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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Aug./Sept. 2016
17. Jahrgang
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Den Vereinigten Großen Senaten des Bundesgerichtshofes werden gemäß § 132 Abs. 2 und 4 GVG folgende Rechtsfragen zur Entscheidung vorgelegt: 1. Dürfen bei der Bemessung der billigen Entschädigung in Geld (§ 253 Abs. 2 BGB) die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schädigers und des Geschädigten berücksichtigt werden? 2. Wenn ja, nach welchem Maßstab können sie berücksichtigt werden?
Der 2. Strafsenat schließt sich der Rechtsauffassung des 3. Strafsenats an, wonach dem zeitlichen Abstand zwischen Tat und Urteil im Rahmen der Strafzumessung auch bei Taten des sexuellen Missbrauchs eines Kindes im Ansatz die gleiche Bedeutung zukommt, wie bei anderen Straftaten.
1. Der Senat hält an seiner Rechtsprechung fest, wonach der Umstand, dass die erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit des Täters auf von diesem zu verantwortender Trunkenheit beruht, für sich allein die Versagung einer Strafrahmenverschiebung gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB nicht rechtfertigt.
2. Anderes gilt, wenn sich zugleich aufgrund der persönlichen oder situativen Verhältnisse des Einzelfalls das Risiko der Begehung von Straftaten vorhersehbar signifikant infolge zu verantwortender Trunkenheit erhöht hat. Hierfür genügt etwa das Wissen des Täters, dass er unter Alkoholeinfluss zu strafbaren Verhaltensweisen neigt, aber trotzdem Alkohol trinkt (vgl. BGH NStZ-RR 2014, 238). Einschlägiger Vorverurteilungen bedarf es jedoch nicht.
Sowohl das Unterbleiben einer Entschuldigung als auch das Fehlen eines zum Ausdruck gebrachten Bedauerns gegenüber dem Geschädigten lassen ohne weitere Umstände keinen Schluss auf eine rechtsfeindliche, durch besondere Rücksichtslosigkeit oder Gleichgültigkeit gegenüber Interessen und Rechtsgütern anderer geprägte Gesinnung oder Gefährlichkeit des Angeklagten zu (vgl. BGH NStZ-RR 2000, 362). Sie dürfen daher ebenso wenig wie bei der Strafzumessung bei der eignungsbezogenen Prognoseentscheidung im Rahmen des § 69a StGB zum Nachteil des Angeklagten Berücksichtigung finden.
1. Auch für die im Rahmen des § 63 StGB anzustellende Gefährlichkeitsprognose etwaige Vortaten von besonderer Bedeutung (vgl. BVerfG NJW 2004, 739, 743). So ist einerseits als ein gewichtiges Indiz gegen die Wahrscheinlichkeit künftiger Straftaten anzusehen, dass ein Täter trotz bestehenden Defekts über Jahre hinweg keine erheblichen Straftaten begangen hat (vgl. etwa BGH NStZ-RR 2015, 72, 73). Andererseits kann sogar lange zurückliegenden Taten eine indizielle Bedeutung für die Gefährlichkeitsprognose zukommen, wenn sie in einem inneren Zusammenhang zu der festgestellten Erkrankung gestanden haben und deren Ursache nicht in anderen, nicht krankheitsbedingten Umständen zu finden ist. Maßgeblich sind insofern insbesondere die individuell bedeutsamen Bedingungsfaktoren für die bisherige Delinquenz, deren Fortbestand, ihre fehlende Kompensation durch protektive Umstände und das Gewicht dieser Faktoren in zukünftigen Risikosituationen (vgl. BGH NJW 2010, 245).
2. Ausgehend hiervon bedarf es näherer Darlegungen bei der Gefährlichkeitsprognose dazu, ob und inwiefern früher abgeurteilte Taten in Zusammenhang mit der Erkrankung des Beschuldigten stehen.
3. Allein mit der im Allgemeinen erhöhten Kriminalitätsbelastung schizophren Erkrankter kann die Gefahrenprognose nicht begründet werden. Maßgeblich sind stattdessen die konkrete Krankheits- und Kriminalitätsentwicklung sowie die auf die Person des Beschuldigten und seine konkrete Lebenssituation bezogenen Risikofaktoren, die eine individuelle krankheitsbedingte Disposition zur Begehung von Delikten jenseits der Anlasstaten belegen können.
Wurde die neu abzuurteilende Tat zwischen zwei Vorverurteilungen begangen, die untereinander nach der Regelung des § 55 StGB gesamtstrafenfähig sind, darf aus der Strafe für die neu abgeurteilte Tat und der Strafe aus der letzten Vorverurteilung keine Gesamtstrafe gebildet werden. Der letzten Vorverurteilung kommt, da die Taten aus beiden Vorverurteilungen bereits in dem früheren Erkenntnis hätten geahndet werden können, gesamtstrafenrechtlich keine eigenständige Bedeutung zu (vgl. BGH NStZ-RR 2014, 74). Dies gilt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unabhängig davon, ob eine nachträgliche Gesamtstrafe tatsächlich gebildet wurde oder im Verfahren nach § 460 StPO noch nachgeholt werden kann (vgl. BGH NStZ-RR 2007, 369 f.).
Das Vorliegen vertypter Strafmilderungsgründe kann nach ständiger Rechtsprechung bei der Strafrahmenwahl Anlass geben, jedenfalls im Zusammenhang mit den allgemeinen Strafmilderungsgründen trotz Vorliegen eines Regelbeispiels einen besonders schweren Fall zu verneinen und die Strafe dem Regelstrafrahmen zu entnehmen.
1. Für einen Hang ist nach ständiger Rechtsprechung eine eingewurzelte, auf psychische Disposition zurück-
gehende oder durch Übung erworbene Neigung ausreichend, immer wieder Rauschmittel zu konsumieren, wobei diese Neigung noch nicht den Grad einer physischen Abhängigkeit erreicht haben muss.
2. Ein übermäßiger Genuss von Rauschmitteln im Sinne des § 64 StGB ist jedenfalls dann gegeben, wenn der Betreffende auf Grund seiner psychischen Abhängigkeit sozial gefährdet oder gefährlich erscheint (vgl. BGH NStZ 2005,). Insoweit kann dem Umstand, dass durch den Rauschmittelkonsum bereits die Gesundheit, Arbeits-und Leistungsfähigkeit des Betreffenden erheblich beeinträchtigt ist, zwar indizielle Bedeutung für das Vorliegen eines Hanges zukommen. Wenngleich solche Beeinträchtigungen in der Regel mit übermäßigem Rauschmittelkonsum einhergehen werden, schließt deren Fehlen jedoch nicht notwendigerweise die Annahme eines Hanges aus (vgl. BGH NStZ-RR 2008,). Ebenso wenig steht die Tatsache, dass ein Angeklagter kurzzeitig in der Lage war, seinen Rauschmittelkonsum zu verringern oder einzustellen, dem Vorliegen eines Hanges entgegen (vgl. NStZ-RR 2014, 271).
1. Grundsätzlich kommt im Rahmen der Strafzumessung der Art des Rauschgifts und seiner Gefährlichkeit eine eigenständige Bedeutung zu (vgl. BGH StV 2000, 613), wobei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs diesbezüglich ein für die Strafzumessung maßgebliches Stufenverhältnis von sog. „harten“ Drogen, wie Heroin, Fentanyl, Kokain und Crack (vgl. BGH NStZ-RR 1998, 148) über Amphetamin, das auf der Gefährlichkeitsskala einen mittleren Platz einnimmt (vgl. BGH StV 1990, 494), bis hin zu sog. „weichen“ Drogen, wie Cannabis (dazu BGH StV 1987, 203), besteht.
2. Nach § 18 Abs. 2 JGG ist die Jugendstrafe so zu bemessen, dass die erforderliche erzieherische Einwirkung möglich ist. Die Urteilsgründe müssen deshalb erkennen lassen, inwieweit dem Erziehungsgedanken die ihm zukommende Beachtung geschenkt und bei der Bemessung der Jugendstrafe das Gewicht des Tatunrechts gegen die Folge der Strafe für die weitere Entwicklung des Jugendlichen/Heranwachsenden abgewogen worden ist.
3. Hieran fehlt es, wenn die Begründung wesentlich oder gar ausschließlich mit solchen Zumessungserwägungen vorgenommen wird, die auch bei Erwachsenen in Betracht kommen. Eine abschließende lediglich formelhafte Erwähnung der erzieherischen Erforderlichkeit der verhängten Jugendstrafe genügt den Erfordernissen des § 18 Abs. 2 JGG nicht (st. Rspr).