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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Dezember 2009
10. Jahrgang
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1. Erfolgt nach Entfernung des Angeklagten während einer Zeugenvernehmung gemäß § 247 StPO in andauernder Abwesenheit des Angeklagten eine förmliche Augenscheinseinnahme, so ist der absolute Revisionsgrund des § 338 Nr. 5 StPO nicht erfüllt, wenn dem Angeklagten das in seiner Abwesenheit in Augenschein genommene Objekt bei seiner Unterrichtung nach § 247 Satz 4 StPO gezeigt wird (im Anschluss an BGHR StPO § 247 Satz 4 Unterrichtung 1 unter Aufgabe entgegenstehender Senatsrechtsprechung, BGHR StPO § 247 Abwesenheit 5). (BGHSt)
2. Das Verfahren nach § 132 GVG vermag als rechtsstaatliche Ausgestaltung des gerade auch dem Schutz des Beschwerdeführers dienenden Rechtsmittelrechts grundsätzlich keine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung zu begründen (vgl. BVerfGE 122, 248, 280). Dies gilt auch bei einer beträchtlichen durch das Anfrageverfahren verursachten Verzögerung der Revisionsentscheidung. (Bearbeiter)
1. Aus §§ 80a, 246a StPO oder aus verfassungsrechtlichen Grundsätzen ergibt sich keine selbständige Verpflichtung des Gerichts, in Fällen der möglichen Anordnung einer Maßregel gem. § 66 StGB von dem zu vernehmenden Sachverständigen stets die Vorlage eines vorbereitenden schriftlichen Gutachtens zu verlangen. (BGHSt)
2. Ob sich im Einzelfall aus § 244 Abs. 2 StPO etwas anderes ergeben kann, kann hier dahinstehen. (Bearbeiter)
3. Das Gutachten des Sachverständigen ist in seiner Gesamtheit mündlich zu erstatten und nur insoweit Beweismittel; der Sachverständige hat nicht nur eine „Zusammenfassung“ seines Gutachtens vorzutragen und im Übrigen auf seine schriftlichen Ausführungen zu verweisen. Welcher Hilfsmittel sich ein Sachverständiger zur Vorbereitung und zum Vortrag seines Gutachtens in der Hauptverhandlung bedient, obliegt im Grundsatz seiner Beurteilung, im Übrigen der Anordnung des Gerichts im Rahmen der auf die Aufklärungspflicht gestützten Leitungsbefugnis (§ 78 StPO). Ein vorbereitendes schriftliches Gutachten ist kein eigenständiges Beweismittel im Strengbeweisverfahren. Dagegen ergibt sich die Pflicht zur Vorlage eines schriftlichen Gutachtens im Rahmen des schriftlichen Verfahrens nach § 454 Abs. 2 StPO aus der Natur der Sache. (Bearbeiter)
1. Zur Frage, inwieweit zur Beurteilung der Umgrenzungsfunktion der Anklage auf das wesentliche Ergebnis der Ermittlungen zur Prüfung der Frage zurückgegriffen werden kann, gegen welchen von mehreren Angeklagten sich ein bestimmter Vorwurf richtet. (BGHR)
2. Die Anklageschrift hat die dem Angeklagten zur Last gelegte Tat sowie Zeit und Ort ihrer Begehung so genau zu bezeichnen, dass die Identität des geschichtlichen Vorgangs klargestellt und erkennbar wird, welche bestimmte Tat gemeint ist; sie muss sich von anderen gleichartigen strafbaren Handlungen desselben Täters unterscheiden lassen (Umgrenzungsfunktion – st. Rspr., vgl. nur BGHSt 40, 44, 45; BGHR StPO § 200 Abs. 1 Satz 1 Tat 24 jew. m.w.N.). Es darf nicht unklar bleiben, über welchen Sachverhalt das Gericht nach dem Willen der Staatsanwaltschaft urteilen soll. Die begangene, konkrete Tat muss vielmehr durch bestimmte Tatumstände so genau gekennzeichnet werden, dass keine Unklarheit darüber möglich ist, welche Handlungen dem Angeklagten zur Last gelegt werden. Fehlt es hieran, so ist die Anklage unwirksam (vgl. BGHSt 40, 44, 45; BGH NStZ 1995, 245 jew. m.w.N.). (Bearbeiter)
3. Darüber hinaus hat die Anklage auch die Aufgabe, den Angeklagten und die übrigen Verfahrensbeteiligten über weitere Einzelheiten des Vorwurfs zu unterrichten, um
ihnen Gelegenheit zu geben, ihr Prozessverhalten auf den mit der Anklage erhobenen Vorwurf einzustellen. Mängel der Anklage in dieser Hinsicht führen nicht zu ihrer Unwirksamkeit. Insoweit können Fehler auch noch in der Hauptverhandlung durch Hinweise entsprechend § 265 StPO geheilt werden (Informationsfunktion – vgl. BGHSt 40, 44, 45; BGHR StPO § 200 Abs. 1 Satz 1 Tat 24 jew. m.w.N.). (Bearbeiter)
4. Bei der Prüfung, ob die Anklage die gebotene Umgrenzung leistet, dürfen die Ausführungen im wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen zur Ergänzung und Auslegung des Anklagesatzes herangezogen werden (BGHSt 46, 130, 134; BGH NStZ 2001, 656, 657; BGHR StPO § 200 Abs. 1 Satz 1 Tat 24). Voraussetzung hierfür ist jedoch stets, dass sich aus dem Anklagesatz zumindest Grundlagen einer Tatbeteiligung ergeben. Fehlende Angaben können dann aus dem wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen entnommen werden, wenn sie dort eindeutig benannt sind und daraus deutlich wird, dass sich der Verfolgungswille der Staatsanwaltschaft hierauf erstreckt. (Bearbeiter)
5. Mittäterschaft kann selbst durch die bloße Beteiligung an Vorbereitungshandlungen begründet werden, sofern der Betreffende auf der Grundlage gemeinsamen Wollens einen die Tatbestandsverwirklichung fördernden Beitrag leistet, welcher sich nach seiner Willensrichtung nicht als bloße Förderung fremden Tuns, sondern als Teil der Tätigkeit aller darstellt, und der dementsprechend die Handlungen der anderen als Ergänzung seines eigenen Tatanteils erscheinen lässt (BGHSt 16, 12,14; 28, 346, 347 f.; BGH, Urt. vom 30. Oktober 1986 – 4 StR 499/86 [insofern nicht abgedruckt in BGHSt 34, 209]). Ob das der Fall ist, ist in wertender Betrachtung zu beurteilen. Wesentliche Anhaltspunkte können der Grad des eigenen Interesses am Erfolg, der Umfang der Tatbeteiligung, die Tatherrschaft oder der Wille zur Tatherrschaft sein, so dass Durchführung und Ausgang der Tat maßgeblich vom Willen des Betreffenden abhängen (BGH, Urt. vom 30. Oktober 1986 – 4 StR 499/86 [insofern nicht abgedruckt in BGHSt 34, 209] m.w.N.). (Bearbeiter)
6. Der Begriff der Misshandlung des § 30 WStG setzt ebenso wie der Tatbestand des § 223 Abs. 1 StGB eine üble und unangemessene Einwirkung auf den Körper des Verletzten voraus, die dessen körperliches Wohlbefinden mehr als bloß unerheblich beeinträchtigt (BGHSt 14, 269, 271; Senat, Urt. vom 14. Januar 2009 – 1 StR 158/08 – Rdn. 36 [vorgesehen zum Abdruck in BGHSt 53, 145 ff.]). Die Beurteilung der Erheblichkeit bestimmt sich dabei nach der Sicht eines objektiven Betrachters – nicht nach dem subjektiven Empfinden des Betroffenen – und richtet sich insbesondere nach Dauer und Intensität der störenden Beeinträchtigung (Senat, Urt. vom 14. Januar 2009 – 1 StR 158/08 – Rdn. 36 [vorgesehen zum Abdruck in BGHSt 53, 145 ff.]). (Bearbeiter)
7. Die körperliche Integrität der Untergebenen innerhalb der Bundeswehr genießt einen hohen Stellenwert. Es gilt der Grundsatz, dass ein Vorgesetzter seine Untergebenen niemals anfassen darf, außer es steht zur unmittelbaren Durchsetzung eines rechtmäßigen Befehls kein anderes Mittel zur Verfügung (Senat, Urt. vom 14. Januar 2009 – 1 StR 158/08 – Rdn. 41 [vorgesehen zum Abdruck in BGHSt 53, 145 ff.]). (Bearbeiter)
8. Der Irrtum eines Untergebenen in der Bundeswehr, sein Verhalten sei durch gesetzliche Bestimmungen, Dienstvorschriften oder einen rechtmäßigen Befehl gerechtfertigt, unterfällt ausschließlich dem besonderen Schuldausschließungsgrund des § 5 Abs. 1 WStG und nicht § 16 Abs. 1 Satz 1 StGB (Senat, Urt. vom 14. Januar 2009 – 1 StR 158/08 – Rdn. 44 [vorgesehen zum Abdruck in BGHSt 53, 145 ff.]).
9. Erkennen verlangt iS des § 5 Abs. 1 WStG hierbei positive Kenntnis, sicheres Wissen (vgl. BGHSt 22, 223, 225 zu § 47 MStGB). Erkennt der Untergebene die Strafrechtswidrigkeit des Befehls nicht, beurteilt er sie unzutreffend oder hat er insoweit Zweifel, so handelt er nur dann schuldhaft, wenn die Strafrechtswidrigkeit nach den ihm bekannten Umständen offensichtlich ist. § 17 StGB ist im Rahmen des § 5 WStG angesichts der ausdrücklichen Regelung der militärischen Befehlsverhältnisse nicht anwendbar (Senat, Urt. vom 14. Januar 2009 – 1 StR 158/08 – Rdn. 46 [vorgesehen zum Abdruck in BGHSt 53, 145 ff.]; BGHSt 5, 239, 244; 22, 223, 225 [zu § 47 MStGB]). (Bearbeiter)
10. Der Begriff „offensichtlich“ ist objektiv zu verstehen. Er umfasst das, was jedermann ohne weiteres Nachdenken erkennt, was jenseits aller Zweifel liegt (vgl. BGHR WStG § 5 Abs. 1 Schuld 2). Abzustellen ist damit auf die Erkenntnisfähigkeit eines gewissenhaften, pflichtbewussten Durchschnittssoldaten. Beurteilungsgrundlage für diesen sind allerdings die dem Täter subjektiv bekannten Umstände – und zwar nicht nur die allgemeinen Tatumstände, sondern alle für die Beurteilung des Sachverhalts bedeutsamen Umstände – wie etwa die Kenntnis von vorangegangenen Ereignissen, von Befehlen, Belehrungen, Dienstvorschriften und dergleichen. Auch wenn einem Untergebenen regelmäßig keine Sachverhaltsprüfungspflicht obliegt (vgl. BGHR WStG § 5 Abs. 1 Schuld 2) und er grundsätzlich zu unverzüglichem Gehorsam verpflichtet ist, so muss er dennoch Gegenvorstellung erheben oder den Gehorsam verweigern, wenn er aufgrund der ihm bekannten Umstände der Überzeugung ist oder er ohne den berechtigten Vorwurf der Rechtsblindheit die Überzeugung haben müsste, dass der Befehl strafrechtswidrig ist (§ 5 WStG; BGHSt 19, 231, 233; zum Ganzen bereits Senat, Urt. vom 14. Januar 2009 – 1 StR 158/08 – Rdn. 47 [vorgesehen zum Abdruck in BGHSt 53, 145 ff.]). (Bearbeiter)
11. Entwürdigende Behandlung iS des § 31 Abs. 1 WStG ist jedes Verhalten eines Vorgesetzten gegenüber einem Untergebenen, das dessen Stellung als freie Persönlichkeit nicht unerheblich in Frage stellt, das die Achtung nicht unerheblich beeinträchtigt, auf die der Untergebene allgemein als Mensch in der sozialen Gesellschaft und im besonderen als Soldat innerhalb der soldatischen Gemeinschaft Anspruch hat. Der Untergebene darf keiner Behandlung ausgesetzt werden, die ihn zum bloßen Objekt degradiert und seine Subjektqualität prinzipiell in Frage stellt (Senat, Urt. vom 14. Januar 2009 – 1 StR 158/08 – Rdn. 61 [vorgesehen zum Abdruck in BGHSt 53, 145 ff.]). Ob eine entwürdigende Behandlung vorliegt, beurteilt sich, wenn die Handlung nicht bereits
wegen ihres absolut entwürdigenden Charakters unter § 31 Abs. 1 WStG fällt, aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Tatumstände (Senat, Urt. vom 14. Januar 2009 – 1 StR 158/08 – Rdn. 61 [vorgesehen zum Abdruck in BGHSt 53, 145 ff.]). (Bearbeiter)
12. Die ehr- und körperverletzende Behandlung durch Vorgesetzte stellt einen Verstoß gegen die in Art. 1 Abs. 1 Satz 2 GG normierte Verpflichtung aller staatlichen Gewalt zum Schutze der Menschenwürde und der durch Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG gewährleisteten körperlichen Unversehrtheit dar. Von dieser Verpflichtung kann der für den Staat handelnde Amtsträger oder Bedienstete durch das subjektive Einverständnis des Individualgrundrechtsträgers nicht freigestellt werden (Senat, Urt. vom 14. Januar 2009 – 1 StR 158/08 – Rdn. 66 [vorgesehen zum Abdruck in BGHSt 53, 145 ff.]; vgl. auch BVerwG NJW 2001, 2343, 2344). (Bearbeiter)
13. § 30 WStG geht nur § 223 StGB vor, enthält aber keine alle Körperverletzungsdelikte ausschließende Sonderregelung. Dies folgt schon daraus, dass das allgemeine Strafrecht gerade in den schwereren Fällen der Untergebenenmisshandlung nicht durch das WStG gemildert werden darf (Senat, Urt. vom 14. Januar 2009 – 1 StR 158/08 – Rdn. 67 [vorgesehen zum Abdruck in BGHSt 53, 145 ff.]). (Bearbeiter)
1. Der Senat legt dem Großen Senat für Strafsachen die Rechtsfrage zur Entscheidung vor, ob die fortdauernde Abwesenheit des nach § 247 StPO während einer Zeugenvernehmung entfernten Angeklagten bei der Verhandlung über die Entlassung des Zeugen den absoluten Revisionsgrund des § 338 Nr. 5 StPO begründet.
2. Eine Beanstandung (§ 238 Abs. 2 StPO) der in fortdauernder Abwesenheit des Angeklagten getroffenen Entlassungsentscheidung des Vorsitzenden entsprechend dem ausgeweiteten Verständnis dieser Norm als einem einer Revisionsrüge notwendig vorgeschalteten Zwischenrechtsbehelf ist von der Rechtsprechung bislang nicht als Voraussetzung für eine Rüge nach § 338 Nr. 5 StPO wegen gesetzwidriger Abwesenheit des Angeklagten bei der Entlassungsverhandlung verlangt worden. Mangelnder Vortrag des Angeklagten hierzu berührt daher nicht die Vollständigkeit des Vortrags im Sinne des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO.
3. In Abkehr von bisheriger Rechtsprechung rechnet der Senat die Verhandlung über die Entlassung eines nach § 247 StPO in Abwesenheit des Angeklagten vernommenen Zeugen zu dessen Vernehmung im Sinne des § 247 StPO.
Rügt der Angeklagte die rechtsfehlerhafte Verwertung einer aus einer Speichelprobe des Angeklagten gewonnenen DNA, so muss die entsprechende Verfahrensrüge auch die rechtzeitige Erhebung eines Verwertungswiderspruchs darlegen, damit sie zulässig ist (vgl. BGHSt 38, 214; 51, 144, 147 f.; 52, 38, 41).
1. Der zweite Strafsenat hält an seiner Rechtsprechung zur Abfassung des konkreten Anklagesatzes im Fall der Anklage zahlreicher Vermögensdelikte entgegen der Anfrage des 1. Strafsenates mehrheitlich fest.
2. Liegen einem Angeklagten zahlreiche Vermögensdelikte zur Last, die einem einheitlichen modus operandi folgen, genügt der konkrete Anklagesatz den Anforderungen des § 200 Abs. 1 Satz 1 StPO und des § 243 Abs. 3 Satz 1 StPO nicht schon dann, wenn dort – neben der Schilderung der gleichartigen Tatausführung, die die Merkmale des jeweiligen Straftatbestandes erfüllt – die Tatorte, die Gesamtzahl der Taten, der Tatzeitraum und der Gesamtschaden bezeichnet werden und im wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen der Anklage
oder einer Anlage zur Anklage die Einzelheiten der Taten, d. h. die konkreten Tatzeitpunkte, die Tatopfer und die jeweiligen Einzelschäden, detailliert beschrieben sind.
3. Die §§ 200 Abs. 1 Satz 1, 243 Abs. 3 Satz 1 StPO stehen „pragmatischen“ Ausnahmen entgegen, die eine hinreichende Konkretisierung aller von der Anklage umfassten Einzeltaten im Anklagesatz verhindern.
4. Ausnahmen von zwingenden Formvorschriften der StPO können nicht nach Maßgabe des praktischen Bedürfnisses im Einzelfall vorgenommen werden.
Auch der 5. Strafsenat ist der Auffassung: Liegen einem Angeklagten zahlreiche Vermögensdelikte zur Last, die einem einheitlichen modus operandi folgen, genügt der konkrete Anklagesatz den Anforderungen des § 200 Abs. 1 Satz 1 StPO und des § 243 Abs. 3 Satz 1 StPO, wenn dort – neben der Schilderung der gleichartigen Tatausführung, die die Merkmale des jeweiligen Straftatbestandes erfüllt – die Tatorte, die Gesamtzahl der Taten, der Tatzeitraum und der Gesamtschaden bezeichnet werden und im wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen der Anklage oder einer Anlage zur Anklage die Einzelheiten der Taten, d. h. die konkreten Tatzeitpunkte, die Tatopfer und die jeweiligen Einzelschäden, detailliert beschrieben sind.
1. Ein Beweisverwertungsverbot ist eine Ausnahme vom Amtsaufklärungsgrundsatz, die nur nach ausdrücklicher gesetzlicher Vorschrift oder aus übergeordneten wichtigen Gründen im Einzelfall anzuerkennen ist. Maßgeblich mit beeinflusst wird das Ergebnis der demnach vorzunehmenden Abwägung vom Gewicht des infrage stehenden Verfahrensverstoßes.
2. Der gegebenenfalls strafbare Ankauf von Beweismitteln führt nicht dazu, dass das Ermittlungsverfahren als ein nach rechtsstaatlichen Grundsätzen geordnetes Verfahren nachhaltig beschädigt wird.
3. Dies gilt jedenfalls dann, wenn nicht ein zunächst rechtswidriges Verhalten der staatlichen Ermittlungsbehörden, sondern ein strafrechtlich relevantes Verhalten einer Privatperson vorliegt, das staatliche Behörden lediglich nachgelagert ausnutzen. Beweismittel, die durch Private in rechtswidriger Art und Weise gewonnen werden, sind grundsätzlich verwertbar.
4. Zwar gehört zu den Aufgaben der Steuerfahndung nach § 208 Abs. 1 Nr. 2 AO die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen in Fällen von Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten. Der Begriff der Steuerstraftat ist zudem umfassend als der nach dem Gesetz unter Strafe gestellte Lebensvorgang zu verstehen, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob die Strafbarkeit im Einzelfall infolge besonderer Umstände etwa der Strafverfolgungsverjährung ausgeschlossen ist. Allerdings stellt die diesbezügliche Verjährungsfrist des § 78 StGB eine negative Prozessvoraussetzung dar, welche dem Erlass eines Sachurteils entgegensteht, mit der Folge, dass das Strafverfahren einzustellen wäre. Daher darf aufgrund der fehlenden unbehebbaren Prozessvoraussetzung auch kein Strafverfahren eingeleitet werden. Nach § 94 StPO dürfen auch im Steuerstrafverfahren nur solche Beweismittel beschlagnahmt werden, die für die Untersuchung von Bedeutung sein können. In den Fällen der Verjährung sind Durchsuchungen und Beschlagnahmen mithin unzulässig, da es für die Zwecke der Strafverfolgung an der Beweisbedeutung fehlt.
5. Prüft die Steuerfahndung in zulässiger Weise in Jahren, die zwar steuerstrafrechtlich verjährt, aber gemäß § 169 Abs. 2 Satz 1 AO steuerlich noch offen sind, so kann dies nur mit den Mitteln der Abgabenordnung nach den §§ 85 ff. AO, nicht aber mit den Mitteln der Strafprozessordnung erfolgen.
1. Der gegebenenfalls strafbare Ankauf von Beweismitteln führt nicht dazu, dass im Strafverfahren hinsichtlich der Beweismittel ein Beweisverwertungsverbot angenommen werden müsste.
2. Selbst wenn ein völkerrechtliches Rechtshilfeübereinkommen (oder gar mehrere) tatsächlich umgangen worden sind, hindert dies die Verwertung in einem Fall des „Datendiebstahls“ nicht. Ein Beweisverwertungsverbot wegen der Verletzung eines völkerrechtlichen Rechtshilfeübereinkommens kommt nur in Betracht, wenn die Verwertung eines Beweismittels selbst völkerrechtswidrig ist (vgl. BGHSt 37, 30). Hieran mangelt es bei einem Ankauf gestohlener Daten.
3. Im Fall des Ankaufs gestohlener Daten durch den BND ist der „Datendiebstahl“ der Bundesrepublik Deutschland nicht nach der Resolution der Generalversammlung der Vereinten Nationen Nr. 56/83 über die Verantwortlichkeit der Staaten für völkerrechtswidrige Handlungen vom 12.12.2001/28.02.2002 nicht zurechenbar. Die Voraussetzungen der Zurechnungsregeln nach Art. 4 ff. der Resolution sind nicht erfüllt.
1. Spricht der Tatrichter einen Angeklagten frei, weil er Zweifel an seiner Täterschaft nicht überwinden kann, so ist dies vom Revisionsgericht in der Regel hinzunehmen.
Denn die Beweiswürdigung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Es kommt daher nicht darauf an, ob das Revisionsgericht angefallene Erkenntnisse anders gewürdigt oder Zweifel überwunden hätte. Der revisionsrechtlichen Beurteilung unterliegt nur, ob dem Tatrichter bei der Beweiswürdigung Rechtsfehler unterlaufen sind (st. Rspr.; vgl. nur BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 2, 11 m.w.N.). Dies ist auch dann der Fall, wenn er einem Beweisanzeichen einen zu geringen Beweiswert zugemessen hat (vgl. BGH NJW 2009, 2834, 2836).
2. Das Tatgericht darf auch eine gegen die Täterschaft des Angeklagten sprechende mögliche Alternativtäterschaft nicht auf eine gedankliche, abstrakttheoretische Möglichkeit stützen (vgl. BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 5; BGH NJW 2009, 2834, 2836).
Der BGH kann nicht gemäß § 13 Abs. 2 StPO auf den Antrag des Angeschuldigten über eine Verbindung entscheiden, wenn dahingehende übereinstimmende Verbindungsanträge der beteiligten Staatsanwaltschaften fehlen.
1. Das Gericht kann sich bei der Beurteilung von Zeugenaussagen grundsätzlich eigene Sachkunde zutrauen. Etwas anderes gilt aber, wenn besondere Umstände vorliegen, deren Würdigung eine spezielle Sachkunde erfordert, die dem Gericht nicht zur Verfügung steht.
2. Besondere Umstände können etwa gegeben sein, wenn Tatsachen auf eine Persönlichkeitsstörung eines Zeugen hindeuten, die wiederum einen Einfluss auf seine Aussagetüchtigkeit möglich erscheinen lässt. Da die Diagnose einer Persönlichkeitsstörung und die Beurteilung ihrer Auswirkungen auf die Aussagetüchtigkeit des Zeugen spezifisches Fachwissen erfordert, das nicht Allgemeingut von Richtern ist, bedarf die eigene Sachkunde in einem solchen Fall näherer Darlegung.