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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Aug./Sept. 2016
17. Jahrgang
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1. Die Erforderlichkeit einer Verteidigungshandlung i.S.d. § 32 StGB ist gegeben, wenn sie zu einer sofortigen und endgültigen Abwehr des Angriffs führt und es sich um das mildeste Abwehrmittel handelt, das dem Angegriffenen in der konkreten Situation zur Verfügung stand. Ob dies der Fall ist, muss auf der Grundlage einer objektiven ex ante-Betrachtung der tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Verteidigungshandlung beurteilt werden. Auf weniger gefährliche Verteidigungsmittel ist nur zurückgreifen, wenn deren Abwehrwirkung unzweifelhaft ist und genügend Zeit zur Abschätzung der Lage zur Verfügung steht. Gegenüber einem unbewaffneten Angreifer ist der Gebrauch eines bis dahin noch nicht in Erscheinung getretenen Messers allerdings in der Regel anzudrohen.
2. Angesichts der Unkalkulierbarkeit des Risikos einer ungeeigneten Verteidigungshandlung dürfen an die in einer zugespitzten Situation zu treffende Entscheidung über die vorherige Androhung eines Messereinsatzes oder eine weniger gefährliche Stichführung jedoch keine überhöhten Anforderungen gestellt werden. Ist in einer bedrängten Lage eine weitere Eskalation des Geschehens nicht ausgeschlossen und die Aussicht auf eine endgültige Abwehr des Angriffs durch ein weniger gefährliches Vorgehen nicht frei von Zweifeln, kann vielmehr auch der tödliche Einsatz eines Messers ohne vorherige Warnung gem. § 32 StGB gerechtfertigt sein.
1. Eine in einer objektiven Notwehrlage verübte Tat ist nach § 32 Abs. 2 StGB gerechtfertigt, wenn sie zu einer sofortigen und endgültigen Abwehr des Angriffs führt und es sich bei ihr um das mildeste Abwehrmittel handelt, das dem Angegriffenen in der konkreten Situation zur Verfügung steht. Ob dies der Fall ist, muss auf der Grundlage einer objektiven Betrachtung ex ante der tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Verteidigungshandlung beurteilt werden.
2. Danach kann auch der sofortige, das Leben des Angreifers gefährdende Einsatz einer Waffe durch Notwehr gerechtfertigt sein. Der Angegriffene muss auf weniger gefährliche Verteidigungsmittel nur dann zurückgreifen, wenn deren Abwehrwirkung unzweifelhaft ist und genügend Zeit zur Abschätzung der Lage zur Verfügung steht. Die mildere Einsatzform muss im konkreten Fall eine so hohe Erfolgsaussicht haben, dass dem Angegriffenen das Risiko eines Fehlschlags und der damit verbundenen Verkürzung seiner Verteidigungsmöglichkeiten zugemutet werden kann. Der Verteidiger ist bei lebensgefährlichem Waffeneinsatz nicht dazu verpflichtet, entgegen den allgemeinen Prinzipien des Notwehrrechts bis zur Selbstgefährdung zuzuwarten.
3. Die Erfolgsaussichten einer milderen Abwehrhandlung müssen auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen im Einzelnen dargelegt werden. Angesichts der schweren Kalkulierbarkeit des Fehlschlagrisikos dürfen an die regelmäßig in einer zugespitzten Situation zu treffende Entscheidung für oder gegen eine weniger gefährliche Verteidigungshandlung keine überhöhten Anforderungen gestellt werden. Können keine sicheren Feststellungen zu Einzelheiten des Geschehens getroffen werden, darf sich das nicht zu Lasten des Angeklagten auswirken.
Wer durch ein sozialethisch zu beanstandendes Vorverhalten einen Angriff auf sich schuldhaft provoziert hat, auch wenn er ihn nicht in Rechnung gestellt haben sollte oder gar beabsichtigt hat, darf nicht bedenkenlos von seinem Notwehrrecht Gebrauch machen und sofort ein lebensgefährliches Mittel einsetzen. Er muss vielmehr dem Angriff nach Möglichkeit ausweichen und darf zur Trutzwehr mit einer lebensgefährlichen Waffe erst übergehen, nachdem er alle Möglichkeiten zur Schutzwehr ausgenutzt hat; nur wenn sich ihm diese Möglichkeit verschließt, ist er zu entsprechend weitreichender Verteidigung befugt. Gegen einen unbewaffneten Gegner kommt der Gebrauch einer lebensgefährlichen Waffe nur in Ausnahmefällen in Betracht; er darf nur das letzte Mittel zur Verteidigung sein (vgl. BGH NStZ 2014, 451, 452).
Nimmt der Tatrichter eine erheblich verminderte Einsichtsfähigkeit des Täters an, so muss er darüber befinden, ob diese zum Fehlen der Unrechtseinsicht geführt oder ob der Täter gleichwohl das Unrecht der Tat eingesehen hat. Denn eine verminderte Einsichtsfähigkeit ist strafrechtlich erst dann von Bedeutung, wenn sie das Fehlen der Einsicht zur Folge hat. Nur unter dieser Voraussetzung führt eine verminderte Einsichtsfähigkeit - je nachdem, ob das Fehlen der Einsicht dem Täter zum Vorwurf gereicht -, zur Anwendung von § 20 StGB. Sieht der Täter dagegen trotz seiner erheblich verminderten Einsichtsfähigkeit das Unrecht seines Tuns tatsächlich ein, handelt er in vollem Umfange schuldhaft (st. Rspr.).
Abstrakte Gefährdungsdelikte sind gegenüber den dieselben Rechtsgüter schützenden konkreten Gefährdungsdelikten subsidiär. Der Bundesgerichtshof hat bereits zum Verhältnis von § 306b Abs. 2 Nr. 1 StGB bzw. von § 250 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe b StGB zu § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB entschieden, dass die letztgenannte Vorschrift, die lediglich eine abstrakte Lebensgefährdung erfordert, verdrängt wird. Ebenso ist neben einer Verurteilung wegen schwerer Misshandlung von Schutzbefohlenen gemäß § 225 Abs. 3 Nr. 1 StGB, wo die schutzbefohlene Person durch die Tat in die konkrete Gefahr - unter anderem - des Todes gebracht wird, kein Raum für eine Verurteilung nach § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB.
1. Für die raubspezifische Einheit von qualifizierter Nötigung und Wegnahme ist maßgeblich, ob es zu einer – vom Täter erkannten – nötigungsbedingten Schwächung des Gewahrsamsinhabers in seiner Verteidigungsfähigkeit oder -bereitschaft gekommen ist. (BGHSt)
2. Notwendige Voraussetzung für eine Strafbarkeit wegen Raubes ist nach eine subjektiv-finale Verknüpfung zwischen dem Einsatz des qualifizierten Nötigungsmittels und der Wegnahme. Gewalt oder Drohung müssen aus Sicht des Täters das Mittel zur Ermöglichung der Wegnahme sein. Nach seiner Vorstellung soll mit dem Nötigungsmittel körperlicher Widerstand überwunden oder aufgrund der Zwangswirkung unterlassen und es ihm hierdurch ermöglicht werden, den Gewahrsam zu brechen. (Bearbeiter)
3. Über die finale Verknüpfung von Nötigungshandlung und Wegnahme hinaus müssen beide den Raubtatbestand konstituierenden Elemente in einem zeitlichen und örtlichen Zusammenhang stehen (vgl. bereits jüngst BGH HRRS 2016 Nr. 571). Für diesen Zusammenhang ist allerdings nicht erforderlich, dass der Ort der Nötigungshandlung und der Ort des Gewahrsamsbruchs identisch sind. Auch lassen sich verbindliche Werte zu einem zeitlichen Höchstmaß zwischen Einsatz des Nötigungsmittels und Wegnahme nicht benennen. Jedenfalls bei einer zeitlichen Differenz zwischen der Gewaltanwendung und der Wegnahmehandlung von nicht mehr als zwei Stunden kann insoweit das typische Tatbild eines Raubes noch gegeben sein. (Bearbeiter)
4. Ein Irrtum über den vorgestellten Finalverlauf rechtfertigt dann keine andere Bewertung der Tat, wenn sich die Abweichung innerhalb der Grenzen des nach allgemeiner Lebenserfahrung Voraussehbaren bewegt (siehe auch hierzu bereits BGH HRRS 2016 Nr. 571). Daher kommt eine Strafbarkeit wegen vollendeten Raubes in Betracht, wenn die Nötigung darauf abzielt, das Opfer bewusstlos zu machen, dieses aber tatsächlich aufgrund der verursachten Verletzungen bei Bewusstsein in ein Krankenhaus gebracht und dann die dadurch bewirkte Ortsabwesenheit zur Durchführung der Wegnahme genutzt wird. (Bearbeiter)
1. Zur Eigenständigkeit des Merkmals „Missbrauch“ bei § 174c Abs. 1 StGB. (BGHSt)
2. Für die Beurteilung, ob ein Missbrauch im Sinne von § 174c Abs. 1 StGB vorliegt, kommt es auf die konkrete Art und Intensität des Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisses an. (BGHSt)
3. Der Tatbestand des § 174c Abs. 1 StGB fordert den Missbrauch eines Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisses. Dabei handelt es sich um ein einschränkendes Tatbestandsmerkmal, dem eine eigenständige Bedeutung zukommt. Die Auslegung der Begriffe, mit denen der Gesetzgeber das unter Strafe gestellte Verhalten bezeichnet hat, darf nicht dazu führen, dass die dadurch bewirkte Eingrenzung der Strafbarkeit im Ergebnis wieder aufgehoben wird. Einzelne Tatbestandsmerkmale dürfen deshalb nicht so ausgelegt werden, dass sie vollständig in anderen Tatbestandsmerkmalen aufgehen, also zwangsläufig mit diesen mitverwirklicht werden (Verschleifung oder Entgrenzung von Tatbestandsmerkmalen; st. Rspr). (Bearbeiter)
4. Deshalb kann nicht schon jeder sexuelle Kontakt im Rahmen eines Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisses per se missbräuchlich im Sinne von § 174c StGB sein, ansonsten würde das Tatbestandsmerkmal „unter Missbrauch“ jede Bedeutung verlieren (vgl. BGH NStZ 1999, 349). (Bearbeiter)
5. Vor dem Hintergrund der innerhalb von Beratungs-, Behandlungs- und Betreuungsverhältnissen üblicherweise bestehenden Vertrauens- und Abhängigkeitsbeziehung soll durch § 174c Abs. 1 StGB ein Missbrauch derselben durch sexuelle Handlungen verhindert werden. Kommt es in Zusammenhang mit einem solchen Verhältnis zu sexuellen Handlungen zwischen dem behandelnden Arzt und einem Patienten, kann ein Missbrauch auch vorliegen, wenn das Opfer mit dem Sexualkontakt einverstanden ist (vgl. BGHSt 56, 226, 230). (Bearbeiter)
6. In den meisten Fällen wird sich von selbst verstehen, dass ein Arzt, der sexuelle Handlungen an einer Patientin oder einem Patienten im Rahmen eines Beratungs-, Behandlungs- und Betreuungsverhältnisses vornimmt, dieses besondere Verhältnis missbraucht, etwa wenn er vorgibt, die sexuelle Handlung sei medizinisch notwendig, wenn er behandlungsbezogene Nachteile beim Zurückweisen seines Ansinnens in den Raum stellt oder wenn er die schutzlose Lage einer (entkleideten) Patientin zur Vornahme sexueller Handlungen ausnutzt (vgl. BGHSt 56, 226, 234 mwN). (Bearbeiter)
7. An einem Missbrauch in dem vom Gesetz vorausgesetzten Sinne fehlt es aber, wenn der Täter im konkreten Fall nicht eine aufgrund des Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisses bestehende Autoritäts- oder Vertrauensstellung gegenüber dem Opfer zur Vornahme der sexuellen Handlung ausgenutzt hat (vgl. BGHSt 56, 226, 232 mwN). Der Missbrauch setzt die illegitime Wahrnehmung einer Chance voraus, die das Vertrauensverhältnis im Sinne dieser Vorschrift mit sich bringt (BGHSt 28, 365, 367). (Bearbeiter)
8. Entscheidend kommt es für die Beurteilung, ob ein Missbrauch vorliegt, zudem auf die konkrete Art und Intensität des Beratungs-, Behandlungs-oder Betreuungsverhältnisses an. Je intensiver die Kontakte zwischen Täter und Opfer im Rahmen dieses Verhältnisses sind, desto geringere Anforderungen sind an das Vorliegen eines Missbrauchs zu stellen. Je weniger der Täter hingegen im Rahmen dieses Verhältnisses mit dem Opfer befasst ist, desto höher sind die Anforderungen. (Bearbeiter)
9. An einem Missbrauch fehlt es deshalb, wenn eine bereits in ärztlicher Behandlung befindliche Patientin von sich aus das schon vorhandene Interesse eines mit ihr privat bekannten Arztes an ihrer Person ausnutzt, um sich im Rahmen einer lockeren freundschaftlichen Beziehung lediglich auf diesem Weg sonst nicht erhältliche Medikamente verschreiben zu lassen, dabei dem Arzt aufgrund ihrer beruflichen Stellung und Persönlichkeit „auf Augenhöhe“ begegnet und der Entschluss, mit dem Arzt sexuell zu verkehren, nicht auf wesentliche (krankheitsbedingte) Willensmängel zurückzuführen ist. (Bearbeiter)
10. Das für die Tatbestandserfüllung notwendige „Anvertrautsein“ setzt weder das Vorliegen einer rechtsgeschäftlichen Beziehung zwischen Täter und Opfer voraus noch kommt es darauf an, auf wessen Initiative das Verhältnis begründet wird. Das Verhältnis muss auch nicht von einer so besonderen Intensität und Dauer sein, dass eine Abhängigkeit des Behandelten vom Arzt entstehen kann; es ist ausreichend, wenn das Opfer die fürsorgerische Tätigkeit des Täters entgegennimmt (vgl. BGH NStZ 2012, 440). Entgeltlichkeit ist nicht entscheidend, sondern das durch eine besondere Vertrauensstellung des Täters gekennzeichnete fürsorgerische Verhältnis zum Opfer. (Bearbeiter)
1. Der Senat beabsichtigt zu entscheiden: Die Nötigung zur Herausgabe von Betäubungsmitteln richtet sich nicht gegen das Vermögen des Genötigten und erfüllt daher nicht den Tatbestand der Erpressung.
2. Es gibt kein strafrechtlich schutzwürdiges Vermögen außerhalb des Rechts oder sogar im Widerspruch dazu. Auch der Besitz ist nur dann ein Bestandteil des geschützten Vermögens, wenn er auf einem Recht zum Besitz beruht. Der strafbare Besitz von Betäubungsmitteln ist deshalb kein durch Strafrecht zu schützendes Rechtsgut.
3. Der Schutz des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln gegen Wegnahme durch Eigentumsdelikte erscheint zudem seinerseits nicht zwingend. Werden Betäubungsmittel entgegen einem strafrechtlichen Verbot hergestellt, entsteht kraft bürgerlichen Rechts jedenfalls kein vollwertiges Eigentum. Das Strafrecht kann auch mit der Strafdrohung der §§ 242, 249 StGB gegen Wegnahme des – unerlaubten – Besitzes von Betäubungsmitteln keinen sinnvollen Rechtsgüterschutz darbieten. Dies spricht für eine teleologische Reduktion der Eigentumsdelikte.
1. Maßgeblich für die Berechnung des Vermögensschadens ist der Zeitpunkt der Vermögensverfügung, also der Vergleich des Vermögenswerts unmittelbar vor und unmittelbar nach der Verfügung (vgl. BGHSt 53, 199). Welche Vermögenspositionen im Einzelnen in die Gesamtsaldierung einzustellen sind, bestimmt sich letztlich danach, auf welches unmittelbar vermögensmindernde Verhalten des im Irrtum befindlichen Täuschungsopfers (Vermögensverfügung) abgestellt wird. Spätere Entwicklungen, wie Schadensvertiefung oder Schadensausgleich (-wiedergutmachung), berühren den tatbestandlichen Schaden nicht. Wie sich die Dinge später entwickeln, ist für die strafrechtliche Wertung ohne Belang (vgl. BGHSt 30, 388, 389 f.). Dies hat nur noch für die Strafzumessung Bedeutung (vgl. BGHSt 51, 10, 17 Rn. 23).
2. Wurde der Getäuschte zum Abschluss eines Darlehens- und Leasingvertrages verleitet, sind bei der für die Schadensbestimmung erforderlichen Gesamtsaldierung der Geldwert des erworbenen Anspruchs gegen den Vertragspartner und der Geldwert der eingegangenen Verpflichtung miteinander zu vergleichen (Eingehungsschaden).
1. Nach § 258 Abs. 5 StGB wird nicht wegen Strafvereitelung bestraft, wer durch die Tat ganz oder zum Teil vereiteln will, dass er selbst bestraft wird. Dabei ist entscheidend, wie der Täter seine Situation selbst einschätzt. Die Selbstbegünstigung ist daher auch dann straflos, wenn die Befürchtung eigener Strafverfolgung unbegründet ist (vgl. BGH NStZ-RR 2002, 215).
2. Eine Verurteilung wegen vollendeter Strafvereitelung gemäß § 258 Abs. 1 StGB setzt voraus, dass der Täter die Bestrafung des Vortäters ganz oder zum Teil vereitelt. Dabei ist es nicht erforderlich, dass die Strafverfolgung oder die Anordnung einer Maßnahme völlig und endgültig unmöglich gemacht wird; es genügt, dass der Vortäter zumindest geraume Zeit der Bestrafung oder der Anordnung einer Maßnahme entzogen wird.
3. Für diesen Vereitelungserfolg muss die Tathandlung ursächlich gewesen sein. Dazu bedarf es des Nachweises, dass ohne das Eingreifen des Täters eine frühere Bestrafung des Vortäters mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erfolgt wäre. Soweit dabei hypothetische Verläufe in die Betrachtung einbezogen werden, muss sich der Tatrichter auch mit alternativen Geschehensabläufen auseinandersetzen, sofern sich diese nach dem Beweisergebnis aufdrängen.
Die Strafbarkeit wegen besonders schwerer Brandstiftung nach § 306b Abs. 2 Nr. 1 StGB setzt in subjektiver Hinsicht voraus, dass der Täter hinsichtlich des Eintritts der Todesgefahr vorsätzlich handelt (vgl. BGHR StGB § 306b Vorsatz 1).
Die Vorschrift des § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB setzt das Einbrechen, Einsteigen oder Eindringen in eine Wohnung voraus. Bricht der Täter in Kellerräume ein, ist der Tatbestand nur erfüllt, wenn diese Räume durch eine unmittelbare Verbindung zum Wohnbereich dem Begriff des Wohnens typischerweise zuzuordnen sind (vgl. BGH StV 2015, 113). Dies ist regelmäßig beim Keller eines Einfamilienhauses, nicht aber bei vom Wohnbereich getrennten Kellerräumen in einem Mehrfamilienhaus der Fall.
Sofern gewichtige Strafmilderungsgründe vorliegen (hier insbesondere: umfassendes, von Reue geprägtes Geständnis, Begehung zur Finanzierung einer Drogen- und Spielsucht, Stabilisierung der Lebensverhältnisse nach Therapie, Drogenfreiheit seit mehreren Monaten, vergleichsweise langer Zeitraum zwischen Taten und Urteil), ist unbeschadet der Voraussetzungen eines Regelbeispiels – vorliegend: Gewerbsmäßigkeit gem. §§ 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 267 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB – im Wegen einer Gesamtwürdigung zu prüfen, ob von der Indizwirkung abzugehen und der Normalstrafrahmen zugrunde zu legen ist.
Eine Tat gemäß § 201a Abs. 1 Nr. 1 StGB entfällt nicht ohne weiteres dadurch, dass der Täter sich im selben Raum wie das Tatopfer aufhält. Wo sich der Täter zum Zeitpunkt der Aufnahmen befindet, ist für den Tatbestand vielmehr unerheblich. Auch die Überwindung eines Sichtschutzes ist nicht erforderlich.
Die Annahme von Verdeckungsabsicht im Sinne von § 211 Abs. 2 StGB kommt grundsätzlich auch dann in Betracht, wenn der Tod des Opfers nicht mit direktem Vorsatz angestrebt, sondern lediglich bedingt vorsätzlich in Kauf genommen wird. Das setzt allerdings voraus, dass der Täter von der getöteten Person keine Straftataufdeckung zu befürchten hat.
1. Das Handelsregister ist ein öffentliches Register im Sinne des § 271 Abs. 1 StGB. Es wird jedoch nicht durch jede in einem solchen öffentlichen Register enthaltene unrichtige Angabe, die ein Außenstehender durch Täuschung des gutgläubigen Amtsträgers bewirkt, der Tatbestand des § 271 Abs. 1 StGB erfüllt. Strafbewehrt beurkundet im Sinne der Vorschrift sind vielmehr nur diejenigen Erklärungen, Verhandlungen oder Tatsachen, auf die sich der öffentliche Glaube, das heißt die „volle Beweiswirkung für und gegen jedermann“ erstreckt.
2. Auf welche Angaben sich der öffentliche Glaube im Einzelfall erstreckt, kann sich, wenn es an einer ausdrücklichen Vorschrift fehlt, mittelbar aus den gesetzlichen Bestimmungen ergeben, die für Errichtung und Zweck des Registers maßgeblich sind, sowie aus der Anschauung des Rechtsverkehrs. Bei der Prüfung, ob es gerechtfertigt ist, die erhöhte Beweiskraft des Registers auf eine darin angeführte Tatsache zu beziehen, ist ein strenger Maßstab anzulegen. Eine Beweiswirkung für und gegen jedermann kann nur dann angenommen werden, wenn kein Zweifel besteht, dass dies unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung dem Sinn und Zweck des Gesetzes entspricht
3. Nach diesen Maßstäben besteht hinsichtlich der Eintragung im Handelsregister über die Durchführung der Erhöhung des Grundkapitals (§ 188 AktG) der besondere öffentliche Glaube nur dahin, dass der die Eintragung Anmeldende diese Erklärungen abgegeben hat. Auf die inhaltliche Richtigkeit des Erklärten erstreckt er sich hingegen nicht.
Die Voraussetzungen einer Geldfälschung in der Tatvariante des Sichverschaffens von Falschgeld (§ 146 Abs. 1 Nr. 2 StGB) sind gegeben, wenn der Täter das Falschgeld in eigenen (Mit-)Gewahrsam oder auf andere Weise mit dem Willen zu eigenständiger Verfügung in seine (Mit-)Verfügungsgewalt bringt. Hierfür ist die Begründung eines nach der Verkehrsauffassung zu beurteilenden tatsächlichen Sachherrschaftsverhältnisses unter Ausschluss der Zugriffsmöglichkeit dritter Personen erforderlich. Das ist regelmäßig anzunehmen, wenn der Handelnde das Falschgeld in einem Auto an sich nimmt – hier: zwischen seinen Beinen auf dem Boden des Fahrzeugs abstellt –, selbst wenn dabei im Innenraum des Fahrzeugs auch ein nicht offen ermittelnder Polizeibeamter und eine V-Person anwesend sind.
Die Verwendung eines gefährlichen Werkzeugs zu Zwecken der Drohung ist grundsätzlich die mildere Begehungsvariante des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB. Jedenfalls bei einer nur kurzzeitigen Drohung, die trotz fehlenden Erfolges nicht realisiert wird, kann es sich mit Blick auf die Strafzumessung selbst dann um einen Fall „am unteren Rand möglicher Handlungen des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB“ handeln, wenn die angedrohte Handlung eine schwere Körperverletzung i.S.d. § 226 StGB (hier: Abtrennen eines Fingers) bedeuten würde.
1. § 90b Abs. 1 StGB fordert neben der Verunglimpfung der dort genannten staatlichen Organe oder ihrer Mitglieder und der hierdurch bewirkten konkreten Gefährdung des Ansehens des Gesamtstaates in subjektiver Hinsicht, dass der Täter sich durch sein Verhalten absichtlich für Bestrebungen gegen den Bestand der Bundesrepublik Deutschland oder gegen Verfassungsgrundsätze einsetzt. Diese Absicht muss sich nicht aus der Tathandlung selbst ergeben. Vielmehr genügt es, dass die Tat ein Mittel ist, mit der eigene oder fremde Bestrebungen dieser Art vorangebracht oder unterstützt werden sollen. Nicht ausreichend ist als solche die bloße Leugnung der Freiheit der Bundesrepublik Deutschland von fremder Botmäßigkeit.
2. Nach § 6 Abs. 1 LPrG MV sind Druckwerke im Sinne des Gesetzesunter anderem alle mittels der Buchdruckerpresse oder eines sonstigen zur Massenherstellung geeigneten Vervielfältigungsverfahrens hergestellte und zur Verbreitung bestimmte Schriften. Ein solches Vervielfältigungsverfahren ist immer dann gegeben, wenn im Wege technischer Herstellung nicht bloß eine Mehrheit von Abschriften, sondern eine zwar nicht unbegrenzte, aber doch beliebig vermehrbare Vielzahl von Vervielfältigungen bereitgestellt werden kann. Als Druckwerke gelten deshalb auch die Vervielfältigungen mit dem Drucker des Heimcomputers oder eines Kopierers, ohne dass es darauf ankommt, ob im konkreten Fall eine Vielzahl von Exemplaren tatsächlich hergestellt wurde.