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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Aug./Sept. 2009
10. Jahrgang
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1. Ein Mitglied des Leitungsorgans eines Rechtsanwaltsversorgungswerks ist Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB. (BGHSt)
2. Die Fristsetzung für die Stellung von Beweisanträgen, die nach Verstreichen der gesetzten Frist unter erleichterten Voraussetzungen wegen Verschleppungsabsicht abgelehnt werden können, steht nicht im Widerspruch zu § 246 Abs. 1 StPO. Sie billigt nicht die Ablehnung beantragter Beweiserhebungen allein aufgrund später Beweisantragstellung oder gar die Ablehnung der Entgegennahme von Beweisanträgen nach Fristablauf. (Bearbeiter)
3. Die Fristsetzung für die Stellung von Beweisanträgen steht in einem Spannungsfeld zur grundlegenden Bedeutung des Beweisantragsrechts für eine effektive aktive Verteidigung und zum Fehlen einer gesetzlichen Präklusionsregelung für die Stellung von Beweisanträgen. Daher versteht es sich von selbst, dass die so entwickelte Verfahrensweise vorsichtiger und zurückhaltender Handhabung bedarf. Sie wird regelmäßig erst nach zehn Hauptverhandlungstagen und nicht vor Erledigung des gerichtlichen Beweisprogramms in Betracht zu ziehen sein. (Bearbeiter)
4. Anlass für die Fristsetzung für die Stellung von Beweisanträgen wird nur bei bestimmten Anzeichen für Verschleppungsabsicht im bisherigen Verteidigungsverhalten gegeben sein, die vom Vorsitzenden im Zusammenhang mit der entsprechenden Anordnung ausdrücklich zu bezeichnen sind (§ 273 Abs. 3 StPO).
5. Eine sonstige Stelle (§ 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c StGB) ist eine behördenähnliche Institution, die rechtlich befugt ist, bei der Ausführung von Gesetzen und bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben mitzuwirken, ohne dabei selbst Behörde im verwaltungsrechtlichen Sinne zu sein. Ihrer Organisationsform kommt dabei regelmäßig keine entscheidende Aussagekraft zu. Steht im Einzelfall eine Körperschaft des öffentlichen Rechts in Rede, so ist dieser Organisationsform jedoch eine erhebliche indizielle Bedeutung beizumessen, denn nach dem Willen des Gesetzgebers sollen vor allem Körperschaften des öffentlichen Rechts das Merkmal der sonstigen Stelle erfüllen können. (Bearbeiter)
6. Ein Rechtsanwaltsversorgungswerk nimmt Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahr. Die berufsständische Versorgung der „klassischen“ verkammerten Berufe ist traditionell Teil des gegliederten Systems der sozialen Sicherung in der Bundesrepublik Deutschland. Durch sie wird die sozialstaatlich gebotene Grundversorgung ihrer Pflichtmitglieder und deren Familienangehöriger im Bereich der Alters-, Berufsunfähigkeits- sowie Hinterbliebenenversorgung gewährleistet und mithin ein Teil der Daseinsvorsorge für diesen Personenkreis wahrgenommen. (Bearbeiter)
7. Das Merkmal der Bestellung zur Wahrnehmung von Aufgaben der öffentlichen Verwaltung setzt keinen förmlichen Akt voraus. Die Bestellung ergibt sich vielmehr aus der Art der übertragenen Aufgaben. Sie ist in der Heranziehung zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben zu sehen, wenn diese mit einer auf eine gewisse Dauer angelegten Eingliederung verbunden ist. (Bearbeiter)
8. Eine Rechtswidrigkeit oder Anfechtbarkeit des Bestellungsaktes ist für die Amtsträgerstellung nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB ohne Bedeutung. Entscheidend ist vielmehr die tatsächliche Übernahme der Erfüllung übertragener öffentlicher Aufgaben. (Bearbeiter)
9. Bei Ermessensentscheidungen handelt der Amtsträger pflichtwidrig, wenn er sachwidrig entscheidet, aber auch schon dann, wenn er sich nicht ausschließlich von sachlichen Gesichtspunkten leiten, sondern sich durch den Vorteil beeinflussen lässt, diesen also mit in die Waagschale legt. Ausreichend ist bereits, dass sich der Täter seinem Partner gegenüber bereit zeigt, sich bei der Ausübung seines Ermessens durch den Vorteil beeinflussen zu lassen (vgl. § 332 Abs. 3 Nr. 2 StGB). (Bearbeiter)
10. Ansprüche auf Herausgabe von Bestechungslohn nach den Grundsätzen des Auftragsrechts sollen die Interessen des Geschäftsherrn kompensieren und unterfallen grundsätzlich der Vorrangbestimmung des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB. (Bearbeiter)
11. Für den Vorsatz bezüglich der Amtsträgerstellung reicht es grundsätzlich nicht aus, wenn der Betreffende nur um die seine Amtsträgerstellung begründenden Tatsachen weiß. Vielmehr muss er auch eine Bedeutungskenntnis gerade von seiner Funktion als Amtsträger haben (BGHR StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Amtsträger 14). (Bearbeiter)
12. Grundsätzlich gilt, dass bei der Auftragserlangung durch Bestechung im geschäftlichen Verkehr der auf den Preis aufgeschlagene Betrag, der lediglich der Finanzierung des Schmiergelds dient, regelmäßig die Mindestsumme des beim Auftraggeber entstandenen Vermögensnachteils im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB bildet. (Bearbeiter)
1. Sukzessive Mittäterschaft liegt vor, wenn sich eine Person einer zunächst fremden Tat nach deren Beginn und vor ihrer Beendigung als Mittäter in Kenntnis und unter Billigung des bisherigen Tatablaufs anschließt und ihr Handeln noch Einfluss auf den Eintritt des tatbestandsmäßigen Erfolgs hat.
2. Das Einverständnis des später Hinzutretenden mit früherem Tatgeschehen führt aber nicht dazu, dass ihm auch dasjenige Tatgeschehen zugerechnet werden könnte, das schon vollständig abgeschlossen war. Deshalb darf ihm ein bereits endgültig eingetretener Schaden bei der Strafzumessung nicht angelastet werden.
1. Wegen gemeinschaftlicher Körperverletzung kann für deren Todesfolge, die ein anderer unmittelbar herbeigeführt hat, auch derjenige bestraft werden, der die Verletzung nicht mit eigener Hand ausführt, jedoch aufgrund eines gemeinschaftlichen Tatentschlusses mit dem Willen zur Tatherrschaft zum Verletzungserfolg beiträgt, sofern die Handlung des anderen im Rahmen des beiderseitigen ausdrücklichen oder stillschweigenden Einverständnisses lag und dem Täter hinsichtlich des Erfolges Fahrlässigkeit zur Last fällt (Senatsurteil NStZ 1994, 339 m.w.N.).
2. Kann der Hinzutretende die weitere Tatausführung nicht mehr fördern, weil für die Herbeiführung des tatbestandsmäßigen Erfolges schon alles getan ist und bleibt deshalb sein eigenes Handeln ohne Einfluss auf den späteren Tod des Geschädigten, kommt eine Zurechnung nach den Grundsätzen der (sukzessiven) Mittäterschaft und eine Mitwirkung an einem Verbrechen des § 227 StGB trotz Kenntnis, Billigung und Ausnutzung der durch einen Anderen geschaffenen Lage nicht in Betracht (BGH NStZ 1984, 548, 549; Senatsurteil NStZ 1994, 339).
3. § 64 Abs. 1 StGB setzt einen symptomatischen Zusammenhang zwischen dem festgestellten Hang zum übermäßigen Alkohol- bzw. Drogengenuss und der zukünftigen Gefährlichkeit des Täters voraus (vgl. nur BGHR StGB § 64 Zusammenhang, symptomatischer 1). Ein solcher Zusammenhang zwischen den begangenen und den künftig zu befürchtenden Straftaten einerseits und dem Hang zum übermäßigen Alkoholgenuss andererseits ist auch dann zu bejahen, wenn der Hang zum Alkoholgenuss – neben anderen Umständen – mit dazu beigetragen hat, dass der Täter erhebliche rechtswidrige Taten begangen hat und dies bei unverändertem Suchtverhalten auch für die Zukunft zu besorgen ist (BGH NStZ-RR 1997, 231; BGH NStZ 2000, 25). Der Zusammenhang kann grundsätzlich nicht allein deswegen verneint werden, weil außer der Sucht noch weitere Persönlichkeitsmängel eine Disposition für die Begehung von Straftaten begründen (BGHR aaO).
1. Bereits in mittäterschaftlichen Gewalthandlungen, die den – späteren nicht allen Mittätern zurechenbaren – Messerstichen vorangingen, kann die spezifische Gefahr einer Eskalation mit tödlichem Ausgang angelegt sein. Waren diese für die Mittäter einer Körperverletzung vorhersehbar, kommt § 227 StGB in Betracht. Dies gilt besonders, wenn es sich bei der mittäterschaftlichen Tat um einen heimtückischen Überfall in Überzahl und Verwendung von Schlagwerkzeugen handelt. Der hinsichtlich der qualifizierenden Tatfolge erforderlichen Vorhersehbarkeit steht es dabei nicht entgegen, dass die Angeklagten nichts von dem Mitführen eines Messers gewusst hatten. Für die Erfüllung der subjektiven Fahrlässigkeitskomponente reicht es aus, wenn der Täter die Möglichkeit des Todeserfolgs im Ergebnis hätte voraussehen können. Einer Voraussehbarkeit aller Einzelheiten des zum Tode führenden Geschehensablaufs bedarf es nicht (BGH NStZ 2008, 686 m.w.N.).
2. Auch wenn zugefügte Verletzungen nicht derartig schwerwiegend sind, dass sie ohne Berücksichtigung eines tödlichen Messerstichs eine Lebensgefahr nach sich gezogen hätten, können diese den Sterbevorgang beschleunigt haben und damit für den Todeserfolg in seiner konkreten Gestalt unmittelbar ursächlich geworden sein (BGHR StGB vor § 1/Kausalität, Angriffe, mehrere 1).
Auch wenn sich eine Strafkammer ausdrücklich nur mit dem Wissenselement des Körperverletzungsvorsatzes befasst, kann dem Urteil zu entnehmen sein, dass die Strafkammer vom Vorliegen auch des voluntativen Vorsatzelements überzeugt war. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Darlegungen zum fehlenden Tötungsvorsatz keinen Zweifel daran zulassen, dass sich der Angeklagte bei seinem Handeln nach der Überzeugung der Strafkammer zwar mit dem Tod des Kindes innerlich nicht abgefunden und diesen nicht akzeptiert hat, dass er aber erkannt und gebilligt hat, dass es durch die „Gewaltanwendung“ körperlich misshandelt und an der Gesundheit geschädigt wird.
1. Bedingt vorsätzliches Handeln setzt voraus, dass der Täter den Eintritt des tatbestandlichen Erfolges als möglich und nicht ganz fern liegend erkennt, ferner, dass er ihn billigt oder sich um des erstrebten Zieles willen mit der Tatbestandsverwirklichung zumindest abfindet. Vor der Annahme bedingten Vorsatzes müssen beide Elemente der inneren Tatseite, also sowohl das Wissens- als auch das Wollenselement, geprüft und durch tatsächliche Feststellungen belegt werden (vgl. BGHSt 36, 1, 9 f.; BGH NStZ 2003, 603; BGHR StGB § 212 Abs. 1 Vorsatz, bedingter 24, 33). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt es bei äußerst gefährlichen Gewalthandlungen nahe, dass der Täter mit der Möglichkeit, das Opfer könne durch diese zu Tode kommen, rechnet und, weil er gleichwohl sein gefährliches Handeln fortsetzt, auch einen solchen Erfolg billigend in Kauf nimmt. Deshalb ist in derartigen Fällen ein Schluss von der objektiven Gefährlichkeit der Handlungen des Täters auf bedingten Tötungsvorsatz möglich. Dabei ist in der Regel ein Vertrauen des Täters auf das Ausbleiben des tödlichen Erfolges dann zu verneinen, wenn der von ihm vorgestellte Ablauf des Geschehens einem tödlichen Ausgang so nahe kommt, dass nur noch ein glücklicher Zufall diesen verhindern kann (st. Rspr.; vgl. nur BGHR StGB § 212 Abs. 1 Vorsatz, bedingter 38). Es ist jedoch auch in Betracht zu ziehen, dass der Täter im Einzelfall die Gefahr der Tötung nicht erkannt hat oder jedenfalls darauf vertraut haben könnte, ein solcher Erfolg werde nicht eintreten (vgl. BGHR StGB § 212 Abs. 1 Vorsatz, bedingter 50). Insbesondere bei spontanen, unüberlegten, in affektiver Erregung ausgeführten Handlungen kann aus dem Wissen um den möglichen Erfolgseintritt nicht stets geschlossen werden, dass auch das - selbständig neben dem Wissenselement stehende - voluntative Vorsatzelement gegeben ist (vgl. BGH NStZ 2003, 603, 604; BGHR StGB § 15 Vorsatz, bedingter 4).
2. Die revisionsgerichtliche Prüfung der Beweiswürdigung ist darauf beschränkt, ob dem Tatgericht Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist, gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr.; vgl. BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 2, 16; BGH StV 1994, 580). Konnte sich das Tatgericht von der Täterschaft oder vom Vorsatz des Angeklagten nicht überzeugen, prüft das Revisionsgericht auch, ob das Tatgericht zu hohe Anforderungen an die Überzeugungsbildung gestellt hat (BGHR StPO § 261 Überzeugungsbildung 25 und Beweiswürdigung 5). Liegen derartige Rechtsfehler nicht vor, hat das Revisionsgericht die Beweiswürdigung selbst dann hinzunehmen, wenn eine andere Überzeugungsbildung möglich gewesen wäre oder sogar nahe gelegen hätte.
Eine schuldhafte Provokation kann zur Einschränkung des Notwehrrechts führen, wenn bei vernünftiger Würdigung der gesamten Umstände des Einzelfalls der Angriff als adäquate und voraussehbare Folge der Pflichtverletzung des Angegriffenen erscheint (vgl. BGHR StGB § 32 Abs. 2 Verteidigung 11 und 18 jeweils m.w.N.).
1. Der Zweifelssatz bedeutet nicht, dass von der dem Angeklagten jeweils (denkbar) günstigsten Fallgestaltung auch dann auszugehen ist, wenn hierfür keine Anhaltspunkte bestehen (std. Rspr., vgl. BGH StV 2001, 666, 667; NStZ-RR 2003, 166, 168). Unterstellungen zugunsten eines Angeklagten sind vielmehr nur dann rechtsfehlerfrei, wenn der Tatrichter hierfür reale Anknüpfungspunkte hat (vgl. BGH NStZ-RR 2002, 243; BGHR StPO § 261 Überzeugungsbildung 18).
2. Anwendung auf die Annahme eines noch nicht fehlgeschlagenen Versuchs.
Die gefährliche Körperverletzung in der Qualifikationsform der lebensgefährdenden Behandlung steht in Tateinheit mit der durch die Tathandlung verursachten schweren Körperverletzung (vgl. BGH NJW 2009, 863).
1. Nach der Grundregel des § 4 Abs. 1 Satz 1 GGVSE sind die an der Beförderung gefährlicher Güter Beteiligten verpflichtet, die nach Art und Ausmaß der vorhersehbaren Gefahren erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, um Schadensfälle zu verhindern. Nach § 4 Abs. 1 Satz 2 GGVSE haben sie „jedenfalls“ die für sie jeweils geltenden Bestimmungen der Verordnung einzuhalten. Die Vorschriften des ADR enthalten daher lediglich Mindestanforderungen („jedenfalls“) an die Beförderung gefährlicher Güter. Nichts anderes gilt für die Bestimmungen der GGAV 1999 und 2002, deren Einhaltung nicht von der allgemeinen Sicherungspflicht des § 4 Abs. 1 Satz 1 GGVSE entbindet, sondern es lediglich gestattet, in bestimmten Fällen von den Regelungen des ADR abzuweichen.
2. Zur Bestimmung der Pflichten beim Gefahrguttransport ist daher nicht allein auf die Regelungen in der TR Abfälle 002 abzustellen. Besteht bei herkömmlichen Schutzkappen für Spraydosen die Gefahr, dass sie sich beim Transport in einem Fass lösen und sich dadurch in diesem ein zündfähiges Gasgemisch bildet, so verbietet sich deren Transport ohne Beigabe von inerten Füllstoffen von vorneherein.
3. Die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gemäß §§ 618 Abs. 1 BGB, 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB ist eine Garantenpflicht im Sinne des § 13 StGB (vgl. auch OLG Naumburg NStZ-RR 1996, 229, 230 ff.).
4. Der Anwendung des § 328 Abs. 3 Nr. 2 StGB steht es nicht entgegen, dass die Beförderung bereits abgeschlossen ist. Bei der Bestimmung des Schutzbereichs der die Beförderung gefährlicher Güter regelnden verwaltungsrechtlichen Vorschriften darf nicht allein auf den eigentlichen Beförderungsvorgang abgestellt werden. Miterfasst werden auch solche Vorgänge, die – wie die Entgegennahme und das Auspacken der Sendung – hierzu in einem unmittelbaren zeitlichen, sachlichen und funktionalen Zusammenhang stehen.
1. Rechtsbeugung kann auch durch den Verstoß gegen Verfahrensvorschriften begangen werden (vgl. BGHSt 42, 343, 344; BGHR StGB § 339 Rechtsbeugung 6; jew. m.w.N.). Allerdings ist nicht jeder Rechtsverstoß als „Beugung“ des Rechts anzusehen, vielmehr enthält dieses Tatbestandsmerkmal ein normatives Element und soll nur Verstöße gegen die Rechtspflege erfassen, bei denen sich der Täter bewusst und in schwerer Weise zugunsten oder zum Nachteil einer Partei von Recht und Gesetz entfernt (vgl. BGHSt aaO m.w.N.).
2. Die gesetzlich vorgeschriebene Anhörungspflicht aus § 70c FGG verfolgt nicht nur den Zweck, dass der Betroffene in den Entscheidungsprozess einbezogen wird, indem ihm rechtliches Gehör im allgemeinen Sinne gewährt wird; vielmehr soll die Vorschrift auch sicherstellen, dass das Gericht in Unterbringungssachen und Betreuungssachen seiner Kontrollfunktion gegenüber Zeugen und Sachverständigen besser gerecht werden kann. Das Gericht darf bei derart wichtigen Angelegenheiten, die die Freiheitsgrundrechte der von den jeweiligen Maßnahmen Betroffenen berühren, keine Entscheidungen ohne eigene Anschauungsgrundlage nur auf Grund von Beweismitteln treffen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist zudem unverzichtbare Voraussetzung für ein rechtsstaatliches Verfahren, dass Entscheidungen, die den Entzug der persönlichen Freiheit betreffen, auf zureichender richterlicher Sachaufklärung beruhen und eine in tatsächlicher Hinsicht genügende Grundlage haben, die der Bedeutung der Freiheitsgarantie entspricht (vgl. BVerfG NJW 1998, 1774). Demnach haftet einer Unterbringungsmaßnahme, die unter Verstoß gegen das Gebot vorheriger persönlicher Anhörung ergeht, der Makel einer rechtswidrigen Freiheitsentziehung an, der rückwirkend nicht mehr zu heilen ist (BVerfG NJW 1990, 2309, 2310 m.w.N.).
1. Ein Mord in Form einer mit gemeingefährlichen Mitteln begangenen Tötung durch Unterlassen ist grundsätzlich nicht möglich, denn der Täter muss das gemeingefährliche Mittel einsetzen. Es genügt nicht, wenn er eine bereits vorhandene gemeingefährliche Situation nutzt, unabhängig davon, ob die Gefahr zufällig entstanden, von einer dritten Person verursacht oder von ihm selbst ohne Tötungsvorsatz herbeigeführt worden ist.
2. Hingegen kommt eine Tötung mit gemeingefährlichen Mitteln durch Unterlassen dann in Betracht, wenn der Täter bereits bei der Schaffung der Gefahr mit Tötungsvorsatz handelt.
3. Zwar erkennt der Senat durchaus bedenkenswerten Einwände gegen die Rechtsprechung zum Mord mit gemeingefährlichem Mittel durch Unterlassen, sieht jedoch keinen Anlass, im entschiedenen Fall von ihr abzuweichen.
Bei dem Merkmal der niedrigen Beweggründe handelt es sich um ein persönliches Mordmerkmal; deswegen kann nur derjenige als Mittäter eines Mordes aus niedrigen Beweggründen verurteilt werden, der selbst aus derartigen Beweggründen handelt. Fehlt es an diesem Merkmal, so kommt nur eine Verurteilung wegen in Mittäterschaft begangenen Totschlags in Betracht (vgl. BGHSt 36, 231 ff.). Anderes kann gelten, wenn sich der Angeklagte die niedrigen Beweggründe des Mittäters zu eigen gemacht hat (zu diesem Sonderfall vgl. BGHSt 47, 128, 131 m.w.N.). Allein die Tatsache, dass der Täter in Kenntnis der niedrigen Beweggründe seines Mittäters an der Verwirklichung des Tatplans mitwirkte, reicht hierfür nicht aus.
1. Die - als Teilelement auch in der räuberischen Erpressung enthaltene - Nötigung setzt zu ihrer vollständigen Verwirklichung voraus, dass das Opfer durch die Zwangswirkung des Nötigungsmittels zu der vom Täter erstrebten Handlung bewegt, also der Wille des Opfers gebeugt wird.
2. An einem für die Vollendung von Nötigung und räuberischer Erpressung vorausgesetzten Handeln unter dem Druck der Nötigungsmittel fehlt es, wenn das Opfer sich dem Druck des Täters gerade nicht beugen will und nicht zumindest auch aufgrund der ausgeübten Gewalt oder aus Furcht vor der Verwirklichung der Drohung handelt, sondern nur deshalb, weil die Polizei oder ein sonstiger Dritter ihm dies rät, beispielsweise aus ermittlungstaktischen Gründen zur Überführung der Täter.
1. Von § 177 Abs. 1 Nr. 3 StGB werden diejenigen Fälle erfasst, in denen zwar weder Gewalt ausgeübt noch mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben des Opfers gedroht wird, dieses aber aus Furcht vor möglichen Einwirkungen des Täters auf einen ihm grundsätzlich möglichen Widerstand verzichtet, weil es sich in einer hilflosen Lage befindet und ihm Widerstand gegen den überlegenen Täter aussichtslos erscheint.
2. Erforderlich ist dabei, dass sich das Opfer aus Angst vor körperlicher Beeinträchtigung, also vor Körperverletzungs- oder gar Tötungshandlungen, nicht gegen den Täter zur Wehr setzt. Es genügt nicht, dass es dies aus Furcht vor der Zufügung anderer Übel unterlässt.
1. Das Tatbestandsmerkmal „Anwerben“ im Sinne der Vorschrift des schweren Menschenhandels (§ 232 StGB) ist einengend auszulegen und setzt voraus, dass der Täter massiv und nachdrücklich auf die Willensbildung des Tatopfers einwirkt.
2. Der Qualifikationstatbestand des § 181 Abs. 1 Nr. 3 StGB a.F. kann auf den Gehilfen nur angewendet werden, wenn dieser selbst gewerbsmäßig gehandelt hat. Die Gewerbsmäßigkeit ist ein strafschärfendes besonderes persönliches Merkmal im Sinne des § 28 Abs. 2 StGB, weil in dieser Vorschrift das Gewinnstreben des Täters im Vordergrund steht.