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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Juli 2023
24. Jahrgang
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1. Der Tatbestand eines versuchten Delikts verlangt in subjektiver Hinsicht (Tatentschluss) das Vorliegen einer vorsatzgleichen Vorstellung, die sich auf alle Umstände des äußeren Tatbestands bezieht. Die Annahme einer versuchten Nötigung gemäß § 240 Abs. 3 StGB in der Variante der Drohung mit einem empfindlichen Übel setzt daher in subjektiver Hinsicht voraus, dass der Täter zumindest für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen hat, dass sein Verhalten von dem Tatopfer als ein Inaussichtstellen eines erheblichen Nachteils verstanden wird. Dazu bedarf es einer umfassenden Würdigung aller objektiven und subjektiven Umstände.
2. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt Gewalt im Sinne von § 240 Abs. 1 StGB eine körperlich vermittelte Zwangswirkung zur Überwindung eines geleisteten oder erwarteten Widerstands voraus. Dazu kann auch ein geringer körperlicher Aufwand genügen, wenn seine Auswirkungen sich physisch wirkend als körperlicher Zwang darstellen.
1. Der Tatbestand eines versuchten Delikts verlangt in subjektiver Hinsicht (Tatentschluss) das Vorliegen einer vorsatzgleichen Vorstellung, die sich auf alle Umstände des äußeren Tatbestands bezieht. Handelt es sich um ein Erfolgsdelikt, so gehört zu diesen objektiven Umständen außer der Tathandlung und dem tatbestandsmäßigen Erfolg auch der zwischen beiden bestehende Kausalzusammenhang, das heißt der von jener zu diesem führende Geschehensverlauf. Bei einem vorsätzlichen Erfolgsdelikt muss auch dieser daher – in seinen wesentlichen Zügen – vom Willen des Täters umfasst sein. Mit Tatvorsatz
handelt demnach nur derjenige Täter, der willentlich eine nach seiner Vorstellung erfolgsursächliche Handlung vornimmt. Da nach ständiger Rechtsprechung als erfolgsursächlich im strafrechtlichen Sinn solche Bedingungen anzusehen sind, die nicht hinweggedacht werden können, ohne dass der Erfolg entfiele, muss der Vorsatz oder – bei einem strafbaren Versuch – der Tatentschluss folglich die Vorstellung von der Möglichkeit der Erfolgsvermeidung umfassen.
2. Das Mordmerkmal der Tötung mit gemeingefährlichen Mitteln ist gegeben, wenn der Täter ein Mittel zur Tötung einsetzt, das in der konkreten Tatsituation eine Mehrzahl von Menschen an Leib und Leben gefährden kann, weil er die Ausdehnung der Gefahr nicht in seiner Gewalt hat. In subjektiver Hinsicht erfordert es, dass der Täter die mangelnde Beherrschbarkeit der Wirkung des Tötungsmittels und die daraus resultierende Möglichkeit der Gefährdung einer unbestimmten Zahl von Personen an Leib oder Leben kennt oder jedenfalls ernsthaft für möglich hält und einen solchen Gefahreneintritt wünscht oder wenigstens billigend in Kauf nimmt.
3. Auch der mit bedingtem Tötungsvorsatz vorgehende Täter kann mit Verdeckungsabsicht handeln. Dies setzt voraus, dass er davon ausgeht, die Aufdeckung der vorangegangenen Straftat durch die mit bedingtem Tötungsvorsatz ausgeführte Tathandlung als solche unabhängig vom Eintritt eines Todeserfolgs verhindern zu können.
4. Die sich aus § 264 StPO ergebende Kognitionspflicht erfordert, dass der – durch die zugelassene Anklage abgegrenzte – Prozessstoff durch vollständige Aburteilung des einheitlichen Lebensvorgangs erschöpft wird. Der Unrechtsgehalt der Tat muss ohne Rücksicht auf die dem Eröffnungsbeschluss zugrunde gelegte Bewertung ausgeschöpft werden, soweit keine rechtlichen Gründe entgegenstehen. Fehlt es daran, so stellt dies einen sachlich-rechtlichen Mangel dar.
1. Für die Frage eines Ausschlusses oder einer erheblichen Verminderung der Schuldfähigkeit kommt es maßgeblich darauf an, in welcher Weise sich die festgestellte und unter eines der Eingangsmerkmale des § 20 StGB zu subsumierende Störung bei Begehung der jeweiligen Tat auf die Handlungsmöglichkeiten des Beschuldigten in der konkreten Tatsituation ausgewirkt hat. Die Beurteilung der Auswirkung der festgestellten Störung auf die Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit kann daher – von offenkundigen Ausnahmefällen abgesehen – nicht abstrakt, sondern nur in Bezug auf eine bestimmte Tat erfolgen. Beurteilungsgrundlage ist das konkrete Tatgeschehen, wobei neben der Art und Weise der Tatausführung auch die Vorgeschichte, der Anlass zur Tat, die Motivlage des Beschuldigten und sein Verhalten nach der Tat von Bedeutung sein können.
2. Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus ist eine außerordentlich beschwerende Maßnahme. Sie darf deshalb nur angeordnet werden, wenn eine Wahrscheinlichkeit höheren Grades besteht, der Täter werde infolge seines fortdauernden Zustandes in Zukunft erhebliche rechtswidrige Taten begehen. Erreicht die Anlasstat ‒ wovon das Landgericht hier ausgegangen ist ‒ den erforderlichen Schweregrad nicht, so gelten gemäß § 63 Satz 2 StGB verschärfte Darlegungsanforderungen; die besonderen Umstände im Sinne dieser Vorschrift müssen die schmale Tatsachenbasis infolge anders gelagerter Anlassdelikte ausgleichen und den Schluss tragen, dass zukünftig andere, gewichtigere Taten zu erwarten sind. Neben der sorgfältigen Prüfung dieser Anordnungsvoraussetzungen ist das Tatgericht auch verpflichtet, die wesentlichen Gesichtspunkte hierfür in den Urteilsgründen so umfassend darzustellen, dass das Revisionsgericht in die Lage versetzt wird, die Entscheidung nachzuvollziehen.
3. Anders als beim Alkoholkonsum eines Kraftfahrers ist eine („absolute“) Fahruntüchtigkeit nach Genuss von Drogen aufgrund eines positiven Wirkstoffspiegels im Blut nicht zu begründen. Zur Feststellung einer relativen Fahruntüchtigkeit bedarf es vielmehr weiterer aussagekräftiger Beweisanzeichen, die im konkreten Einzelfall belegen, dass die Gesamtleistungsfähigkeit des Kraftfahrzeugführers so weit herabgesetzt war, dass er nicht mehr fähig gewesen ist, sein Fahrzeug im Straßenverkehr eine längere Strecke, auch bei Eintritt schwieriger Verkehrslagen, zu steuern. Dies hat das Tatgericht anhand einer Gesamtwürdigung aller relevanten Umstände zu beurteilen.
Im Rahmen der Erforderlichkeit einer Notwehrhandlung i.S. der § 32 StGB, § 859 Abs. 2 BGB ist zu beachten, dass gegenüber einem unbewaffneten Angreifer der Gebrauch eines Messers in der Regel anzudrohen ist, wenn die Drohung unter den konkreten Umständen eine so hohe Erfolgsaussicht hat, dass dem Angegriffenen das Risiko eines Fehlschlags und der damit verbundenen Verkürzung seiner Verteidigungsmöglichkeiten zugemutet werden kann.
Beabsichtigt der Täter die Verursachung mehrerer der in § 226 Abs. 1 StGB aufgeführten Tatfolgen und gelingt ihm das bezüglich einer, hinsichtlich einer anderen jedoch nicht, ist der Qualifikationstatbestand des § 226 Abs. 2 Alternative 1 StGB insgesamt vollendet. Eine weitere Strafbarkeit wegen versuchter Verwirklichung des § 226 Abs. 2 Alternative 1 StGB ist daneben nicht gegeben.
1. § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB setzt voraus, dass der Täter mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich die Körperverletzung begeht. Das ist bei einem Unterlassen durch zwei Garanten nicht der Fall. (BGHSt)
2. Nach der Rechtsprechung kommt eine Strafbarkeit nach § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB dann nicht in Betracht, wenn neben dem aktiv handelnden Täter der Körperverletzung dem Opfer nur eine weitere Person gegenübersteht, die sich rein passiv verhält. (Bearbeiter)
3. Der Grund für die Qualifikation der Körperverletzung in Fällen, in denen ein Täter („Wer“) die Körperverletzung „mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich“ begeht, besteht in der besonderen Gefahr für das Opfer, dass es bei der Konfrontation mit einer Übermacht psychisch oder physisch in seinen Abwehr- oder Fluchtmöglichkeiten beeinträchtigt wird, ferner in der Gefahr der Verursachung erheblicher Verletzungen infolge der Beteiligung mehrerer Personen an der Körperverletzung. Diese Gefahren bestehen in einer Weise, welche die Erhöhung des Strafrahmens rechtfertigt, nur dann, wenn bei der Begehung der Körperverletzung zwei oder mehr Beteiligte am Tatort anwesend sind und bewusst durch aktive Tatbeiträge mitwirken. (Bearbeiter)
4. Wird eine schutzbefohlene Person durch die Tat nach § 225 Abs. 1 StGB in die konkrete Gefahr des Todes gebracht, wodurch der Qualifikationstatbestand des § 225 Abs. 3 Nr. 1 Var. 1 StGB erfüllt wird, so ist für einen Schuldspruch wegen tateinheitlich begangener gefährlicher Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB, der bei Verursachung einer abstrakten Todesgefahr eingreift, kein Raum. (Bearbeiter)
5. § 225 StGB verdrängt, soweit er jedenfalls unter anderem auch bezüglich körperlicher Beeinträchtigungen des Opfers eine Qualifikation der einfachen Körperverletzung darstellt, auch den Grundtatbestand des § 223 Abs. 1 StGB. (Bearbeiter)
1. Der Qualifikationstatbestand des § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB kann auch durch Unterlassen verwirklicht werden. Die hierfür erforderliche höhere Gefährlichkeit ist regelmäßig gegeben, wenn sich die zur Hilfeleistung verpflichteten Garanten ausdrücklich oder konkludent zu einem Nichtstun verabreden und mindestens zwei von ihnen zumindest zeitweilig am Tatort anwesend sind. (BGHSt)
2. Für die Annahme einer gesteigerten Gefährlichkeit bei gemeinschaftlicher Begehung mit einem anderen aktiv handelnden Beteiligten genügt allerdings die Anwesenheit einer sich lediglich passiv verhaltenden Person ebenso wenig wie das bloße gleichzeitige Agieren von Beteiligten an einem Ort, wenn jedes Opfer nur einem Angreifer ausgesetzt ist. (Bearbeiter)
3. Gewerbsmäßigkeit setzt nicht voraus, dass mehrere Taten begangen worden sind. Vielmehr genügt bereits eine einzige Tat, wenn sie auf einem auf Wiederholung gerichteten Willen beruht (st. Rspr.). (Bearbeiter)
4. Bei der Zwangsprostitution handelt es sich nicht um ein Dauerdelikt, das sich über den gesamten Zeitraum der
Prostitutionsausübung erstreckt, sondern um ein Erfolgsdelikt. Dieses ist jedenfalls mit der Aufnahme der Prostitutionsausübung vollendet. (Bearbeiter)
5. Ob Tateinheit oder Tatmehrheit anzunehmen ist, richtet sich nach der Zahl der geförderten Haupttaten und Beihilfehandlungen. Leistet ein Gehilfe für alle oder einige Taten des Haupttäters individuelle, je nur diese fördernde Beiträge, so sind ihm diese Taten als tatmehrheitlich begangen zuzurechnen. Eine darüber hinausgehende Einbindung des Beteiligten in die Ausübung weiterer Taten ist nicht geeignet, diese individuell geförderten Taten einer Serie rechtlich zu einer Tat im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB zusammenzufassen. Fehlt es hingegen an einer individuellen Tatförderung und erbringt der Gehilfe Beiträge, die im Vorfeld oder während des Laufs einer Deliktserie alle oder mehrere Einzeltaten des Haupttäters gleichzeitig fördern, sind ihm diese als tateinheitlich begangen zuzurechnen. (Bearbeiter)
1. Als Tathandlung einer Rechtsbeugung kommen nur elementare Rechtsverstöße in Betracht. Die Schwere des Unwerturteils wird dadurch indiziert, dass Rechtsbeugung als Verbrechen eingeordnet ist und im Falle der Verurteilung das Richter- oder Beamtenverhältnis des Täters gemäß § 24 Nr. 1 DRiG, § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG kraft Gesetzes endet. § 339 StGB erfasst deshalb nur Rechtsbrüche, bei denen sich der Richter oder Amtsträger bei der Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache bewusst in schwerwiegender Weise zugunsten oder zum Nachteil einer Partei von Recht und Gesetz entfernt und sein Handeln als Organ des Staates statt an Recht und Gesetz an eigenen Maßstäben ausrichtet.
2. Eine unrichtige Rechtsanwendung oder Ermessensausübung reicht daher für die Annahme einer Rechtsbeugung selbst dann nicht aus, wenn sich die getroffene Entscheidung als unvertretbar darstellt. Insoweit enthält das Merkmal der Beugung des Rechts ein normatives Element, dem die Funktion eines wesentlichen Regulativs zukommt. Ob ein elementarer Rechtsverstoß vorliegt, ist auf der Grundlage einer wertenden Gesamtbetrachtung aller objektiven und subjektiven Umstände zu entscheiden.
3. Das Recht kann grundsätzlich auch durch einen Verstoß gegen Verfahrensrecht gebeugt werden. Für die Frage eines elementaren Rechtsverstoßes kann dabei Bedeutung erlangen, welche Folgen der Verstoß für eine Partei hatte, inwieweit die Entscheidung materiell rechtskonform blieb und von welchen Motiven sich der Richter oder Amtsträger bei der Entscheidung leiten ließ. Für den Eintritt des Taterfolges ist es erforderlich, aber auch ausreichend, dass durch die Verfahrensverletzung die konkrete Gefahr einer falschen Entscheidung zum Vor- oder Nachteil einer Partei begründet wurde, ohne dass ein endgültiger Vor- oder Nachteil tatsächlich eingetreten sein muss.
4. Der Rechtsgrundsatz der Aktenwahrheit wird nicht ausdrücklich in der Strafprozessordnung genannt, jedoch von ihr vorausgesetzt. Dieser Grundsatz folgt aus der verfassungsrechtlichen Bindung der Justiz an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) sowie aus ihrer im Rechtsstaatsprinzip wurzelnden Pflicht zur Objektivität. Er besagt, dass tatsächliche Vorgänge in den Verfahrensakten wahrheitsgemäß wiedergegeben werden müssen. Demgemäß sind Verfügungen in den Akten mit zutreffendem Tagesdatum zu versehen sowie in Aktenvermerken und dienstlichen Stellungnahmen die Verfahrensvorgänge so wiederzugeben, wie diese sich nach der Wahrnehmung und Erinnerung des Verfassers ereignet haben.
5. Die Abgrenzung zwischen strafbarem Tun und Unterlassen ist eine Wertungsfrage, die nicht nach rein äußeren oder formalen Kriterien zu entscheiden ist, sondern eine normative Betrachtung unter Berücksichtigung des sozialen Handlungssinns verlangt. Maßgeblich ist insofern, wo der Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit liegt.
6. Verletzt der Richter Verfahrensrecht durch Unterlassen, namentlich durch eine verzögerte, den Maßstäben des Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK widersprechende Sachbehandlung, erfüllt allein dies regelmäßig nicht die aufgezeigten strengen Anforderungen an einen elementaren Rechtsverstoß gemäß § 339 StGB. Denn grundsätzlich bleibt es dem Richter aufgrund seiner Unabhängigkeit überlassen, welchem von mehreren Dienstgeschäften er den Vorrang einräumt. Ein strafrechtlich relevanter Verstoß gegen den Beschleunigungsgrundsatz kommt daher nur dann in Betracht, wenn der Richter bewusst gegen eine Vorschrift verstoßen hat, die ein bestimmtes Handeln unabweislich zur Pflicht macht, wenn er untätig bleibt, obwohl besondere Umstände sofortiges Handeln zwingend gebieten oder wenn die zögerliche Bearbeitung auf sachfremden Erwägungen zum Vorteil oder Nachteil einer Partei beruht.
7. Die gesetzliche Anordnung in § 275 Abs. 1 StPO lässt dem Richter – auch unter Berücksichtigung seiner Unabhängigkeit – keinen Spielraum, andere Dienstgeschäfte bei der Reihenfolge der Bearbeitung vorzuziehen. Vielmehr hat der Gesetzgeber das aus dem Rechtsstaatsprinzip und der allgemeinen prozessualen Fürsorgepflicht abzuleitende, in Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK allgemein normierte Beschleunigungsgebot durch die Vorschrift des § 275 Abs. 1 StPO verbindlich konkretisiert und ein rechtlich eindeutiges Handlungsgebot geschaffen. Demgemäß ist ein Verstoß gegen § 275 Abs. 1 Satz 2 StPO als absoluter Revisionsgrund (§ 338 Nr. 7 StPO) ausgestaltet. Der Gesetzgeber wollte den vormaligen Rechtszustand ändern, wonach die Regelungen über die Urteilsabsetzungsfrist als bloße Ordnungsvorschriften ausgestaltet waren, deren Verletzung die Revision nicht begründen konnte, und die Beachtung der Vorschrift als zwingendes Gebot sicherstellen.
8. Die richterliche Intention, ein Verfahren gar nicht mehr zu bearbeiten, berührt im Kern den grundgesetzlich verbürgten Anspruch der Verfahrensbeteiligten gegen den Staat, ihnen durch die zuständigen Organe, insbesondere die Gerichte, Rechtsschutz zu gewähren. Sachliche Bedingung des Gebots effektiven Rechtsschutzes, das für bürgerlich-rechtliche Streitigkeiten aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG abzuleiten ist, ist die Bereitschaft der Richter, denen die rechtsprechende Gewalt anvertraut ist (Art. 92 GG), ihren Amtspflichten nachzukommen. Es wird in besonders gravierender Weise sowie zum Nachteil aller Verfahrensbeteiligten unterlaufen, wenn ein Richter willkürlich die Verfahrensbearbeitung gänzlich verweigert. Die richterliche Unabhängigkeit ist weder Standesprivileg noch absoluter Selbstwert, weshalb sich ein Richter die von ihm zu bearbeitenden Verfahren auch nicht selbst aussuchen kann. Die Verteilung der Geschäfte ist vielmehr allein Sache der Gerichtspräsidien (vgl. § 21e Abs. 1 GVG).
1. § 267 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 StGB setzt voraus, dass der Täter der Urkundenfälschung einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt. Weder aus dem Gesetzeswortlaut noch sonst ist insofern ersichtlich, dass der Vermögensverlust unmittelbar durch eine Tathandlung des § 267 Abs. 1 StGB herbeigeführt werden muss. Erforderlich, aber auch ausreichend ist vielmehr ein mittelbarer Zusammenhang zwischen Urkundsdelikt und Schaden dergestalt, dass das Gebrauchen der falschen Urkunde der erstrebten Bereicherung dient, deren Kehrseite der herbeigeführte Vermögensverlust ist.
2. Nach § 100a Abs. 3 StPO kann die Anordnung nach § 100a Abs. 1 StPO auch gegen andere Personen als den Beschuldigten gerichtet werden. Dies ist nach dem Gesetz unter anderem dann zulässig, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass sie für den Beschuldigten bestimmte oder von ihm herrührende Mitteilungen entgegennehmen oder weitergeben. Der gebräuchliche Begriff „Nachrichtenmittler“ ist dabei missverständlich. Maßgeblich ist vielmehr allein, ob der Nichtverdächtige mit dem Beschuldigten Informationen austauscht oder von diesem entgegennimmt. Danach fällt auch der eigentliche Kommunikationspartner des Beschuldigten unter § 100a Abs. 3 StPO, selbst wenn er keine Nachrichten vermittelt und deswegen kein Nachrichtenmittler im Wortsinn ist.
3. Wird mit der Revision ein Verfahrensfehler gerügt, dem in der Hauptverhandlung nicht widersprochen worden ist, zieht dies insoweit eine Rügepräklusion nach sich.
1. Arglos ist ein Opfer, das sich keines Angriffs gegen seine körperliche Unversehrtheit versieht. Die Arglosigkeit führt zur Wehrlosigkeit, wenn das Opfer aufgrund der Überraschung durch den Täter in seinen Abwehrmöglichkeiten so erheblich eingeschränkt ist, dass ihm die Möglichkeit genommen wird, dem Angriff auf sein Leben erfolgreich zu begegnen oder ihn wenigstens zu erschweren. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn das Opfer daran gehindert ist, sich zu verteidigen oder zu fliehen.
2. Maßgeblicher Zeitpunkt für das Vorliegen der Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers ist grundsätzlich der Beginn des ersten mit Tötungsvorsatz geführten Angriffs. Der Angriff beginnt aber nicht erst mit der eigentlichen Tötungshandlung, sondern umfasst auch die unmittelbar davor liegende Phase.
3. Heimtückisches Handeln erfordert kein heimliches Vorgehen. So kann ein Opfer auch dann arglos sein, wenn der Täter ihm zwar offen feindselig gegenübertritt, die Zeitspanne zwischen dem Erkennen der Gefahr und dem unmittelbaren Angriff so kurz ist, dass dem Opfer keine Möglichkeit bleibt, dem Angriff irgendwie zu begegnen.
4. Ein heimtückisches Vorgehen kann zudem auch in Vorkehrungen liegen, die der Täter ergreift, um eine günstige Gelegenheit zur Tötung zu schaffen, sofern diese bei der Tat noch fortwirken. Das ist etwa der Fall, wenn der Täter sein Opfer noch im Vorbereitungsstadium unter Ausnutzung von dessen Arglosigkeit in eine Lage aufgehobener oder stark eingeschränkter Abwehrmöglichkeit bringt und die so geschaffene Lage bis zur Tatausführung ununterbrochen fortbesteht. Ob das Opfer zu Beginn des Tötungsangriffs noch arglos war, ist in dieser Sachverhaltskonstellation ohne Bedeutung.
Wer beim Selbstbedienungstanken versucht, das Benzin an sich zu bringen, ohne den Kaufpreis zu entrichten, macht sich nicht des Diebstahls (oder der Unterschlagung), sondern des Betruges gemäß § 263 StGB schuldig. Wird der unter Vorspiegelung der Zahlungsbereitschaft durchgeführte Tankvorgang nicht vom Tankstellenpersonal bemerkt, ist der Täter wegen versuchten Betruges zu verurteilen. Etwaige Bemühungen des Täters, unentdeckt zu bleiben, ändern an dieser rechtlichen Beurteilung nichts.
1. Die 2. Alternative des § 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB in der ab 27. Januar 2015 gültigen Fassung ist erfüllt, wenn der Täter sexuelle Handlungen an sich von dem Kind vornehmen lässt, die mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind. Es handelt sich aber dabei nicht um ein echtes Unterlassungsdelikt, weshalb das rein passive Dulden zur Tatbestandsverwirklichung nicht ausreicht. Erforderlich ist vielmehr, dass der beim eigentlichen Sexualkontakt sich passiv verhaltende Täter zuvor aktiv auf das Kind eingewirkt hat, etwa durch Befehlen oder Überreden. Der Tatbestand kann darüber hinaus zwar auch erfüllt sein, wenn die Initiative zum Sexualkontakt vom Kind ausgeht. Ein Gewähren-Lassen des Täters ist aber auch in diesem Fall nur dann tatbestandlich erfasst, wenn es über die rein passive Duldung hinausgeht und zum Beispiel eine Bestärkung der vom Kind ausgehenden Initiative enthält.
2. Eine natürliche Handlungseinheit und damit eine Tat im materiellrechtlichen Sinn ist dann gegeben, wenn bei einer Mehrheit strafrechtlich relevanter Verhaltensweisen die einzelnen Betätigungakte durch ein gemeinsames subjektives Element verbunden sind und zwischen ihnen ein derart unmittelbarer räumlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht, dass das gesamte Handeln des Täters objektiv auch für einen Dritten als einheitliches zusammengehöriges Tun erscheint.
1. Ob eine „schwere Beleidigung“ im Sinne des § 213 StGB vorliegt, beurteilt sich nach einem objektiven Maßstab. Die Handlung muss auf der Grundlage aller maßgeblichen Umstände unter objektiver Betrachtung und nicht nur aus der subjektiven Sicht des Täters als schwer beleidigend zu beurteilen sein, wobei die Anforderungen nicht zu niedrig anzusetzen sind. Maßgebend ist dafür der konkrete Geschehensablauf unter Berücksichtigung von Persönlichkeit und Lebenskreis der Beteiligten, der konkreten Beziehung zwischen Täter und Opfer sowie der tatauslösenden Situation. Die Schwere kann sich auch erst aus fortlaufenden, für sich allein noch nicht schweren Kränkungen ergeben, wenn die Beleidigung nach einer Reihe von Kränkungen gleichsam „der Tropfen war, der das Fass zum Überlaufen brachte“. Deswegen ist es geboten, in die erforderliche Gesamtwürdigung auch in der Vergangenheit liegende Vorgänge als mitwirkende Ursachen miteinzubeziehen.
2. Zwar gehört das generelle Zufügen von Leid bei den Angehörigen des Opfers zum regelmäßigen Erscheinungsbild eines vollendeten Tötungsdelikts und kann deshalb im Allgemeinen keinen Strafschärfungsgrund abgeben. Soweit es sich aber um besondere Auswirkungen der Tat handelt, die voraussehbar und geeignet sind, das Tatbild zu prägen und die Bewertung der Schuldschwere zu beeinflussen, können diese im Blick auf die verschuldeten Auswirkungen der Tat (§ 46 Abs. 2 Satz 2 StGB) auch ausnahmsweise Berücksichtigung finden.
Im Sinne des § 226 Abs. 1 Nr. 3 StGB bezeichnet „Siechtum“ einen chronischen Krankheitszustand, der den Gesamtorganismus in Mitleidenschaft zieht, ein Schwinden der körperlichen und geistigen Kräfte sowie allgemeine Hinfälligkeit zur Folge hat. Aus dem Tatbestandsmerkmal „verfällt“ folgt, dass die schwere Folge von längerer Dauer sein muss. Eine längere Dauer ist dabei nicht mit Unheilbarkeit gleichzusetzen. Es genügt, wenn die Behebung bzw. nachhaltige Verbesserung des – länger währenden – Krankheitszustands nicht abzusehen ist.
In einem Zwei-Personen-Verhältnis setzt der Tatbestand des § 239a Abs. 1 StGB voraus, dass der Täter die physische Herrschaftsgewalt über das Tatopfer gewonnen und dadurch eine stabile Bemächtigungslage geschaffen hat, welche er für eine Erpressung ausnutzt oder ausnutzen will. Dabei muss der stabilisierten Bemächtigungslage mit Blick auf die erstrebte Erpressung eine eigenständige Bedeutung zukommen, indem sich aus ihr eine Drucksituation für das Tatopfer ergibt, die über die in jeder mit Gewalt oder Drohungen verbundenen Nötigungshandlung liegende Beherrschungssituation hinausgeht. An dem erforderlichen funktionalen Zusammenhang fehlt es, wenn sich der Täter des Opfers durch Nötigungsmittel bemächtigt, die zugleich unmittelbar der beabsichtigten Erpressung dienen, wenn also Bemächtigungs- und Nötigungsmittel zusammenfallen.