Alle Ausgaben der HRRS, Aufsätze und Anmerkungen ab dem Jahr 2000.
HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Oktober 2015
16. Jahrgang
PDF-Download
1. Die anwaltliche Berufsausübung unterliegt der freien und unreglementierten Selbstbestimmung des einzelnen Rechtsanwalts. Der Schutz des Art. 12 Abs. 1 GG umfasst insbesondere auch die Strafverteidigung, die zu den wesentlichen Berufsaufgaben eines Rechtsanwalts zählt. Die Berufsfreiheit gewährleistet dabei auch das Recht, für die anwaltliche Leistung eine angemessene Vergütung zu fordern.
2. Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip garantiert das Recht jedes Beschuldigten, sich im Strafverfahren von einem Anwalt seiner Wahl und seines Vertrauens verteidigen zu lassen.
3. Der besondere Freiheitsraum, den das Grundrecht der Berufsfreiheit sichern will, kann auch durch Vorschriften ohne primär berufsregelnde Zielrichtung berührt sein, wenn ihre tatsächlichen Auswirkungen zu einer Beeinträchtigung der freien Berufsausübung führen.
4. Das Verbot des § 261 StGB, sich bemakelte Vermögenswerte zu verschaffen, beeinträchtigt bei einem forensisch tätigen Strafverteidiger in besonderer Weise seine Entschließungsfreiheit bei der Übernahme eines Mandats, weil zu seinem Mandantenkreis typischerweise Personen zählen, die in den Verdacht einer Katalogtat der Geldwäsche geraten und gegen die deshalb ein Ermittlungsverfahren geführt wird (hier und im Folgenden: Bezugnahme auf BVerfGE 110, 226, 254 ff. [= HRRS 2004 Nr. 238]).
5. Der Tatbestand der Geldwäsche und das ihm zugeordnete strafprozessuale Instrumentarium sind geeignet, das Vertrauensverhältnis zwischen Anwalt und Mandant zu gefährden. Ein Strafverteidiger, der sich durch die Annahme eines Honorars der Gefahr eigener Strafverfolgung ausgesetzt sieht, ist außerdem nicht in der Lage, seine berufliche Tätigkeit frei und unabhängig ausführen und die ihm anvertraute Interessenwahrnehmung für den Beschuldigten zu erfüllen. Dem Verteidiger kann nicht ohne Weiteres angesonnen werden, dieser Gefahrenlage über eine Niederlegung des Wahlmandats und eine Pflichtverteidigerbeiordnung zu begegnen.
6. Speziell zum Verschaffungstatbestand des § 261 Abs. 2 Nr. 1 StGB hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die Strafandrohung zur Erreichung ihres Zwecks im Grundsatz geeignet und erforderlich ist, deren uneingeschränkte Anwendung auf Strafverteidiger jedoch gegen das Übermaßverbot verstoßen würde. Der Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit der Strafverteidiger und in die Institution der Wahlverteidigung sind danach nur dann gerechtfertigt, wenn der Strafverteidiger im Zeitpunkt der Entgegennahme des Honorars sicher weiß, dass dieses aus einer Katalogtat herrührt.
7. Diese zu § 261 Abs. 2 Nr. 1 StGB entwickelten Maßstäbe sind auf den Vereitelungs- und Gefährdungstatbestand des § 261 Abs. 1 StGB übertragbar, so dass auch diese einschränkend verfassungskonform auszulegen sind. Denn die gebotene Restriktion des § 261 Abs. 2 Nr. 1 StGB liefe weitgehend leer, wenn im Hinblick auf ein Gefährden oder Vereiteln einer Sicherstellung (§ 261 Abs. 1 StGB), die durch den Geldfluss objektiv mitverwirklicht wäre, einschränkungslos bedingter Vorsatz oder gar Leichtfertigkeit bezüglich der Herkunft des Vermögens genügten.
8. Das Bundesverfassungsgericht macht allerdings keine Vorgaben, welcher Lösung zur Erzielung eines mit dem Grundgesetz in Einklang stehenden Normverständnisses einfachrechtlich der Vorzug zu geben ist. Denkbar ist neben einer Einschränkung der Strafbarkeit auf Fälle sicherer Herkunftskenntnis auch der Ansatz, eine verfassungskonforme Handhabung des § 261 Abs. 1 StGB etwa durch das Erfordernis eines „finalen Elements“ oder einer „manipulativen Tendenz“ sicherzustellen.
9. Eine Verfassungsbeschwerde genügt nur dann den gesetzlichen Begründungsanforderungen, wenn sie sich nicht nur substantiiert mit dem zugrunde liegenden einfachen Recht und mit der verfassungsrechtlichen Rechtslage auseinandersetzt, sondern wenn sie zugleich auch eine schlüssige Sachverhaltsschilderung und eine zureichende Auseinandersetzung mit den angegriffenen Entscheidungen enthält.
10. Diese Begründungsanforderungen sind im Zusammenhang mit Geldwäschevorwürfen gegen Strafverteidiger nicht erfüllt, wenn sich dem Beschwerdevorbringen nicht eindeutig entnehmen lässt, ob der für eine Privilegierung erforderliche Zusammenhang zwischen den verfahrensgegenständlichen Honoraren und der Verteidigertätigkeit im Hinblick auf die Vortaten der Geldwäsche besteht.
11. Das aus dem Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG herzuleitende sogenannte „Verschleifungsverbot“ bezieht sich auf Tatbestandsmerkmale, die kumulativ erfüllt sein müssen, um eine Strafbarkeit zu begründen. Auf das Verhältnis mehrerer selbständiger Straftatbestände zueinander – wie § 261 Abs. 1 StGB einerseits und Absatz 2 andererseits – findet es keine Anwendung.
1. Ein Beweisverwertungsverbot stellt von Verfassungs wegen eine begründungsbedürftige Ausnahme dar, weil es die Beweismöglichkeiten im Strafverfahren einschränkt und so die Findung einer materiell richtigen und gerechten Entscheidung beeinträchtigt. Aus verfassungsrechtlicher Sicht kann ein Beweisverwertungsverbot insbesondere nach schwerwiegenden, bewussten oder objektiv willkürlichen Rechtsverstößen geboten sein, bei denen grundrechtliche Sicherungen planmäßig oder systematisch außer Acht gelassen worden sind.
2. In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Frage von Beweisverwertungsverboten ist ausdrücklich anerkannt, dass die Abwägungslösung des Bundesgerichtshofs und die dabei herangezogenen Kriterien den verfassungsrechtlichen Anforderungen entsprechen, die sich aus dem Recht auf ein faires Verfahren ergeben.
3. Nach der Abwägungslösung des Bundesgerichtshofs bedarf es in jedem Einzelfall einer Gegenüberstellung der für und gegen eine Beweisverwertung sprechenden Gesichtspunkte, wobei das Gewicht des staatlichen Aufklärungsinteresses und des bei der Beweiserhebung begangenen Rechtsverstoßes gegeneinander abzuwägen sind. Abzustellen ist dabei zum einen auf die Verfügbarkeit weiterer Beweismittel, die Intensität des Tatverdachts und der Schwere der Straftat, zum anderen auf den Verschuldensgrad bei der Rechtsverletzung, den Schutzzweck der verletzten Vorschrift, die Beeinträchtigung des Beweiswerts, die Schutzbedürftigkeit des Betroffenen und die Frage, ob die Beweiserhebung hätte rechtmäßig durchgeführt werden können.
4. Soweit der Bundesgerichtshof in einem Fall ein Beweisverwertungsverbot verneint hat, in dem sich bei einem Reihengentest eine wahrscheinliche Verwandtschaft einzelner Untersuchungsteilnehmer mit dem Spurenverursacher ergeben hatte (sog. Beinahetreffer), ist dies verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (Folgeentscheidung zu BGH, Urteil vom 20. Dezember 2012 – 3 StR 117/12 [HRRS 2013 Nr. 230]).
5. § 81h Abs. 1 StPO ist zwar eindeutig formuliert, soweit er die Verwendung der bei einem Reihengentest gewonnenen DNA-Proben auf die Feststellung beschränkt, ob das Spurenmaterial von den Probengebern stammt. Die Norm ist jedoch insofern auslegungsfähig und -bedürftig, als der Umgang mit Beinahetreffern keine Regelung gefunden hat, über die sich der Gesetzgeber beim Erlass der Vorschrift ersichtlich keine Gedanken gemacht hat.
6. Der Bundesgerichtshof durfte es daher in dem entschiedenen Einzelfall – bei gleichzeitiger Annahme eines gewichtigen Rechtsverstoßes bei der Beweiserhebung – für vertretbar erachten, dass die Ermittlungsbehörden die mögliche Verwandtschaft zwischen dem mutmaßlichen Täter und einzelnen Teilnehmern der DNA-Reihenuntersuchung als Ermittlungsansatz verwertet haben. Für die Zukunft ist die Rechtslage allerdings geklärt und eine solche Erkenntnis nicht mehr verwertbar.
7. Ist zu den mit einer Verfassungsbeschwerde aufgeworfenen Fragen bereits Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vorhanden, so genügt die Verfassungsbeschwerde den Begründungsanforderungen aus § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG nur dann, wenn sie sich mit den vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Maßstäben auseinandersetzt.
1. Die Pressefreiheit umfasst den Schutz vor dem Eindringen des Staates in die Vertraulichkeit der Redaktionsarbeit sowie in die Vertrauenssphäre zwischen den Medien und ihren Informanten. Geschützt sind namentlich die Geheimhaltung der Informationsquellen und das Vertrauensverhältnis zwischen der Presse und den Informanten.
2. Die Durchsuchung von Redaktionsräumen und die Beschlagnahme von Datenträgern bei einem Presseorgan eröffnet den Ermittlungsbehörden den Zugang zu redaktionellem Datenmaterial; sie greift daher in besonderem Maße in die vom Grundrecht der Pressefreiheit umfasste Vertraulichkeit der Redaktionsarbeit und auch in ein etwaiges Vertrauensverhältnis zu Informanten ein.
3. Zu den Schranken der Pressefreiheit im Sinne des Art. 5 Abs. 2 GG gehören als allgemeine Gesetze die Vorschriften der Strafprozessordnung und die dort niedergelegte prinzipielle Verpflichtung jedes Staatsbürgers, die gesetzlich vorgesehenen Ermittlungsmaßnahmen zu dulden. Diese Regelungen sind jedoch ihrerseits im Lichte der Pressefreiheit auszulegen und anzuwenden.
4. Über die einfachgesetzlichen Einschränkungen der Zeugnispflicht Medienangehöriger sowie von Beschlagnahmen bei Journalisten und in Redaktionsräumen hinaus ist den Gewährleistungen der Pressefreiheit auch dann Rechnung zu tragen, wenn die genannten Einschränkungen nicht unmittelbar anwendbar sind, weil der an sich zeugnisverweigerungsberechtigte Journalist selbst (Mit-)Beschuldigter der aufzuklärenden Straftat ist.
5. Wird einem Journalisten vorgeworfen, einem Polizeibeamten ein Honorar gezahlt zu haben, um geheime dienstliche Informationen zu erlangen, darf eine Durchsuchung bei dem Presseorgan nur angeordnet werden, wenn zureichende tatsächliche Anhaltspunkte – im Sinne eines Anfangsverdachts – für eine Straftat des Journalisten bestehen, die den Beschlagnahmeschutz des § 97 Abs. 5 Satz 1 StPO entfallen lässt. Nicht ausreichend sind vage Anhaltspunkte oder bloße Vermutungen.
6. Durchsuchungen und Beschlagnahmen in einem Ermittlungsverfahren gegen Presseangehörige sind außerdem dann verfassungsrechtlich unzulässig, wenn sie ausschließlich oder vorwiegend dem Zweck dienen, die Person des Informanten zu ermitteln oder diesen belastende Beweismittel aufzufinden.
1. Wird ein Strafgefangener gegen seinen Willen in eine andere Justizvollzugsanstalt verlegt, so greift dies – insbesondere wegen des Abbruchs aller in der Anstalt entwickelten sozialen Beziehungen – in sein Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG ein und kann auch seinen Resozialisierungsanspruch beeinträchtigen.
2. Wenngleich die Verlegung eines Strafgefangenen in die örtlich zuständige Justizvollzugsanstalt regelmäßig für die Resozialisierung förderlich sein wird, da sich die Vollzugszuständigkeit nach dem Lebensschwerpunkt des Gefangenen richtet, bedarf es bei jeder Verlegungsentscheidung einer Gesamtabwägung aller Umstände des Einzelfalls.
3. Die eine Verlegung billigende Gerichtsentscheidung verkennt Bedeutung und Tragweite des grundrechtlichen Resozialisierungsanspruchs, wenn sie sich ohne die erforderliche Gesamtabwägung aller Resozialisierungsbelange darauf beruft, die Verlegung sei zwingend, da das benachbarte Bundesland, in dem der Strafgefangene zeitweise inhaftiert war, zu einer weiteren Unterbringung des Beschwerdeführers nicht bereit sei; denn auch das Nachbarland kann über die weitere Unterbringung nicht nach Belieben disponieren. Diese Grundsätze gelten auch, wenn der Strafgefangene lediglich wieder in die Justizvollzugsanstalt zurückverlegt werden soll, in der er ursprünglich untergebracht war und aus der er im Rahmen einer Sicherheitsverlegung herausgenommen worden war.
4. Im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit die Umsetzung der im Vollzugsplan vorgesehenen Resozialisierungsmaßnahmen – wie etwa eine sozialtherapeutische Behandlung – in der aufnehmenden Justizvollzugsanstalt konkret gewährleistet ist. Bei einem Gefangenen, dessen anschließende Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet ist, ist zu prüfen, inwieweit dem Gebot genüge getan werden kann, schon während des Strafvollzugs seine Gefährlichkeit zu reduzieren. Im Einzelfall kann es auch nicht außer Betracht bleiben, wenn der Gefangene zuvor innerhalb kurzer Zeit bereits mehrfach verlegt worden war.
5. Mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes ist es zwar vereinbar, die Rechtsschutzgewährung vom Fortbestehen eines Rechtsschutzinteresses abhängig zu machen. Die Anforderungen an das Rechtsschutzinteresse werden jedoch überspannt, wenn ein Gericht ein Feststellungsinteresse nach der vollzogenen Verlegung eines Strafgefangenen in eine andere Anstalt verneint und dabei übersieht, dass der Gefangene sich nunmehr gegen seinen Willen einer anderen Justizvollzugsanstalt befindet und dass seine Resozialisierungsmöglichkeiten durch die Verlegung nachhaltig beeinträchtigt sein können.
1. Das Recht auf rechtliches Gehör verpflichtet die Gerichte nicht, jedes Vorbringen der Beteiligten in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu bescheiden. Vielmehr ist grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Gericht das von ihm entgegengenommene Vorbringen auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat.
2. Geht ein Gericht allerdings auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags einer Partei zu einer für das Verfahren zentralen Frage nicht ein, so lässt dies auf die Nichtberücksichtigung dieses Vortrags schließen, sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder offensichtlich unsubstantiiert war.
3. Wendet sich der Betreiber eines Blogs, gegen den wegen der Veröffentlichung von Auszügen aus Strafakten ermittelt wird, gegen eine Durchsuchungsmaßnahme, so ist sein Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, wenn sich das Beschwerdegericht nicht mit dem Recht auf Meinungsfreiheit und der diesbezüglichen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte auseinandersetzt, obwohl dies im Vorbringen des Beschwerdeführers zentral war und auch materiellrechtlich eine Erörterung von Art. 10 EMRK nahe lag.
1. Das schutzwürdige Interesse eines Strafgefangenen, die Verfassungswidrigkeit einer seine Verlegung in eine andere Justizvollzugsanstalt zulassende Entscheidung festgestellt zu sehen, entfällt jedenfalls mit seiner Entlassung aus dem Strafvollzug.
2. Ein fortbestehendes Rechtsschutzinteresse kann im Einzelfall allerdings dann anzunehmen sein, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die bedingte Entlassung des Strafgefangenen Teil einer Praxis ist, die gerichtliche Kontrolle durch gezielte Erledigungsmaßnahmen zu umgehen.
3. Begehrt ein Strafgefangener Eilrechtsschutz gegen eine Verlegung in eine andere Justizvollzugsanstalt, so geht es um die vorläufige Aussetzung einer ihn belastenden Maßnahme. Dies gilt ungeachtet der Bezeichnung des Antrags durch den Beschwerdeführer und auch dann, wenn die Verlegung bereits vollzogen wurde.
4. Verkennt eine Strafvollstreckungskammer dies, indem sie von einem Antrag auf Verpflichtung zur Unterlassung der Verlegung beziehungsweise auf Verpflichtung zur Rückverlegung ausgeht, und weist sie wegen der insoweit geltenden strengeren Anforderungen den Eilantrag zurück, so verletzt sie den sich aus dem Recht auf effektiven Rechtsschutz ergebenden Anspruch des Gefangenen auf eine wirksame gerichtliche Kontrolle (vollzugs)behördlicher Entscheidungen.
1. Die gemeinsame Ausführung von Strafgefangenen zu einem Arzt, bei deren Gelegenheit ein Gefangener Kenntnis von der HIV- und Hepatitis C-Infektion seines Mitgefangenen erhält, verletzt diesen im Grundsatz nicht in seinem Recht auf informationelle Selbstbestimmung.
2. Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistet, dass der von einem Grundrechtseingriff Betroffene nicht allein deshalb rechtsschutzlos bleibt, weil sich die Maßnahme bereits vor der Entscheidung über das Rechtsschutzgesuch oder sogar bereits vor Antragstellung erledigt hat.
3. Mit dieser Maßgabe steht es im Einklang, dass im Strafvollzugsverfahren ein allgemeiner Feststellungsantrag trotz vorprozessualer Erledigung einhellig für zulässig erachtet wird, obwohl das Strafvollzugsgesetz – anders als die Verwaltungsgerichtsordnung – einen solchen nicht ausdrücklich regelt.
4. Ein Gericht, das einen isolierten Feststellungsantrag im Strafvollzugsverfahren mit bloßem Hinweis auf die eigene Rechtsprechungspraxis allein aufgrund des Wortlauts des § 115 Abs. 3 StVollzG und unabhängig von der Frage eines fortbestehenden Rechtsschutzinteresses für generell unzulässig erklärt, verletzt den Strafgefangenen in seinem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz.
1. Der mit einer Wohnungsdurchsuchung verbundene Grundrechtseingriff bedarf einer Rechtfertigung nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die Durchsuchung muss mit Blick auf den verfolgten gesetzlichen Zweck erfolgversprechend sein. Ferner muss gerade diese Zwangsmaßnahme zur Ermittlung und Verfolgung der Straftat erforderlich sein; Die Maßnahme muss außerdem in angemessenem Verhältnis zu der Schwere der vorgeworfenen Straftat und der Stärke des Tatverdachts stehen.
2. Hat die Betreiberin eines Weblogs einem den Strafverfolgungsbehörden aufgrund einer Internetrecherche bekannten Blogeintrag den Ehrendoktortitel einer ausländischen Fakultät vorangestellt, den sie ausweislich des Blogeintrags von ihren Kindern geschenkt bekommen haben will, so ist eine Durchsuchung ihrer Wohnung unverhältnismäßig, welche dem Auffinden der Ernennungsurkunde und etwa vorhandener weiterer Unterlagen wie etwa Visitenkarten dienen soll.
3. Milderes und hinreichend wirksames Mittel wäre stattdessen – auch angesichts des geringen Gewichts der Straftat – eine Aufforderung zur Herausgabe der Unterlagen gewesen, weil der Umstand der Titelverwendung als solcher bereits belegt war und aus einer eventuellen Nichtherausgabe der geforderten Unterlagen Schlüsse hätten gezogen werden können, die im Beweiswert den gesuchten Unterlagen im Wesentlichen gleichgekommen wären.
1. Die Entscheidung des Vorsitzenden einer Strafkammer, einem Presseunternehmen, das von dem Beschuldigten eines Strafverfahrens wegen der Berichterstattung über das Verfahren zivilrechtlich in Anspruch genommen wird, Einsicht in die Strafakten zu gewähren, kann der Beschuldigte unter Berufung auf sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung mit der Beschwerde anfechten.
2. Die Beschwerde gegen die Entscheidung des Vorsitzenden ist nach der Neufassung des § 478 Abs. 3 StPO
mit Wirkung vom 1. Oktober 2009 – anders als nach früherem Recht – nicht mehr ausgeschlossen. Eine die Beschwerde gleichwohl als unstatthaft zurückweisende Entscheidung ist unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich haltbar und damit objektiv willkürlich, gleich, ob sie auf einer irrtümlichen Anwendung der früheren Rechtslage oder auf einer grob unrichtigen Anwendung der aktuellen Vorschrift beruht.