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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Dezember 2011
12. Jahrgang
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1. Die Vernehmung eines Arztes kann auch dann durch die Verlesung eines ärztlichen Attests ersetzt werden, wenn die ärztliche Sicht zu Schlüssen aus der attestierten Körperverletzung auf ein anderes Delikt nichts beitragen kann. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn die Körperverletzung bei einer nachfolgenden Sexualstraftat allein als Drohung fortgewirkt haben kann. (BGHSt)
2. § 256 Abs. 1 Nr. 2 StPO erlaubt aus letztlich pragmatischen Gründen, ärztliche Atteste zu, nicht schweren Körperverletzungen (i.S.d. § 226 StGB) zu verlesen, nicht aber zu Erkenntnissen, die der Arzt nur bei Gelegenheit der Feststellung einer Verletzung gewonnen hat, z.B. über Angaben zur Ursache der Verletzungen, wenn diese ebenfalls in dem Attest dokumentiert sind. (Bearbeiter)
3. Über den Wortlaut von § 256 Abs. 1 Nr. 2 StPO hinaus ist eine Einschränkung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes (§ 250 StPO) durch Verlesung eines Attestes nicht zulässig ist, wenn sich die Bedeutung der aus dem Attest ersichtlichen Verletzungen nicht in der Feststellung ihres Vorliegens erschöpft (st. Rspr.). Dies wird regelmäßig angenommen, wenn Gewalt nicht nur zu einer Körperverletzung geführt hat, sondern zugleich auch ein Tatbestandsmerkmal für ein anderes Delikt darstellt. Regelmäßig liegt dann neben Tateinheit auch eine Indizwirkung der Körperverletzung für das andere Delikt vor.
4. Tateinheit zwischen der Körperverletzung und dem anderen Delikt schließt die Anwendung von § 256 Abs. 1 Nr. 2 StPO aber nicht zwingend aus (BGHSt 33, 389, 392). Erforderlich ist vielmehr ein „überzeugender Grund“ (BGHSt, aaO, 393) für die Annahme, nach Sinn und Zweck des Gesetzes (BGHSt, aaO, 391, 393) reiche eine Verlesung des Attests nicht aus. (Bearbeiter)
1. Die Annahme eines Beweisverwertungsverbots ist von Verfassungs wegen zumindest bei schwerwiegenden, bewussten oder willkürlichen Verfahrensverstößen geboten, bei denen die grundrechtlichen Sicherungen planmäßig oder systematisch außer Acht gelassen worden sind.
2. Dem Aspekt eines möglichen hypothetisch rechtmäßigen Ermittlungsverlaufs kommt zumindest bei einer groben Verkennung des Richtervorbehalts aus Art. 13 Abs. 2 GG keine Bedeutung zu. Denn die Einhaltung der durch Art. 13 Abs. 2 GG und § 105 Abs. 1 Satz 1 StPO festgelegten Kompetenzregelung könnte bei Anerkennung des hypothetisch rechtmäßigen Ersatzeingriffs als Abwägungskriterium bei der Prüfung des Vorliegens eines Beweisverwertungsverbots stets unterlaufen und der Richtervorbehalt sogar letztlich sinnlos werden. Bei Duldung grober Missachtungen des Richtervorbehalts entstünde gar ein Ansporn, die Ermittlungen ohne Einschaltung des Ermittlungsrichters einfacher und möglicherweise erfolgversprechender zu gestalten. Damit würde das wesentliche Erfordernis eines rechtstaatlichen Ermittlungsverfahrens aufgegeben, dass Beweise nicht unter bewusstem Rechtsbruch oder gleichgewichtiger Rechtsmissachtung erlangt werden dürfen.
3. Der Senat lässt offen, ob der Gesichtspunkt einer fehlenden Berührung des Rechtskreises des Beschuldigten bei einem groben Verstoß gegen den grundgesetzlichen Richtervorbehalt des Art. 13 Abs. 2 GG überhaupt von Belang sein kann. Sein Rechtskreis ist jedenfalls berührt, wenn er nicht nur ganz gelegentlicher Mitnutzer der betroffenen Räume ist.
4. Der Richtervorbehalt aus Art. 13 Abs. 2 GG wird jedenfalls dann grob verkannt, wenn die Polizei einen nach den konkreten Umständen des Einzelfalls bereits zu üblichen Dienstzeiten naheliegenden Antrag auf Erlass einer Durchsuchungsbeschlusses nicht stellt, gleichwohl aber konkrete Vorbereitungen für eine Durchsuchung trifft und schließlich noch am selben Tage außerhalb der Erreichbarkeit des richterlichen Eildienstes eine staatsanwaltschaftliche Anordnung herbeiführt.
1. Nicht jede Äußerung des Gerichts oder eines seiner Mitglieder, die im Laufe des Strafverfahrens abgegeben wird, begründet ein berechtigtes Vertrauen des Angeklagten oder eines anderen Verfahrensbeteiligten dahin, dass von der darin zutage getretenen Einschätzung einer materiell- oder verfahrensrechtlich relevanten Frage nicht abgewichen werde, solange kein entsprechender Hinweis erteilt worden ist.
2. Es bedarf jedoch in der Regel eines vorherigen Hinweises, falls von dem Inhalt einer Äußerung des Gerichts abgewichen werden soll, wenn die Äußerung geeignet ist oder gar darauf abzielt, die Verfahrensführung oder das Verteidigungsverhalten des Angeklagten zu beeinflussen. Dies gilt insbesondere, wenn die Äußerung bei fortgeschrittener Hauptverhandlung auf der Grundlage eines bereits weitgehend gesicherten Beweisergebnisses in (scheinbarer) Abstimmung mit den weiteren Gerichtspersonen abgegeben wird.
3. Die Vorschriften der StPO zur Absprache (§ 257c StPO) regeln allein die formalen Bedingungen des Zustandekommens einer Verständigung, die sich aus einer solchen Verständigung ergebende Bindung des Gerichts sowie die Voraussetzungen, unter denen das Gericht von dieser Bindung frei wird. Sie schließen es aber nicht aus, dass durch sonstige Äußerungen des Gerichts außerhalb des förmlichen Verständigungsverfahrens ein berechtigtes Vertrauen des Angeklagten in eine bestimmte Verfahrensweise des Gerichts oder ein bestimmtes Verfahrensergebnis begründet wird.
4. Die detailgetreue Wiedergabe des Bundeszentralregisterauszugs bei den Feststellungen zum Lebenslauf des Angeklagten empfiehlt sich nicht, denn die Urteilsgründe werden dadurch aufgebläht, ohne dass damit ein substantieller Erkenntniszuwachs verbunden ist. Es empfiehlt sich im Interesse der Konzentration auf das Wesentliche, die Vorstrafen gestrafft und zusammengefasst darzulegen. Einer Mitteilung von genauen Tatzeiten bzw. den Zeitpunkten der Rechtskraft der Entscheidungen bedarf es nur in wenigen Ausnahmefällen, so z.B. wenn es um Fragen der Gesamtstrafenbildung oder der sog. Rückfallverjährung bei der Prüfung von Sicherungsverwahrung geht.
1. Auch nach einer Verständigung darf ein Urteil nicht nur auf der Anklageschrift beruhen, der die Angeklagten nach Maßgabe der Verständigung nicht entgegengetreten sind. Das Urteil genügt damit nicht den Mindestanforderungen, die an die richterliche Überzeugungsbildung auch dann zu stellen sind, wenn die Entscheidung, wie hier, nach einer Verständigung ergangen ist. Auch bei einer Verständigung hat das Gericht von Amts wegen den wahren Sachverhalt aufzuklären (§ 257c Abs. 1 S. 2, § 244 Abs. 2 StPO). Die Bereitschaft eines Angeklagten, wegen eines bestimmten Sachverhalts eine Strafe hinzunehmen, die das gerichtlich zugesagte Höchstmaß nicht überschreitet, entbindet nicht von dieser Pflicht. Nur ein Sachverhalt, der auf einer Überzeugungsbildung des
Gerichts unter vollständiger Ausschöpfung des Beweismaterials beruht, kann die Grundlage einer Verurteilung bilden.
2. Eine Anklageschrift kann auch dann nicht Grundlage sein, wenn ihr neben dem Angeklagten, wie vorliegend, seine wegen gemeinschaftlichem Handelns angeklagten Mittäter ebenfalls nicht entgegengetreten sind. Diesem Einlassungsverhalten lässt sich ein irgendwie geartetes – auch nur „schlankes“ – Geständnis, das einen als glaubhaft zu bewertenden inhaltlichen Gehalt hätte, auf den einen Schuldspruch tragende Feststellungen gestützt werden könnten, nicht entnehmen (vgl. BGH, NStZ 2004, 509, 510).
3. In einem solchen Fall ist die Urteilsaufhebung auch auf die nichtrevidierenden Angeklagten zu erstrecken, soweit sie wegen der nämlichen Tat verurteilt worden sind und auch hinsichtlich ihrer Tatbeteiligung eine Beweiswürdigung ausgeblieben ist. Dass sich die Anforderungen an die Urteilsgründe hinsichtlich der nichtrevidierenden Mitangeklagten nur nach dem Maßstab des § 267 Abs. 4 StPO bestimmen, steht einer Erstreckung nicht entgegen.
Ein Richter ist auch dann von der Mitwirkung an der Entscheidung über ein Befangenheitsgesuch gehindert, wenn sich zwar das Gesuch nicht unmittelbar gegen ihn richtet, wohl aber die Beurteilung seines eigenen dienstlichen Verhaltens den Gegenstand der gegen den abgelehnten Richter gerichteten Besorgnis der Befangenheit bildet.
1. Nach pflichtgemäßer Beurteilung der Strafverfolgungsbehörde muss erst dann von der Zeugen- zur Beschuldigtenvernehmung übergegangen werden, wenn sich der Verdacht so verdichtet hat, dass die als Zeuge belehrte Person ernstlich als Täter der untersuchten Straftat in Betracht kommt. Die Grenzen des Beurteilungsspielraums sind – gerade bei Tötungsdelikten – erst dann überschritten, wenn trotz starken Tatverdachts nicht von der Zeugen- zur Beschuldigtenvernehmung übergegangen wird (BGHSt 37, 48, 51 f.; BGH NStZ-RR 2004, 368) und auf diese Weise die Beschuldigtenrechte umgangen werden (BGHR StPO § 136 Belehrung 6). Auch kann der Umstand, dass die Strafverfolgungsbehörde – zumal bei Tötungsdelikten – erst bei einem konkreten und ernsthaften Tatverdacht zur Vernehmung des Verdächtigen als Beschuldigten verpflichtet ist, für ihn auch eine schützende Funktion haben. Denn der Vernommene wird hierdurch nicht vorschnell mit einem Ermittlungsverfahren überzogen, das erhebliche nachteilige Konsequenzen für ihn haben kann (BGHSt 51, 367, 372).
2. Gegen einen bis dahin unbescholtenen türkischen Staatsangehörigen, der seit 1978 in Deutschland lebt und seit 1981 bei der Stadt München angestellt ist, drängt sich allein aus dem Umstand, dass er mit dem Getöteten, welcher auch in München lebte und wie er Mitglied eines türkischen Volksvereins war, kurz vor dessen Erschießung als Letzter telefoniert und ihn anschließend in seinem Pkw mitgenommen hatte, solange kein so starker Tatverdacht auf, als nicht ein Tatmotiv für die Ermittlungsbeamten offen erkennbar wurde oder mögliche Fremdeinwirkungen negativ abgeklärt waren. Dies gilt besonders, wenn der Angeklagte zum Zeitpunkt der unterbliebenen Belehrung ein Alibi für die Tatzeit nachweisen konnte, welches sich erst nachträglich als falsch herausstellte.
3. Es kann dahingestellt bleiben, ob sich der Angeklagte bei anderer Beurteilung auf ein Verwertungsverbot hinsichtlich der Ergebnisse des Sachverständigengutachtens über das Vorhandensein von Schmauchspuren an der vom Angeklagten freiwillig herausgegebenen, am Tattag getragenen Kleidung berufen könnte, wenn er zuvor, ohne einen Widerspruch dagegen geltend zu machen, die Vernehmung des Polizeibeamten in der Hauptverhandlung hingenommen hatte, welcher die Kleidungsstücke am Tatabend in der Wohnung des Angeklagten sicherstellte und hierüber berichtete.
1. Ist ein Beweisantrag nicht oder rechtsfehlerhaft verbeschieden, ist es dem Revisionsgericht zwar grundsätzlich verwehrt, eine rechtsfehlerfreie Begründung nachzuliefern. Im Einzelfall kann indes ausgeschlossen werden, dass das Urteil auf einer fehlerhaften Antragsablehnung beruht, wenn etwa die Bedeutungslosigkeit einer behaupteten Tatsache auf der Hand liegt. Nichts anderes kann für Fälle einer nicht nur floskelhaft sondern gänzlich fehlenden Ablehnungsbegründung gelten, jedenfalls wenn offenkundig ist, dass die konkrete Beweisbehauptung (Äußerungen und Verhalten der Zeugen) für das für den Strafvorwurf (Betrug zum Nachteil der über die Untervermittler eingeworbenen Anleger) einzig relevante Beweisthema (der Angeklagte habe die Untervermittler weder getäuscht noch kollusiv mit ihnen zusammenge-
wirkt) ohne jede tatsächliche Bedeutung ist (vgl. für den ähnlich gelagerten Fall, dass die Beweisbehauptung mit dem angebotenen Beweismittel nicht zu beweisen ist, auch OLG Koblenz, Urteil vom 2. Februar 1995 – 1 Ss 349/94, OLGSt, StPO, § 244 Nr. 17).
2. Die bestehende Divergenz zwischen der Urteilsformel in dem allein maßgeblichen Sitzungsprotokoll (§ 274 StPO) und den Urteilsgründen führt nicht stets zur Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung.
3. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB hindert eine Verfallsentscheidung aber nur dann, wenn der Täter oder Teilnehmer „aus der Tat“ einen Vermögensvorteil erlangt hat und Gegenansprüche eines Verletzten bestehen; das „für die Tat“ Erlangte unterliegt schon nach dem Gesetzeswortlaut dem Verfall hingegen ohne Rücksicht auf Ansprüche Verletzter. „Aus der Tat“ sind diejenigen Vermögenswerte erlangt, die dem Täter oder Teilnehmer unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestandes selbst in irgendeiner Phase des Tatablaufs zugeflossen sind (vgl. BGHSt 51, 65, 66). Um Vorteile „für die Tat“ handelt es sich demgegenüber, wenn die Vermögenswerte dem Täter als Gegenleistung für sein rechtswidriges Tun gewährt werden, etwa wenn ein Lohn für die Tatbegehung gezahlt.
4. Vermögenswerte sind nicht nur dann aus einer Tat erlangt, wenn sie dem Täter vom Opfer ohne weiteren Zwischenschritt zufließen. Dies ist auch gegeben, wenn der Vermögenswert zunächst – unbeschadet der zivilrechtlichen Besitz- und Eigentumsverhältnisse – nur einem anderen Tatbeteiligten zufließt. Der Senat neigt zu der Auffassung, dass das Erlangte auch dann aus der Tat stammt, wenn die den einzelnen Tatbeteiligten zugeflossenen Vermögenswerte aus einer in sich zwar nicht mehr differenzierbaren, aber mit „Gruppenwillen“ für alle Tatbeteiligten „gesammelten“ Gesamtmenge durch Betrug erlangter Vermögenswerte entnommen werden.
5. Die Anordnung des Verfalls von Wertersatz nach §§ 73, 73a StGB ist für Erlöse aus nicht zur Aburteilung gelangten Straftaten unzulässig ist (BGH NStZ 2003, 422).
6. Gemäß § 263 Abs. 7 Satz 2 StGB können Gegenstände eines an der rechtswidrigen Tat Beteiligten bei der gebotenen verfassungskonformen Auslegung der Vorschrift für verfallen erklärt werden, wenn das Tatgericht davon überzeugt ist, dass die von der Verfallsanordnung erfassten Gegenstände für rechtswidrige Taten oder aus ihnen unmittelbar erlangt worden sind, ohne dass diese im Einzelnen festgestellt werden müssen (BGHSt 40, 371; BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 2004 – 2 BvR 564/95). An die tatrichterliche Überzeugung dürfen dabei keine überspannten Anforderungen gestellt werden (vgl. BGH, Urteil vom 7. Juli 2004 – 1 StR 115/04), jedoch genügt allein der Hinweis nicht, dass „die Vermittlungstätigkeit insgesamt […] nach § 54 Abs. 1 Nr. 2, § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG Gegenstand der Strafverfolgung“ sei (UA S. 33), zumal die Strafvorschriften nach dem KWG nicht auf § 73d StGB verweisen.
1. Das Gericht muss seine Untersuchung auch auf Teile einer angeklagten Tat erstrecken, die erst in der Hauptverhandlung bekannt werden. Die Tat im verfahrensrechtlichen Sinne ist erschöpfend abzuurteilen. Das Gericht ist dabei an die rechtliche Beurteilung, wie sie der Anklage und dem Eröffnungsbeschluss zugrunde liegt, nicht gebunden.
2. Der verfahrensrechtliche Tatbegriff umfasst den von der zugelassenen Anklage betroffenen geschichtlichen Vorgang, innerhalb dessen der Angeklagte einen Straftatbestand verwirklicht haben soll. Zu dieser Tat gehört deshalb das gesamte Verhalten, soweit es mit dem durch die Anklage bezeichneten geschichtlichen Vorkommnis nach der Auffassung des Lebens einen einheitlichen Vorgang darstellt.
3. Bei der Untersuchung und Entscheidung muss aber die Identität der Tat gewahrt bleiben. Dies ist nicht der Fall, wenn das Gericht Umstände feststellt, die von den die angeklagten Taten individualisierenden Tatmodalitäten in erheblicher Weise abweichen.
4. Können die dem Angeklagten in der Anklage vorgeworfenen Taten etwa wegen langen Zeitablaufs nur hinsichtlich der Tatorte und der Begehungsweisen, aber nicht hinsichtlich der Tatzeit näher bestimmt werden, so erlangt die Art und Weise der Tatverwirklichung maßgebliche Bedeutung für die Individualisierung der zum Gegenstand der Anklage und später des Eröffnungsbeschlusses gemachten Taten.
5. Schöpft ein ergangenes Urteil die Anklage nicht aus, so erfasst eine gegen dieses Urteil erhobene Revision die nicht abgeurteilten Taten nicht; dementsprechend ist es auch dem Revisionsgericht verwehrt, hierüber eine Entscheidung zu treffen. Gleichwohl ist auch zur Entscheidung über die bisher nicht erschöpften Teile der Anklage nach Aufhebung und Zurückverweisung des Urteils wegen der anderen Taten der neue und nicht der bisherige Tatrichter berufen.
1. Auch bei laufender Hauptverhandlung können Gerichtsentscheidungen im Beschlusswege in der Besetzung außerhalb der Hauptverhandlung getroffen werden. Dies gilt auch für die Anordnung einer audiovisuellen Vernehmung nach § 247a StPO, denn eine gesetzliche Regelung, wonach zwingend die Gerichtsbesetzung in der Hauptverhandlung hierüber zu entscheiden hätte, besteht nicht. Ein solches Erfordernis ist auch nicht aus der Gesetzessystematik herzuleiten.
2. Durch die Anordnung nach § 247a StPO vor Beginn oder außerhalb der Hauptverhandlung wird die Verteidigung des Angeklagten nicht eingeschränkt, weil das Gericht in der Hauptverhandlung an seine Entscheidung nicht gebunden ist und jederzeit – namentlich auch auf entsprechenden Antrag von Seiten des Angeklagten – seine Entscheidung ändern kann.
Lehnt der Tatrichter eine Mehrzahl von Beweisanträgen deshalb ab, weil er die darin unter Beweis gestellten Indiztatsachen aus tatsächlichen Gründen als für die Entscheidung ohne Bedeutung ansieht (§ 244 Abs. 3 Satz 2 StPO), so darf er die einzelnen Anträge nicht nur für sich betrachten. Vielmehr hat er jeweils auch die weiteren Beweisbehauptungen (erneut) in Bedacht zu nehmen und in dem ablehnenden Beschluss darzulegen, weshalb er selbst bei einer Gesamtwürdigung aller dieser Indiztatsachen einen im Falle ihres Erwiesenseins möglichen Schluss nicht ziehen möchte.
1. Zwar handelt es sich bei der molekulargenetischen Untersuchung von DNA-Spurenträgern um ein standardisiertes Verfahren, bei dem die Darlegungsanforderungen in den Urteilsgründen geringer sind, als dies normalerweise bei Sachverständigengutachten der Fall ist, und es insbesondere keiner Darlegung der Untersuchungsmethode bedarf. Um dem Revisionsgericht die Nachprüfung zu ermöglichen, ob die auf das Gutachten gestützte Überzeugung des Landgerichts auf rechtsfehlerfreier Grundlage beruht, bedarf es gleichwohl in den Urteilsgründen neben der Berechnungsgrundlage zumindest der Mitteilung, mit welcher Wahrscheinlichkeit der Angeklagte als Spurenleger in Betracht kommt. Was das Ergebnis der DNA-Analyse betrifft, bedarf es regelmäßig jedenfalls eines Seltenheitswertes im Millionenbereich, um die Überzeugung des Tatrichters zu begründen, dass eine bestimmte Spur vom Angeklagten herrührt (BGH NStZ 2009, 285).
2. Zwar ist die Beweiswürdigung Sache des Tatrichters. Ihm allein obliegt es, das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen und zu würdigen. Seine Schlussfolgerungen brauchen nicht zwingend zu sein, es genügt, dass sie möglich sind (BGHSt 29, 18, 20). Die revisionsrechtliche Prüfung beschränkt sich darauf, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist in sachlichrechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen die Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr.).
1. Außer im (seltenen) Fall einer Urteilsaufhebung wegen willkürlicher Anklage zum Landgericht (vgl. BGHSt 43, 53, 55 f. mwN), ist auch unter den Voraussetzungen des § 354 Abs. 3 StPO eine Zurückverweisung an ein Gericht niedererer Ordnung nicht zwingend, sondern steht im pflichtgemäßen Ermessen des Revisionsgerichts (vgl. BGHSt 29, 341, 350; BGH NJW 1987, 1092 f.; StraFo 2009, 33 f.). In diesem Zusammenhang maßgebend können etwa Gesichtspunkte der Verfahrensökonomie und/oder -beschleunigung sein.
2. Regelmäßig sind ausgeschiedene Tatteile oder Strafbestimmungen konkret („positiv“) zu bezeichnen, die Feststellung, das Verfahren werde gemäß § 154 StPO und/oder § 154a StPO im Sinne der Anklage beschränkt, entspricht als zu ungenau nicht dem Gesetz (fehlende Rechtssicherheit) und ist daher unwirksam (BGH NStZ 1981, 23; tendenziell ebenso NStZ 2002, 489).
3. „Sich oder einem anderen verschaffen“ i.S.d. § 276 StGB bedeutet, dass der Täter das Tatobjekt in seinen Gewahrsam bringt, Zugriff hierauf hat und darüber nach Belieben verfügen kann, oder es in den Gewahrsam eines anderen bringt und ihm dadurch diese Möglichkeiten vermittelt. Wäre der Angeklagte ein „Verteilungsgehilfe“, hätte er, sofern „verschaffen“ nicht vorläge, wie jeder unmittelbare Besitzer die Alternative „verwahren“ erfüllt.
1. Das Revisionsgericht ist an den Beschluss des Tatrichters, dem Angeklagten nach Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, trotz der fehlenden Zuständigkeit des Tatrichters für diese Entscheidung (§ 46 Abs. 1 StPO) und ohne Rücksicht auf die inhaltliche Richtigkeit der Entscheidung gebunden.
2. Die Frist zur Ergänzung der Gründe eines zunächst in abgekürzter Form abgefassten Urteils (§ 267 Abs. 4 Satz 4, § 275 Abs. 1 Satz 2 StPO) beginnt im Falle einer Wiedereinsetzung durch das zuständige Revisionsgericht mit dem Eingang der Akten bei dem für die Ergänzung zu-
ständigen Gericht. Denn nur so ist gewährleistet, dass dem Richter die zur sorgfältigen Absetzung des nicht rechtskräftigen, revisionsgerichtlicher Überprüfung unterliegenden Urteils erforderliche Zeit tatsächlich zur Verfügung steht.
3. Gewährt das für die Ergänzung der Urteilsgründe zuständige Gericht unter Verstoß gegen § 46 Abs. 1 StPO selbst die Wiedereinsetzung in die Frist zur Einlegung der Revision, so beginnt die Frist zur Ergänzung der Urteilsgründe (§ 267 Abs. 4 Satz 4, § 275 Abs. 1 Satz 2 StPO) ausnahmsweise bereits mit Erlass des Wiedereinsetzungsbeschlusses, da das Gericht mit dem Beschluss zur Wiedereinsetzung zugleich Kenntnis über die Voraussetzungen der Ergänzung erlangt.
1. Einzelfall der Beweiswürdigung beim Vorwurf der versuchten Vergewaltigung. Es bedarf einer erkennbaren Stütze in den Feststellungen, wenn das Tatgericht die Überzeugung für nachvollziehbar halten will, dass die Geschädigte „nach der anfänglich gewaltsamen Durchführung der sexuellen Handlungen sodann freiwillig zu mehr bereit“ sein werde.
2. Der Grundsatz in dubio pro reo ist keine Beweisregel, sondern eine Entscheidungsregel (BGH NStZ-RR 2009, 90). Auf einzelne Elemente der Beweiswürdigung ist er grundsätzlich nicht anwendbar. Er besagt nichts darüber, wie der Tatrichter die Beweise zu würdigen hat, sondern kommt erst bei der abschließenden Gesamtwürdigung zum Tragen (BGH NStZ 2010, 102, 103).
1. Hängt die Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten entscheidend von der Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Angaben eines Mittäters ab, so muss der Tatrichter die für die Richtigkeit der Angaben des einzigen Belastungszeugen sprechenden Gesichtspunkte umfassend prüfen, würdigen und dies im Urteil deutlich machen (vgl. BGHR StPO, § 261 Mitangeklagte 2; BtMG § 29 Beweiswürdigung 7; BGH StV 2000, 243, 244; 2002, 467; NStZ-RR 2002, 146, 147). Dabei sind im Hinblick auf Art. 6 Abs. 3 d MRK erhöhte Anforderungen an die Sorgfältigkeit und Vollständigkeit der vorzunehmenden Gesamtwürdigung zu stellen, wenn die belastenden Angaben nur mittelbar über eine Vernehmungsperson in die Hauptverhandlung eingeführt werden können (vgl. BGHR StPO, § 261 Zeuge 2; BGH NStZ 2004, 691, 692).
2. Bei entsprechenden Hinweisen muss sich das Gericht auch mit der Frage auseinandersetzen, ob sich ein Belastungszeuge in dem gegen ihn geführten Strafverfahren möglicherweise durch unrichtige Angaben Vorteile im Sinne einer „Aufklärungshilfe“ verschaffen wollte (BGH NStZ 2004, 691, 692). Für die Glaubhaftigkeitsbeurteilung gerade bei Aussagen im Bereich des Betäubungsmittelstrafrechts ist es ein wesentlicher Gesichtspunkt, ob sich der Zeuge durch seine Aussage in dem gegen ihn gerichteten Verfahren im Hinblick auf § 31 BtMG Vorteile verspricht und vor diesem Hintergrund einen Nichtgeständigen möglicherweise zu Unrecht belastet (BGHSt 48, 161, 168; BGH NStZ-RR 2003, 245). Dabei wird die Möglichkeit einer bewussten Falschbelastung allein durch den Umstand nicht entscheidend gemindert, dass der Zeuge sich durch seine Angaben auch selbst belastet.
Im Verfahren nach § 356a StPO kann grundsätzlich nicht mehr die Befangenheit von an der rechtskräftigen Entscheidung des Senats beteiligten Senatsmitgliedern geltend gemacht werden, wenn die gerügte Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG nicht vorliegt.
1. Ein Beweisantrag kann wegen völliger Ungeeignetheit des Beweismittels gemäß § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO abgelehnt werden, wenn dessen Inanspruchnahme von vornherein gänzlich aussichtslos wäre, so dass sich die Erhebung des Beweises in einer reinen Förmlichkeit erschöpfen müsste (BGH NStZ-RR 2010, 211 m.w.N.). Dies ist dann der Fall, wenn mit dem vom Antragsteller benannten Beweismittel die behauptete Beweistatsache nach sicherer Lebenserfahrung nicht bestätigt werden kann.
2. Zeugen sind grundsätzlich geeignete Beweismittel zum Nachweis des Inhaltes von ihnen geführter Gespräche. Bei ihnen kommt die Annahme völliger Ungeeignetheit als Beweismittel nur dann in Betracht, wenn ausgeschlossen werden könnte, dass diese Zeugin den Gesprächsverlauf zuverlässig in ihrem Gedächtnis behalten hat (vgl. BGHR StPO, § 244 Abs. 3 Satz 2 Ungeeignetheit 23). Dies hat der Tatrichter anhand allgemeiner Lebenserfahrung unter Berücksichtigung aller Umstände zu beurteilen, die dafür oder dagegen sprechen, dass ein Zeuge die in sein Wissen gestellten Wahrnehmungen gemacht hat und sich an sie erinnern kann.