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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
November 2019
20. Jahrgang
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Von Richter am Landgericht Jan Dehne-Niemann, Mannheim
Gemäß § 281 Abs. 1 S. 1 Var. 1 StGB wird wegen Missbrauchs von Ausweispapieren bestraft, wer zur Täuschung im Rechtsverkehr ein Ausweispapier gebraucht, das für einen anderen ausgestellt ist. Bisher entsprach es im Anschluss an eine Entscheidung des 4. BGH-Strafsenats[1] aus dem Jahr 1964 einhelliger Auffassung, dass die Vorlage eines Nichtoriginals – etwa einer Kopie – den Tatbestand des § 281 Abs. 1 S. 1 Var. 1 StGB nicht erfüllt.[2] Es gehe, so seinerzeit der 4. Senat, "rechtlich nicht an, bloße unbeglaubigte Fotokopien von ihnen (scil. von Ausweispapieren, J.D.-N.), wenn sie im Verkehr vorgelegt werden, nur deswegen den im § 281 aufgezählten Urschriften gleichzusetzen, weil sie mitunter, durchaus nicht immer, nähere Anschauung von dem Inhalt der Urschrift vermitteln können." Die Vorschrift stelle "nur den Missbrauch der Urschriften, nicht auch denjenigen von Surrogaten unter Strafe."[3] Dies gelte, wie der 4. Senat in eingehender Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des RG zu § 267 StGB herausarbeitet, unbesehen der Frage, wie die wortgleiche Tatmodalität des Gebrauchens in § 267 StGB auszulegen sei.[4]
Mit Beschluss vom 08. Mai 2019 hat der 5. BGH-Strafsenat sich nunmehr auf den gegenteiligen Rechtsstandpunkt gestellt. Ein Gebrauchen eines auf einen anderen ausgestellten Ausweispapiers soll nach der Beschlussbegründung auch dann vorliegen, wenn der Täter nicht das Original, sondern eine Kopie des Ausweispapieres vorlegt oder das Bild eines echten Ausweises elektronisch übersendet. Dabei strebt der Senat einen Gleichlauf mit der – freilich ihrerseits höchst umstrittenen[5] – Rechtsprechung zu § 267 Abs. 1 Var. 3 StGB an, wonach von einer unechten bzw. gefälschten Urkunde auch dann – gleichsam mittelbar – Gebrauch gemacht werden kann,
indem nicht die Urkunde selbst, sondern stellvertretend für sie eine Kopie oder Abschrift vorgelegt wird.[6]
Die Revision des Angeklagten, die der 5. Senat zu verwerfen gedenkt, betrifft eine Verurteilung des Angeklagten u.a. wegen fünf Fällen des Betruges jeweils in Tateinheit mit Missbrauch von Ausweispapieren. Nach den Feststellungen des Tatgerichts hatte der Angeklagte im Zuge von vorgetäuschten Verkaufsverhandlungen zum Zwecke der Verschleierung seiner wahren Identität jeweils Lichtbilddateien von echten Personalausweisen bzw. Identitätskarten übersandt, deren Inhaber nicht der Angeklagte, sondern andere Personen waren. Auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung müsste der Senat den Schuldspruch dahin berichtigen, dass bezüglich der anfragegegenständlichen Taten die tateinheitliche Verurteilung wegen Missbrauchs von Ausweispapieren entfällt, weil der Angeklagte den Kaufinteressenten nicht die Originalausweispapiere, sondern lediglich Lichtbilder davon vorgelegt hat. Bei einer Ablichtung handelt es sich unstreitig nicht um ein (allein tatbestandsmäßiges: Original-) Ausweispapier i.S. des § 281 Abs. 1 StGB. Fotokopien sind weder Ausweispapiere (§ 281 Abs. 1 StGB) noch ihnen gleichgestellte Urkunden (§ 281 Abs. 2 StGB): Erstens lassen sich grundsätzlich nur Urschriften als Beweismittel im Rechtsverkehr auf ihre Ordnungsmäßigkeit und Zuverlässigkeit hin überprüfen.[7] Zweitens erfasst § 281 StGB nach ganz überwiegender Ansicht von vornherein nur echte Ausweispapiere,[8] so dass Ablichtung jeglicher Art – die nach h.M. keinen Urkundencharakter haben – kein taugliches Tatobjekt darstellen.[9] Die zu § 267 Abs. 1 StGB geführte Diskussion, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen eine Fotokopie o.ä. eine hinreichende Perpetuierung aufweist und damit unter das Tatbestandsmerkmal "Urkunde" fällt, hat – worauf in Kontext der Tathandlung des "Gebrauchens" zurückzukommen sein wird (unten III. 2. b]) – beim Tatbestandsmerkmal "Ausweispapier" des 281 Abs. 1 StGB keine Parallele.
Wäre dagegen – entsprechend der Judikatur zu § 267 Abs. 1 Var. 3 StGB, wonach eine nicht körperlich vorgelegte unechte/verfälschte Urkunde durch Vorlage einer Kopie gebraucht werden kann – in der vom Angeklagten vorgenommenen elektronischen Übersendung der Ausweislichtbilder (Entsprechendes gälte für Kopien) ein Gebrauchen eines Ausweispapiers zur Täuschung im Rechtsverkehr i.S. des § 281 Abs. 1 S. 1 Var. 1 StGB zu sehen, so könnte der 5. Senat den landgerichtlichen Schuldspruch bestätigen und die Revision verwerfen. Diesen Weg beabsichtigt der 5. Senat zu beschreiten. Da er sich an der Revisionsverwerfung aber durch die aufgezeigte entgegenstehende Rechtsprechung des 4. Strafsenats gehindert sieht, hat er dort und bei den übrigen Senaten angefragt, ob die abweichende Rechtsprechung des 4. sowie etwa entgegenstehende Rechtsprechung anderer Senate aufgegeben wird.
Zur Rechtfertigung der beabsichtigten Rechtsprechungsänderung bemüht der Senat den gesamten Kanon der Auslegungsmethoden und lehnt sich dabei eng an die Rechtsprechung zum Gebrauch einer echten bzw. verfälschten Urkunde an. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch könne die sinnliche Wahrnehmung einer Urkunde wie auch eines Ausweispapiers auch vermittelt durch Vorlage eines Abbildes ermöglicht werden; denn "dass die Urkunde unmittelbar dem zu Täuschenden in die Hand gegeben werden muss", setze "der Begriff des Gebrauchens als solcher nicht voraus". Aus dem Wortlaut der Vorschrift ergebe sich daher keine Beschränkung "der Tathandlung auf besondere Formen des Gebrauchs eines Ausweispapiers."[10] Auch systematisch-historisch verdiene ein am Gebrauchen einer unechten bzw. verfälschten Urkunde orientiertes Verständnis den Vorzug. Die gleichlautende Verwendung desselben Begriffs in zwei im selben Abschnitt des Besonderen Teils des StGB stehenden Vorschriften lege unter systematischen Gesichtspunkten einen Auslegungsgleichlauf nahe.[11] Bei der Schaffung des § 281 StGB habe der Ausdruck "Gebrauchen" dasselbe wie "Gebrauch-Machen" in § 267 StGB der damaligen Fassung bedeuten sollen. Der historische Gesetzgeber sei folglich gerade nicht der Auffassung gewesen, dass § 281 StGB den unmittelbaren Gebrauch der Urschrift voraussetze, wie sich auch an der Bezugnahme in der Begründung auf eine zu § 267 StGB ergangene Entscheidung des RG[12] zeige, der zufolge auch der Gebrauch eines Lichtbildes ausreichend sei und nicht das Originalpapier verwendet werden müsse.[13] Da der Rechtsverkehr darauf vertraue, dass nur der berechtigte Inhaber ein amtliches Ausweispapier zum Identitätsnachweis nutzt, und da dieses Vertrauen im Wege der Identitätstäuschung auch durch Übersendung oder Vorlage einer elektronischen Bilddatei oder Kopie enttäuscht werde, sei auch teleologisch die Einbeziehung des mittelbaren Gebrauchens geboten, zumal im Zuge der elektronischen Kommunikation die Bedeutung der Übersendung digitaler Kopien von Urkunden von immer größerer Bedeutung sei. Mit Blick auf die veränderten technischen Rahmenbedingungen, denen auch der Gesetzgeber mit der Ablichtungsgestattung in §§ 18 Abs. 3 PassG, § 20 Abs. 2 PAuswG Rechnung getragen habe, hält der 5. Strafsenat den Ausschluss des mittelbaren Gebrauchens von Ausweispapieren aus dem Anwendungsbereich des § 281 Abs. 1 S. 1 Var. 1 StGB für nicht mehr zeitgemäß. Die Prüfung der Echtheit des in Bezug genommenen Ausweispapiers
könne auch anhand der Kopie bzw. Ablichtung vorgenommen werden.[14]
Beim ersten Zusehen erweckt der Anfragebeschluss den Eindruck, als habe der Senat den Anwendungsbereich des § 281 StGB sehr sorgfältig im Bestreben erweitert, einen Gleichlauf mit § 267 StGB herzustellen. Gerade in dieser argumentativen Anlehnung an die Rechtsprechung zum mittelbaren Gebrauchen einer unechten Urkunde (§ 267 Abs. 1 Var. 3 StGB) liegt jedoch der Geburtsfehler des Beschlusses, dem weder im Ergebnis noch in der Begründung zuzustimmen ist.
Schon der Wortlaut des § 281 StGB, der ein Gebrauchen eines für einen anderen ausgestellten Ausweispapieres voraussetzt, spricht tendenziell eher für ein enges Verständnis des Gebrauchens. Bei aller Vagheit des Begriffs "Gebrauchen" wird man sagen können, dass das vom 5. Senat nunmehr für tatbestandsmäßig erachtete mittelbare Gebrauchen durch Vorlage einer Kopie bzw. eines Lichtbildes – anders als die Vorlage des Ausweispapieres selbst – in der Terminologie Philipp Hecks[15] – nicht zum Begriffskern gehört, sondern nur in den Begriffshof fällt bzw. – um es mit Hans-Joachim Koch[16] zu sagen – allenfalls einen neutralen, keinesfalls aber einen positiven Begriffskandidaten darstellt. Dass ein für ein anderen ausgestelltes Ausweispapier "gebraucht" wird, indem nicht das Ausweispapier selbst (das ist ein "klarer Fall" i.S. eines positiven Begriffskandidaten), sondern nur eine Ablichtung davon zu Vorlagezwecken verwendet wird, versteht sich mitnichten von selbst. Diesem Befund entspricht es, dass der Senat denn auch nicht die grammatische Vorzugswürdigkeit seines Ergebnisses propagiert, sondern sich auf die defensive Äußerung beschränkt, es ergebe sich "(a)us dem Wortlaut von § 281 Abs. 1 S. 1 StGB keine Einschränkung der Tathandlung auf besondere Formen des Gebrauchs eines Ausweispapiers."[17]
Allerdings stellt es nur einen durchsichtigen rhetorischen Trick dar, bei dem das gewünschte Ergebnis schon vorausgesetzt wird, dass der Senat dabei die unmittelbare sinnliche Zugänglichmachung des Ausweispapieres durch Vorlage des Originals als "besondere" Gebrauchsform ausgibt: Denn wenn die Vorlage des Originalausweispapiers den normativen Regelfall – und nach bisher unangefochtener Auffassung gar den forensisch alleinigen Anwendungsfall – des Gebrauchens eines auf einen anderen ausgestellten Ausweispapiers darstellt, so kann mitnichten die Rede davon sein, es handele sich dabei um eine "besondere Form des Gebrauchs eines Ausweispapiers". Eine besondere Form des Gebrauchens wäre, gemessen am begrifflich-normativen und forensischen Status quo, allein das "mittelbare" Gebrauchen des Originalausweispapiers durch Vorlage einer Kopie oder eines Lichtbildes, das der 5. Senat nun in den Anwendungsbereich des § 281 Abs. 1 StGB einzubeziehen trachtet. Ob Erweiterung des bisherigen Anwendungsbereichs um die Besonderheit der Vorlage eines Lichtbildes bzw. einer Kopie – kurz, des mittelbaren Gebrauchens – zulässig ist, steht gerade in Frage und ist durch Rekurs auf bloße Wortlauterwägungen – wie gesehen – nicht zu beantworten.
Entgegen der Ansicht des Senats ist "Gebrauchen" i.S. des § 281 Abs. 1 S. 1 StGB auch nicht aus systematischen Gründen wie in § 267 Abs. 1 StGB auszulegen. Der Senat hat insofern nicht mehr aufzubieten als das Desiderat eines Auslegungsgleichlaufs mit dem mittelbaren Gebrauchmachen einer unechten bzw. verfälschten Urkunde. Dass, wie der Senat meint, die "gleichlautende Verwendung desselben Begriffs in zwei Strafnormen, die im selben Abschnitt des Besonderen Teils des Strafgesetzbuchs stehen", es nahelege, "dass der Begriff in beiden Tatbeständen gleich ausgelegt wird"[18], trifft jedoch weder in dieser Allgemeinheit noch in der speziellen Problematik des Besprechungsbeschlusses zu.
Dass eine Art "Vermutung" für ein in die gleiche Richtung weisendes Verständnis eines Gesetzesbegriffs bestünde, kann nicht zugegeben werden. Die Vokabel "Gebrauchen" stellt als solche lediglich ein Zeichen dar, der eine Bedeutung erst durch den ihn umgebenden Kontext erhält.[19] Ein Rechtsbegriff wie das "Gebrauchen", der nicht nur ein Zeichen sein, sondern – freilich auf einer recht abstrakt-generellen Ebene – eine Bedeutung vermitteln möchte, die verstanden werden kann, ist schon wegen der Kontextabhängigkeit allen menschlichen Verstehens nur möglich, wenn man ihn im Kontext – also im Zusammenhang mit den übrigen Tatbestandsmerkmalen des § 281 Abs. 1 Var. 1 StGB und denen des § 267 Abs. 1 Var. 3 StGB. Ob zwei gleiche Rechtsbegriffe die gleiche Bedeutung haben, lässt sich methodisch einwandfrei also nur beantworten, wenn bei den jeweiligen Vorschriften die sinnprägenden Elemente – die übrigen Tatbestandsmerkmale – von vornherein mitberücksichtigt und vergli-
chen werden.[20] Daher können Gesetzesbegriffe ohne weiteres – etwa im Hinblick auf einen abweichenden Normzweck in verschiedenen Vorschriften – unterschiedlich ausgelegt werden.[21] Die damit entscheidende Frage des bedeutungsgebenden Kontextes stellt sich in jedem Einzelfall, so dass naheliegende Bedeutungsidentität – die der Senat mit den Mitteln der Systematik denn auch nicht weiter begründet – von vornherein nicht plausibel behauptet werden kann. Diese Kontextabhängigkeit des Rechtsbegriffs "Gebrauchen" verbietet eine Verabsolutierung des Auslegungsgleichlaufs, wie sie dem Senat vorschwebt; im Gegenteil lässt sich ein Auslegungsgleichlauf nur mit der Wortlautgleichheit begründen, wenn sonstige Auslegungsgesichtspunkte – Systematik und Teleologie – zumindest nicht entgegenstehen. Diesem Befund entspricht es, dass die Rechtsprechung denn auch in anderen Fällen keine Bedenken gehegt hat, grammatisch gleichlautende Vokabeln mit einem unterschiedlichen Bedeutungsgehalt zu versehen; man denke nur an den eigenständigen Wegnahmebegriff des § 289 StGB, der auf den Gewahrsamsbruch verzichten möchte und allein schon die Vereitelung der Zugriffsmöglichkeit durch Entfernung der Sache aus dem räumlichen Zugriffsbereich des Rechtsinhabers genügen lässt.[22]
Der Vergleich der die Tatbestände der §§ 267 Abs. 1 Var, 3, 281 Abs. 1 Var. 1 StGB sinnprägenden Elemente ergibt, dass ein Auslegungsgleichlauf in dem vom Senat beabsichtigten Sinne systematisch nicht geboten ist und nicht einmal sonderlich plausibel ist. Auch wenn man die getrennt zu beantwortende Frage der Teleologie, die ebenfalls gegen die Einbeziehung des mittelbaren Gebrauchens streitet (unten 3.) einmal außer Betracht lässt, sind die Tatbestände der §§ 267, 281 zu unterschiedlich strukturiert, als dass die Systematik sich im Sinne des Senats verstehen ließe. Der Verweis auf die Parallelproblematik des mittelbaren Gebrauchmachens verfängt systematisch schon deshalb nicht, weil § 267 StGB neben der Variante des Gebrauchmachens auch die Modalitäten der Herstellung einer unechten (§ 267 Abs. 1 Var. 1 StGB) und der Verfälschung einer echten Urkunde (§ 267 Abs. 1 Var. 2 StGB) enthält. Zu diesen Herstellungsmodalitäten findet sich in § 281 Abs. 1 StGB kein Pendant; die Herstellung eines unechten bzw. die Verfälschung eines echten Ausweispapiers ist nicht nach § 281 StGB (sondern allenfalls nach § 267 StGB) tatbestandsmäßig. Berücksichtigt man, dass die Rechtsprechung die Erzeugung von Kopien und Ablichtungen mangels Beweiseignung sowie Erkennbarkeit des Ausstellers[23] nicht als Herstellung eine Urkunde anerkennt,[24] so stellt sich das mittelbare Gebrauchen des Originals (Vorlage der Kopie) gleichsam als Verlegenheitslösung dar, mit der auf Ebene des Gebrauchens die durch die Exklusion von Fotokopien und Ablichtungen entstandenen Löcher gestopft werden sollen.[25] Ein solches Lückenschließungsbedürfnis besteht zu § 281 StGB aber nicht, weil § 281 StGB – anders als § 273 StGB – die Herstellung eines unechten bzw. Verfälschung eines echten Ausweispapiers nicht erfasst und zudem unechte und verfälschte Ausweispapiere nach ganz herrschender Meinung keine gebrauchsfähigen Tatobjekte sind, weshalb bei Vorlage einer Ablichtung solcher Fälschungen der Tatbestand des Ausweismissbrauchs mangels eines echten Tatobjekts nicht erfüllt ist (sondern allenfalls §§ 267 Abs. 1, 273 StGB in Betracht kommen). Damit existiert für § 281 Abs. 1 StGB der eigentliche – wahre, aber unausgesprochene – Grund nicht, der die Rechtsprechung seinerzeit dazu bewogen hat, auch die Vorlage einer Fotokopie als Gebrauchen einer unechten bzw. verfälschten Urkunde i.S. des § 267 Abs. 1 Var. 3 StGB anzusehen. Ein Vergleich der Binnensystematik des § 281 Abs. 1 StGB mit der des § 267 Abs. 1 StGB ergibt folglich, dass es keine Notwendigkeit für die Einbeziehung des mittelbaren Gerbrauchens für den Missbrauch von Ausweispapieren gibt, und zwar unabhängig davon, wie man zum mittelbaren Gebrauchen bei der Urkundenfälschung steht.
Der soeben angesprochene Gesichtspunkt der Lückenschließung ist sowohl systematischer als auch – weil er sich mit dem hinter der Rechtsprechung zum mittelbaren Gebrauchmachen stehenden wahren Grund befasst – teleologischer Natur. Er leitet über zu den vom Senat erwogenen teleologischen Aspekten, die der 5. Strafsenat für eine Einbeziehung des mittelbaren Gebrauchens durch Vorlage von Ausweiskopien ins Feld führt. Zu § 267 Abs. 1 Var. 3 StGB hat die Rechtsprechung freilich niemals explizit eingeräumt, dass der wahre Grund für die Einbeziehung des mittelbaren Gebrauchs in der Schließung von Strafbarkeitslücken liegt. Ein dogmatisch haltbarer Auslegungsgesichtspunkt könnte hierin auch nicht gesehen werden, weil die Schließung von als misslich empfundenen Strafbarkeitslücken an der Sedes materiae zu erfolgen hat und nur soweit zulässig ist, als dies mit den gängigen Auslegungsmitteln möglich ist; zu § 267 Abs. 1 StGB muss eine als misslich empfundene
Strafbarkeitslücke beim Umgang mit Fotokopien folglich beim Begriff der Urkunde geschlossen werden. Ob dies möglich ist, mag für die Zwecke dieser Anmerkung auf sich beruhen; es genügt die Erkenntnis, dass die Systematik des § 281 Abs. 1 StGB zu einem extensiven Begriffsverständnis des Gebrauchens keinen Anlass gibt.
Seine teleologischen Erwägungen leitet der Senat ein mit dem Hinweis auf den von § 281 StGB bezweckten "Schutz des Rechtsverkehrs durch Identitätsschutz"[26]. Dass es § 281 StGB um den Schutz des Rechtsverkehrs zu tun ist, wird niemand bestreiten wollen. Aber man erführe gerne mehr darüber, was der Senat mit "Identitätsschutz" meint. Nach bisher gebräuchlichen Rechtsgutsbestimmungen geht es bei § 281 StGB in dem Sinne um den Schutz der inhaltlichen Richtigkeit amtlicher Ausweisdokumente[27] – also um Wahrheitsschutz[28] –, als einer Täuschung über die Identität des das Ausweispapier vorlegenden Täters entgegengewirkt werden soll.[29] Der vom Senat – soweit ersichtlich – neu in die Diskussion um die dogmatische Erfassung des § 281 StGB eingebrachte Terminus Identitätsschutz trifft also insofern das Richtige, als § 281 StGB auf eine Beziehung zwischen dem Ausweispapier als einer öffentlichen Zeugnisurkunden, die die Identität einer Person zu öffentlichem Glauben beurkunden soll[30], und dem berechtigten Inhaber des Ausweispapiers abstellt, der um des Schutzes des Rechtsverkehrs mit Urkunden willen strafrechtlicher Schutz zukommt. Ganz auf dieser zutreffenden Linie liegt es ferner, wenn der Senat ausführt, es mache sich die besondere Beweiswirkung des Identitätspapiers derjenige zunutze, der ein echtes Ausweispapier im Rechtsverkehr benutzt.
Der argumentative Fehler besteht aber darin, dass der Senat dafür hält, das mit der besonderen Beweiswirkung eines Ausweispapiers einhergehende Vertrauen des Rechtsverkehrs werde auch dann "beeinträchtigt, wenn der Täter als angeblich berechtigter Inhaber das Ausweispapier eines anderen durch Übersendung oder Vorlage einer elektronischen Bilddatei oder einer Kopie nutzt und in dieser Weise über seine Identität täuscht."[31] Zwar stimmt es noch, dass die mit dem Gebrauchen einhergehende Täuschung im Rechtsverkehr die Identität des Täters zum Gegenstand haben muss.[32] Fehl geht aber die Schlussfolgerung, in der Vorlage einer Kopie oder der Übersendung einer elektronischen Bilddatei eines Ausweispapiers liege eine Täuschung über die Identität des Übersendenden. Damit wird dem Rechtsverkehr gegenüber gerade nicht belegt, dass der Besitzer der Kopie (usw.) mit dem Inhaber des Originals identisch ist. Vielmehr besagt die Vorlage einer (als solche offengelegten) Kopie oder die elektronische Übersendung einer Bilddatei nicht mehr als die Mitteilung, der Vorlegende befinde sich im Besitz des Originals.[33] Kann der Empfänger anhand dieser Kopie den Vorlegenden nicht in einer der erhöhten Beweiskraft des Originalausweispapiers als einer öffentlichen Urkunde entsprechenden Weise hinreichend zuverlässig identifizieren, so kann von einer nach § 281 StGB tatbestandsmäßigen Identitätstäuschung, die unter Ausnutzung der spezifischen Funktion eines Originalausweispapiers begangen würde, nicht die Rede sein. Denn während eine Kopie die aus dem Ausweispapier hervorgehende Erklärung lediglich wiedergibt, ist das Originalausweispapier zugleich der Träger dieser Erklärung als des Beweisgegenstandes[34]; die besonderer Beweisqualität des mit erhöhter Beweiskraft versehenen Ausweispapiers besteht also darin, dass der Inhaber die darin enthaltene Erklärung "in materialisierter, unmittelbar anschaulicher Form vorlegen kann"[35] und nicht auf einen sekundären Nachweis – etwa durch eine Fotokopie – angewiesen ist. Die bei Vorlage lediglich einer Kopie fehlende Identität von Beweismittel und Beweisgegenstand[36] entbehrt somit des spezifischen Zweckzusammenhangs zwischen dem Tatobjekt (echtes Originalausweispapier) und Tathandlung (Gebrauchen eines solchen Tatobjekts).[37] Der Telos des § 281 Abs. 1 StGB – einer Identitätstäuschung durch spezifische Inanspruchnahme der erhöhten Beweiskraft eines Ausweispapiers entgegenzuwirken – ist damit nur bei Vorlage des Originals selbst erfüllt.[38]
Auch wenn die Problematik des mittelbaren Gebrauchens bisher weit häufiger im Zusammenhang mit § 267 Abs. 1 Var. 3 StGB erörtert wurde, handelt es sich bei alledem auch zu § 281 StGB nicht um komplett neue Erkenntnisse. Es verwundert deshalb, dass der BGH jede Auseinandersetzung mit dem Argument der fehlenden Identität von Beweismittel und Beweisgegenstand vermeidet und sich anstatt dessen mit den wegen des informationstechnischen Fortschritts geänderten Bedürfnissen des Rechtsverkehrs und mit außerstrafrechtlichen Gesetzesänderungen auseinandersetzt. Ob die veränderten technischen Rahmenbedingungen kriminalpolitisch eine Steigerung der Punivität erfordern, mag dahinstehen; für die an das Gesetz und seine Auslegung gebundene Rechtsprechung gilt sinngemäß, was der BGH vor knapp einem halben Jahrhundert gegen eine kriminalpolitisch vermeintlich erforderliche Einbeziehung von Fotokopien in den Urkundenbegriff eingewandt hat[39]: Die Einbeziehung der Vorlage von Fotokopien oder Bilddateien und der damit einhergehende Verzicht auf die Vorlage von Ausweispapieren in den Begriff des Gebrauchens würde dem Missbrauch von Ausweispapieren das entscheidende Kriterium – die besitzgestützte Berufung des Täters auf die erhöhte Beweiskraft einer öffentlichen Urkunde – entziehen und damit zu einer nicht zulässigen, weil die Auslegungsgrenzen überschreitenden Rechtsfortbildung führen. Es ist Sache des Gesetzgebers, der informationstechnischen Entwicklung durch eine besondere Bestimmung Rechnung zu tragen.
Aus den dargelegten Gründen ist es für die Auslegung des § 281 StGB – entgegen den Ausführungen des Senats zur historischen Auslegung[40] – auch ohne Belang, dass der Gesetzgeber bei der Schaffung der Vorschrift in ihrer heutigen Gestalt für das Gebrauchen einen Bedeutungsgleichlauf mit dem Gebrauchmachen nach § 267 StGB in der damaligen Fassung ausdrücklich vorgesehen hat und dabei von einer Einbeziehung auch des mittelbaren Gebrauchens entsprechend der Rechtsprechung des RG[41] ausgegangen ist. Dabei kommt es nicht einmal auf den eher formalen Aspekt an, dass es auf Befremden stoßen muss, in welch affirmativer Weise sich der Senat auf die Begründung einer im Jahre 1941 liegenden Gesetzesänderung bezogen hat, die auf der Rechtsfolgenseite von typisch nationalsozialistischer Drastik und Unbestimmtheit und gekennzeichnet ist.[42] Denn gemessen an den übrigen Auslegungsgesichtspunkten stellte sich – wie gesehen – die Ansicht des historischen Gesetzgebers als schlicht inhaltlich falsch dar; und was damals gesetzgeberisch falsch war, kann heute nicht allein wegen eines verfehlten gesetzgeberischen Willens auslegungstechnisch richtig sein. Es ist deshalb zu hoffen, dass sich die übrigen Senate des BGH sich der vom 5. Senat beabsichtigten Rechtsprechungsänderung verweigern.
[1] BGHSt 20, 17 = NJW 1964, 2427.
[2] LK-StGB/Zieschang 12. Aufl. 2009, § 281 Rn. 9; MüKo-StGB/Erb 3. Aufl. 2019, § 281 Rn. 8; NK-StGB/Puppe/Schumann 5. Aufl. 2017, § 281 Rn. 7; SK-StGB/Hoyer 9. Aufl. 2019, § 281 Rn. 5; Satzger/Schluckebier/Widmaier/Wittig StGB, 4. Aufl. 2018, § 281 Rn. 6; Schönke/Schröder/Heine/Schuster StGB 30. Aufl. 2019, § 281 Rn. 5; Lackner/Kühl/Heger 29. Aufl. 2018, § 281 Rn. 3; Hecker GA 1997, 525, 535 f.; Kienapfel NJW 1971, 1781, 1783; Preuß JA 2013, 433, 436. – Entgegen der Annahme des 5. Senats (BeckRS 2019, 19516 Rn. 17) finden sich bei Fischer StGB und Nebengesetze, 66. Aufl. 2019, § 281 Rn. 3 und bei Weidemann in BeckOK-StGB, 43. Aufl. Stand 01.08.2019, § 281 Rn. 6 keine abweichenden Stellungnahmen, sondern lediglich überpauschale Verweise auf die Kommentierung des Gebrauchens i.S.d. § 267 StGB.
[3] BGHSt 20, 17, 18 = NJW 1964, 2427, 2428.
[4] Auf die "Besonderheiten der Vorschrift", aus denen ein abweichendes Auslegungsergebnis zu § 281 StGB folge, weist auch LK-StGB/Gribbohm 11. Aufl. 2005, § 267 Rn. 217 hin.
[5] Abl. das überwiegende Schrifttum, vgl. Jescheck GA 1955, 97, 105; Meyer MDR 1973, 9, 11 f.; Otto JuS 1987, 761, 769 f.; Puppe Jura 1979, 630, 640 f.; Zielinski CR 1995, 286, 289, 296; Grimm Die Problematik der Urkundenqualität von Fotokopien, 1994, S. 46 ff., 67 ff.; Gustafsson Die scheinbare Urkunde, 1993, S. 40; Jakobs Urkundenfälschung, 2000, S. 82 m. Fn. 127; Maurach/Schroeder/Maiwald Strafrecht Besonderer Teil Teilband 2, 10. Aufl. 2012, § 65 Rn. 69; MüKo-StGB/Erb 3. Aufl. 2019, § 267 Rn. 198 ff.; Lackner/Kühl/Heger StGB, § 267 Rn. 23; SK-StGB/Hoyer 9. Aufl. 2019, § 267 Rn. 88; LK-StGB/Zieschang 12. Auf. 2009, § 267 Rn. 120, 217, 220, 256; Satzger/Schluckebier/Widmaier/Wittig StGB, 4. Aufl. 2018, § 267 Rn. 81; Wessels/Hettinger/Engländer Strafrecht Besonderer Teil 1, 42. Aufl. 2018, Rn. 932.
[6] RGSt 69, 228, 230; BGHSt 5, 291, 292 = NJW 1954, 608; BGH NJW 1965, 642; BGHSt 24, 140, 142; BGH NJW 1978, 2042, 2043; KG JR 1980, 516, 517); BayObLG NJW 1991, 2163; BGH NJW 2016, 884, 886 = HRRS 2016 Nr. 162 Rn. 35; OLG Köln StV 1987, 297; OLG Düsseldorf StV 2001, 233 = wistra 2000, 37 = JR 2001, 82; zust. LK-StGB/Gribbohm 11. Aufl. 2005, § 267 Rn. 217; Fischer StGB und Nebengesetze, 66. Aufl. 2019, § 267 Rn. 37; Kindhäuser Strafrecht Besonderer Teil I, 8. Aufl. 2017, § 55 Rn. 69.
[7] BGHSt 20, 17, 18 f.; LK-StGB/Zieschang § 281 Rn. 7.
[8] OLG Bremen StV 2002, 552, 553; LK-StGB/Zieschang § 281 Rn. 8; MüKo-StGB/Erb § 281 Rn. 7; NK-StGB/Puppe/Schumann § 281 Rn. 5; Fischer § 281 Rn. 2; für die Einbeziehung auch unechter Urkunden heutzutage nur SK-StGB/Hoyer § 281 Rn. 4.
[9] Hecker GA 1997, 525, 528.
[10] BGH, Beschluss vom 08. Mai 2019 – 5 StR 146/19, BeckRS 2019, 19516 Rn. 19 = HRRS 2019 Nr. 1053 Rn. 19.
[11] BGH, Beschluss vom 08. Mai 2019 – 5 StR 146/19, BeckRS 2019, 19516 Rn. 20 f. = HRRS 2019 Nr. 1053 Rn. 20 f.
[12] RGSt 69, 228, 230.
[13] BGH, Beschluss vom 08. Mai 2019 – 5 StR 146/19, BeckRS 2019, 19516 Rn. 22 = HRRS 2019 Nr. 1053 Rn. 22.
[14] BGH, Beschluss vom 08. Mai 2019 – 5 StR 146/19, BeckRS 2019, 19516 Rn. 23 ff., 27. = HRRS 2019 Nr. 1053 Rn. 23 ff., 27.
[15] Heck Gesetzesauslegung und Interessenjurisprudenz, 1914, S. 46, 173; ders. Begriffsbildung und Interessenjurisprudenz, 1932, S. 52, 60; das anschauliche Bild von Begriffskern (erstmals verwendet bei Kantorowitz Der Kampf um die Rechtswissenschaft, 1906, S. 15, vgl. Zippelius NJW 1967, 2229, 2231) als eindeutig zuzuordnende Sachverhalte und Begriffshof als diffuser Bereich wurde von Jesch AöR 82 (1957), 163, 172 ff., 176 f. in der Lehre vom notwendig unbestimmten Rechtsbegriff etabliert.
[16] H.-J. Koch Unbestimmte Rechtsbegriffe und Ermessensermächtigungen im Verwaltungsrecht, 1979, S. 40 ff.; ders. ARSP 61 (1975), 27, 36 f.; vgl. ferner Röhl/Röhl Allgemeine Rechslehre, 3. Auf. 2008, § 3 IX.
[17] BGH, Beschluss vom 08. Mai 2019 – 5 StR 146/19, BeckRS 2019, 19516 Rn. 19 = HRRS 2019 Nr. 1053 Rn. 19; ähnlich zurückhaltend Hecker GA 1995, 525, 535, der der Gegenauffassung konzediert, es stehe "der Wortlaut der Bestimmung nicht entgegen (…)."
[18] BGH, Beschluss vom 08. Mai 2019 – 5 StR 146/19, BeckRS 2019, 19516 Rn. 21 = HRRS 2019 Nr. 1053 Rn. 21.
[19] Zum insoweit thematischen Verhältnis von Wort und Begriff Demko Zur "Relativität der Rechtsbegriffe" in strafrechtlichen Tatbeständen, 2002, S. 35 ff.
[20] Demko Zur "Relativität der Rechtsbegriffe" in strafrechtlichen Tatbeständen, S. 25.
[21] Schönke/Schröder/Hecker § 1 Rn. 39; zu der damit einhergehenden Begriffsspaltung eingehend Simon Gesetzesauslegung im Strafrecht, 2005, S. 453 ff.
[22] Vgl. etwa RGSt 37, 118 126 f.; BayObLG NJW 1981, 1745, 1746 m.w.N aus der Rspr. des RG; LK-StGB/Schünemann 12. Aufl. 2008, § 289 Rn. 10 ff., 14 ff. m.w.N.; berechtigte Kritik etwa bei NK-StGB/Gaede 5. Aufl. 2017, § 289 Rn. 9 ff., 11 f. m.w.N.; eingehende Darstellung bei Demko Zur "Relativität der Rechtsbegriffe" in strafrechtlichen Tatbeständen, S. 214 ff. (auch zum Wegnahmebegriff in § 168 StGB, vgl. a.a.O. S. 233 ff.).
[23] BGHSt 5, 291, 292 = NJW 1954, 608; BGHSt 24, 140, 141 f. = BGH NJW 1971, 1812, 1813.
[24] BGHSt 20, 17, 18 f.; BGHSt 24, 140, 141 f. = BGH NJW 1971, 1812, 1813; BGH NStZ 2003, 543, 544; BGH NStZ 2010, 703, 704 = HRRS 2010 Nr. 213 Rn. 10 f.; BGH NStZ-RR 2011, 213, 214 f. = HRRS 2011 Nr. 515 Rn. 10 ff.; zust. LK-StGB/Zieschang § 267 Rn. 111 ff.; MüKo-StGB/Erb § 267 Rn. 99 ff., jeweils m.w.N. auch zur Gegenansicht; Erb GA 1998, 577, 579 f.; ders. NStZ 2001, 317 f.
[25] Diesen Zusammenhang zwischen Herstellen und Gebrauchmachen deutet auch Freund Urkundenstraftaten, 2. Aufl. 2010, Rn. 202 f. m. Fn. 233 an; vgl. ferner Radtke ZStW 115 (2003), 25, 33, der von einer Einschränkung des Grundsatzes fehlender Urkundenqualität von Fotokopien durch Erfassung des Zugänglichmachens der Fotokopie des Falsifikats als Gebrauchen einer unechten Urkunde spricht.
[26] BGH, Beschluss vom 08. Mai 2019 – 5 StR 146/19, BeckRS 2019, 19516 Rn. 24 = HRRS 2019 Nr. 1053 Rn. 24.
[27] Schönke/Schröder/Heine/Schuster § 281 Rn. 1.
[28] LK-StGB/Zieschang § 281 Rn. 1.
[29] MüKo-StGB/Erb § 281 Rn. 1.
[30] Vgl. NK-StGB/Puppe/Schumann § 281 Rn. 4, § 275 Rn. 4.
[31] BGH, Beschluss vom 08. Mai 2019 – 5 StR 146/19, BeckRS 2019, 19516 Rn. 24 == HRRS 2019 Nr. 1053 Rn. 24.
[32] BGHSt 16, 33, 34; LK-StGB/Zieschang § 281 Rn. 12; MüKo-StGB/Erb § 281 Rn. 8.
[33] BGHSt 20, 17, 18 f.; Hecker GA 1997, 525, 535 f. – Entgegen der bei MüKo-StGB/Freund § 274 Rn. 15 (zur Exklusion von Fotokopien aus dem Urkundenbegriff des § 267 StGB) geäußerten Ansicht handelt es sich hierbei auch nicht um eine viktimodogmatisches Argument: Die Beschränkung des § 281 Abs. 1 StGB beruht nicht auf dem Gedanken, dass es dem Adressaten des übersandten Lichtbildes bzw. der Kopie zuzumuten sei, sich das Original vorlegen zu lassen, sondern auf der speziellen ratio des § 281 StGB. Dass sich, um Strafbarkeit aus § 281 StGB auszulösen, der Adressat das Original vorlegen lassen muss, ist also nicht etwa Grund für den hier vertretenen Standpunkt, sondern nur seine Konsequenz und hat mit Viktimodogmatik nichts zu tun.
[34] Vgl. NK-StGB/Puppe/Schumann § 281 Rn. 7, § 267 Rn. 24 f., die trotz ansonsten vertretener Gleichstellung von Originalurkunde i.S. des § 267 Abs. 1 StGB und Kopie davon ausgehen, dass sich bei besonderen Urkunden wie Ausweispapieren "die Erkl. inhaltlich auf das Stück Papier bezieht, auf dem sie niedergelegt ist (…), wodurch das Papier selbst Bestandteil der Erklärung werde. "Eine Kopie (…) gibt also die Erkl. nur unvollständig wieder, weil das körperliche Stück Papier, das Bestandteil dieser Erkl. ist, fehlt. Wer zum Beweis einer Berechtigung die Kopie (…) eines Ausweises (…) als Kopie vorlegt, gebraucht also keine falsche Urkunde" und, so ist zu ergänzen, kein Originalausweispapier (Abkürzungen im Zitat original).
[35] Erb GA 1998, 577, 590 f. zur Problematik des mittelbaren Gebrauchens bei § 267 Abs. 1 Var. 3 StGB.
[36] Vgl. MüKo-StGB/Erb § 267 Rn. 8.
[37] Vgl. Hecker GA 1997, 525, 536, der von der fehlenden objektiven Identifizierbarkeit anhand der Kopie auf die das fehlende Gebrauchen des Originals "spezifisch in seiner Funktion als Ausweispapier" schließt.
[38] Vgl. ferner den zutr. Hinweis bei MüKo-StGB/Erb § 281 Rn. 13; NK-StGB/Puppe/Schumann § 281 Rn. 8 darauf, dass in der bloßen Vorlage der Kopie – entgegen BGHSt 20, 17, 20, BeckOK-StGB/Weidemann § 281 Rn. 9 – noch kein versuchsbegründendes unmittelbares Ansetzen (§§ 281 Abs. 1 S. 2, 22 StGB) zu der allein tatbestandsrelevanten Vorlage des Originalausweispapiers liegt.
[39] BGHSt 24, 140, 142 = NJW 1971, 1812, 1813: "Eine allgemeine Einbeziehung der Fotokopie in den Strafschutz des jetzt geltenden § 267 StGB würde aber dem Begriff der Urkunde das wesentlichste Kriterium der Erkennbarkeit des Ausstellers entziehen und damit zu einer nicht zulässigen Rechtsfortbildung (…) führen. Es ist Sache des Gesetzgebers, dieser Entwicklung gegebenenfalls durch eine (…) besondere Schutzbestimmung Rechnung zu tragen."; zust. OLG Oldenburg NStZ 2009, 391 für Telefaxe.
[40] BGH, Beschluss vom 08. Mai 2019 – 5 StR 146/19, BeckRS 2019, 19516 Rn. 22 = HRRS 2019 Nr. 1053 Rn. 22.
[41] RGSt 69, 228, 230.
[42] § 281 Abs. 1 S. 1 StGB lautete in der vom 15.09.1941 bis zum 31.03.1970 geltenden Fassung: "Wer ein Ausweispapier, das für einen anderen ausgestellt ist, vorsätzlich zur Täuschung im Rechtsverkehr gebraucht, oder wer zur Täuschung im Rechtsverkehr einem anderen ein Ausweispapier überläßt, das nicht für diesen ausgestellt ist, wird mit Gefängnis, in besonders schweren Fällen mit Zuchthaus bestraft." (Rechtschreibung originalbelassen) – Abschluss des Manuskripts: 18.11.2019.