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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Oktober 2016
17. Jahrgang
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1. Den Vertragsarzt einer Krankenkasse trifft dieser gegenüber eine Vermögensbetreuungspflicht im Sinn des § 266 Abs. 1 StGB, die ihm zumindest gebietet, Heilmittel nicht ohne jegliche medizinische Indikation in der Kenntnis zu verordnen, dass die verordneten Leistungen nicht erbracht, aber gegenüber den Krankenkassen abgerechnet werden sollen. (BGH)
2. Eine Strafbarkeit wegen Untreue setzt voraus, dass dem Täter die Vermögensbetreuung als Hauptpflicht, also als zumindest mitbestimmende und nicht nur beiläufige Verpflichtung obliegt und die ihm übertragene Tätigkeit nicht durch ins Einzelne gehende Weisungen vorgezeichnet ist, sondern ihm Raum für eigenverantwortliche Entscheidungen und eine gewisse Selbständigkeit belassen wird. Hierbei ist nicht nur auf die Weite des dem Täter eingeräumten Spielraums abzustellen, sondern auch auf das Fehlen von Kontrolle, also auf seine tatsächlichen Möglichkeiten, ohne eine gleichzeitige Steuerung und Überwachung durch den Treugeber auf dessen Vermögen zuzugreifen (vgl. BGHSt 60, 94, 104 f.). (Bearbeiter)
3. Dem Vertragsarzt eröffnet sich bei der Verordnung von Heilmitteln nicht nur eine rein tatsächliche Möglichkeit, auf fremdes Vermögen, nämlich das der Krankenkassen, einzuwirken, auch begründet das hierbei von ihm zu beachtende Wirtschaftlichkeitsgebot nicht lediglich eine unter- oder nachgeordnete Pflicht zur Rücksichtnahme auf das Vermögen der Krankenkassen. (Bearbeiter)
4. Soweit in der Rechtsprechung gefordert wird, es müsse sich bei der Vermögensbetreuungspflicht um die bzw. eine Hauptpflicht handeln, soll damit nicht zum Ausdruck gebracht werden, dass es sich bei der Vermögensbetreuungspflicht um „die“ (wichtigste oder einzige) Hauptpflicht des Betreffenden handeln muss. Damit soll vielmehr lediglich deren über eine unter- oder nachgeordnete Pflicht hinausgehende Bedeutung betont werden, die diese zu einer der Hauptpflichten, also einer zumindest mitbestimmenden Verpflichtung, erhebt (vgl. BGHSt 60, 94, 104). Um eine solche Hauptpflicht handelt es sich beim sozialrechtlichen Wirtschaftlichkeitsgebot (§§ 12 Abs. 1, 70 Abs. 1 SGB V). (Bearbeiter)
5. Der Einordnung des Wirtschaftlichkeitsgebot als Hauptpflicht steht nicht entgegen, dass die Grundpflicht eines Arztes auf die Wahrung der Interessen des Patienten gerichtet ist (vgl. BGHSt 57, 202, 208 ff). Soweit der Große Senat des Bundesgerichtshofs ausführt, dass die Pflicht zur Wirtschaftlichkeit den Vertragsarzt „nicht unmittelbar im Verhältnis zu den gesetzlichen Krankenkassen“ träfe, stünde dies der Annahme einer Hauptpflicht zur Vermögensbetreuung nicht entgegen. Denn eine Norm- oder Obliegenheitsverletzung kann selbst dann pflichtwidrig im Sinn von § 266 StGB sein, wenn eine unmittelbare vertragliche Beziehung nicht besteht, die verletzte Rechtsnorm oder Obliegenheit aber wenigstens auch, und sei es mittelbar, vermögensschützenden Charakter hat (vgl. BGH NStZ-RR 2011, 374, 376). (Bearbeiter)
6. Eines Eingehens auf die – früher auch vom Bundesgerichtshof vertretene – Ansicht, nach der dem Vertragsarzt eine Vermögensbetreuungspflicht bereits deshalb obliegt, weil er als Vertreter der Krankenkasse handelt, bedarf es vor diesem Hintergrund nicht. An der Strafbarkeit würde sich abgesehen davon, dass der Treubruchs- anstelle des Missbrauchstatbestands einschlägig wäre, nichts ändern (vgl. BGH NStZ 2007, 213, 216). (Bearbeiter)
7. Bereits mit Ausstellen der Heilmittelverordnung begründet der Vertragsarzt eine „Verpflichtung“ für das Vermögen der Krankenkasse, da er befugt ist, durch eine solche Verordnung den Anspruch des Patienten gegen seine Krankenkasse auf die Gewährung von Sachmitteln zu konkretisieren. Ein Gefährdungsschaden entsteht deshalb mit der Begründung dieser „Verpflichtung“ durch die Heilmittelverordnung bereits, wenn bei gewöhnlichem Gang der Dinge die Inanspruchnahme der Krankenkassen nahezu sicher zu erwarten und deren Zahlungen nicht von ungewissen oder unbeherrschbaren Geschehensabläufen abhängig ist. (Bearbeiter)
8. Ein über den Zurechnungszusammenhang hinausgehendes Unmittelbarkeitserfordernis zwischen Pflichtwidrigkeit und Nachteil (vgl. dazu BGH NStZ-RR 2011, 374, 376) ist auch dann gegeben, wenn im Tatzeitpunkt aufgrund der Rahmenumstände sicher zu erwarten ist, dass der Schadensfall auch tatsächlich eintreten wird (vgl. BGH wistra 2016, 314, 325). (Bearbeiter)
1. Die Abgabe eines Gebots im Zwangsversteigerungsverfahren enthält keine Erklärung des Bietenden gegenüber den Mitbietern. (BGH)
2. Der die Zwangsversteigerung leitende Rechtspfleger unterliegt regelmäßig keiner Fehlvorstellung über die Zahlungswilligkeit und Zahlungsfähigkeit des Bieters. (BGH)
3. Gemäß § 66 Abs. 2 ZVG sind die Gebote gegenüber dem Vollstreckungsgericht abzugeben; insoweit ist der Rechtspfleger als funktionell zuständiges Vollstreckungsorgan ausschließlicher Adressat der mit dem jeweiligen Gebot verbundenen Erklärung. Der einzelne Bieter ist als solcher nicht Beteiligter des Vollstreckungsverfahrens. (Bearbeiter)
4. Ein Irrtum im Sinne des Betrugstatbestandes ist jeder Widerspruch zwischen einer subjektiven Vorstellung (des Getäuschten) und der Wirklichkeit (vgl. BGH NStZ 2014, 215). Dabei kommt es grundsätzlich zwar nicht darauf an, was der Getäuschte hätte verstehen müssen, sondern was er tatsächlich verstanden hat (vgl. BGH NJW 2014, 2595, 2598). Ein Irrtum kann aber auch in den Fällen gegeben sein, in denen die täuschungsbedingte Fehlvorstellung in der Abweichung eines „sachgedanklichen Mitbewusstseins“ von den tatsächlichen Umständen besteht. Danach ist insbesondere der Bereich gleichförmiger, massenhafter oder routinemäßiger Geschäfte von als selbstverständlich angesehenen Erwartungen geprägt, die zwar nicht in jedem Einzelfall bewusst aktualisiert werden, jedoch der vermögensrelevanten Handlung als hinreichend konkretisierte Tatsachenvorstellung zugrunde liegen (vgl. BGH NStZ 2014, 215, 216). (Bearbeiter)
5. In solchen Fällen bedarf es nicht stets der Feststellung der tatsächlichen individuellen Vorstellungen (vgl. BGH NStZ 2014, 98, 100). Vielmehr kann das Tatgericht bereits aus den Indizien des äußeren Ablaufs darauf schließen, dass der Betreffende aufgrund seines normativ geprägten Vorstellungsbildes – wie alle in seiner Situation – ein entsprechendes „sachgedankliches Mitbewusstsein“ hatte und daher irrte. (Bearbeiter)
6. Findet die Kommunikation im Rahmen eines geregelten Verfahrens statt, wird der Inhalt einer in diesem Zusammenhang abgegebenen Erklärung und die auf ihr möglicherweise beruhende (Fehl-)Vorstellung beim Adressaten maßgeblich durch die diesem Verfahren zu Grunde liegenden Vorschriften geprägt (vgl. BGHSt 59, 68, 71). (Bearbeiter)
7. Aus den Bestimmungen des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung (ZVG) lässt sich ein normativ geprägtes Vorstellungsbild des eine Zwangsversteigerung leitenden Rechtspflegers in Bezug auf die Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit eines Bieters nicht herleiten. Insbesondere hat der Rechtspfleger über die an die engen Voraussetzungen von § 71 ZVG gebundene Prüfung auf ein rechtsmissbräuchliches Angebot hinaus keinen Anlass, der Abgabe eines Gebots – und sei es auch nur in Gestalt eines sachgedanklichen Mitbewusstseins – die Erklärung des Bietenden zu entnehmen, er werde die erforderliche Summe aufbringen können und wollen. (Bearbeiter)
8. Ob die Hingabe eines Darlehens in Fällen der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners einen Vermögensschaden bewirkt, ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs daher durch einen für den Zeitpunkt der Darlehenshingabe anzustellenden Wertvergleich mit dem Rückzahlungsanspruch des Darlehensgläubigers zu ermitteln. Die Werthaltigkeit des Rückzahlungsanspruchs wird dabei durch die Bonität des Schuldners und den Wert der bestellten Sicherheiten bestimmt. (Bearbeiter)
9. Ein Schaden entsteht daher nur, wenn die vorgespiegelte Rückzahlungsmöglichkeit nicht besteht und auch gegebene Sicherheiten wertlos oder minderwertig sind. Auch bei einer eingeschränkten oder fehlenden finanziellen Leistungsfähigkeit des Schuldners entsteht demnach kein Schaden, wenn und soweit der getäuschte Gläubiger über werthaltige Sicherheiten verfügt, die sein Ausfallrisiko abdecken und mit unerheblichem zeitlichen und finanziellen Aufwand, namentlich ohne Mitwirkung des Schuldners und ohne Gefährdung durch ihn, sofort nach Fälligkeit, realisierbar sind (st. Rspr.). (Bearbeiter)
10. Ein eventueller Minderwert des im Synallagma Erlangten ist im Verfügungszeitpunkt nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu beurteilen. Dabei ist der Vermögensschaden unter Berücksichtigung banküblicher Bewertungsansätze konkret festzustellen und zu beziffern (vgl. BVerfGE 126, 170, 229). (Bearbeiter)
1. Auch ein Verstorbener gilt als nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person im Sinne von § 8 Abs. 1 Nr. 9 VStGB. (BGHR)
2. Die nach § 8 Abs. 1 Nr. 9 VStGB strafbewehrte schwerwiegende entwürdigende oder erniedrigende Behandlung einer nach dem humanitären Völkerrecht zu schützenden Person - wozu gemäß § 8 Abs. 6 Nr. 3 VStGB insbesondere Angehörige der Streitkräfte und Kämpfer der gegnerischen Partei zählen, welche die Waffen gestreckt haben oder in sonstiger Weise wehrlos sind - erfasst auch Verstorbene, weil die Vorschrift insoweit auch dem Schutz der Totenehre bzw. der über den Tod
hinaus fortwirkenden Würde des Menschen dient. (Bearbeiter)
1. Der Vertragspartner ist zwar im Allgemeinen nicht ohne weiteres verpflichtet, bei Vertragsschluss unaufgefordert alle für den anderen Teil irgendwie erheblichen Tatsachen zu offenbaren. Eine Ausnahme gilt nach der Rechtsprechung jedoch außer bei bestehenden Vertrauensverhältnissen auch für die Anbahnung besonderer, auf gegenseitigem Vertrauen beruhender Verbindungen, bei denen Treu und Glauben und die Verkehrssitte die Offenbarung der für die Entschließung des anderen Teils wichtigen Umstände gebieten (vgl. BGHSt 39, 392, 399).
2. Eine solche besondere Verbindung, die auf einem gegenseitigen Vertrauensverhältnis beruht und auf langjährige Zusammenarbeit angelegt ist, liegt im Regelfall nahe unter den Gesellschaftern einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung und erst recht unter den Gesellschaftern einer Rechtsanwaltsgesellschaft, die sich in dieser Form zur gemeinsamen Berufsausübung verbunden haben.
1. Der Straftatbestand des Betruges gemäß § 263 StGB enthält keine Begrenzung des strafrechtlichen Vermögensschutzes vor täuschungsbedingten Vermögensverfügungen auf solche Vermögenswerte, die Gegenstand der Täuschung waren (vgl. BGHSt 60, 1). Ein Vermögensschaden kann der Täuschungshandlung allenfalls dann nicht zugerechnet werden, wenn sich das Opfer eines solchen Minderwerts bewusst gewesen wäre und somit ein Selbstschädigungsbewusstsein gehabt hätte (vgl. BGHSt 60, 1).
2. Auch besteht beim Betrug das Erfordernis der „Stoffgleichheit“ nur zwischen dem Vermögensschaden und dem angestrebten Vermögensvorteil, nicht aber zwischen dem Vermögensschaden und dem Gegenstand der Täuschung (vgl. BGHSt 60, 1).
3. Die Bewertung des Vermögens und des Vermögensschadens erfolgt bei § 263 Abs. 1 StGB nach objektiven wirtschaftlichen Gesichtspunkten (vgl. BGHSt 60, 1). Dabei schützt die Vorschrift des § 263 StGB weder das bloße Affektionsinteresse noch die wirtschaftliche Dispositionsfreiheit noch die Wahrheit im Geschäftsverkehr (vgl. BGH NStZ-RR 2001, 41), sondern allein das Vermögen. Normative Gesichtspunkte können bei der Bewertung des Schadens zwar eine Rolle spielen; sie dürfen die wirtschaftliche Betrachtung allerdings nicht überlagern oder verdrängen (vgl. BVerfG NStZ 2012, 496, 504).
4. Bei einem Betrug durch Abschluss eines gegenseitigen Vertrages sind dementsprechend Leistung und Gegenleistung zunächst nach ihrem Verkehrs- bzw. Marktwert zu vergleichen (BGHSt 57, 95, 115). Ergibt sich danach ein Wertgefälle zum Nachteil des durch die Täuschung Betroffenen, weil er etwa gegen Bezahlung des vollen Kaufpreises eine minderwertige Ware erhält, so liegt ein Vermögensschaden vor (vgl. BGHSt 60, 1 mwN). Auf die subjektive Einschätzung, ob der irrtumsbedingt Verfügende sich geschädigt fühlt, kommt es ebenso wenig an (vgl. BGHSt 57, 95, 115), wie auf die Frage, wie hoch der Verfügende subjektiv den Wert der Gegenleistung taxiert (st. Rspr.).
5. Der Umstand, dass die unter Einsatz einer Software zur Bildbearbeitung hergestellten Unterlagen teilweise im Wege einer Faxkopie an Banken übermittelt wurden, steht einer Strafbarkeit wegen Urkundenfälschung (§ 267 Abs. 1 StGB) nicht von vornherein entgegen. Denn in der Übertragung mittels Telefax kann ein Gebrauchmachen von der Urschrift liegen (vgl. BGHSt 24, 140). Dies setzt jedoch voraus, dass die mittels Bildbearbeitungssoftware (als Faxvorlage) erstellten Schriftstücke die Merkmale einer Urkunde im Sinne des § 267 Abs. 1 StGB aufweisen.
6. Mit computertechnischen Maßnahmen – wie der Veränderung eingescannter Dokumente – erstellten Schriftstücken ist mangels Beweiseignung kein Urkundencharakter beizumessen, wenn sie nach außen als bloße Reproduktion erscheinen (vgl. BGH wistra 2011, 307 mwN). Sie sind aber dann (unechte) Urkunden, wenn die (veränderten) Reproduktionen Originalurkunden so ähnlich sind, dass die Möglichkeit einer Verwechslung nicht ausgeschlossen werden kann.
7. Der Regelung des § 160b StPO unterfallenden Erörterungen werden von der Vorschrift des § 243 Abs. 4 Satz 1 StPO, die lediglich „Erörterungen nach den §§ 202a, 212“ StPO betrifft, nicht erfasst (vgl. BGH NStZ 2015, 232). Dies gilt auch dann, wenn aufgrund von Verständigungsgesprächen nach Anklageerhebung eine Verständigung im Sinne des § 257c StPO doch noch zustande kommt.
1. § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VStGB schützt Personen, Einrichtungen, Material, Einheiten und Fahrzeuge die an einer friedenserhaltenden Mission in Übereinstimmung mit der UN-Charta beteiligt sind. Charakteristisch für solche Missionen ist, dass sie mit Zustimmung der Konfliktparteien stattfinden, der Unparteilichkeit verpflichtet sind und Gewalt nur für Zwecke der Selbstverteidigung einsetzen dürfen. Häufig dienen sie der Absicherung eines Friedensvertrages oder Waffenstillstandsabkommens. Der geschützte Personenkreis umfasst sowohl Angehörige von Streitkräften der an den friedenserhaltenden Missionen teilnehmenden Staaten als auch ziviles Hilfspersonal.
2. Der im Rahmen des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VStGB erforderliche funktionale Zusammenhang zwischen einem Angriff und einem nichtinternationalen bewaffneten Konflikt ist gegeben, wenn das Vorliegen eines bewaffneten Konfliktes für die Fähigkeit des Täters, das Verbrechen zu begehen, für seine Entscheidung zur Tatbegehung, für die Art und Weise der Begehung oder für den Zweck der Tat von wesentlicher Bedeutung war. Die Tat darf nicht lediglich „bei Gelegenheit“ des bewaffneten Konflikts begangen werden. Eine Tatausführung während laufender Kampfhandlungen oder eine besondere räumliche Nähe dazu sind hingegen nicht erforderlich.
Für die Feststellung der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit verlangt die Rechtsprechung entweder eine stichtagsbezogene Gegenüberstellung der fälligen Verbindlichkeiten einerseits und der zu ihrer Tilgung vorhandenen oder kurzfristig herbeizuschaffenden Mittel andererseits oder eine Bewertung sog. wirtschaftskriminalistischer Anzeichen (vgl. BGH NStZ 2014, 107). Wird eine Gegenüberstellung gewählt, muss die Darstellung der Liquiditätslage zu ausgewählten Stichtagen so aussagekräftig sein, dass dem Revisionsgericht die Kontrolle möglich ist, ob das Landgericht von zutreffenden Voraussetzungen ausgegangen und einen nachvollziehbaren Rechenweg gewählt hat (vgl. BGH NJW 2009, 2225, 2226 mwN).
Eine Schätzung des Steuerschuldumfangs kommt nur dann in Betracht, wenn mangels vorhandener Unterlagen eine konkrete Berechnung der Bemessungsgrundlage nicht vorgenommen werden kann. Eine pauschale Schätzung ist erst dann zulässig, wenn sich eine konkrete Schätzung von vorneherein oder nach entsprechenden Berechnungsversuchen als nicht möglich erweist.
1. Maßgeblicher Anknüpfungspunkt für die nach jugendspezifischen Kriterien (vgl. BGH NJW 2016, 2050, 2051) zu bestimmende Schwere der Schuld nach § 17 Abs. 2 JGG ist die innere Tatseite. Dem äußeren Unrechtsgehalt der Tat kommt nur insofern Bedeutung zu, als hieraus Schlüsse auf die Persönlichkeit des Täters und das Maß der persönlichen Schuld gezogen werden können. Entscheidend ist, inwieweit sich die charakterliche Haltung, die Persönlichkeit und die Tatmotivation des jugendlichen oder heranwachsenden Täters in der Tat in vorwerfbarer Schuld niedergeschlagen haben (st. Rspr.).
2. Der das Jugendstrafrecht als Strafzweck beherrschende Erziehungsgedanke ist auch dann vorrangig zu berücksichtigen, wenn eine Jugendstrafe ausschließlich wegen Schwere der Schuld verhängt wird. Das bedeutet allerdings nicht, dass die Erziehungswirksamkeit als einziger Gesichtspunkt bei der Strafzumessung heranzuziehen ist. Vielmehr sind daneben auch andere Strafzwecke, bei Kapitalverbrechen und anderen schwerwiegenden Straftaten namentlich der Sühnegedanke und das Erfordernis eines gerechten Schuldausgleichs zu beachten. Erziehungsgedanke und Schuldausgleich stehen dabei in der Regel miteinander in Einklang, da die charakterliche Haltung und das Persönlichkeitsbild, wie sie in der Tat zum Ausdruck gekommen sind, nicht nur für das Erziehungsbedürfnis, sondern auch für die Bewertung der Schuld von Bedeutung sind (st. Rspr.).
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs beginnt der Versuch der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in einem Kraftfahrzeug regelmäßig erst kurz vor Erreichen der Hoheitsgrenze oder der vor ihr eingerichteten Zoll- oder Kontrollstelle. An dem erforderlichen unmittelbaren räumlichen und zeitlichen Zusammenhang fehlt es in der Regel, wenn der in einem Kraftfahrzeug befindliche Täter noch einige Kilometer bis zur Grenze zu überwinden hat (vgl. BGHSt 36, 249, 250 f.).
1. Wesentliche Anhaltspunkte für die Täterschaft bei der Einfuhr von Betäubungsmitteln sind – wie sonst auch – der Grad des Eigeninteresses an der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung, die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille dazu. Entscheidender Bezugspunkt für all diese Merkmale ist der Einfuhrvorgang selbst, wobei dem Interesse des mit den zu beschaffenden Betäubungsmitteln Handel Treibenden am Gelingen des Einfuhrvorgangs keine ausschlaggebende Bedeutung zukommt.
2. Danach kann auch der im Inland aufhältige Empfänger von Betäubungsmitteln aus dem Ausland wegen täterschaftlicher Einfuhr von Betäubungsmitteln strafbar sein, wenn er sie durch Dritte über die Grenze bringen lässt und dabei mit Täterwillen die Tatbestandsverwirklichung fördernde Beiträge leistet. Hat der Empfänger hingegen keinen Einfluss auf den Einfuhrvorgang und wartet nur darauf, dass der Lieferant ihm die eingeführten Betäubungsmittel bringt, kann er sich zwar etwa wegen einer Bestellung des Rauschgifts wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln strafbar machen; die bloße Bereitschaft zur Entgegennahme der eingeführten Betäubungsmittel begründet aber weder die Stellung als Mittäter noch als Gehilfe der Einfuhr.
Die Ausübung des Ermessens über das Absehen von der Anordnung des Verfalls erfordert neben der Feststellung des aus der Straftat Erlangten auch die Ermittlung des Wertes des noch vorhandenen Vermögens, um diese Werte einander gegenüber stellen zu können (vgl. BGH NStZ 2016, 279). Deshalb scheidet eine Ermessensentscheidung nach § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB aus, solange und soweit der Angeklagte über Vermögen verfügt, das wertmäßig nicht hinter dem „verfallbaren“ Betrag zurückbleibt (vgl. BGHSt 51, 65).
Die Annahme einer einheitlichen Tat im Sinne einer Bewertungseinheit setzt voraus, dass sämtliche Betäubungsmittel Gegenstand ein und desselben Güterumsatzes waren, etwa indem der Angeklagte sie gleichzeitig zum Zwecke gewinnbringender Weiterveräußerung erworben hätte (vgl. BGHSt 30, 28, 31). Dies ist beim wiederholten Rauschgifterwerb zum Weiterverkauf in Kleinmengen grundsätzlich nicht der Fall. Der bloße Umstand, dass bei jedem Neukauf noch Reste der vorangegangenen Lieferung vorhanden sind, die mit dem neuerworbenen Rauschgift vermischt wurden, verbindet nicht sämtliche Ankäufe zu einer einheitlichen Vorratsmenge (BGH, BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 20). Alleine der gleichzeitige Besitz mehrerer Drogenmengen verbindet die hierauf bezogenen Handlungen nicht zu einer Tat des unerlaubten Handeltreibens (vgl. BGH NStZ 2008, 470).