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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
November 2019
20. Jahrgang
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1. Ein wirksamer Rücktritt vom Versuch der räuberischen Erpressung mit Todesfolge (§§ 251, 255, 22 StGB) durch Verhinderung der Todesfolge gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 Alternative 2 StGB setzt nicht voraus, dass der Täter auch vom Versuch der schweren räuberischen Erpressung (§§ 250, 255 StGB) zurücktritt. Dies gilt selbst dann, wenn der Täter für den Fall, dass seine Forderungen nicht erfüllt werden, damit droht, erneut ein Mittel einzusetzen, das geeignet ist, den Tod anderer Menschen herbeizuführen. (BGHSt)
2. Raub mit Todesfolge (§ 251 StGB) ist ein erfolgsqualifiziertes Delikt, dessen Versuch nicht nur in der Form begangen werden kann, dass der Täter durch eine in finaler Verknüpfung mit der Wegnahme stehende räuberische Nötigungshandlung den Tod des Opfers verursacht, es aber nicht zur Vollendung des Raubdelikts kommt – sog. erfolgsqualifizierter Versuch –, sondern auch dadurch, dass der Einsatz der i.S.d. § 249 StGB tatbestandsmäßigen Gewalt zugleich (bedingt) vorsätzlich vorgenommene Tötungshandlung ist, die aber den qualifizierten Erfolg nicht bewirkt – sog. versuchte Erfolgsqualifizierung. Dasselbe gilt für die versuchte räuberische Erpressung mit Todesfolge (§§ 251, 255 StGB). (Bearbeiter)
3. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt ein Rücktritt vom Versuch gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 Alternative 2 StGB auch dann in Betracht, wenn der Täter unter mehreren Möglichkeiten der Erfolgsverhinderung nicht die sicherste oder „optimale“ gewählt hat, sofern sich das auf Erfolgsabwendung gerichtete Verhalten des Versuchstäters als erfolgreich und für die Verhinderung der Tatvollendung als ursächlich erweist. Es kommt nicht darauf an, ob dem Täter schnellere oder sicherere Möglichkeiten der Erfolgsabwendung zur Verfügung gestanden hätten; das Erfordernis eines „ernsthaften Bemühens“ gemäß § 24 Abs. 1 Satz 2 StGB gilt für diesen Fall nicht (vgl. BGHSt 48, 147, 149 ff.). Erforderlich ist aber stets, dass der Täter eine neue Kausalkette in Gang gesetzt hat, die für die Nichtvollendung der Tat ursächlich oder jedenfalls mitursächlich geworden ist (vgl. BGHSt 33, 295, 301). Ohne Belang ist dabei, ob der Täter noch mehr hätte tun können, sofern er nur die ihm bekannten und zur Verfügung stehenden Mittel benutzt hat, die aus seiner Sicht den Erfolg verhindern konnten (vgl. BGHSt 33, 295, 301 mwN). (Bearbeiter)
1. Aus der jüngeren Rechtsprechung des Senats zur Mittäterschaft (vgl. BGH HRRS 2018 Nr. 475 und Nr. 779) ergibt sich nicht, dass Voraussetzung der (Mit-)Täterschaft unter dem Blickwinkel der Tatherrschaft zwingend ist, dass der Täter durch seinen Beitrag Einfluss auf die Tatausführung nehmen kann. Es handelt sich bei der Tatherrschaft lediglich um eines der Kriterien, welche bei der wertenden Gesamtbetrachtung in den Blick zu nehmen sind. Deshalb scheidet nicht immer dann, wenn dieses schwach oder gar nicht ausgeprägt ist, Mittäterschaft aus; vielmehr können Defizite in diesem Bereich - wie es im Wesen einer Gesamtbetrachtung liegt - ausgeglichen werden, wenn andere der in die Prüfung einzustellenden Kriterien stärker ausgeprägt sind.
2. Mittäter eines (hier nach § 251 StGB qualifizierten) Raubes kann demnach auch sein, wer an der Tatplanung sowie an der Anwerbung weiterer Mittäter beteiligt ist, einen Anteil and er Beute erhält und die übrigen Beteiligten zum Tatort fährt. Dass er selbst die Wohnung des Tatopfers nicht betritt und an den dort vorgenommenen Nötigungshandlungen nicht beteiligt ist, steht dem nicht entgegen.
1. Der unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Völkermord an den europäischen Juden ist eine historische Tatsache, die offenkundig ist und deshalb auch keiner Beweiserhebung bedarf. Diesen wahren Sachverhalt leugnet, wer den Holocaust in Abrede stellt.
2. Vorsätzlich leugnet den Holocaust, wer ihn in Abrede stellt, obwohl er entweder weiß oder zumindest für möglich hält und billigend in Kauf nimmt, dass der Holocaust entgegen seiner Behauptung tatsächlich stattgefunden hat. Es genügt nicht, dass der Täter sich bewusst ist, eine allgemein akzeptierte Auffassung zu bestreiten. Die persönliche Überzeugung von der Richtigkeit der Behauptung schließt den Vorsatz daher aus.
3. Auf der Ebene der Beweiswürdigung kommt die Annahme von zumindest bedingtem Leugnungsvorsatz regelmäßig auch bei Tätern in Betracht, welche die Realität bewusst ignorieren und nicht wahrhaben wollen, dass es sich bei dem Holocaust um eine historische Tatsache handelt. Insofern sind die Anforderungen an den Nachweis, dass der Täter die Unwahrheit seiner Behauptung wenigstens für möglich hält und billigend in Kauf nimmt, in Anbetracht der Offenkundigkeit des nationalsozialistischen Massenmordes in der Regel eher gering.
4. Aus der jüngeren Rechtsprechung des Senats zur Mittäterschaft (vgl. BGH HRRS 2018 Nr. 475 und Nr. 779) ergibt sich nicht, dass Voraussetzung der (Mit-)Täterschaft unter dem Blickwinkel der Tatherrschaft zwingend ist, dass der Täter durch seinen Beitrag Einfluss auf die Tatausführung nehmen kann. Es handelt sich bei der Tatherrschaft lediglich um eines der Kriterien, welche bei der wertenden Gesamtbetrachtung in den Blick zu nehmen sind. Deshalb scheidet nicht immer dann, wenn dieses schwach oder gar nicht ausgeprägt ist, Mittäterschaft aus; vielmehr können Defizite in diesem Bereich - wie es im Wesen einer Gesamtbetrachtung liegt - ausgeglichen werden, wenn andere der in die Prüfung einzustellenden Kriterien stärker ausgeprägt sind.
5. Bei Deliktstatbeständen, die zum Schutz desselben Rechtsguts verschiedene gleichwertige Tatmodalitäten mit Strafe bedrohen (hier: § 130 Abs. 1 Nr. 1 und 2, Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a und c StGB), stellt die Verwirklichung mehrerer Tatbestandsvarianten zum Nachteil desselben Opfers regelmäßig nur eine Tat im konkurrenzrechtlichen Sinne dar.
1. Der Tatbestand der Bedrohung (§ 241 StGB) tritt hinter denjenigen der sexuellen Nötigung oder Vergewaltigung (§ 177 StGB) zurück, wenn das Opfer zur Durchführung der sexuellen Handlungen mit dem Tode bedroht wird. Die qualifizierte Drohung ist dabei ein Tatmittel der sexuellen Nötigung. Anders könnte es sich nur verhalten, wenn die Bedrohung einem anderen Zweck als dem der Erzwingung sexueller Handlungen gedient hätte.
2. An dieser Bewertung der Gesetzeskonkurrenz hat sich durch die Neufassung des § 177 StGB durch das Fünfzigste Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches vom 4. November 2016 (BGBl. I S. 2460) nichts geändert.
Eine rechtlich fehlerfreie Beweiswürdigung erfordert die sorgfältige Abwägung aller für und gegen einen Tötungsvorsatz sprechenden Umstände im Rahmen einer Gesamtschau. Dies gilt in besonderem Maße bei einer in Mittäterschaft begangenen Tat. Hier ist jeder Mittäter für ein Handeln anderer Personen im Hinblick auf eine Vorsatztat nur im Rahmen seines eigenen Vorsatzes verantwortlich. Selbst wenn dieser Vorsatz, dem Tatplan entsprechend, auch den Einsatz eines gefährlichen Werkzeugs umfasst hat, folgt daraus noch nicht ohne weiteres, dass ein Mittäter, der ein solches Werkzeug nicht selbst einsetzt, auch bedingten Vorsatz zur Tötung des Opfers hat. Bei gruppendynamisch geprägten Gewalthandlungen können Fälle mit gedankenloser Verletzungsabsicht vorliegen, die gegebenenfalls nur mit grober Fahrlässigkeit hinsichtlich einer möglichen Todesverursachung einhergehen. Ob bedingter Tötungsvorsatz oder Fahrlässigkeit vorliegt, ist in solchen Fällen hinsichtlich jedes Tatbeteiligten in einer Gesamtschau aller ihn betreffenden objektiven und subjektiven Tatumstände, in die auch die psychische Verfassung des Tatbeteiligten bei der Tatbegehung sowie seine Motivation einzubeziehen sind, genau zu prüfen.
1. Für die Abgrenzung von beendetem und unbeendetem Versuch und damit für das Vorliegen eines strafbefreienden Rücktritts kommt es darauf an, ob der Täter nach der letzten seinerseits konkret vorgenommenen Ausführungshandlung den Eintritt des tatbestandsmäßigen Erfolgs für möglich hält. Macht der Täter sich nach der letzten Ausführungshandlung keine Vorstellung über die Folgen seines Tuns oder ist ihm der Erfolg gleichgültig, ist ein beendeter Versuch anzunehmen.
2. Für die Annahme eines Hanges ist nach ständiger Rechtsprechung eine eingewurzelte, auf psychische Dis-
position zurückgehende oder durch Übung erworbene Neigung ausreichend, immer wieder Rauschmittel zu konsumieren, wobei diese Neigung noch nicht den Grad einer physischen Abhängigkeit erreicht haben muss. Ein übermäßiger Konsum von Rauschmitteln ist jedenfalls dann gegeben, wenn der Betroffene aufgrund seiner Neigung sozial gefährdet oder gefährlich erscheint. Nicht erforderlich ist, dass beim Täter bereits eine Persönlichkeitsdepravation eingetreten ist. Dem Umstand, dass durch den Rauschmittelkonsum die Gesundheit sowie die Arbeits- und Leistungsfähigkeit des Betroffenen beeinträchtigt sind, kommt nur eine indizielle Bedeutung zu. Das Fehlen solcher Beeinträchtigungen schließt nicht notwendigerweise die Bejahung eines Hanges aus.
3. Ein symptomatischer Zusammenhang liegt bereits vor, wenn die Tat in dem Hang ihre Wurzel findet. Die konkrete Tat muss also Symptomwert für den Hang des Täters zum Missbrauch von Rauschmitteln haben, indem sich in ihr seine hangbedingte Gefährlichkeit äußert. Dabei ist nicht erforderlich, dass der Hang die alleinige Ursache für die Anlasstaten ist. Vielmehr ist ein symptomatischer Zusammenhang auch dann zu bejahen, wenn der Hang neben anderen Umständen mit dazu beigetragen hat, dass der Angeklagte erhebliche rechtswidrige Taten begangen hat, und dies bei einem unveränderten Suchtverhalten auch für die Zukunft zu besorgen ist.
1. Im Rahmen der Prüfung eines niedrigen Beweggrundes im Sinne des § 211 StGB ist das in Rede stehende Tötungsmotiv an den Maßstäben der hiesigen Rechtsgemeinschaft zu messen. Unter diesen Voraussetzungen ist die Tötung zur „Wiederherstellung der Familienehre“ (hier aufgrund eines lediglich eingebildeten „Fremdgehens“ der verheirateten Tochter) regelmäßig objektiv als niedrig anzusehen.
2. In subjektiver Hinsicht muss hinzukommen, dass der Täter die Umstände, die die Niedrigkeit seiner Beweggründe ausmachen, in ihrer Bedeutung für die Tatausführung ins Bewusstsein aufgenommen hat und, soweit gefühlsmäßige oder triebhafte Regungen in Betracht kommen, diese gedanklich beherrschen und willensmäßig steuern kann. Dies ist nicht der Fall, wenn der Täter außer Stande ist, sich von seinen gefühlsmäßigen und triebhaften Regungen freizumachen. Ob diese subjektiven Voraussetzungen gegeben sind, kann aber nicht beurteilt werden, ohne dass zuvor geklärt und dargelegt worden ist, welche Motivation der Tat zugrunde lag und ob diese Motivation – nach der erforderlichen Gesamtwürdigung – als niedrig einzustufen ist.
1. Nach § 146 Abs. 1 Nr. 1 StGB wird bestraft, wer Geld in der Absicht nachmacht, es als echt in den Verkehr zu bringen. Da unter Umständen selbst schlechteste Fälschungen zur Täuschung geeignet sein können, sind an die Ähnlichkeit mit echtem Geld keine allzu hohen Anforderungen zu stellen. Entscheidend ist, ob der Empfänger im normalen Verkehr die Unechtheit unschwer - ohne dass eine nähere Prüfung erforderlich ist - erkennen kann oder nicht.
2. Falsches Geld kann somit nicht nur bei einer Imitation gültigen Geldes vorliegen, sondern auch dann, wenn - wie bei einem Phantasieprodukt - sich entsprechendes Geld nicht im Umlauf befindet. Es kommt auch nicht darauf an, ob das Falsifikat in den Einzelheiten wie Größe und Stoff, Farbe und Ausgestaltung mit dem Original übereinstimmt oder ob es überhaupt ein entsprechendes Vorbild gibt. Entscheidend ist vielmehr das Gesamtbild nachgemachten Geldes.
3. Vorausgesetzt ist jedoch stets, dass eine zur Verwechslung ausreichende Geldähnlichkeit angestrebt und - wenn die Tat als vollendet angesehen werden soll - tatsächlich erreicht wird, das Produkt des Nachmachens somit als echtes „Geld“ angesehen wird. Falsches Geld im Sinne des § 146 StGB liegt nur dann vor, wenn dem Gegenstand der Anschein echten (gültigen) Geldes so innewohnt, dass die Beschaffenheit im gewöhnlichen Zahlungsverkehr den Arglosen täuschen kann. Das hergestellte Produkt muss mithin seiner Beschaffenheit nach geeignet sein, den Anschein zu erwecken, dass es sich um „Geld“ - nicht etwa um irgendeine Urkunde oder ein von § 151 StGB nicht erfasstes Wertpapier - handele.
4. Geld ist nach der Definition der Rechtsprechung jedes vom Staat oder einer durch ihn dazu ermächtigten Stelle
als Wertträger beglaubigtes, zum Umlauf im öffentlichen Verkehr bestimmtes Zahlungsmittel. Diese Definition gilt nach § 152 StGB auch für ausländisches Geld, bei dem unter Berücksichtigung des jeweiligen ausländischen Rechts zu prüfen ist, ob Wertträger eines fremden Währungsgebiets die dem Begriff des Geldes genügenden Qualitäten aufweisen.
5. Allerdings ist damit nicht alles, was eine ausländische Rechtsordnung nach ihrem Verständnis als „Geld“ behandelt, unter den Geldbegriff der §§ 146 ff. StGB zu subsumieren. Vielmehr ist der Geldbegriff vom deutschen Strafrecht vorgegeben und umfasst insbesondere „Papiergeld einschließlich der Banknoten und Metallgeld. Ist hiernach eine Geldähnlichkeit gegeben (hier nicht abschließend entschieden für Schecks mit einem festen Nominalwert), kommt es - wie bei deutschem Geld - nicht darauf an, ob es sich um ein Phantasieprodukt handelt oder um eine Nachahmung echten Geldes.
1. Die geltende Fassung des § 129 Abs. 2 StGB soll den Vereinigungsbegriff im Vergleich zu dem früheren Begriff der kriminellen oder terroristischen Vereinigung, wie er in der Rechtsprechung verstanden worden ist (vgl. etwa BGH HRRS 2009 Nr. 890), ausweiten, indem die Anforderungen an die Organisationsstruktur und die Willensbildung abgesenkt wurden. Es sollen nunmehr nicht nur Personenzusammenschlüsse erfasst werden, deren Mitglieder sich untereinander als einheitlicher Verband fühlen, sondern auch hierarchisch organisierte Gruppierungen mit bloßer Durchsetzung eines autoritären Anführerwillens ohne Gruppenidentität.
2. Indes handelt es sich bei einer Vereinigung weiterhin um einen organisierten Zusammenschluss von Personen, was zumindest eine gewisse Organisationsstruktur sowie in gewissem Umfang instrumentelle Vorausplanung und Koordinierung erfordert; notwendig ist darüber hinaus das Tätigwerden in einem übergeordneten gemeinsamen Interesse. Auch wenn die Mitgliedschaft in einer Vereinigung auf der Grundlage der Legaldefinition nicht erfordert, dass sich der Täter in das „Verbandsleben“ der Organisation integriert und sich deren Willen unterordnet, so setzt die mitgliedschaftliche Beteiligung an einer Vereinigung auch nach der Legaldefinition des § 129 Abs. 2 StGB eine gewisse, einvernehmliche Eingliederung des Täters in die Organisation voraus.
3. Gründer im Sinne von § 129a Abs. 1 StGB sind solche Personen, die den Gründungsakt führend und richtungsweisend bewirken. Dies bedeutet aber nicht, dass allein die Gründungsaktivitäten führender Personen erfasst werden sollen; vielmehr wird nur eine wesentliche Förderung der Gründung verlangt, also ein für das Zustandekommen der Vereinigung weiterführender und richtungsweisender Beitrag, auch wenn dieser im Verhältnis zu den Beiträgen anderer Gründer von lediglich untergeordneter Bedeutung ist.
4. Der Begriff der Menschenmenge im Sinne des § 125 StGB bezeichnet eine nicht notwendigerweise ungezählte, aber doch so große Personenmehrheit, dass die Zahl nicht sofort überschaubar ist. Eine Ansammlung von 15 bis 20 Personen kann eine solche Menschenmenge sein, wobei dies keine Festlegung einer Untergrenze bedeutet. Sogar eine Gruppe von zehn Personen kann ausreichen, wenn besondere Umstände - insbesondere eine auf die räumliche Enge zurückzuführende Unübersichtlichkeit am Tatort - es für den Außenstehenden unmöglich machen, die Größe der Menge und die von ihr ausgehende Gefahr zu erfassen.
1. Das Privileg des § 184c Abs. 4 StGB ist nicht zuzubilligen, wenn der Täter im Rahmen von Videoanrufen freiwillig vorgenommene sexuelle Handlungen seiner jugendlichen Gesprächspartnerin durch heimliche Screenrecords aufnimmt und speichert.
2. Zwar neigt der Senat dazu, in der Anfertigung der Screenrecords nicht lediglich ein Sichverschaffen des Besitzes an einer jugendpornografischen Schrift im Sinne des § 184c Abs. 3 1. Alternative StGB zu sehen, sondern insoweit ein Herstellen im Sinne des § 184c Abs. 1 Nr. 3 StGB anzunehmen, weil der Angeklagte die übertragenen Bilder in einer Weise in einem Datenspeicher fixiert hat, dass ihm dadurch deren (wiederholte) visuelle Reproduktion und Wahrnehmung ohne weiteres möglich wurde. Dies hätte zwar zur Folge, dass § 184c Abs. 4 StGB unmittelbar anwendbar wäre, doch fehlt es an einer Einwilligung der Zeugin als dargestellter Person in den mit der Anfertigung der Screenrecords verbundenen Herstellungsprozess und der damit verbundenen bildlichen Perpetuierung ihrer zur einmaligen Betrachtung dargebotenen sexuellen Handlungen.
3. Aus diesem Grund braucht der Senat auch nicht zu entscheiden, ob § 184c Abs. 4 StGB, der seinem Wortlaut nach nur den Hersteller einer jugendpornografischen Schrift und dessen sich daran anschließenden Besitz an dem selbst hergestellten Produkt zu privilegieren vermag, in besonderen Fällen des Sichverschaffens von jugendpornografischen Schriften im Sinne des § 184c Abs. 3 1. Alternative StGB (analog) Anwendung finden kann.
4. Soweit der Angeklagte mit einem zweiten Mobiltelefon Aufnahmen mehrerer sich nach einer gewissen Zeit selbst löschender Videos gefertigt hat, die ihm von der
Zeugin auf seinen Wunsch über den Onlinedienst Snapchat übermittelt worden waren und die die Zeugin bei der Vornahme von sexuellen Handlungen zeigten, kommt eine direkte oder analoge Anwendung des § 184c Abs. 4 StGB ebenfalls nicht in Betracht. Es würde jedenfalls an einer Einwilligung der Zeugin als dargestellter Person in den ihr unbekannten Aufnahmevorgang fehlen.
Bei einer Verrechnung mit offenen Gegenforderungen durch den Getäuschten kann ein Vermögensschaden (§ 263 StGB) darin liegen, dass der Gläubiger durch Täuschung dazu veranlasst wird, eine ihm zustehende Forderung nicht oder nicht alsbald geltend zu machen, etwa wenn er aufgrund einer (ins Leere gehenden) Aufrechnung von einer alsbaldigen Beitreibung seiner Forderung absieht. Allerdings setzt dies voraus, dass der Anspruch rechtlichen Bestand hatte und die Forderung bei sofortiger Geltendmachung realisierbar gewesen wäre.
Für das Beisichführen im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB ist nicht maßgeblich, ob der Täter in der konkreten Tatsituation eine Gelegenheit zum Einsatz des gefährlichen Werkzeugs hat oder sich dies nach seinem Tatplan vorstellt. Erforderlich und genügend ist vielmehr, dass er das gefährliche Werkzeug zu irgendeinem Zeitpunkt des Tatherganges derart bei sich hat, dass er sich seiner jederzeit bedienen kann. In subjektiver Hinsicht ist notwendig, dass der Täter den Gegenstand bewusst gebrauchsbereit bei sich führt.
1. Der Qualifikationstatbestand des § 177 Abs. 5 Nr. 1 StGB setzt voraus, dass der Täter zum Zeitpunkt des sexuellen Übergriffs nach § 177 Abs. 1 StGB Gewalt gegenüber dem Opfer anwendet. Die Gewaltqualifikation kann mithin ab dem Zeitpunkt des Versuchsbeginns des sexuellen Übergriffs eingreifen, wobei der Versuchsbeginn auch mit der Gewaltanwendung zeitlich zusammenfallen kann, etwa wenn diese zur unmittelbaren Erzwingung einer sexuellen Handlung erfolgt.
2. Die rechtliche Bezeichnung der Tat im Tenor soll sich gemäß § 260 Abs. 4 S. 2 StPO grundsätzlich nach der gesetzlichen Überschrift des erfüllten Straftatbestands richten. § 177 sieht in seiner seit dem 10. November 2016 gültigen Fassung als rechtliche Bezeichnung für die Qualifikation des § 177 Abs. 5 StGB den Begriff „sexuelle Nötigung“ vor. Eine weitere Differenzierung nach dem eingesetzten Nötigungsmittel ist im Tenor hingegen nicht geboten, sodass die Qualifikation dort allein als „sexuelle Nötigung“ zu bezeichnen ist
1. (Mit-)Täter des § 179 Abs. 1 StGB aF kann nur sein, wer selbst eine sexuelle Handlung an dem Tatopfer vorgenommen oder dieses dazu veranlasst hat, eine sexuelle Handlung an ihm vorzunehmen. Dies setzt Körperkontakt zwischen Täter und Opfer voraus, so dass – wie im Fall des § 176 Abs. 1 StGB – die Mittäterschaft einer körperlich unbeteiligten Person grundsätzlich ausgeschlossen ist. Anders kann es nur dann liegen, wenn der körperlich Unbeteiligte das widerstandsunfähige Tatopfer im Sinne des § 179 Abs. 2 StGB aF dazu bestimmt hat, die sexuellen Handlungen von dem nach § 179 Abs. 1 StGB aF handelnden Täter an sich vornehmen zu lassen oder an diesem vorzunehmen.
2. Sind an einer Deliktserie mehrere Personen als Mittäter beteiligt, ist für jeden Beteiligten gesondert zu prüfen und zu entscheiden, ob die einzelnen Straftaten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen. Maßgeblich ist dabei der Umfang des Tatbeitrags. Hat daher ein Mittäter, der an der unmittelbaren Ausführung der Taten nicht beteiligt ist, einen alle Einzeldelikte fördernden Tatbeitrag bereits im Vorfeld erbracht, werden ihm diejenigen Taten der anderen Mittäter als tateinheitlich begangen zugerechnet, da sie in seiner Person durch den einheitlichen Tatbeitrag zu einer Handlung i.S. des § 52 Abs. 1 StGB verknüpft werden. Ob die Mittäter die ihnen zurechenbaren Taten gegebenenfalls tatmehrheitlich begangen haben, ist demgegenüber ohne Belang.
1. Der Empfang einer Überweisung im Wert der durch eine Straftat gegen das Vermögen erlangten Geldscheine stellt eine straflose Ersatzhehlerei dar.
2. Einem Dritten wird das Tatobjekt der Hehlerei verschafft, wenn die wirtschaftliche Verfügungsgewalt über die Sache nicht auf den Täter übergeht, sondern durch
das Handeln des Täters unmittelbar vom Vorbesitzer an einen dritten Erwerber weitergeleitet wird oder der Täter das Hehlgut, ohne selbst Besitz an ihm zu erlangen, in seinem Interesse unmittelbar einem Dritten zukommen lässt (vgl. BGH NStZ-RR 2012, 247).
Wut, Ärger, Hass oder Rache kommen als niedrige Beweggründe i.S.d. § 211 StGB in Betracht, wenn diese Antriebsregungen ihrerseits auf einer niedrigen Gesinnung beruhen. Wut oder Verärgerung sind als niedrig einzustufen, wenn sie unter Berücksichtigung der Beziehung zwischen Täter und Opfer eines beachtlichen Grundes entbehren. Entscheidungserheblich sind demnach die Gründe, die den Täter in Wut oder Verzweiflung versetzt oder ihn zur Tötung aus Hass oder Eifersucht gebracht haben. Anzustellen ist eine Gesamtbetrachtung, die sowohl die näheren Umstände der Tat sowie deren Entstehungsgeschichte als auch die Persönlichkeit des Täters und dessen Beziehung zum Opfer einschließt
Für die Vollendung der Wegnahme i.S.d. § 249 StGB genügt es bei handlichen und leicht beweglichen Sachen – hier: ein Mobiltelefon –, wenn der Täter diese in seiner Kleidung verbirgt (siehe bereits BGH HRRS 2014 Nr. 1043). Unter diesen Umständen wäre die Rückholung der Sache nach der Verkehrsauffassung rechtfertigungsbedürftig. Die (scheinbar) kurzfristige Übergabe eines Gegenstands – hier: zum vermeintlichen Einspeichern einer Telefonnummer in das Mobiltelefon – begründet dagegen regelmäßig noch keinen vollendeten Gewahrsamswechsel.