstahl in eine dauerhaft genutzte Privatwohnung (strafschärfende Beeinträchtigung psychischer Beeinträchtigungen des Opfers; Doppelverwertungsverbot; Konkurrenzen bei Deliktsserie); gesamtschuldnerische Haftung bei Einziehung.
§ 244 Abs. 1, Abs. 4 StGB; § 46 Abs. 3 StGB; § 52 StGB; § 53 StGB; § 73 StGB
1068. BGH 3 StR 155/19 – Beschluss vom 9. Juli 2019 (LG Osnabrück)
Abschiebung des verteidigten Angeklagten regelmäßig kein Verfahrenshindernis im Revisionsverfahren (Aufgabenteilung zwischen Tat- und Revisionsgericht; Ausnahme bei Unmöglichkeit der Kontaktaufnahme mit dem Verteidiger).
§ 205 StPO; § 206a StPO
1069. BGH 3 StR 160/19 – Beschluss vom 24. Juli 2019 (LG Düsseldorf)
Klarstellung der Urteilformel hinsichtlich der Einziehungsentscheidung (Auslegungsbedürftigkeit und -fähigkeit der Einziehungsentscheidung).
§ 260 StPO; § 458 StPO; § 73 StGB
1070. BGH 3 StR 165/19 – Beschluss vom 7. August 2019 (LG Wuppertal)
Recht auf ein faires Verfahren („offenkundiger Mangel der Verteidigung“ bei unterlassener Revisionsbegründung durch einen Pflichtverteidiger; nach Überzeugung des Verteidigers aussichtsloses Rechtsmittel; eigenes Verschulden des Angeklagten).
Art. 6 Abs. 3 lit. c EMRK; § 341 StPO; § 344 StPO
1071. BGH 3 StR 178/19 – Beschluss vom 20. August 2019 (LG Koblenz)
Anzuwendende Rückfallverjährungsfristen bei der Anordnung der Sicherungsverwahrung.
§ 66 Abs. 4 StGB
1072. BGH 3 StR 189/19 – Beschluss vom 6. August 2019 (LG Krefeld)
Mittäterschaft beim Raub mit Todesfolge (Tatherrschaft als ein Kriterium innerhalb der wertenden Gesamtbetrachtung).
§ 25 Abs. 2 StGB; § 249 StGB; § 251 StGB
1073. BGH 3 StR 190/19 – Beschluss vom 6. August 2019 (LG München)
Vorsätzliche Leugnung des unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangenen Völkermords an den europäischen Juden (offenkundige historische Tatsache; in-Abrede-Stellen; persönliche Überzeugung von der Richtigkeit der eigenen Behauptung; Eventualvorsatz; bewusstes Ignorieren der Realität; Beweiswürdigung); Mittäterschaft (Tatherrschaft als ein Kriterium innerhalb der wertenden Gesamtbetrachtung); Konkurrenzen (einheitliche Tat bei Verwirklichung mehrerer Tatvarianten zu Lasten desselben Opfers).
§ 130 StGB; § 15 StGB; § 25 Abs. 2 StGB; § 52 StGB; § 261 StPO
1074. BGH 3 StR 46/19 – Beschluss vom 6. August 2019 (LG Trier)
Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (sichere Begründung der zumindest erheblich eingeschränkten Schuldfähigkeit; verminderte Einsicht in das Unrecht der Tat; Einsichtsfähigkeit); Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Anforderungen an die Feststellung des Wirkstoffgehalts).
§ 20 StGB; § 21 StGB; § 63 StGB; § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG
1. Die grundsätzlich unbefristete Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB ist eine außerordentlich belastende Maßnahme, darf nur dann angeordnet werden, wenn zweifelsfrei feststeht, dass der Unterzubringende bei der Begehung der Anlasstaten schuldunfähig oder vermindert schuldfähig war und die Tatbegehung hierauf beruht. Dies setzt die positive Feststellung eines länger andauernden, nicht nur vorübergehenden Defekts voraus, der zumindest eine erhebliche Einschränkung der Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB sicher begründet.
2. Eine erhebliche Verminderung der Fähigkeit des Beschuldigten, das Unrecht der Taten einzusehen (§ 21 StGB), begründet nicht die sichere Feststellung einer mangelnden oder eingeschränkten Schuldfähigkeit. In diesem Fall kommt es darauf an, ob der Täter trotz generell verminderter Einsichtsfähigkeit die Einsicht im konkreten Fall hatte oder nicht. Erkannte er das Unrecht seiner Tat, handelte er – unbeschadet seiner eingeschränkten Einsichtsfähigkeit – voll schuldhaft; im anderen Falle kann § 21 StGB dagegen nur angewendet werden, wenn dem Täter das Fehlen der Unrechtseinsicht vorzuwerfen ist. Kann ein solcher Vorwurf nicht erhoben werden, greift § 20 StGB ein mit der Folge, dass eine Bestrafung ausscheidet.
1075. BGH 3 StR 252/19 – Beschluss vom 7. August 2019 (LG Wuppertal)
Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (Hang; Neigung zum Konsum von Rauschmitteln; soziale Gefährdung; Beeinträchtigung von Gesundheit, Arbeit- und Leistungsfähigkeit; Beschaffungskriminalität).
§ 64 StGB
Für die Annahme eines Hangs im Sinne des § 64 StGB genügt eine eingewurzelte, auf psychische Disposition zurückgehende oder durch Übung erworbene Neigung, immer wieder Rauschmittel zu konsumieren, wobei diese Neigung noch nicht den Grad einer physischen Abhängigkeit erreicht haben muss. Ein übermäßiger Genuss von Rauschmitteln ist jedenfalls dann gegeben, wenn der Betreffende auf Grund seiner Neigung sozial gefährdet oder gefährlich erscheint. Das kommt nicht nur dann in Betracht, wenn der Betroffene Rauschmittel in einem solchen Umfang zu sich nimmt, dass seine Gesundheit, Arbeits- und Leistungsfähigkeit dadurch erheblich beeinträchtigt werden, sondern insbesondere auch bei Beschaffungskriminalität.
1076. BGH 3 StR 257/19 – Beschluss vom 24. Juli 2019 (LG Stade)
Verhältnis von gewerbsmäßiger Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige und Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge.
§ 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BtMG; § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG; § 30 Abs. 1 Nr. 2 BtMG
1077. BGH 3 StR 258/19 – Beschluss vom 6. August 2019 (LG Düsseldorf)
Erschöpfung von Anklage und Eröffnungsbeschluss unabhängig von konkurrenzrechtlicher Bewertung; Feststellungsantrag des Adhäsionsklägers (Feststellungsinteresse).
§ 200 StPO; § 203 StPO; § 406 StPO
1078. BGH 3 StR 267/19 – Beschluss vom 7. August 2019 (LG Koblenz)
Vermögensschaden durch Verrechnung mit einer offenen Gegenforderung (Absehen von der alsbaldigen Betreibung; rechtlicher Bestand des Anspruchs; Realisierbarkeit bei sofortiger Geltendmachung).
§ 263 StGB
1079. BGH 3 StR 279/19 – Beschluss vom 23. Juli 2019 (LG Mönchengladbach)
Rechtsfehlerhafte Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes.
§ 176 StGB
1080. BGH 3 StR 306/19 – Beschluss vom 5. September 2019 (LG Mönchengladbach)
Zinsanspruch des Adhäsionsklägers.
§ 403 StPO
1081. BGH 3 StR 307/19 – Beschluss vom 5. September 2019 (LG Trier)
Vollendung der Wegnahme beim Raub (Gewahrsam; Sachherrschaft; Verkehrsauffassung; handliche und leicht bewegliche Sachen; Verbergen in der Kleidung; kurzfristige Übergabe).
§ 249 StGB
1082. BGH 3 StR 325/19 – Beschluss vom 21. August 2019 (LG Hannover)
Keine Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus allein aufgrund festgestellter verminderter Einsichtsfähigkeit.
§ 63 StGB; § 21 StGB
Eine verminderte Einsichtsfähigkeit ist strafrechtlich erst dann von Bedeutung, wenn sie das Fehlen der Unrechtseinsicht zur Folge hat. Ein Täter, der trotz verminderter Einsichtsfähigkeit im konkreten Fall die Einsicht in das Unrecht der Tat besitzt, ist, sofern nicht seine Steuerungsfähigkeit erheblich eingeschränkt ist, voll schuldfähig. Die Feststellung einer verminderten Einsichtsfähigkeit allein kann deshalb eine Unterbringung nach § 63 StGB nicht rechtfertigen. Nimmt das Tatgericht eine erheblich verminderte Einsichtsfähigkeit des Täters an, so muss es vielmehr darüber befinden, ob diese das Fehlen der Unrechtseinsicht bei der Tat zur Folge hatte oder nicht.
1083. BGH 3 StR 341/19 – Beschluss vom 17. September 2019 (LG München)
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Anwendbarkeit der nachträglichen Gesamtstrafenbildung (letzte tatrichterliche Sachentscheidung; Zurückverweisung nach Aufhebung in der Revision; abweichender Zeitpunkt bei Ermittlung des Vollstreckungsstandes); Entscheidung über Gesamtstrafenbildung im Beschlussverfahren.
§ 55 StGB; § 460 StPO
1084. BGH 3 StR 355/19 – Beschluss vom 17. September 2019 (LG Hannover)
Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (lediglich indizielle Bedeutung der Beeinträchtigung von Gesundheit, Arbeits- und/oder Leistungsfähigkeit für das Vorliegen eines Hangs).
§ 64 StGB
1085. BGH 3 StR 433/18 – Beschluss vom 23. Juli 2019 (LG Frankfurt)
Fälschung von Geld eines fremden Währungsgebiets (Geldbegriff; Qualität der Fälschungen; keine hohen Anforderungen an Ähnlichkeit mit echtem Geld; zur Verwechslung ausreichende Ähnlichkeit; Imitation gültigen Geldes; Anschein; Fantasieprodukt; ausländisches Geld).
§ 146 StGB; § 152 StGB
1086. BGH 3 StR 503/18 – Beschluss vom 14. Mai 2019 (LG Hildesheim)
Sachlich-rechtlich fehlerhafter Strafausspruch (minder schwerer Fall des Totschlags; Gesamtbetrachtung; Erörterung wesentlicher Umstände; objektive Notwehrlage; revisionsgerichtliche Überprüfung der Strafbemessung).
§ 213 StGB
1087. BGH 3 StR 547/18 – Beschluss vom 21. August 2019 (LG Duisburg)
Unzulässigkeit der Änderung eines Beschlusses nach Verkündung jenseits offensichtlicher Schreibversehen oder Unrichtigkeiten.
§ 260 StPO
1088. BGH 3 StR 572/18 – Beschluss vom 3. April 2019 (LG Trier)
Sexuelle Nötigung (Anwendung von Gewalt im Zeitpunkt des sexuellen Übergriffs; Erzwingung der sexuellen Handlung; Tenorierung; Konkurrenzen mit Körperverletzungsdelikt).
§ 177 Abs. 5, Abs. 1 StGB; § 260 Abs. 4 StPO
1089. BGH 5 StR 103/19 – Urteil vom 25. September 2019 (LG Cottbus)
Anordnung der Sicherungsverwahrung (alte Fassung; Maßgabe des Bundesverfassungsgerichts; strikte Verhältnismäßigkeit; Gefahr schwerer Gewalt- oder Sexualstraftaten; schwerer sexueller Missbrauch von Kindern).
§ 66 StGB a. F.; § 176a StGB
1090. BGH 5 StR 5/19 – Urteil vom 14. August 2019 (LG Dresden)
Beisichführen eines gefährlichen Werkzeugs (keine konkrete Einsatzmöglichkeit in der Tatsituation erforderlich; subjektive Voraussetzungen; bewusstes und gebrauchsbereites Beisichführen).
§ 244 Abs. 1 Nr. 1 a) StGB
1091. BGH 5 StR 130/19 – Urteil vom 17. Juli 2019 (LG Dresden)
Einziehung von Taterträgen (erlangtes Etwas; Zufluss eines Vermögenswertes unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestands; mehrere Beteiligte; Ausübung tatsächlicher Verfügungsgewalt; Abgrenzung zu kurzfristiger und transitorischer Überlassung).
§ 73 StGB
Ein Vermögenswert ist aus der Tat erlangt i.S.d. § 73 StGB, wenn er dem Beteiligten in irgendeiner Phase des Tatablaufs unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestands so zugeflossen ist, dass er hierüber tatsächliche Verfügungsgewalt ausüben kann. Eine spätere Aufgabe der Mitverfügungsgewalt ist unerheblich. Daher erlangt derjenige, der ein entwendetes Kraftfahrzeug ins Ausland verbringt, regelmäßig den vollen Wert des Fahrzeugs und nicht lediglich eine etwaige Belohnung für dessen Verbringung zu einem anderen Beteiligten.
1092. BGH 5 StR 154/19 – Beschluss vom 4. Juli 2019 (LG Bremen)
Zulässigkeit der Änderung des Urteils nach vollständiger Verkündung (offensichtliche Schreibversehen und Unrichtigkeiten; strenger Maßstab).
§ 260 StPO
1093. BGH 5 StR 195/19 – Beschluss vom 17. Juli 2019 (LG Zwickau)
Verwertbarkeit und Vorhalt einer vor der Belehrung als Beschuldigter abgegebenen Spontanäußerung (Darlegungsanforderungen der Verfahrensrüge; qualifizierte Belehrung).
§ 136 Abs. 1 StPO; Art. 6 EMRK; § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO
1094. BGH 5 StR 196/19 – Beschluss vom 27. August 2019 (LG Berlin)
Verbringung erlaubnispflichtiger Schusswaffen in den Geltungsbereich des Waffengesetzes (Internethandel aus dem Ausland; Transportunternehmen; Handeltreiben;
Überlassen; mittelbare Täterschaft; Tateinheit; Konkurrenzen; Handlungsort).
§ 52 WaffG; § 25 Abs. 1 Var. 2 StGB; § 52 StGB
1095. BGH 5 StR 204/19 – Beschluss vom 15. August 2019 (LG Braunschweig)
Betrug (Berechnung des Vermögensschadens bei Leasinggeschäften; Gesamtsaldierung; vertragliche Ansprüche; Saldierungszeitpunkt; Konkurrenzen); Insolvenzverschleppung (Zahlungsunfähigkeit; wirtschaftskriminalistische und betriebswirtschaftliche Methode); unrichtige Darstellung der Verhältnisse im Jahresabschluss.
§ 263 StGB; § 15a InsO; § 331 HGB
1. Beim Abschluss eines Leasingvertrags erfordert die zur Schadensbestimmung (§ 263 StGB) erforderliche Gesamtsaldierung, dass der Geldwert des vom Leasinggeber erworbenen Anspruchs auf die vom Leasingnehmer zu leistenden vertraglich vereinbarten Leasingraten unter Berücksichtigung des jeweiligen Ausfallrisikos bewertet und mit dem Geldwert der eingegangenen Verpflichtung durch den Leasinggeber verglichen wird (vgl. BGH HRRS 2019 Nr. 265).
2. Das verbleibende Eigentum an einem Leasingfahrzeug darf bei der Berechnung des Vermögensschadens nur dann unberücksichtigt bleiben, wenn der Leasingnehmer von Anfang an beabsichtigt, dem Leasinggeber das Fahrzeug gänzlich zu entziehen und das Eigentum dadurch aus dessen Vermögen herauszunehmen (siehe BGH HRRS 2018 Nr. 286).
1096. BGH 5 StR 205/19 – Beschluss vom 15. August 2019 (LG Braunschweig)
Betrug (Berechnung des Vermögensschadens bei Leasinggeschäften; Gesamtsaldierung; vertragliche Ansprüche; Saldierungszeitpunkt; irrtumsbedingte Verfügung; Konkurrenzen); Untreue (einverständliche Schädigung des Vermögenseiner GmbH; existenzgefährdender Eingriff); Insolvenzverschleppung (Zahlungsunfähigkeit; wirtschaftskriminalistische Methode).
§ 263 StGB; § 266 StGB; § 15a InsO
1097. BGH 5 StR 213/19 – Beschluss vom 24. September 2019 (LG Berlin)
Änderung der Einziehungsentscheidung.
§ 73 StGB
1098. BGH 5 StR 222/19 – Urteil vom 25. September 2019 (LG Berlin)
Niedriger Beweggrund bei Tötung zur Wiederherstellung der Familienehre (objektive und subjektive Voraussetzungen; Prüfungsreihenfolge; Maßgeblichkeit der inländischen Rechtsgemeinschaft; Gesamtwürdigung; Beherrschbarkeit und Steuerbarkeit von Trieben und Gefühlsregungen; sog. Blutrache).
§ 211 StGB
1099. BGH 5 StR 235/19 – Beschluss vom 18. Juli 2019 (LG Dresden)
Fehlende Feststellungen zum Rücktrittshorizont bei der Verurteilung wegen versuchter Nötigung.
§ 24 StGB
1100. BGH 5 StR 257/19 – Beschluss vom 13. August 2019 (LG Berlin)
Elternkonsultationsrecht (Belehrungspflicht; Verstoß; Beweisverwertungsverbot; Abwägung; elterliches Erziehungsrecht).
§ 67 JGG
1101. BGH 5 StR 264/19 – Beschluss vom 25. September 2019 (LG Bremen)
Hang zum übermäßigen Genuss von Rauschmitteln bei Beeinträchtigungen der Gesundheit, Arbeits- und Leistungsfähigkeit.
§ 64 StGB
1102. BGH 5 StR 269/19 – Beschluss vom 24. September 2019 (LG Itzehoe)
Bewaffnetes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge; Einziehung von Taterträgen beim Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (Wertersatz).
§ 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG; § 73a StGB; § 73c StGB
1103. BGH 5 StR 286/19 – Beschluss vom 31. Juli 2019 (LG Lübeck)
Hang zum übermäßigen Genuss von Rauschmitteln (Abhängigkeit; Neigung; soziale Gefährdung oder Gefährlichkeit; Beschaffungskriminalität).
§ 64 StGB
Der Hang im Sinne von § 64 StGB verlangt eine chronische, auf körperlicher Sucht beruhende Abhängigkeit oder zumindest eine eingewurzelte, auf psychischer Disposition beruhende oder durch Übung erworbene intensive Neigung, immer wieder alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen. Ausreichend für die Annahme eines Hangs zum übermäßigen Genuss von Rauschmitteln ist jedenfalls, dass der Betroffene aufgrund seiner Konsumgewohnheiten sozial gefährdet oder gefährlich erscheint. Eine soziale Gefährdung oder soziale Gefährlichkeit kommt insbesondere auch bei Taten aus dem Bereich der Beschaffungskriminalität in Betracht.
1104. BGH 5 StR 288/19 – Beschluss vom 30. Juli 2019 (LG Flensburg)
BGHSt; Protokollierung von Mitteilungen über Verständigungsgespräche außerhalb der Hauptverhandlung (Angabe der Aktenfundstelle; vollständige und inhaltlich richtige Mitteilung); Mitteilungspflicht
§ 273 Abs. 1a S. 2 StPO; § 243 Abs. 4 S. 2 StPO
1105. BGH 5 StR 321/19 – Beschluss vom 31. Juli 2019 (LG Leipzig)
Rechtsfehlerhafte Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus.
§ 63 StGB
1106. BGH 5 StR 325/19 – Urteil vom 12. September 2019 (LG Hamburg)
Strafschärfende Berücksichtigung einer vom Vorsatz nicht erfassten Rauschgiftmenge bei der Einfuhr von Betäubungsmitteln (Fahrlässigkeit; Vorhersehbarkeit; Risiko für das Rechtsgut; Kurierfahrt mit großem Lieferfahrzeug; keine eigene Kenntnis des Rauschgiftverstecks).
§ 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG; § 30a Abs. 1 BtMG; § 46 StGB
1107. BGH 5 StR 345/19 – Beschluss vom 31. Juli 2019 (LG Dresden)
Verwirklichung einer Raubqualifikation vor der Beendigung.
§ 249 StGB; § 250 StGB
1108. BGH 5 StR 355/19 – Beschluss vom 14. August 2019 (LG Flensburg)
Einheitliche Tat des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (Bewertungseinheit; ein und derselbe Güterumsatz; Gesamtmenge).
§ 29 BtMG; § 52 StGB
Eine einheitliche Tat des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln ist anzunehmen, wenn ein und derselbe Güterumsatz Gegenstand der strafrechtlichen Bewertung ist. Alle Betätigungen, die sich auf den Vertrieb desselben, in einem Akt erworbenen Betäubungsmittels richten, sind als eine Tat des Handeltreibens anzusehen, weil der Erwerb und der Besitz von Betäubungsmitteln, die zum Zwecke gewinnbringender Weiterveräußerung bereitgehalten werden, bereits den Tatbestand des Handeltreibens in Bezug auf die Gesamtmenge erfüllen. Zu dieser Tat gehören als unselbständige Teilakte im Sinne einer Bewertungseinheit auch alle späteren Veräußerungsakte, soweit sie dieselbe Rauschgiftmenge betreffen.
1109. BGH 5 StR 394/19 – Beschluss vom 24. September 2019 (LG Kiel)
Anforderungen an die Feststellung eines Vermögensnachteils bei der Untreue (Verschleifungsverbot; messbare Vermögenseinbuße; objektive Umstände; bloße Änderung des Vorstellungsbildes des Treunehmers; keine Umgehung der Straflosigkeit des Versuchs; Rechtsanwalt; Treuhandkonto).
§ 266 StGB; Art. 103 Abs. 2 GG;
1110. BGH 5 StR 399/19 – Beschluss vom 12. September 2019 (LG Neuruppin)
Wut, Ärger, Hass und Rache als niedrige Beweggründe (Gesamtwürdigung; niedrige Gesinnung; beachtliche Gründe; Eifersucht; Gelschulden; subjektive Voraussetzungen).
§ 211 StGB
1111. BGH 5 StR 403/19 (alt: 5 StR 411/18) – Beschluss vom 14. August 2019 (LG Leipzig)
Keine strafschärfende Berücksichtigung der fehlenden Erschütterung nach der Tat beim mit Tötungsabsicht handelnden Täter (innere Einstellung des Täters zur Tat oder zum verwirklichten Unrecht).
§ 212 StGB; § 46 StGB
1112. BGH AK 42-46/19 – Beschluss vom 22. August 2019 (OLG Dresden)
Fortdauer der Untersuchungshaft über neun Monate hinaus.
§ 121 Abs. 1 StPO; § 122 Abs. 4 S. 2 StPO
1113. BGH AK 42-46/19 – Beschluss vom 22. August 2019 (OLG Dresden)
Fortdauer der Untersuchungshaft über neun Monate hinaus.
§ 121 Abs. 1 StPO; § 122 Abs. 4 S. 2 StPO
1114. BGH AK 42-46/19 – Beschluss vom 22. August 2019 (OLG Dresden)
Fortdauer der Untersuchungshaft über neun Monate hinaus.
§ 121 Abs. 1 StPO; § 122 Abs. 4 S. 2 StPO
1115. BGH AK 42-46/19 – Beschluss vom 22. August 2019 (OLG Dresden)
Fortdauer der Untersuchungshaft über neun Monate hinaus.
§ 121 Abs. 1 StPO; § 122 Abs. 4 S. 2 StPO
1116. BGH AK 42-46/19 – Beschluss vom 22. August 2019 (OLG Dresden)
Fortdauer der Untersuchungshaft über neun Monate hinaus.
§ 121 Abs. 1 StPO; § 122 Abs. 4 S. 2 StPO
1117. BGH AK 48/19 – Beschluss vom 5. September 2019 (OLG Dresden)
Fortdauer der Untersuchungshaft über neun Monate hinaus.
§ 121 Abs. 1 StPO; § 122 Abs. 4 S. 2 StPO
1118. BGH AK 49/19 – Beschluss vom 5. September 2019
Bildung terroristischer Vereinigungen (Vereinigungsbegriff; Organisationsstruktur; Willensbildung; Gruppenidentität; hierarchische Organisation; einvernehmliche Eingliederung des Täters; Gründer; weiterführender und richtungsweisender Beitrag; Konkurrenzen); schwerer Landfriedensbruch (Menschenmenge); Fortdauer der Untersuchungshaft (Haftgrund der Schwerkriminalität).
§ 129a StGB; § 125 StGB; § 52 StGB; § 53 StGB; § 112 StPO
1119. BGH AK 52/19 – Beschluss vom 18. September 2019
Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate.
§ 112 StPO; § 121 StPO
1120. BGH AK 54/19 – Beschluss vom 9. Oktober 2019
Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus.
§ 112 StPO; § 121 StPO
1121. BGH StB 22/19 – Beschluss vom 5. September 2019 (OLG Stuttgart)
Unzulässigkeit der Beschwerde gegen Entscheidungen zur Kostentragungspflicht von Verteidigern für Kosten einer ausgesetzten Hauptverhandlung.
§ 304 Abs. 4 StPO
1122. BGH 2 StR 101/18 – Beschluss vom 18. September 2019 (LG Frankfurt am Main)
Zurückweisung der Anhörungsrüge als unbegründet.
§ 356a StPO
1123. BGH 2 StR 101/18 – Beschluss vom 8. Oktober 2019 (LG Frankfurt am Main)
Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss (Entbehrlichkeit der Entscheidungsbegründung).
§ 349 Abs. 2 StPO
Aus dem Umstand, dass der Senat die Verwerfung der Revision nicht begründet hat, kann nicht auf einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs geschlossen werden. Die Vorschrift des § 349 Abs. 2 StPO sieht keine Begründung des die Revision verwerfenden Beschlusses vor. Das gilt auch dann, wenn in einer Gegenerklärung zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts die Sachrüge weiter ausgeführt wird.
1124. BGH 2 StR 130/19 – Beschluss vom 2. Juli 2019 (LG Köln)
Konkurrenzen (Bedrohung; Nötigung; Vergewaltigung).
§ 177 StGB; 241 StGB
1125. BGH 2 StR 180/19 – Beschluss vom 10. September 2019 (LG Frankfurt am Main)
Verwerfung der Revision als unbegründet.
§ 349 Abs. 2 StPO
1126. BGH 2 StR 42/19 – Urteil vom 5. Juni 2019 (LG Limburg)
Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (Gefährlichkeitsprognose: Erheblichkeit drohender Taten, Wahrscheinlichkeit künftiger Straftaten, kein grundsätzlicher Ausschluss von Verhaltensweisen innerhalb einer Betreuungseinrichtung).
§ 63 Satz 1 StGB
1127. BGH 2 StR 70/19 – Beschluss vom 29. August 2019 (LG Kassel)
Verwerfung der Revision als unbegründet.
§ 349 Abs. 2 StPO
1128. BGH 2 StR 79/19 – Beschluss vom 23. April 2019 (LG Bonn)
Antrag des Verletzten im Adhäsionsverfahren (Berechnung des Zinsanspruchs; Begründung des Feststellungsanspruchs; Grundsatz der Einheitlichkeit des Schmerzensgeldes).
§ 404 Abs. 2 StPO; § 291 Satz 1 StPO; § 187 Abs. 1 BGB analog
1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs beginnt die Verpflichtung zur Zinszahlung gemäß § 404 Abs. 2 StPO, § 291 Satz 1, § 187 Abs. 1 BGB analog erst ab dem auf den Eintritt der Rechtshängigkeit des Zahlungsanspruchs folgenden Tag.
2. Auch der Feststellungsausspruch bedarf grundsätzlich einer – gegebenenfalls kurzen – Begründung mit Blick auf die Umstände des Einzelfalls, soweit sich der Ausspruch nicht ohne weiteres aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe erklärt.
3. Verlangt der Geschädigte für erlittene Verletzungen ein Schmerzensgeld, so werden nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit des Schmerzensgeldes davon alle Schadensfolgen erfasst, die entweder bereits eingetreten und objektiv erkennbar sind oder deren Eintritt jedenfalls vorhergesehen und bei der Entscheidung berücksichtigt werden können.
1129. BGH 2 StR 97/19 – Urteil vom 11. September 2019 (LG Köln)
Verwerfung der Revision als unbegründet.
§ 349 Abs. 2 StPO
1130. BGH 2 StR 194/19 – Beschluss vom 24. September 2019 (LG Rostock)
Verwerfung der Revision als unbegründet.
§ 349 Abs. 2 StPO
1131. BGH 2 StR 221/19 – Beschluss vom 4. September 2019 (LG Rostock)
Einziehung (Bezeichnung der einzuziehenden Gegenstände).
§ 33 Abs. 2 BtMG
Der Ausspruch über die Anordnung einer Einziehung hat die einzuziehenden Gegenstände so genau zu bezeichnen, dass bei allen Beteiligten und der Vollstreckungsbehörde Klarheit über den Umfang der Einziehung besteht; im Fall von Betäubungsmitteln gehört dazu die Angabe von Art und Menge des einzuziehenden Rauschgifts, die sich aus dem Urteilstenor ergeben muss.
1132. BGH 2 StR 312/19 – Beschluss vom 24. September 2019 (LG Darmstadt)
Verwerfung der Revision als unbegründet.
§ 349 Abs. 2 StPO
1133. BGH 2 StR 320/19 – Beschluss vom 4. September 2019 (LG Mühlhausen)
Verwerfung der Revision als unbegründet.
§ 349 Abs. 2 StPO
1134. BGH 2 StR 348/19 – Beschluss vom 9. Oktober 2019 (LG Aachen)
Verwerfung der Revision als unbegründet.
§ 349 Abs. 2 StPO
1135. BGH 2 StR 359/19 – Beschluss vom 1. Oktober 2019 (LG Köln)
Verwerfung der Revision als unbegründet.
§ 349 Abs. 2 StPO
1136. BGH 2 StR 540/18 – Beschluss vom 1. Oktober 2019 (LG Frankfurt am Main)
Verwerfung der Revision als unbegründet.
§ 349 Abs. 2 StPO
1137. BGH 2 StR 580/18 – Beschluss vom 4. September 2019 (LG Köln)
Verwerfung der Revision als unbegründet.
§ 349 Abs. 2 StPO
1138. BGH 2 StR 589/18 – Beschluss vom 11. September 2019 (LG Köln)
Beschränkung der Verfolgung (nicht beträchtlich ins Gewicht fallende Tatteile); eigene Entscheidung in der Sache (Erkennen auf die gesetzlich niedrigste Strafe).
§ 154a StPO; § 354 Abs. 1 StPO (analog).
1139. BGH 2 ARs 163/19 – 166/19 2 AR 132/19 – 135/19 – Beschluss vom 4. September 2019
Entscheidung über das zuständige Gericht.
§ 85 Abs. 5 JGG; 98 Abs. 2 Satz 3 OWiG
1140. BGH 2 ARs 229/19 2 AR 172/19 – Beschluss vom 24. September 2019
Zuständigkeitsbestimmung durch das gemeinschaftliche obere Gericht (Entscheidungsvoraussetzungen).
§ 14 StPO
1141. BGH 4 StR 1/19 – Beschluss vom 16. Juli 2019 (LG Essen)
Verwerfung der Revision als unbegründet.
§ 349 Abs. 2 StPO
1142. BGH 4 StR 21/19 – Beschluss vom 15. August 2019 (LG Bielefeld)
Fahren ohne Fahrerlaubnis (Dauerdelikt: keine Aufspaltung durch kurzzeitige Fahrtunterbrechungen).
§ 21 Abs. 1 Satz 1 StVG
1143. BGH 4 StR 30/19 – Urteil vom 26. September 2019 (LG Essen)
Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (Voraussetzungen; versuchte schwere Brandstiftung durch Unterlassen als hinreichend schwere Anlasstat); Kognitionspflicht (revisionsgerichtlicher Prüfungsmaßstab).
§ 63 Satz 1 StGB; § 264 StPO
1044. BGH 4 StR 40/19 – Beschluss vom 12. September 2019 (LG Stendal)
Eigene Entscheidung in der Sache (Verweisung bei Rechtsfehlern, die ausschließlich die Bildung einer Gesamtstrafe betreffen).
§ 354 Abs. 1b StPO
Bei Rechtsfehlern, die ausschließlich die Bildung einer Gesamtstrafe betreffen, kann der Senat gemäß § 354 Abs. 1b StPO entscheiden, der die Möglichkeit eröffnet, das Tatgericht auf eine Entscheidung im Beschlusswege nach den §§ 460, 462 StPO zu verweisen.
1045. BGH 4 StR 43/19 – Beschluss vom 18. Juli 2019 (LG Waldshut-Tiengen)
Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (Gefahrenprognose; reine Selbstschädigungsdelikte keine taugliche Anlasstat).
§ 63 Satz 1 StGB
1046. BGH 4 StR 126/19 – Beschluss vom 25. September 2019 (LG Münster)
Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Täterschaft bei Handeln unter dem Einfluss und in Gegenwart eines Mittäters).
§ 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG
Wer Betäubungsmittel selbst über die Grenze verbringt, ist grundsätzlich auch dann Täter der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln, wenn er nur unter dem Einfluss und in Gegenwart eines Mittäters in dessen Interesse handelt.
1147. BGH 4 StR 131/19 – Beschluss vom 16. Juli 2019 (LG Coburg)
Rechtsmittelbefugnis des Nebenklägers (Tatbestand des Vollrauschs).
§ 323a StGB; § 395 Abs. 1 StPO; § 400 Abs. 1 StPO
1148. BGH 4 StR 178/19 – Beschluss vom 5. September 2019 (LG Bochum)
Geltendmachung eines Anspruchs im Adhäsionsverfahren (Begriff des Verletzten; Unzulässigkeit von Feststellungen über die Höhe des Anspruchs im Grundurteil).
§ 403 StPO; § 406 Abs. 3 Satz 4 StPO; § 844 Abs. 2 BGB; § 844 Abs. 3 BGB; § 308 ZPO
1149. BGH 4 StR 183/19 – Urteil vom 12. September 2019 (LG München I)
Gegenstand des Urteils (Kognitionspflicht).
§ 264 StPO
Das Urteil kann keinen Bestand haben, wenn die Strafkammer den von Anklageschrift und Eröffnungsbeschluss erfassten Lebenssachverhalt, wie er sich als Ergebnis der Hauptverhandlung darstellt, in sachlich-rechtlicher Hinsicht nicht erschöpfend würdigt und damit der ihr gemäß § 264 StPO obliegenden umfassenden Kognitionspflicht nicht nachkommt.
1150. BGH 4 StR 189/19 – Beschluss vom 7. August 2019 (LG Essen)
BGHSt; mehrere Straftaten in verschiedenen Alters- und Reifestufen (keine analoge Anwendung bei Verurteilung wegen als Erwachsener begangener Taten, bei gleichzeitigem Absehen von Verfolgung hinsichtlich weiterer Taten, die der Angeklagte bereits als Heranwachsender begangen hat).
§ 32 Satz 1 JGG; § 105 Abs. 1 JGG; § 154 Abs. 1 StPO
1151. BGH 4 StR 294/19 – Beschluss vom 4. September 2019 (LG Bielefeld)
Verwerfung der Revision als unbegründet.
§ 349 Abs. 2 StPO
1152. BGH 4 StR 79/19 – Beschluss vom 5. September 2019 (LG Siegen)
Verwerfung der Revision als unbegründet.
§ 349 Abs. 2 StPO
1153. BGH 4 StR 93/19 – Beschluss vom 28. August 2019 (LG Bielefeld)
Verwerfung der Revision als unbegründet.
§ 349 Abs. 2 StPO
1154. BGH 4 StR 309/19 – Beschluss vom 10. September 2019
Einstellung des Verfahrens wegen eines Verfahrenshindernisses.
§ 206a StPO
1155. BGH 4 StR 330/19 – Beschluss vom 27. August 2019 (LG Hagen)
Versuch; Rücktritt (Abgrenzung von beendetem und unbeendetem Versuch); Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (Bestehen eines Hanges; symptomatischer Zusammenhang).
§ 22 StGB; § 24 Abs. 1 StGB; § 64 StGB
1156. BGH 4 StR 342/19 – Beschluss vom 13. August 2019 (LG Berlin)
Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (Gefährlichkeitsprognose: Maßstab, maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt).
§ 63 Satz 1 StGB
1157. BGH 4 StR 358/19 – Beschluss vom 24. September 2019 (LG Dessau-Roßlau)
Verwerfung der Revision als unbegründet.
§ 349 Abs. 2 StPO
1158. BGH 4 StR 368/19 – Beschluss vom 24. September 2019 (LG Hagen)
Unerlaubter Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge.
§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG
1159. BGH 4 StR 377/19 – Beschluss vom 5. September 2019 (LG Arnsberg)
Verbreitung, Erwerb und Besitz jugendpornographischer Schriften (kein Herstellerprivileg bei heimlicher Aufnahme oder bei Abfilmen sich selbst löschender Videos).
§ 184c Abs. 4 StGB
1160. BGH 4 StR 383/19 – Beschluss vom 25. September 2019 (LG Halle)
Verwerfung der Revision als unbegründet.
§ 349 Abs. 2 StPO
1161. BGH 4 StR 384/19 – Beschluss vom 24. September 2019 (LG Halle)
Verwerfung der Revision als unbegründet.
§ 349 Abs. 2 StPO
1162. BGH 4 StR 398/19 – Beschluss vom 10. September 2019 (LG Halle)
Verwerfung der Revision als unbegründet.
§ 349 Abs. 2 StPO
1163. BGH 4 StR 410/19 – Beschluss vom 9. Oktober 2019 (LG Essen)
Verwerfung der Revision als unbegründet.
§ 349 Abs. 2 StPO
1164. BGH 4 StR 551/18 – Beschluss vom 16. Juli 2019 (LG Stendal)
Verwerfung der Revision als unbegründet.
§ 349 Abs. 2 StPO
1165. BGH 4 StR 611/18 – Beschluss vom 5. September 2019 (LG Frankenthal)
Schwerer sexueller Missbrauch einer widerstandsunfähigen Person (Abgrenzung von Beihilfe und Mittäterschaft); Mittäterschaft (Zurechnung bei im Vorfeld erbrachtem, alle Einzeldelikte förderndem Tatbeitrag).
§ 25 Abs. 2 StGB; § 27 StGB; § 52 Abs. 1 StGB; § 179 Abs. 1, Abs. 5 Nr. 1 StGB aF
1166. BGH 1 StR 107/18 – Urteil vom 23. Juli 2019 (LG Hildesheim)
BGHSt; Inverkehrbringen bedenklicher Arzneimittel (Begriff der Bedenklichkeit, erforderlicher Vorsatz hinsichtlich zugrunde liegender tatsächlicher Umstände); Einziehung (Umfang: Berücksichtigung von Aufwendungen des Täters, wenn er das Verbotensein seiner Tat fahrlässig verkennt).
§ 95 Abs. 1 Nr. 1 AMG; § 5 Abs. 2 AGM; § 15 StGB; § 16 StGB
1167. BGH 1 StR 113/19 – Beschluss vom 10. Oktober 2019 (LG Kleve)
Verzicht auf persönliche Vorführung des in Haft befindlichen Angeklagten zur Revisionshauptverhandlung.
§ 350 Abs. 2 Satz 3 StPO
1168. BGH 1 StR 154/19 – Beschluss vom 11. Juli 2019 (LG Leipzig)
Umsatzsteuerhinterziehung (Zeitpunkt der Tatbeendigung bei Einreichung einer unrichtigen Umsatzsteuerjahreserklärung).
§ 370 Abs. 1 AO; § 19 Abs. 3 AO
1169. BGH 1 StR 185/19 – Beschluss vom 24. Juli 2019 (LG Stuttgart)
Hinweispflicht bei gegenüber der Anklage veränderter Sachlage (Anlass für einen Hinweis beim Mordmerkmal der niederen Beweggründe).
§ 265 Abs. 2 Nr. 3 StPO; § 211 StGB
1170. BGH 1 StR 34/19 – Beschluss vom 5. Juni 2019 (LG Ravensburg)
BGHSt; räuberische Erpressung mit Todesfolge (Rücktritt vom der versuchten Erfolgsqualifikation durch Verhinderung der Todesfolge: kein Rücktritt vom Grunddelikt erforderlich); Rücktritt vom Versuch durch Verhinderung der Vollendung (Kausalität für Nichteintritt ausreichend, kein ernsthaftes Bemühen erforderlich).
§ 255 StGB; § 251 StGB; § 22 StGB; § 23 Abs. 1 StGB; § 24 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 StGB
1171. BGH 1 StR 39/19 – Beschluss vom 8. Oktober 2019
Zulassung von Ton- und Filmaufnahmen während der Entscheidungsverkündung.
§ 169 Abs. 2 GVG
1172. BGH 1 StR 94/19 – Beschluss vom 11. Juli 2019 (LG Karlsruhe)
Hilfe zur Aufklärung von schweren Straftaten (Wesentlichkeit der Aufklärungshilfe: Voraussetzungen, revisionsrechtliche Überprüfbarkeit).
§ 46 Abs. 1 Nr. 1 StGB
1173. BGH 1 StR 99/19 – Beschluss vom 5. September 2019 (LG Neuruppin)
Einziehung (ersparte Aufwendungen als erlangtes Etwas: ersparte Einkommensteuer durch Steuerhinterziehung; Verbot der Doppelbelastung durch Besteuerung und Vermögensabschöpfung: keine gleichzeitige Einziehung von Taterträgen und ersparten Aufwendungen durch Nicht-Versteuerung der Taterträge).
§ 73 Abs. 1 StGB; § 370 Abs. 1 AO
Beim Delikt der Steuerhinterziehung kann die verkürzte Steuer „erlangtes Etwas“ i.S.v. § 73 Abs. 1 StGB sein, weil sich der Täter die Aufwendungen für diese Steuer erspart (st. Rspr.). Dies gilt zwar nicht schlechthin, weil die Einziehung an einem durch die Tat beim Täter eingetretenen Vermögensvorteil anknüpft. Maßgeblich bleibt vielmehr immer, dass sich ein Vorteil im Vermögen widerspiegelt. Nur dann hat der Täter durch die ersparten (steuerlichen) Aufwendungen auch wirtschaftlich etwas erlangt. Bei ersparter Einkommensteuer auf steuerpflichtige Einnahmen ist das der Fall.
1174. BGH 1 StR 194/19 – Beschluss vom 22. August 2019 (LG München I)
Strafzumessung.
§ 46 StGB
1175. BGH 1 StR 204/19 – Beschluss vom 8. August 2019 (LG München I)
Tötungsvorsatz (erforderliche Gesamtschau: Einzelbetrachtung bei Mittätern: keine pauschale Annahme von Tötungsvorsatz bei gruppendynamisch geprägten Gewalthandlungen und dem Einsatz gefährlicher Werkzeuge durch einen Mittäter).
§ 212 Abs. 1 StGB; § 15 StGB
1176. BGH 1 StR 205/19 – Beschluss vom 22. August 2019 (LG Nürnberg-Fürth)
Hehlerei (straflose Ersatzhehlerei: Empfang einer Überweisung im Wert der Tatbeute; Verschaffen der Tatbeute gegenüber einem Dritten).
§ 259 Abs. 1 StGB
1177. BGH 1 StR 206/19 – Beschluss vom 7. Oktober 2019 (LG Nürnberg-Fürth)
Verhängung von Jugendstrafe (Strafzumessungserwägungen: Rechtfertigung einer länger als fünf Jahre andauernden Jugendstrafe nicht allein mit erzieherischen Gründen); Strafzumessung (Berücksichtigung des Einwirkens einer polizeilichen Vertrauensperson; Tatprovokation).
§ 18 Abs. 2 JGG; § 46 StGB; Art. 6 EMRK
1178. BGH 1 StR 208/19 – Beschluss vom 5. Juni 2019 (LG Berlin)
BGHR; Einziehung (erlangtes Etwas bei Umsatzsteuerhinterziehung im Rahmen von Scheinlieferungen).
§ 73 Abs. 1 StGB; § 73c StGB; § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO; § 14c UStG
1179. BGH 1 StR 209/19 – Urteil vom 20. August 2019 (LG Coburg)
Unerlaubtes Einführen von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (minder schwerer Fall: Berücksichtigung der Gefährlichkeit des Rauschgifts).
§ 30 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 BtMG
1180. BGH 1 StR 218/19 – Urteil vom 21. August 2019 (LG München II)
Unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Vorsatz des Kuriers und des Lotsen eines Drogenfahrzeugs hinsichtlich der Menge des transportierten Rauschgifts).
§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG; § 16 StGB
Ein Kurier, der sich zum Transport von Betäubungsmitteln bereit erklärt und weder auf die Menge des ihm übergebenen Rauschgifts Einfluss nehmen noch diese Menge überprüfen kann, wird in der Regel damit rechnen müssen, dass ihm mehr Rauschgift zum Transport übergeben wird, als man ihm offenbart hat. Das gilt jedenfalls dann, wenn zwischen ihm und seinem Auftraggeber kein persönliches Vertrauensverhältnis besteht. Ist ihm bei dieser Sachlage die tatsächliche Menge der Betäubungsmittel gleichgültig, so handelt er mit bedingtem Vorsatz bezüglich der tatsächlich transportierten Gesamtmenge. Der Lotse eines Drogenfahrzeugs ist insoweit mit einem Kurier vergleichbar.
1181. BGH 1 StR 219/17 – Beschluss vom 22. Oktober 2019
Zulassung von Ton- und Filmaufnahmen während der Entscheidungsverkündung.
§ 169 Abs. 3 GVG
1182. BGH 1 StR 222/19 – Beschluss vom 9. Juli 2019 (LG Stuttgart)
Totschlag (Tötungsvorsatz: erforderliche Gesamtbetrachtung).
§ 212 Abs. 1 StGB; § 15 StGB
1183. BGH 1 StR 223/19 – Beschluss vom 5. Juni 2019 (LG Ellwangen)
Bandenmäßiges unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Begriff der Bande: keine zwingende Annahme einer Bande beim dauerhaften Zusammenwirken von Geschäftspartnern).
§ 30a Abs. 1 BtMG
1. Wesentliches Merkmal einer Bande ist die auf eine gewisse Dauer angelegte Verbindung von mindestens drei Personen zur gemeinsamen Deliktsbegehung (vgl. BGHSt 46, 321, 325 ff.;). Ob jemand Mitglied einer Bande ist, bestimmt sich allein nach der deliktischen Vereinbarung, der so genannten Bandenabrede. Die Begründung der Mitgliedschaft folgt nicht aus der Bandentat, sondern geht dieser regelmäßig voraus. Mitglied einer Bande kann dabei auch derjenige sein, dem nach der Bandenabrede nur Aufgaben zufallen, die sich bei wertender Betrachtung als Gehilfentätigkeit darstellen (vgl. BGHSt 47, 214, 216). Auch ist nicht erforderlich, dass sich sämtliche Bandenmitglieder untereinander kennen und gemeinsam an der Abrede beteiligt waren.
2. Das auf Dauer angelegte Zusammenwirken mehrerer selbständiger, eigene Interessen verfolgender Geschäftspartner begründet beim Betäubungsmittelhandel auch dann keine Bande, wenn die Beteiligten in einem eingespielten Bezugs- und Absatzsystem im Rahmen einer andauernden Geschäftsbeziehung tätig werden. Ob eine Person, die regelmäßig von einem bestimmten Verkäufer Betäubungsmittel zum Zwecke des gewinnbringenden Weiterverkaufs bezieht, in dessen Absatzorganisation als verlängerter Arm eingebunden ist oder dieser auf der Abnehmerseite als selbständiger Geschäftspartner gegenüber steht, beurteilt sich wesentlich nach der getroffenen Risikoverteilung.
1184. BGH 1 StR 225/19 – Beschluss vom 21. August 2019 (LG Hanau)
Einziehung (erlangtes Etwas bei der Steuerhinterziehung; hier: Hinterziehung von Tabaksteuer); Steuerhinterziehung durch Unterlassen (steuerrechtliche Erklärungspflicht als strafbegründendes besonderes persönliches Merkmal).
§ 73 Abs. 1 StGB; § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO; § 28 Abs. 1 StGB
1185. BGH 1 StR 235/19 – Beschluss vom 19. September 2019 (LG Weiden i. d. OPf.)
Schlussvortrag des Sitzungsvertreters der Staatsanwaltschaft bei vorheriger Aussage als Zeuge.
§ 258 Abs. 1 StPO
1186. BGH 1 StR 250/19 – Beschluss vom 25. Juli 2019 (LG München I)
Verfahrensrüge (Anforderungen an die Begründung).
§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO
1187. BGH 1 StR 253/19 – Beschluss vom 11. Juli 2019 (LG Aschaffenburg)
Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (Voraussetzungen: Gefährlichkeitsprognose).
§ 63 Abs. 1 StGB
1188. BGH 1 StR 265/18 – Urteil vom 10. Juli 2019 (LG Lübeck)
Steuerhinterziehung (Umfang der Steuerverkürzung: zulässige Schätzung auf Grundlage von Rohgewinnaufschlagsätzen; Vorsatz: Steueranspruchstheorie; Tatmehrheit bei Abgabe mehrerer Steuererklärungen durch eine Handlung); leichtfertige Steuerverkürzung (Voraussetzungen der Leichtfertigkeit bei gewerblich oder freiberuflich Tätigen).
§ 370 Abs. 1 AO; § 378 Abs. 1 AO; § 15 StGB; § 16 Abs. 1 S. 1 StGB
1189. BGH 1 StR 270/19 – Beschluss vom 25. Juli 2019 (LG Regensburg)
Tatrichterliche Beweiswürdigung (nur teilweises Folgen einer belastenden Aussage: Darstellung im Urteil).
§ 261 StPO; § 267 Abs. 1 Satz 1 StPO
Es existiert kein Erfahrungssatz des Inhalts, dass einem Zeugen nur entweder insgesamt geglaubt oder insgesamt nicht geglaubt werden. Allerdings muss das Tatgericht eine belastende Aussage, wenn es dieser nur teilweise folgen will oder es die Aussage sogar in Teilen als bewusst falsch erachtet, nicht nur mit besonderer Sorgfalt würdigen, sondern es muss regelmäßig zudem außerhalb der Aussage liegende gewichtige Gründe benennen, die es ihm ermöglichen, der Zeugenaussage im Übrigen dennoch zu glauben (vgl. BGHSt 44, 153, 159).
1190. BGH 1 StR 273/17 – Beschluss vom 25. Juli 2019 (LG Aachen)
Unerlaubtes Handeltreiben mit Arzneimitteln, die nur auf Verschreibung an Verbraucher abgegeben werden dürfen (Tateinheit: Annahme von Bewertungseinheit bei einer Erwerbshandlung).
§ 95 Abs. 1 Nr. 4 AMG; § 4 Abs. 17 AMG; § 52 StGB
1191. BGH 1 StR 282/19 – Beschluss vom 4. Oktober 2019 (LG Weiden i. d. OPf.)
Einschleusen von Ausländern (Begriff der das Leben gefährdenden Behandlung: erforderliche Feststellungen im Urteil).
§ 96 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AufenthG; § 267 Abs. 1 Satz 1 StPO
1192. BGH 1 StR 295/19 – Beschluss vom 8. August 2019 (LG Stuttgart)
Verständigung (erforderliche Belehrung über die eingeschränkte Bindungswirkung: Beruhen).
§ 257c Abs. 4, Abs. 5 StPO; § 337 Abs. 1 StPO
1193. BGH 1 StR 301/19 – Beschluss vom 17. September 2019 (LG Ulm)
Verwerfung der Revision als unbegründet.
§ 349 Abs. 2 StPO
1194. BGH 1 StR 317/19 – Beschluss vom 19. September 2019 (LG Mannheim)
Keine Zuständigkeit des BGH für den erhobenen Rechtsbehelf, wenn Entscheidung des Tatgerichts fälschlicherweise als „Urteil“ überschrieben wurde.
§ 348 Abs. 1 StPO
1195. BGH 1 StR 318/19 – Beschluss vom 17. September 2019 (LG Ellwangen)
Verwerfung der Revision als unbegründet.
§ 349 Abs. 2 StPO
1196. BGH 1 StR 343/19 – Beschluss vom 17. September 2019 (LG Stuttgart)
Rücktritt vom Versuch (Abgrenzung von beendetem und unbeendetem Versuch: Rücktrittshorizont, erforderliche Darstellung im Urteil).
§ 24 Abs. 1 Satz 1 StGB, § 267 Abs. 1 Satz 1 StPO
Maßgeblich für die Abgrenzung zwischen einem unbeendeten Versuch, bei dem nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 StGB allein der Abbruch der begonnenen Tathandlung zum strafbefreienden Rücktritt vom Versuch führt, und einem beendeten Versuch ist das Vorstellungsbild des Täters unmittelbar nach Abschluss der letzten Ausführungshandlung (sog. Rücktrittshorizont). Lässt sich den Urteilsfeststellungen das entsprechende Vorstellungsbild des Angeklagten, das zur revisionsrechtlichen Prüfung des Vorliegens eines freiwilligen Rücktritts vom Versuch unerlässlich ist, nicht hinreichend entnehmen, hält das Urteil sachlichrechtlicher Nachprüfung nicht stand (st. Rspr.).
1197. BGH 1 StR 346/18 – Beschluss vom 24. September 2019 (LG Augsburg)
BGHSt; Vorenthalten und Veruntreuen von Sozialversicherungsbeiträgen (Begriff des Arbeitgebers; Vorsatz: erforderliches Nachvollziehen der Wertungen des Arbeits- und Sozialversicherungsrecht, erforderliche Vorstellung hinsichtlich der Arbeitgeberstellung); Steuerhinterziehung (Berechnung der vorenthaltenen Lohnsteuer bei Schwarzarbeit: anzuwendende Lohnsteuerklasse).
§ 266a StGB; § 15 StGB; § 16 StGB; § 370 Abs. 1 AO
1198. BGH 1 StR 352/19 – Beschluss vom 22. August 2019 (LG Regensburg)
Unzulässigkeit einer Einziehungsentscheidung im Sicherungsverfahren.
§ 74 StGB; § 413 StPO
1199. BGH 1 StR 376/19 – Beschluss vom 4. September 2019 (LG Hof)
Verwerfung der Revision als unbegründet.
§ 349 Abs. 2 StPO
1200. BGH 1 StR 551/18 – Beschluss vom 26. Juni 2019 (LG Kiel)
Untreue (Vermögensnachteil: Begriff des Gefährdungsschadens, erforderliche Darstellung im Urteil).
§ 266 Abs. 1 StGB; § 267 Abs. 1 Satz 1 StPO
1201. BGH 1 StR 586/18 – Beschluss vom 27. August 2019 (LG Schwerin)
Hilfe zur Aufklärung schwerer Straftaten (Möglichkeit eines wesentlichen Aufklärungsbeitrags auch nach Selbstanzeige des betroffenen Tatbeteiligten).
§ 46b Abs. 1 Nr. 1 StGB
Auch eine Offenbarung von Wissen durch einen Tatbeteiligten erst nach einer Selbstanzeige eines anderen Beteiligten kann noch wesentliches Gewicht für die Aufklärung der Taten des anderen Beteiligten nach § 46b StGB zukommen, wenn hierdurch wichtige Tatsachen oder Beweise kundgetan werden oder den bereits vorhandenen Erkenntnissen eine sicherere Grundlage verschafft wird.