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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Oktober 2015
16. Jahrgang
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Dem Großen Senat für Strafsachen wird gemäß § 132 Abs. 2 GVG folgende Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt: Ist die Einführung und Verwertung einer früheren Aussage eines Zeugen, der erst in der Hauptverhandlung von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch macht, durch Vernehmung der richterlichen Vernehmungsperson nur dann zulässig, wenn diese den Zeugen nicht nur über sein Zeugnisverweigerungsrecht, sondern auch über die Möglichkeit der Einführung und Verwertung seiner Aussage im weiteren Verfahren belehrt hatte?
1. Nach § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO muss der Vorsitzende zu Erörterungen mit den Verfahrensbeteiligten (§ 212 i.V.m. § 202a StPO), die nach Beginn, aber außerhalb der Hauptverhandlung stattgefunden haben und deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung gewesen ist, in der Hauptverhandlung deren wesentlichen Inhalt mitteilen. Hierzu zählt zumindest, welchen Standpunkt die Gesprächsteilnehmer vertreten und wie sie sich zu den Ansichten der übrigen verhalten haben (vgl. BVerfG HRRS 2013 Nr. 222).
2. Ein Verstoß gegen diese Transparenz- und Dokumentationspflichten führt grundsätzlich zur Rechtswidrigkeit einer gleichwohl getroffenen Verständigung und hat zur Folge, dass ein Beruhen des Urteils auf diesem Gesetzesverstoß (§ 337 Abs. 1 StPO) regelmäßig schon deshalb nicht auszuschließen ist, weil die Verständigung, auf der das Urteil beruht, ihrerseits mit einem Gesetzesverstoß behaftet ist.
3. Nach Auffassung des Senats kann jedoch ein Beruhen des Urteils auf dem Rechtsverstoß ausnahmsweise dennoch sicher auszuschließen sein, sofern eine wertende Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung von Art und Schwere des Gesetzesverstoßes ergibt, dass die Gesetzesverletzung unter dem Aspekt des Transparenzgebotes und des Gebotes des fairen Verfahrens nicht als gewichtig anzusehen ist.
4. Ein solcher Ausnahmefall kann anzunehmen sein, wenn die Initiative für das Verständigungsvorgespräch von Seiten der Verteidigung in öffentlicher Hauptverhandlung erfolgt, die Mitteilungs- und Transparenzpflichten zumindest zum Teil erfüllt werden (hier: durch Mitteilung des Gesprächsergebnisses) und im weiteren Verlauf die Bestimmungen des § 257c StPO für ein regelhaftes Zustandekommen einer Verständigung vom Gericht eingehalten werden.
1. Bei der Beschlagnahme der auf dem Mailserver eines Providers gespeicherten Daten handelt es sich um eine offene Ermittlungsmaßnahme, deren Anordnung
den davon Betroffenen und den Verfahrensbeteiligten bekannt zu machen ist, vgl. §§ 33 Abs. 1, 35 Abs. 2 StPO (siehe bereits BGH HRRS 2010 Nr. 541). Eine Zurückstellung der Benachrichtigung wegen Gefährdung des Untersuchungszwecks sieht die Strafprozessordnung für diese Untersuchungshandlung – anders als § 101 Abs. 5 StPO 2 für die in § 101 Abs. 1 StPO abschließend aufgeführten heimlichen Ermittlungsmaßnahmen – nicht vor.
2. Die fehlende Bekanntmachung ist auch dann rechtswidrig, wenn den Strafverfolgungsbehörden dabei keine Willkür zur Last gelegt werden kann und wenn aufgrund eines „nachvollziehbaren Interesses“ an der Geheimhaltung der Beschlagnahme von der Bekanntgabe abgesehen wird. Es ist nicht Sache der Ermittlungsbehörden oder Gerichte, in Individualrechte eingreifende Maßnahmen des Strafverfahrens je nach eigenen Zweckmäßigkeitserwägungen zu gestalten; sie sind vielmehr an das Gesetz gebunden. Es wäre allein Sache des Gesetzgebers, eine Regelung in die Strafprozessordnung einzufügen, die es den Ermittlungsbehörden gestattet, Beschlagnahmen vor den davon Betroffenen aus ermittlungstaktischen Gesichtspunkten zunächst zu verheimlichen und erst dann offen legen zu müssen, wenn dadurch die weiteren Ermittlungen nicht mehr gefährdet werden.
3. Ein Gesetzesverstoß aufgrund der fehlenden Bekanntmachung führt indes jedenfalls dann in der Regel nicht zu einem Beweisverwertungsverbot der so erlangten Daten, wenn die Beschlagnahme als solche rechtmäßig war, dem Verfahren ein erheblicher Tatvorwurf zu Grunde liegt und die Bekanntmachung nicht gezielt deshalb unterlassen wurde, weil die Strafverfolgungsbehörden beabsichtigen, den Eingriff unter den erleichterten Voraussetzungen der §§ 94, 98 StPO in zeitlichem Abstand zu wiederholen.
1. Die auf § 100a Abs. 1 StPO gestützte Anordnung gegenüber einem Telekommunikationsdienstleister, den Ermittlungsbehörden die dynamischen IP-Adressen derjenigen Personen mitzuteilen, die innerhalb eines bestimmten Zeitraums unter Nutzung einer bestimmten Browserversion eine näher bezeichnete Sub-URL einer Internetseite aufgerufen haben, ist rechtswidrig.
2. § 88 Abs. 3 Satz 1 TKG untersagt den Dienstanbietern, sich über das für die geschäftsmäßige Erbringung erforderliche Maß hinaus Kenntnis vom Inhalt oder den näheren Umständen der Telekommunikation zu verschaffen. Dieses Verbot bleibt durch § 100b Abs. 3 Satz 1 StPO unberührt. Hierdurch wird den Anbietern lediglich aufgegeben, den Strafverfolgungsbehörden Zugriff auf die Kommunikation zu gewähren.
3. § 100b Abs. 3 Satz 2 StPO bewirkt zwar keine Einschränkung der nach § 100a StPO möglichen Maßnahmen, sondern regelt lediglich eine technische Vorhaltungsverpflichtung. Die Ermöglichung der Maßnahme ist indes von deren Durchführung zu trennen. Die durch § 100a Abs. 1 StPO gestattete Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation, mithin die Kenntnisnahme vom Inhalt der Mitteilungen, obliegt allein den Ermittlungsbehörden.
4. Das Gebot der Trennung von Ermöglichung und Durchführung einer Überwachungsmaßnahme gilt absolut. Das für Mitarbeiter von Telekommunikationsdienstleistern bestehende Verbot, Gespräche mitzuhören, steht auch bei nicht standardisierten Maßnahmen nicht in Relation zu dem unabhängig davon geltenden Gebot des geringstmöglichen Eingriffs in das Fernmeldegeheimnis des einzelnen Nutzers.
1. Das Vorliegen eines Ablehnungsgrundes im Sinne von § 24 Abs. 2 StPO ist grundsätzlich vom Standpunkt des Angeklagten zu beurteilen. Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters ist dann gerechtfertigt, wenn der Ablehnende bei verständiger Würdigung des ihm bekannten Sachverhalts Grund zu der Annahme hat, der Richter nehme ihm gegenüber eine Haltung ein, die dessen Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit störend beeinflussen kann.
2. Aus der Sicht eines besonnenen Angeklagten gibt die private Nutzung des Mobiltelefons durch einen beisitzenden Richter während laufender Hauptverhandlung begründeten Anlass zu der Befürchtung, der Richter habe sich mangels uneingeschränkten Interesses an der dem Kernbereich richterlicher Tätigkeit unterfallender Beweisaufnahme auf ein bestimmtes Ergebnis festgelegt.
1. Es begründet einen Verstoß gegen die Grundsätze der Aktenwahrheit und -vollständigkeit, wenn als verdachtsbegründendes Beweismittel bei der Beantragung einer Maßnahme nach §§ 100a f. StPO das Protokoll einer Wahllichtbildvorlage vorgelegt wird, bei der eine Vertrauensperson den Angeklagten als Täter identifiziert, obwohl die Vertrauensperson tatsächlich – für das über den Antrag entscheidende Gericht nicht erkennbar – zuvor gezielt auf den Angeklagten und weitere Verdächtige angesetzt worden war.
2. Ein Beweisverwertungsverbot hinsichtlich der Erkenntnisse aus der Telekommunikationsüberwachung folgt daraus aber nicht.
Der Vortrag neuer strafzumessungsrelevanter Tatsachen zu Gunsten des Angeklagten im Revisionsverfahren führt nicht ohne Weiteres dazu, dass die Angemessenheit der vom Tatgericht verhängten Freiheitsstrafe i.S.d. § 354 Abs. 1a StPO ausgeschlossen ist. Dem Revisionsgericht ist ein „Durchentscheiden“ i.S.d. genannten Vorschrift vielmehr nicht grundsätzlich verwehrt, sofern solche neuen Umstände bei der Entscheidung über die Angemessenheit der in dem angefochtenen Urteil verhängten Strafe berücksichtigt werden (vgl. bereits BGH HRRS 2009 Nr. 984).
1. Das Schutzkonzept der §§ 243 Abs. 4, 273 Abs. 1a StPO ist gerade dann von erheblicher Bedeutung, wenn die Möglichkeit einer Verständigung von Gericht und Staatsanwaltschaft mit Mitangeklagten gesehen wird, während ein anderer Angeklagter keine Verständigungsbereitschaft zeigt.
2. Zwar ist eine Drittwirkung von Verfahrensfehlern bei der Verständigung des Gerichts mit Mitangeklagten nicht stets anzunehmen (vgl. BVerfG NStZ 2014, 528 f.). Eine Verständigung des Gerichts mit Mitangeklagten berührt jedoch jedenfalls dann unmittelbar den Rechtskreis des Angeklagten, wenn Gegenstand der Verständigung ein auch ihn betreffendes Geständnis ist. Nur bei Kenntnis der genauen Umstände des Zustandekommens der Verständigung kann seine Verteidigung die Verwertbarkeit und Glaubhaftigkeit der auch ihn belastenden Geständnisse der Mitangeklagten, die aufgrund der Verständigung abgelegt wurden, näher überprüfen und gegebenenfalls gegenüber dem Gericht beanstanden.
3. Eine Darlegung zu der Frage, inwieweit das die Mitangeklagten betreffende Verständigungsgeschehen ihn in seiner Verteidigungsposition beeinträchtigt habe, ist für die Zulässigkeit der Revision wegen eines Verstoßes gegen § 243 Abs. 4 StPO nicht erforderlich. Dies betrifft die Frage, ob ein Rechtsfehler zum Nachteil des Beschwerdeführers vorliegt und das Urteil auch zu seinem Nachteil darauf beruhen kann, dass die Erörterungen zur Verständigung des Gerichts mit den Mitangeklagten nicht in allen Punkten in der Hauptverhandlung mitgeteilt wurden. Dies ist ein Aspekt der Begründetheit der Rüge, nicht ihrer Zulässigkeit.
4. Die Pflicht zur Mitteilung von Erörterungen nach § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO gilt unbeschadet der Tatsache, dass der Angeklagte oder sein Verteidiger keine Verständigung wünscht. Vielmehr ist der Vorsitzende gehalten, die Verfahrensbeteiligten von sämtlichen, gegebenenfalls auch erfolglosen Bemühungen des Gerichts um deren Zustandekommen in Kenntnis zu setzen. Selbst die sofortige Ablehnung einer Verständigung ist daher zur Herstellung umfassender Transparenz mitteilungspflichtig.
5. Kommt der Vorsitzende seinen Mitteilungs- und Dokumentationspflichten nur unzureichend nach, muss dies von dem Verteidiger nicht mit einer Anrufung des Gerichts gemäß § 238 Abs. 2 StPO zur Erhaltung einer späteren Revisionsrüge beanstandet werden (vgl. BGHSt 59, 252, 256 ff.).
1. Eine zulässige Verfahrensrüge setzt unter anderem voraus, dass der Beschwerdeführer einen bestimmten Verfahrensmangel behauptet. Entscheidend ist dabei, dass der Begründung zweifelsfrei entnommen werden kann, welcher Verfahrensmangel gemeint ist. Kommen nach den durch den Beschwerdeführer vorgetragenen Tatsachen mehrere Verfahrensmängel in Betracht, muss er innerhalb der Revisionsbegründungsfrist die Angriffsrichtung seiner Rüge deutlich machen und dartun, welcher Verfahrensmangel geltend gemacht wird. Dabei ist es regelmäßig unschädlich, wenn – bei sonst ordnungsgemäßer Darlegung und Erkennbarkeit der Angriffsrichtung – (auch) eine unzutreffende Rechtsnorm als verletzt angegeben wird.
2. Ein Beweisantrag im Sinne von § 244 Abs. 3 und 4 StPO erfordert inhaltlich die Behauptung einer bestimmten Beweistatsache. Dies setzt voraus, dass der tatsächliche Vorgang oder der Zustand bezeichnet wird, der mit dem benannten Beweismittel unmittelbar belegt werden kann. Nicht genügend ist allein die Benennung des Beweisziels, also der Folgerung, die das Gericht nach Auffassung des Antragstellers aus von ihm gerade nicht näher umschriebenen tatsächlichen Vorgängen oder Zuständen ziehen soll. Ob der Antragsteller eine Beweisbehauptung in der gebotenen Konkretisierung aufstellt, ist ggf. durch Auslegung des Antrags nach dessen Sinn und Zweck zu ermitteln.
3. Ein Beweismittel ist völlig ungeeignet im Sinne des § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO, wenn ungeachtet des bisher gewonnenen Beweisergebnisses nach sicherer Lebenserfahrung feststeht, dass sich mit ihm das im Beweisantrag in Aussicht gestellte Ergebnis nicht erreichen lässt und die Erhebung des Beweises sich deshalb in einer reinen Förmlichkeit erschöpfen müsste.
4. Wird eine Beweiserhebung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt, kommt dies in Betracht, wenn es nicht möglich ist, dem Sachverständigen die tatsächlichen Grundlagen zu verschaffen, deren er für sein Gutachten bedarf. Umgekehrt ist ein Sachverständiger nicht aber schon dann ein völlig ungeeignetes Beweismittel, wenn er absehbar aus den Anknüpfungstatsachen keine sicheren und eindeutigen Schlüsse zu ziehen vermag. Als Beweismittel eignet er sich vielmehr schon dann, wenn seine Folgerungen die unter Beweis gestellte Behauptung als mehr oder weniger wahrscheinlich erscheinen lassen und hierdurch unter Berücksichtigung des sonstigen Beweisergebnisses Einfluss auf die Überzeugungsbildung des Gerichts erlangen können.
5. Ob eine sachverständige Begutachtung auf der verfügbaren tatsächlichen Grundlage zur Klärung der Beweisbehauptung nach diesen Maßstäben geeignet ist, kann und muss der Tatrichter in Zweifelsfällen im Wege des Freibeweises – etwa durch eine Befragung des Sachverständigen zu den von ihm für eine Begutachtung benötigten Anknüpfungstatsachen – klären.
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss der Beschluss, mit dem ein Beweisantrag wegen Bedeutungslosigkeit der behaupteten Tatsache abgelehnt wird, die Erwägungen anführen, aus denen der Tatrichter ihr aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen keine Bedeutung für den Schuld- oder Rechtsfolgenausspruch beimisst. Erforderlich sind hierzu regelmäßig eine Würdigung der bis dahin durch die Beweisaufnahme gewonnenen Indiztatsachen sowie konkrete Erwägungen, aus denen sich ergibt, warum das Gericht aus den behaupteten Tatsachen keine entscheidungserheblichen Schlussfolgerungen ziehen würde. Die Würdigung erlaubt eine Beweisantizipation, bei der die unter Beweis gestellte Tatsache ohne Abstriche zu berücksichtigen ist.
2. Geht es um die Glaubwürdigkeit eines Zeugen, bedarf es der Begründung, warum die zu beweisende Tatsache das Gericht auch im Falle ihres Nachweises unbeeinflusst ließe. Die Anforderungen an die Begründung entsprechen grundsätzlich den Darlegungserfordernissen bei der Würdigung von durch die Beweisaufnahme gewonnenen Indiztatsachen in den Urteilsgründen (BGH NStZ-RR 2007, 84, 85).
3. Mit einem zulässigen Verteidigungsverhalten des Angeklagten kann dessen Hang zur Begehung erheblicher Straftaten oder dessen hangbedingte Gefährlichkeit nicht begründet werden (vgl. BGH NStZ-RR 2015, 9).
1. Aus tatsächlichen Gründen bedeutungslos sind Indiztatsachen, wenn zwischen ihnen und dem Gegenstand der Urteilsfindung keinerlei Sachzusammenhang besteht oder wenn sie trotz eines solchen Zusammenhangs selbst im Fall ihres Erwiesenseins die Entscheidung nicht beeinflussen könnten.
2. Bei Behauptung einer relevanten belastenden Tatsache durch die Staatsanwaltschaft oder einen Nebenkläger muss deshalb eine bislang für den Angeklagten positive Beweislage durch die begehrte Beweiserhebung umschlagen können. Legt der Tatrichter rechtsfehlerfrei dar, dass die in dem Beweisantrag behauptete Tatsache auch dann, wenn sie durch die beantragte Beweisaufnahme bewiesen würde, ihn nicht von der Schuld des Angeklagten überzeugen könnte, ist er nicht verpflichtet, den beantragten Beweis zu erheben (vgl. BGH NStZ 2015, 355, 356 mwN).
3. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss der Beschluss, mit dem ein Beweisantrag wegen Bedeutungslosigkeit der behaupteten Tatsachen abgelehnt wird, die Erwägungen anführen, aus denen der Tatrichter ihnen keine Bedeutung beimisst. Wird die Bedeutungslosigkeit aus tatsächlichen Umständen gefolgert, so müssen die Tatsachen angegeben werden, aus denen sich ergibt, warum die unter Beweis gestellte Tatsache, selbst wenn sie erwiesen wäre, die Entscheidung des Gerichts nicht beeinflussen könnte. Die erforderliche Begründung entspricht dabei grundsätzlich den Begründungserfordernissen bei der Würdigung von durch die Beweisaufnahme gewonnenen Indiztatsachen in den Urteilsgründen; sie ist auf konkrete Erwägungen zu stützen (vgl. BGH NStZ-RR 2014, 54, 55).
4. Geht es um den Angeklagten belastende Beweisbehauptungen, muss die Ablehnung das ganze Beweisthema ohne Einengung, Verkürzung oder Unterstellung erfassen und darlegen, warum dem Tatrichter die im Beweisantrag behauptete Tatsache in Verbindung mit dem bisherigen Beweisergebnis nicht ausreichen würde, um zu einer Verurteilung zu gelangen (vgl. BGH NStZ 2015, 355, 356).
1. Eine unter Beweis gestellte Indiz- oder Hilfstatsache ist aus tatsächlichen Gründen für die Entscheidung bedeutungslos, wenn sie in keinem Zusammenhang mit der Urteilsfindung steht oder wenn sie trotz eines solchen Zusammenhangs selbst im Falle ihrer Bestätigung keinen Einfluss auf die richterliche Überzeugung vom entscheidungserheblichen Sachverhalt hätte, da sie nur einen möglichen Schluss auf das Vorliegen oder Fehlen einer
Haupttatsache oder den Beweiswert eines anderen Beweismittels ermöglicht und das Gericht der Überzeugung ist, dass dieser Schluss in Würdigung der gesamten Beweislage nicht gerechtfertigt wäre.
2. Ob der Schluss gerechtfertigt wäre, hat das Tatgericht nach den Grundsätzen der freien Beweiswürdigung zu beurteilen. Hierzu hat es die unter Beweis gestellte Indiz- oder Hilfstatsache so, als sei sie erwiesen, in das bisherige Beweisergebnis einzustellen und prognostisch zu prüfen, ob hierdurch seine bisherige Überzeugung zu der von der potentiell berührten Haupttatsache bzw. zum Beweiswert des anderen Beweismittels in einer für den Schuld- oder Rechtsfolgenausspruch bedeutsamen Weise erschüttert würde (st. Rspr.). Die Anforderungen an die Begründung entsprechen grundsätzlich den Darlegungserfordernissen bei der Würdigung von durch die Beweisaufnahme gewonnenen Indiztatsachen in den Urteilsgründen.
Bei einer Verständigung wird die tatrichterliche Aufgabe der Darstellung des festgestellten Sachverhalts (§ 267 Abs. 1 Satz 1 StPO) und der diesen Feststellungen zu Grunde liegenden Beweiswürdigung (§ 267 Abs. 1 Satz 2 StPO) nicht eingeschränkt, weil eine Verständigung stattgefunden hat. Vielmehr unterliegt das Urteil auch dann der uneingeschränkten Nachprüfung durch das Revisionsgericht. Dies macht bei der Urteilsabsetzung eine genaue Mitteilung der zur jeweiligen Tat getroffenen Feststellungen sowie der dafür maßgeblichen Beweisgrundlagen erforderlich. Allein die Bereitschaft eines Angeklagten, wegen eines bestimmten Sachverhalts eine Strafe hinzunehmen, die das gerichtlich zugesagte Höchstmaß nicht überschreitet, entbindet das Gericht nicht von diesen Pflichten.
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann eine zunächst unterbliebene Eröffnungsentscheidung noch nach Beginn der Hauptverhandlung nachgeholt werden (vgl. BGHSt 29, 224).
2. Auch im Falle ihrer Nachholung ist die Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens und die Zulassung der Anklage beim Landgericht von der großen Strafkammer stets in der Besetzung außerhalb der Hauptverhandlung, mithin mit drei Berufsrichtern unter Ausschluss der Schöffen (§ 199 Abs. 1 StPO i.V.m. § 76 Abs. 1 Satz 2 GVG) zu treffen (vgl. BGH NStZ 2012, 50).
3. Ergeht die Entscheidung nicht in der gesetzlich vorgeschriebenen Besetzung, ist sie unwirksam. Dies gilt nicht nur bei einer Beschlussfassung in der reduzierten Hauptverhandlungsbesetzung nach § 76 Abs. 2 Satz 4 GVG (vgl. BGH NStZ 2009, 52), sondern in gleicher Weise auch für eine Eröffnungsentscheidung, die in der nach § 76 Abs. 2 Satz 3 GVG vorgesehenen Besetzung für die Hauptverhandlung mit drei Berufsrichtern und zwei Schöffen ergangen ist. Die verfahrensfehlerhafte Beteiligung der Schöffen berührt die verfassungsrechtliche Gewährleistung des gesetzlichen Richters nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG und kann sich im Einzelfall über das Mehrheitsverhältnis auf das Ergebnis der Entscheidung ausgewirkt haben.
1. Für die Zulässigkeit einer regelmäßig in einem frühen Stadium der Ermittlungen in Betracht kommenden Durchsuchung genügt der über bloße Vermutungen hinausreichende, auf bestimmte tatsächliche Anhaltspunkte gestützte konkrete Verdacht, dass eine Straftat begangen worden ist und der Verdächtige als Täter oder Teilnehmer an dieser Tat in Betracht kommt. Eines hinreichenden oder gar dringenden Tatverdachts bedarf es – unbeschadet der Frage der Verhältnismäßigkeit – nicht.
2. Auch Behördenzeugnisse der Verfassungsschutzämter des Bundes und der Länder können dazu beitragen, einen konkreten Verdacht in diesem Sinne zu begründen. Zwar handelt es sich hierbei regelmäßig nur um sekundäre Beweismittel, welche die unmittelbaren Quellen der dort wiedergegebenen Erkenntnisse nicht oder nur unvollständig offen legen und daher einer vorsichtigen Würdigung und der Heranziehung weiterer zur Verfügung stehender Erkenntnismöglichkeiten bedürfen. Dies nimmt Behördenzeugnissen jedoch nicht von vornherein jeglichen Beweiswert. Der Umfang ihrer Beweiskraft bedarf vielmehr einer Prüfung im Einzelfall, bei der auch zu berücksichtigen ist, ob sie lediglich zum Beleg eines Anfangsverdachts oder zur Begründung einer höheren Verdachtsstufe herangezogen werden.
Geht ein Psychotherapeut davon aus, dass den Beschwerden einer Patientin verdrängte Erinnerungen zugrunde liegen, kann die Therapie im Versuch der Rück-
gewinnung solcher Erinnerungen bestehen. Wenn dabei auch nach sexuellem Missbrauch geforscht wird, kann eine Scheinerinnerung daran entstehen. Das Vorliegen von Pseudoerinnerungen kann im Einzelfall nicht durch einen Hinweis auf die Aussagequalität der Zeugenaussagen widerlegt werden. Scheinerinnerungen können nämlich auch Merkmale aufweisen, die Realkennzeichen eines Erlebnisberichts entsprechen. Eine sichere Verneinung von Pseudoerinnerungen setzt namentlich voraus, dass entweder suggestive Einflüsse ausgeschlossen werden oder weitere Beweise angeführt werden, mit denen die Richtigkeit der Zeugenaussage belegt werden kann.
Mit Blick auf die §§ 54 Abs. 3 Satz 1 GVG, 336 Satz 2 Alt. 1 StPO kommt eine Richtigkeitsprüfung über den Willkürmaßstab hinaus nicht in Betracht und ist auch verfassungsrechtlich nicht geboten (vgl. BGH HRRS 2014 Nr. 42). Bei einer Entbindung wegen Urlaubs liegt Willkür in aller Regel fern, zumal, wenn der Urlaub in die Zeit der Schulferien am Wohnort des Schöffen fällt. Bei der Verhinderung aus beruflichen Gründen gelten strengere Maßstäbe, so dass der Senat vorliegend nicht zu entscheiden braucht, ob er den einen solchen Fall betreffenden Ausführungen des 2. BGH-Strafsenats in BGH HRRS 2015 Nr. 371 beitreten könnte.
1. Eine Entscheidung über die Reststrafenaussetzung ohne mündliche Anhörung ist über die in § 454 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 bis 3 StPO vorgesehenen Fälle hinaus ausnahmsweise zulässig, wenn der Verurteilte ausdrücklich und eindeutig erklärt, er wolle an der mündlichen Anhörung nicht teilnehmen, oder sich ernsthaft weigert, sich vorführen zu lassen.
2. Gründe, die der Verurteilte für seine Weigerung vorbringt (hier: Erforderlichkeit einer als entwürdigend empfundenen Durchsuchung im unbekleideten Zustand), können der Annahme einer ernsthaften Weigerung in diesem Sinne allenfalls entgegenstehen, wenn das Gericht, das über die Reststrafenaussetzung zu entscheiden hat, diese Gründe zu verantworten hat und/oder diesen in eigener Zuständigkeit abhelfen kann. Denn das Gericht kann eine Anhörung gegen den Willen des Verurteilten nicht erzwingen.
1. Die Vorschrift des § 26a StPO gestattet nur ausnahmsweise, dass ein abgelehnter Richter selbst über einen gegen ihn gestellten Befangenheitsantrag entscheidet. Voraussetzung für diese Ausnahme von dem in § 27 StPO erfassten Regelfall der Entscheidung ohne Mitwirkung des abgelehnten Richters ist, dass keine Entscheidung in der Sache getroffen wird, vielmehr die Beteiligung des abgelehnten Richters auf eine echte Formalentscheidung oder die Verhinderung des Missbrauchs des Ablehnungsrechts beschränkt bleibt. Die Anwendung des § 26a StPO darf nicht dazu führen, dass der abgelehnte Richter sein eigenes Verhalten beurteilt und damit „Richter in eigener Sache“ wird. Dies gilt auch für die Anwendung des § 26a Abs. 1 Nr. 3 StPO.
2. Gemäß § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StPO muss die Ablehnung unverzüglich, d.h. so bald wie möglich und ohne eine nicht durch die Sachlage begründete Verzögerung geltend gemacht werden, wobei nach st. Rspr. ein strenger Maßstab anzulegen ist. Dem zur Ablehnung Berechtigten ist dabei eine gewisse Zeit zum Überlegen und Abfassen des Gesuchs zuzugestehen. Welche Zeitspanne erforderlich, angemessen und deshalb zuzubilligen ist, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Insoweit kann ein fünf Tage nach Kenntnisnahme des Ablehnungsgrundes gestelltes Gesuch bereits verspätet sein.
Damit die Einhaltung der Wochenfrist überprüft werden kann, bedarf es zur formgerechten Anbringung eines Wiedereinsetzungsgesuchs in den Fällen, in denen dies nach Aktenlage nicht offensichtlich ist, der Mitteilung, wann das Hindernis, das der Fristwahrung entgegenstand, weggefallen ist (vgl. BGH NStZ 2012, 276).
Der Tatrichter hat die Schuldfähigkeit des Angeklagten ohne Bindung an die Äußerungen des Sachverständigen in eigener Verantwortung zu beurteilen. Schließt sich der Tatrichter dem Sachverständigen an, muss er sich grundsätzlich mit dem Gutachteninhalt auseinandersetzen und die wesentlichen Anknüpfungstatsachen und Schlussfolgerungen des Sachverständigen auf eine für das Revisionsgericht nachprüfbare Weise im Urteil mitteilen (st. Rspr). Der Umfang der tatrichterlichen Darlegungspflicht bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls.
Spricht das Tatgericht einen Angeklagten frei, weil es Zweifel an seiner Täterschaft nicht zu überwinden vermag, ist dies vom Revisionsgericht grundsätzlich hinzunehmen, da die Beweiswürdigung dem Tatgericht obliegt. Rechtsfehlerhaft kann es gleichwohl sein, wenn mehrere belastende Indizien lediglich isoliert gewertet und keiner bzw. einer allenfalls formelhaften Gesamtwürdigung unterzogen werden. Mehrere Indizien können, auch wenn sie einzeln für sich betrachtet nicht zum Nachweis der Täterschaft ausreichen, doch in ihrer Gesamtheit dem Gericht die entsprechende Überzeugung vermitteln.
1. Spricht der Tatrichter einen Angeklagten frei, weil er Zweifel an seiner Täterschaft nicht zu überwinden vermag, so ist dies durch das Revisionsgericht in der Regel hinzunehmen. Seiner Beurteilung unterliegt nur, ob dem Tatrichter bei der Beweiswürdigung Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht etwa der Fall, wenn der Tatrichter die von ihm festgestellten Tatsachen nicht unter allen für die Entscheidung wesentlichen Gesichtspunkten gewürdigt hat oder über schwerwiegende Verdachtsmomente ohne Erörterung hinweggegangen ist (vgl. BGH NStZ 1999, 153). Der revisionsgerichtlichen Überprüfung unterliegt es demnach auch, ob überspannte Anforderungen an die für eine Verurteilung erforderliche Gewissheit gestellt worden sind (st. Rspr.).
2. Voraussetzung für die Überzeugung des Tatrichters von einem bestimmten Sachverhalt ist nicht eine absolute, das Gegenteil denknotwendig ausschließende Gewissheit. Vielmehr genügt ein nach der Lebenserfahrung ausreichendes Maß an Sicherheit, das vernünftige Zweifel nicht aufkommen lässt. Dabei haben solche Zweifel außer Betracht zu bleiben, die realer Anknüpfungspunkte entbehren und sich lediglich auf die Annahme einer theoretischen Möglichkeit gründen (vgl. BGH NStZ-RR 2002, 243). Es ist daher rechtsfehlerhaft, wenn eine nach den Feststellungen naheliegende Schlussfolgerung nicht gezogen ist, ohne dass konkrete Gründe angeführt sind, die dieses Ergebnis stützen könnten. Alternative, für den Angeklagten günstige Geschehensabläufe sind erst dann bedeutsam, wenn für ihr Vorliegen konkrete Anhaltspunkte erbracht sind und sie deshalb nach den gesamten Umständen als möglich in Betracht kommen (vgl. BGH NStZ-RR 2005, 147).
In einer Konstellation, in welcher „Aussage gegen Aussage“ steht und außer der Aussage des einzigen Belastungszeugen keine weiteren belastenden Indizien vorliegen, muss sich der Tatrichter bewusst sein, dass die Aussage dieses Zeugen einer besonderen Glaubhaftigkeitsprüfung zu unterziehen ist. Die Urteilsgründe müssen erkennen lassen, dass das Tatgericht alle Umstände, die die Entscheidung beeinflussen können, erkannt und in seine Überlegungen einbezogen hat (st. Rspr.). Glaubt das Gericht einen Teil der Aussage des Belastungszeugen, obwohl es ihm in anderen Teilen nicht folgt, bedarf dies regelmäßig einer besonderen Begründung (vgl. BGH NStZ-RR 2003, 332 f.).
Nach § 400 Abs. 1 StPO kann der Nebenkläger das Urteil nicht mit dem Ziel anfechten, dass der Angeklagte wegen einer Gesetzesverletzung verurteilt wird, die nicht zum Anschluss des Nebenklägers berechtigt. Es liegt nahe, auch die Prüfung des Revisionsgerichts auf Rechtsfehler zu Lasten des Angeklagten, deren Notwendigkeit sich aus dem nach ständiger Rechtsprechung auf die Nebenklägerrevision anwendbaren § 301 StPO ergibt, nur in demselben Umfang wie zu dessen Vorteil zu bejahen.