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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Oktober 2016
17. Jahrgang
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Von RiLG Jan Dehne-Niemann, Karlsruhe
Der nachfolgende Beitrag untersucht ein Urteil des 2. Strafsenats des OLG Stuttgart vom 23. Juli 2015[1], das ein gutes Beispiel dafür bietet, auf welche Weise eine strafbarkeitsbegründende Zurechnungsfigur sich verselbständigen und in der richterlichen Praxis auf Fälle übergreifen kann, für deren Lösung die Zurechnungsfigur nicht gedacht ist. Im Fall des OLG Stuttgart geht es um die in § 25 Abs. 1 Var. 2 StGB geregelte Zurechnungsfigur der mittelbaren Täterschaft.
Der Angeklagte A überschritt als PkwFahrer in F. die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h um 26 km/h. Durch eine mit einer Messvorrichtung gekoppelte Kamera einer Verkehrsüberwachungsanlage wurde ein entsprechendes Beweisfoto aufgenommen. Da es sich bei dem Pkw um ein Firmenfahrzeug handelte, übersandte die Stadt F. als zuständige Bußgeldbehörde alsbald einen Zeugenfragebogen an die Firma, die den A als regelmäßigen Fahrer des Fahrzeugs benannte. Daraufhin übersandte die Bußgeldbehörde auch dem A ein Anhörungsschreiben. Spätestens am 30.11.2012 beschlossen A und der Mitangeklagte R, ein Arbeitskollege des A, die Bußgeldbehörde gezielt in die Irre zu führen. Sie vereinbarten, dass R sich zunächst gegenüber der Bußgeldbehörde als Fahrer bezeichnen und sodann das nachfolgende, ihn betreffende Bußgeldverfahren so lange hinauszögern sollte, bis A wegen des Eintritts der Verfolgungsverjährung (§ 26 Abs. 3 StVG) nicht mehr belangt werden könnte. Dann sollte R offenlegen, dass er den Verkehrsverstoß doch nicht begangen habe, worauf auch das gegen ihn gerichtete Bußgeldverfahren ohne Ahndung beendet werden müsse.
Entsprechend der Verabredung mit A trug R auf dem ihm von A übergebenen Zeugenfragebogen seine Personalien und seine Wohnanschrift ein, erklärte, dass er das Fahrzeug gefahren habe, versicherte, dass seine Angaben der Wahrheit entsprächen, und übersandte den Zeugenfragebogen am 30.11.2012 ohne seine Unterschrift per Fax an die Bußgeldbehörde. Inhaltsgleiche Angaben mit seiner Unterschrift machte er auf dem ihm von A übergebenen Anhörungsschreiben und übersandte es am 7.12.2012 per Fax an die Bußgeldbehörde. Da die Bußgeldbehörde nun den R für den Täter des Verkehrsverstoßes hielt, erging am 14.12.2012 gegen ihn ein Bußgeldbescheid über eine Geldbuße von 100 Euro nebst drei Punkten im Verkehrszentralregister. Gegen diesen Bescheid ließ R durch seinen Verteidiger rechtzeitig Einspruch einlegen.
Am 17.6.2013 ging die Bußgeldsache beim zuständigen Amtsgericht ein. Nachdem bezüglich der Tat des A Verfolgungsverjährung eingetreten war, teilte der Verteidiger des R dem AG am 26.6.2013 mit, dass "bei einem jetzt anhand der sich bei der Akte befindlichen Lichtbilder vorgenommenen Lichtbildabgleich" festgestellt worden sei, dass R doch nicht der Fahrer gewesen sei. Am 16.7.2013 stellte das AG deshalb das Verfahren gegen R auf dessen Antrag hin gem. § 47 Abs. 2 OWiG ein. Das Bußgeldverfahren gegen A wurde wegen des Eintritts der Verfolgungsverjährung nicht wieder aufgenommen.
Am 24. März 2014 verurteilte das Amtsgericht Nürtingen den Angeklagten A wegen falscher Verdächtigung zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen sowie den Angeklagte R wegen Beihilfe hierzu zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen. Durch Urteil vom 5. November 2014 verwarf das Landgericht Stuttgart die Berufung des Angeklagten A, soweit sie sich gegen den Schuldspruch richtete, ermäßigte aber im Rechtsfolgenausspruch die Geldstrafe auf 40 Tagessätze. Den Angeklagten R sprach das Landgericht auf die von ihm eingelegte Berufung hin aus Rechts-
gründen frei. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des A, der mit der Sachrüge die Aufhebung des Urteils des Landgerichts erstrebt und einen Freispruch beantragt hatte, blieb ohne Erfolg, während die Revision der Staatsanwaltschaft zu einer Aufhebung des Freispruchs des R und zur Zurückverweisung der Sache an eine andere Kammer des Landgerichts führte.
In dem vom OLG Stuttgart entschiedenen Fall konnte der Angeklagte R nicht als Täter des § 164 Abs. 2 StGB bestraft werden, weil er nicht über einen anderen, sondern ausschließlich über sich selbst eine bewusst unwahre Tatsachenbehauptung gegenüber der Ordnungswidrigkeitenbehörde abgegeben hatte, indem er sich selbst des Fahrens mit überhöhter Geschwindigkeit bezichtigte. § 164 Abs. 2 StGB setzt nach seinem eindeutigen und insoweit nicht interpretationsoffenen Wortlaut eine Behauptung in Bezug auf eine andere Person voraus; erforderlich ist die Verdächtigung eines anderen. Eine "falsche Selbstverdächtigung" ist nicht nach § 164 StGB, unter Umständen aber nach § 145d StGB tatbestandsmäßig. Im Verurteilungssinne besteht die Malaise mit der strafrechtlichen Erfassung des Geschehens nun darin, dass eine Beteiligtenlüge zwar auch dann von § 145d StGB erfasst wird, wenn sich die Bezichtigung gegen den Äußernden selbst richtet,[2] diese Selbstbezichtigung inhaltlich aber die Qualität einer Straftat aufweisen muss. Der Angeklagte R hatte jedoch keine Straftat i.S.d. § 11 Abs. 1 Nr. 5 StGB behauptet, sondern lediglich eine unstreitig nicht von § 145d StGB erfasste Ordnungswidrigkeit. Da § 145d StGB kein Pendant zu der auch Ordnungswidrigkeitenlügen erfassenden Vorschrift des § 164 Abs. 2 StGB aufweist, das Vortäuschen einer Ordnungswidrigkeit also weder unter § 145d Abs. 1 Nr. 1 StGB noch unter § 145d Abs. 2 Nr. 1 fällt, hätte der Angeklagte R mangels Erfüllung eines Straftatbestandes an sich straffrei ausgehen müssen. Gleiches hätte für den Angeklagten A als präsumtivem Anstifter gegolten, weil sich das Verhalten des R nicht als teilnahmefähige straftatbestandsmäßige Tat i.S.d. § 26 StGB darstellt. Auch für Mittäterschaft würde es – bei unterstellter Annahme hinreichend gewichtiger Beteiligung des A – an einer gemeinschaftlichen Straftatbegehung i.S.d. § 25 Abs. 2 StGB fehlen.
Die damit eigentlich zu ziehende Konsequenz – nämlich Straffreiheit beider Angeklagter – mochte das OLG Stuttgart nicht hinnehmen und bemühte einen verblüffenden Kunstgriff, zu dem bereits das AG Nürtingen erstinstanzlich und das Landgericht Stuttgart als Berufungsgericht gegriffen hatten: Indem das OLG Stuttgart das Verhalten des "Vordermanns" R, das in dessen Person zunächst nur ein eigenhändiges, gegen R selbst gerichtetes und damit nicht tatbestandsmäßiges Verdächtigen darstellte, dem "Hintermann" A mittelbar-täterschaftlich (§ 25 Abs. 1 Var. 2 StGB) zurechnete, sah es sich in der Lage, dieses zugerechnete Verhalten in der Person des Zurechnungsadressaten A einer eigenständigen Bewertung zu unterziehen. Ergebnis dieses Bewertungsvorgangs war für das OLG eine von dem Hintermann A durch den Vordermann R – und zugleich gegen diesen! – geäußerte Verdächtigung, mithin eine durch R als Werkzeug gegen sich selbst geäußerte Fremdbezichtigung des Hintermanns A, die eine mittelbar-täterschaftliche Fremdbezichtigung nach §§ 164 Abs. 2, 25 Abs. 1 Var. 2 StGB darstelle. An dieser Tat habe R als Gehilfe teilgenommen, indem er die dem mittelbaren Täter zuzurechnende Tathandlung vornahm. Diese Konstruktion verdient – wie zu zeigen sein wird – keinen Beifall, und zwar sowohl hinsichtlich der Beihilfestrafbarkeit des Vordermanns R als auch bezüglich der (mittelbar-)täterschaftlichen Strafbarkeit des Hintermanns A. Die durchgreifenden Bedenken beruhen auf Gründen, die sich sowohl isoliert gegen die Annahme von Beihilfe zur Falschverdächtigung des R richten (sogleich II.) als auch gegen die Annahme der Möglichkeit einer mittelbar-täterschaftlichen Handlungszurechnung von R zu A (sodann unten III.).
Ganz unabhängig von der hernach unter III. zu erörternden Frage, wie man zur "Hochstufung" des anstiftungsähnlichen Verhaltens des Angeklagten A zur mittelbaren Täterschaft steht, kann dem OLG Stuttgart zunächst nicht in der Auffassung[3] gefolgt werden, der Angeklagte R habe sich wegen Beihilfe zur Falschverdächtigung strafbar gemacht, indem er die "Verkehrsordnungswidrigkeit im Zeugenfragebogen und im Anhörungsschreiben auf sich genommen und seine schriftlichen Äußerungen per Fax an die Bußgeldbehörde gesandt" hat. Die folgenden Ausführungen, die sich gegen die Beihilfestrafbarkeit des Angeklagten R richten, stehen unter der vom OLG angenommenen – und, wie sich zeigen wird, ebenfalls unhaltbaren – Prämisse, dass sich eine täterschaftliche Begehung des § 164 Abs. 2 StGB durch den Angeklagten A konstruieren lässt, die sodann eine für den Angeklagten R beihilfefähige vorsätzliche rechtswidrige Haupttat darstellt; die Bedenken gegen eine Beihilfestrafbarkeit des R sind aber von dieser Prämisse unabhängig und betreffen die Anwendbarkeit des § 27 StGB.
Auf den ersten Blick mutet es etwas merkwürdig an, dass R einer Beihilfe zu einer Falschverdächtigung schuldig sein soll, die sich – untechnisch gesprochen – gegen ihn (R) selbst richtete. Bekanntlich soll nach ganz überwiegender Ansicht für die Annahme einer vollendeten Teilnahme zur vollendeten Tat erforderlich sein, dass der präsumtive Teilnehmer mit seiner Teilnahmehandlung ein ihm gegenüber geschütztes Rechtsgut mittelbar über den Haupttäter anreift[4] (Teilnahme als akzessorischer
Rechtsgutsangriff). An einem eigenen tauglichen Rechtsgutsangriff des präsumtiven Gehilfen R würde es also dann fehlen und eine Beihilfestrafbarkeit deshalb ausscheiden, wenn man mit Teilen der Literatur zu § 164 StGB als Rechtsgut der Norm allein den Individualaspekt des Schutzes des wahrheitswidrig Bezichtigten vor ungerechtfertigter Ermittlungstätigkeit der irrgeführten Behörden im Auge hat.[5] Denn dann würde sich die präsumtive Beihilfehandlung des R nicht gegen ein auch ihm gegenüber Schutz genießendes Rechtsgut richten, sondern es sich bei der Rechtsgutsverletzung um den Ausdruck einer von der Rechtsordnung gerade eingeräumten Verfügungsmacht handeln, die als mittelbare eigene Rechtsgutsverletzung ebenso tatbestands- und straflos sein müsste wie sie es als unmittelbare wäre.[6]
Auch wenn der Senat seine Erwägungen zum Rechtsgut des § 164 StGB zunächst an etwas eigenartiger Stelle loziert – nämlich bei dem mittelbare Täterschaft begründenden Defizit des Vordermanns R[7] – und sie sodann unter dem Gesichtspunkt der notwendigen Teilnahme knapp noch einmal aufgreift[8], so muss man seinem Standunkt, dass R sich mit der wissentlich fälschlichen Selbstbezichtigung auch gegen ein ihm gegenüber geschütztes Rechtsgut gewandt hat, jedenfalls dann zustimmen, wenn man mit der bisherigen Rechtsprechung des BGH zu den von der Verhaltensnorm des § 164 StGB geschützten Rechtsgütern ein dualistisches – nämlich alternativ auf den Schutz staatlicher Ermittlungstätigkeit vor ungerechtfertigter Inanspruchnahme und Irreführung der mit der Verfolgung befassten Behörden oder/und dem Interesse des wahrheitswidrig Bezichtigten vor ungerechtfertigter Ermittlungstätigkeit der irrgeführten Behörden abstellendes – Konzept vertritt.[9] Gleiches gilt, wenn man der Verhaltensnorm des § 164 Abs. 2 StGB allein den Schutz effektiver und nicht unlauter beeinflusster staatlicher Ermittlungstätigkeit im Bereich der Ordnungswidrigkeitenverfolgung subintellegiert.[10] Beidenfalls würde sich der mittelbar-akzessorische Rechtsgutsangriff des präsumtiven Gehilfen R nicht ausschließlich gegen das der Verfügungsmacht des R unterliegenden und damit disponible Rechtsgut des Schutzes vor ungerechtfertigter Ermittlungstätigkeit durch die irrgeführten Behörden richten, sondern (zumindest auch) gegen die staatliche Ermittlungstätigkeit.
Die Debatte um das von § 164 StGB geschützte Rechtsgut, die Aspekte der Beihilfeerfolgstauglichkeit betrifft, kann hier nicht aufgearbeitet werden; für den Zweck dieser Urteilsbesprechung muss es mit dem Hinweis sein Bewenden haben, dass jedenfalls auf der Basis der bisherigen Rechtsprechung, in deren Tradition sich die Entscheidung des OLG stellt, die Annahme einer Beihilfe des R nicht schon daran scheitert, dass dieser sich selbst bezichtigt hat. Denn durch seine bewusst unwahre Selbstbezichtigung hat R das ihm gegenüber Schutz genießende überindividuelle und nicht disponible Rechtsgut der unbeeinflussten staatlichen Ermittlungstätigkeit angegriffen. Dieser Rechtsgutsangriff lässt sich – wie im Folgenden gezeigt wird – allerdings nicht als Gehilfenhandlung i.S.d. § 27 Abs. 1 StGB begreifen.
Die unüberwindbaren Bedenken gegen die Annahme einer Beihilfehandlung des Angeklagten R nähren sich aus dem Wortlaut des § 27 Abs. 1 StGB und gründen damit letztlich im verfassungsrechtlichen Verbot wortlautüberschreitender Auslegung (Art. 103 Abs. 2 GG, § 1 StGB), das auch für die Vorschriften des Allgemeinen Teils Gültigkeit beansprucht.[11] § 27 Abs. 1 StGB nennt als normwidriges Verhalten des Gehilfen – als "Gehilfenhandlung" – das "Hilfeleisten". Im Fall des OLG Stuttgart hat der Vordermann R keine lediglich unterstützende Hilfeleistungshandlung vorgenommen, sondern die Tathandlung des Verdächtigens selbst und eigenhändig ausgeführt, mochte sie auch in seiner Person nicht tatbestandsmäßig sein; in der Person des Hintermanns A als des Zurechnungsempfängers stellt sich die Bezichtigung des Vordermanns R ja als die Tathandlung des § 164 Abs. 2 StGB – nämlich als das Aufstellen von Behauptungen tatsächlicher Art – dar. Ohne eine Verfehlung des Tatbestandssinns des § 27 Abs. 1 StGB ist es ausgeschlossen, ein solches zuzurechnendes Verhalten des Vordermanns, das bereits die eigentliche Tathandlung darstellt, als ein bloßes unterstützendes "Hilfeleisten" zu begreifen. Ob man die Tathandlung eines anderen im Wege des "Hilfeleis-
tens" unterstützt oder die eigentliche Tathandlung selbst und eigenhändig vornimmt, ist aus Sicht des Gesetzes – in § 27 StGB einerseits und § 25 Abs. 1 StGB andererseits – ein fundamentaler Unterschied. Hätte der Vordermann R seine Behauptung in fremdbelastender Weise geäußert, wäre darin unbedenklich ein tatbestandsmäßig-täterschaftliches Verdächtigen zu sehen. Dann kann die Selbstbezichtigung nicht als Hilfeleistung – die sich ja nach dem Wortlaut des § 27 Abs. 1 StGB ihrerseits auf eine Verdächtigungshandlung eines anderen beziehen müsste – subsumiert werden.
Diese Differenzierung zwischen täterschaftlicher Begehung einer Tat und der bloßen Teilnahme an einer fremden Tat, die im Wortlaut des auf die täterschaftliche Begehung zugeschnittenen § 164 Abs. 2 StGB einerseits und des § 27 Abs. 1 StGB andererseits zum Ausdruck kommt, hat einen tieferen normtheoretischen Sinn: Täter und Teilnehmer einer Straftat verstoßen gegen unterschiedlich strukturierte Verhaltensnormen. Wo der Täter ein rechtlich geschütztes Interesse unmittelbar angreift und verletzt, indem er eine in den Strafvorschriften des Besonderen Teils des StGB als normwidrig bewertete Handlung tätigt (oder eine solche zugerechnet erhält), dort nimmt der Gehilfe eine solche Handlung gerade nicht vor, sondern leistet lediglich Hilfe bei der Tathandlung eines anderen. Damit stellt die Hilfeleistung des Gehilfen einen akzessorischen, d.h. über den Haupttäter verlaufenden Rechtsgutsangriff dar und bedeutet für sich genommen lediglich eine Gefährdung des geschützten Rechtsguts[12]. Gerade daran, dass die Beihilfe eine hilfeleistungsfähige Haupttat voraussetzt und schon aus diesem logischen Grund nicht in dieser gleichsam als minus enthalten sein kann, ist zu ersehen, dass sich Täterschaft und Beihilfe nicht nur in der Intensität des Rechtsgutsangriffs unterscheiden, sondern auch qualitativ insofern, als die täterschaftliche Vornahme der Tathandlung im Verhältnis zur bloßen Beihilfe nicht etwa ein Mehr (maius), sondern eine andere Handlung (aliud) ist. Dass die unmittelbar rechtsgutsrelevante Handlung von dem Vordermann R vorgenommen wurde, hat das OLG selbst hervorgehoben,[13] dabei aber die rechtliche Tragweite dieser Tatsache verkannt, die darin liegt, dass eine unmittelbar rechtsgutbeeinträchtigende Tathandlung nicht als über einen anderen verlaufende rechtsgutsgefährdende Hilfeleistung begriffen werden kann.
Das hier im Raum stehende Problem, dass eine Handlung, die qua Zurechnung über § 25 Abs. 1 Var. 2 StGB in der Person des Hintermanns eine tatbestandliche Verdächtigungshandlung darstellen, für den Vordermann aber zu einem bloßen Hilfeleisten "heruntergestuft" werden soll, erinnert entfernt an einen Teilaspekt der Thematik des Irrtums über die eigene Tatrolle. Dort wird mitunter bei nur objektivem Vorliegen der Tatherrschaftsvoraussetzungen in der Täterschaft "erst recht" eine Teilnahme erblickt und damit die Teilnahme zu einer minderen Form der Täterschaft degradiert, um die objektive Lage mit der sich hierauf beziehenden irrigen Tätervorstellung in Einklang zu bringen.[14] Doch bietet dort wie auch hier ein solches Reduktions- bzw. Degradierungsverfahren erstens wegen der Unterschiedlichkeit der gesetzlichen Umschreibung täterschaftlichen (§ 164 Abs. 2 StGB: "Behauptungen aufstellt") und gehilfenschaftlichen (§ 27 Abs. 1 StGB: "Hilfe geleistet") Verhaltens sowie zweitens wegen der akzessorischen, d.h. zwingend auf das Vorliegen einer Haupttat bezogenen Struktur der Teilnahme keinen Ausweg aus dieser – im Strafbarkeits- und Verurteilungssinne – misslichen Beteiligungslage. Den Beteiligungsvorschriften liegt in §§ 25-27 StGB ein restriktives Tatprinzip zugrunde, das es verbietet, die eigenhändig-unmittelbare und damit grundsätzlich täterschaftliche Handlungsvornahme des R, der eine als Verdächtigungshandlung zu bewertende Handlung vorgenommen hat, im Wege des Größenschlusses zur Beihilfe herabzustufen. Als eine lediglich akzessorisch über einen Haupttäter verlaufende bloße Gefährdungshandlung im Sinne eines Hilfeleistens (§ 27 Abs. 1 StGB) lässt sich das Verdächtigungsverhalten des R nicht einzuordnen; im Gegenteil hat R selbst das von § 164 Abs. 2 StGB alternativ geschützte Rechtsgut der effektiven und nicht unlauter beeinflussten staatlichen Ermittlungstätigkeit selbst und unmittelbar angegriffen – dies allerdings nicht in tatbestandsrelevanter Weise.
Damit ist festzuhalten: Weil das unmittelbar-eigenhändige Verdächtigen durch R – mag es auch ihm selbst gegolten haben – nicht als Beihilfehandlung i.S.d. § 27 Abs. 1 StGB begriffen werden kann, hätte das OLG Stuttgart den Angeklagten R freisprechen müssen – und zwar gänzlich unabhängig von der sogleich zu erörternden Problematik, ob und ggf. auf welche Weise sich ein mittelbar-täterschaftliches Verdächtigen des Hintermannes A konstruieren lässt und ob damit überhaupt eine teilnahmefähige Haupttat vorliegt.
Durchgreifende Bedenken bestehen – unabhängig von den soeben erörterten, allein den Mitangeklagten R und dessen Beihilfestrafbarkeit betreffenden Erwägungen – auch gegen die Annahme des OLG Stuttgart, dem Hintermann A sei die Handlung des Vordermannes R im Wege der mittelbaren Täterschaft als eigene Falschverdächtigung durch einen anderen (§§ 164 Abs. 2, 25 Abs. 1 Var. 2 StGB) zuzurechnen (dazu unten 2. bis 6.). Selbst wenn aber die Voraussetzungen der mittelbaren Täterschaft vorlägen, ist in Abrede zu stellen, dass der mit ihr einhergehende Vorgang der Handlungszurechnung die Kraft hat, aus einer Selbstbezichtigung des Vordermanns R eine Fremdbezichtigung des Hintermanns A zu machen (sogleich 1.).
Schon beim ersten Zusehen erscheint merkwürdig, dass eine Selbstbezichtigung des Vordermannes R für den Hintermann A eine qua mittelbar-täterschaftlich bewirkter Zurechnung eine Fremdbezichtigung darstellen soll, also eine Verdächtigung eines "anderen". Indem der Senat aus der Selbstbezichtigung des Vordermanns R qua mittelbar-täterschaftlicher Handlungszurechnung eine gegen R und damit gegen einen anderen i.S.d. § 164 Abs. 2 StGB gerichtete Fremdbezichtigung des Hintermanns A gemacht hat, hat er die Wirkungsmacht der mittelbaren Täterschaft überschätzt. Selbst bei unterstellter Möglichkeit der Handlungszurechnung kann eine Selbstbezichtigung ("Ich war es") nicht in eine Fremdbezichtigung ("Dieser da war es") verwandelt werden und damit eine inhaltliche Veränderung erfahren. Zuzurechnen ist die Äußerung des Handelnden R zum Zurechnungsdestinatär A so, wie sie abgegeben wurde. Am Ende der Zurechnung der Handlung des Vordermanns R zum Hintermann A stünde damit allenfalls eine wahrheitsgemäße Selbstbezichtigung des Hintermanns ("Ich[A]war es"), nicht aber eine Fremdbezichtigung des Vordermanns R ("Dieser da[R]war es"). Die Wirkung der mittelbaren Täterschaft beschränkt sich darauf, dem Hintermann eine Äußerung zuzurechnen, nicht aber den Inhalt einer zugerechneten Äußerung zu modifizieren.
Diese Bedenken – die (erst) das mit der Zurechnung erzielte Ergebnis, nicht (schon) die im Anschluss zu behandelnde Möglichkeit der Zurechnung selbst betreffen –, lassen sich nicht mit dem Verweis darauf aus der Welt räumen, dass eine perspektivische Bewertung des zugerechneten Verhaltens in der Natur der mittelbaren Täterschaft liegt. So sehr dies für sich genommen zutrifft, so wenig lässt sich damit für die Erzielung des vom OLG Stuttgart propagierten Ergebnisses gewinnen. Für die mittelbare Täterschaft ist zwar die Zurechnung einer bloßen äußerlichen Handlung charakteristisch, deren rechtliche Bewertung sich durchaus ausschließlich nach der Person des mittelbaren Täter als des Zurechnungsadressaten richtet; hierin unterscheidet sich die mittelbare Täterschaft grundlegend von der unrechtsakzessorischen Teilnahme, bei der die Handlung nicht lediglich als solche zugerechnet, sondern als rechtliche Entität behandelt wird.[15] Zu unterscheiden ist jedoch die Bewertung des zugerechneten Verhaltens, die aus der Perspektive des Hintermanns zu erfolgen hat, von dem Inhalt des zugerechneten Verhaltens. Nur Ersteres richtet sich nach der Person des präsumtiven mittelbaren Täters; das beste Beispiel hierfür bietet die Fallgruppe der mittelbaren Tatbegehung durch ein rechtmäßig handelndes Werkzeug, bei der es allein darauf ankommt, dass die dem Hintermann zugerechnete Handlung eine für diesen strafrechtswidrige Tat darstellt. Mitnichten aber hat die damit beschriebene Relativität der Verhaltensbewertung die Kraft, die zugerechnete Handlung ihrem Inhalt nach zu verändern; denn andernfalls würde dem Hintermann eine fiktiv-irreale Handlung zugerechnet, und eine nicht existente Handlung bietet in einem Tatstrafrecht keinen Anknüpfungspunkt für eine Verurteilung.
Es hat sich gezeigt, dass schon das vom OLG Stuttgart erwünschte Zurechnungsergebnis mittels einer auf § 25 Abs. 1 Var. 2 StGB gestützten Handlungszurechnung nicht zu erzielen ist. Die nachfolgenden Ausführungen betreffen demgegenüber die vorgelagerte und noch grundsätzlichere Frage, ob eine Zurechnung überhaupt möglich ist und damit die Frage nach dem Vorliegen einer Zurechnungsgrundlage.
Das OLG geht, indem es ausführt, dem Angeklagten A seien "diese Tathandlungen (scil. des R) … nach den Grundsätzen über die mittelbare Täterschaft gemäß § 25 Abs. 1, 2. Alt. StGB zuzurechnen",[16] immerhin im Ausgangspunkt zutreffend davon aus, dass die mittelbar-täterschaftliche Begehung einer Tat auf dem Prinzip der Zurechnung einer – eigentlich – fremden Handlung beruht, die aber qua Zurechnung als eigene Handlung des Hintermanns anzusehen ist.[17] Indem das OLG im weite-
ren Verlauf der Begründung Gesichtspunkte nennt, die für eine solche Zurechnung sprechen sollen, scheint es – freilich ohne dies klar zum Ausdruck zu bringen – im Grundsatz weiterhin zutreffend davon auszugehen, dass die Zurechnung fremden Handelns einer Rechtfertigung bedarf. Der Grund für dieses Rechtfertigungsbedürfnisses liegt in dem den §§ 25-27 StGB zugrundeliegende restriktiven Tatbegriff und dem damit einhergehenden Regressverbot, nachdem eine täterschaftliche Verantwortlichkeit für eine fremde Handlung (jedenfalls im Vorsatzbereich) ausscheidet, sofern nicht einer der in § 25 StGB genannten Zurechnungsgründe (mittelbare und Mittäterschaft) einschlägig ist. Grob gesprochen und unbesehen aller Differenzen im Detail besteht der Grund für das jedenfalls im Vorsatzbereich weithin anerkannte Regressverbot in der sich zunehmend durchsetzenden Erkenntnis, dass sich menschliches Handeln nicht verursachen lässt und es deshalb nicht wie ein bloßer Kausalfaktor behandelt werden kann. Weil wir keine Kausalgesetze dafür haben – und wegen des Postulats der Willensfreiheit auch aus übergeordneten prinzipiellen Gründen keine solchen Gründe angeben können –, auf welche Weise Menschen ihre zum Handeln führenden Entschlüsse fassen, wird der Kausalverlauf bzw. die Zurechnung durch das eigenverantwortliche Handeln eines anderen Menschen im Grundsatz unterbrochen. Von diesem Grundsatz kann nur dann eine Ausnahme gemacht werden, wenn dem Hintermann das Handeln des Vordermanns zugerechnet werden kann, wofür es freilich eines Zurechnungsgrundes bedarf.
Als gemäß § 25 Abs. 1 Var. 2 StGB zurechnungsrechtfertigenden Gesichtspunkt nennt das OLG das "Verantwortungsprinzip" (sogleich 3.), stellt ferner auf "die Tatherrschaft im Sinne der Herrschaft über das Ob und Wie der Tatbestandsverwirklichung" ab und weist auf eine "Ähnlichkeit zur mittelbaren Täterschaft bei Sonderdelikten (…) beim Einsatz eines qualifikationslosen dolosen Werkzeugs durch den Hintermann" hin (dazu 4.). Keiner dieser Aspekte vermag, um es vorwegzunehmen, eine mittelbar-täterschaftliche Zurechnung der (selbstverdächtigenden) Handlung des Vordermanns R zum Hintermann A dogmatisch zu rechtfertigen. Dass das OLG Stuttgart sich damit auf dem Boden eines streng subjektiven Tatverständnisses bewegt, zeigt eine vom Senat selbst eigenartigerweise nicht gezogene Parallele zu einer Entscheidung des Reichsgerichts (dazu 5.).
Das OLG hat sich für die Annahme mittelbarer Täterschaft in einem ersten Schritt auf das "Verantwortungsprinzip" bezogen und ausgeführt, es komme "darauf an, ob der Hintermann die Tatherrschaft im Sinne der Herrschaft über das Ob und Wie der Tatbestandsverwirklichung, unter Umständen auch nur den Willen zur Tatherrschaft, sowie ein eigenes Tatinteresse hatte". Tatherrschaft des Hintermanns könne "auch im Fall eines objektiv tatbestandslos handelnden Tatmittlers wie hier gegeben sein."[18] An diesen Ausführungen fällt zunächst auf, dass das OLG zwar den Begriff "Verantwortungsprinzip" in den Raum stellt, aber nicht erläutert, was es darunter versteht und unter welchen Voraussetzungen fehlende "Verantwortung" beim Vordermann mittelbar-täterschaftliche Verantwortung des Hintermanns begründen soll bzw. unter welchen Voraussetzungen der Hintermann für das Handeln des Vordermanns qua Zurechnung "Verantwortung" tragen soll. Zu der definitions- und begründungslosen Verwendung des Begriffs "Verantwortungsprinzip" passt es denn auch, dass sich mit ihm im vorliegend entschiedenen Sachverhalt keine mittelbar-täterschaftliche Zurechnung begründen lässt.
Grob gesprochen und ungeachtet unüberschaubar vieler Streitigkeiten im Detail lebt das in § 25 Abs. 1 Var. 2 StGB nur ganz unscharf mit Begehung der Tat "durch einen anderen" umrissene Prinzip der mittelbaren Täterschaft davon, dass der Hintermann als präsumtiver mittelbarer Täter den Vordermann, den präsumtiven Tatmittler, als "menschliches Werkzeug" einsetzt und er sich deshalb qua Zurechnung des Handelns des Vordermanns behandeln lassen muss, als hätte er die zuzurechnende Handlung selbst vorgenommen. Damit von einem solchen Einsatz des Vordermanns als "menschlichem Werkzeug" die Rede sein kann, muss der Vordermann einerseits sich in einem Defekt befinden, der eine strukturelle Unterlegenheit gegenüber dem Hintermann mit sich bringt, und andererseits sich diesen Defekt auch zunutze machen, den Vordermann also gleichsam "beherrschen". Der Aspekt des Verantwortungsprinzips – so man dieses Prinzip denn für zurechnungstragend halten möchte – bezieht sich dabei auf den "Defekt" des Vordermanns, der verantwortungsausschließend (oder zumindest -reduzierend) wirkt. Diesen Defekt erblickt das OLG offenbar darin, dass das Handeln des Vordermanns R den Tatbestand des § 164 Abs. 2 StGB und auch keinen sonstigen Straftatbestand des Besonderen Teils erfüllt: Für die mittelbar-täterschaftliche Zurechnung spreche "zunächst das sog. Verantwortungsprinzip, denn der Angeklagte R ist nicht als Täter nach § 164 Abs. 2 StGB verantwortlich, weil er nicht einen anderen, sondern sich selbst bei der Behörde angezeigt hat."[19]
Der schlagworthaften Nennung des "Verantwortungsprinzips" hat das OLG zwei Sätze später die Äußerung zur Seite gestellt, es könne "(d)ie Tatherrschaft des Hintermanns … auch im Fall eines objektiv tatbestandslos handelnden Tatmittlers wie hier gegeben sein." Auch diese Bezugnahme auf das objektiv tatbestandslos handelnde Werkzeug erweckt im Zusammenspiel mit dem vorstehenden Zitat den Eindruck, als erblicke das OLG den zurechnungsbegründenden Defekt des Vordermanns R darin, dass dieser den objektiven Tatbestand des § 164 Abs. 2 StGB nicht erfüllt hat. Tatsächlich wird verbreitet, wenn auch mit erheblichen Differenzen im Detail, bei einem Werkzeug, das den objektiven Tatbestand nicht erfüllt, weil es die Tat gleichsam gegen sich selbst begeht, die Möglichkeit einer mittelbar-täterschaftlichen Verantwortung eines hinter dieser Selbstschädigung stehenden
Hintermanns angenommen. Indes kann – entgegen der missverständlichen Bezeichnung als "mittelbare Täterschaft bei tatbestandslos handelnden Werkzeugen" – mittelbare Täterschaft nicht oder jedenfalls nicht allein darauf gestützt werden, dass der Vordermann den objektiven Tatbestand nicht erfüllt. Im Wesentlichen besteht nämlich seit der Sirius-Entscheidung des BGH[20], in der der BGH die Grenze zwischen einer straflosen Teilnahme an einer objektiv tatbestandslosen Selbsttötung und einer mittelbar-täterschaftlich bewirkten (Fremd-)Tötung des Opfers gezogen hat – ungeachtet aller Detaildifferenzen Konsens darin, dass es für die Annahme mittelbarer Täterschaft darauf ankommt, ob das sich selbst schädigende Werkzeug – hier der sich selbst bezichtigende Vordermann R – zusätzlich in einem zurechnungsbegründenden (Irrtums- oder Nötigungsherrschaft vermittelnden) Defekt handelt. Dass die Tatbestandslosigkeit der Selbstbezichtigung des Vordermannes R noch keinen solchen die mittelbar-täterschaftliche Handlungszurechnung zum Hintermann A rechtfertigenden Defekt darstellt, zeigt sich daran, dass die Frage, unter welchen Voraussetzungen in den Selbstschädigungsfällen ein zurechnungsbegründender Defekt vorliegt, nach ganz überwiegender Ansicht unter Heranziehung derselben Kriterien beantwortet werden soll, bei deren Vorliegen eine mittelbar-täterschaftliche Fremdschädigung (scil. eines Dritten) gegeben ist.[21] Mit einem zurechnungsbegründenden Defekt in diesem Sinne hat es nichts zu tun, dass das Handeln des Werkzeugs vom Gesetz als tatbestandslos bewertet wird (dazu näher unter 4.), andernfalls jede Förderung oder Herbeiführung einer fremden (tatbestandslosen) Handlung, insbesondere einer Selbstschädigung als mittelbar-täterschaftliche Fremdschädigung strafbar sein müsste, wodurch ein Teilnahmeverhalten systemwidrig stets zur Täterschaft aufrücken und der Grundsatz der limitierten Teilnahmeakzessorietät aufgelöst würde. Allein daraus, dass die nach § 164 Abs. 2 StGB nicht tatbestandsmäßige Selbstbezichtigung des R nicht unter ein Strafgesetz subsumiert werden kann, ergibt sich also noch nicht, dass das Verhalten des Hintermannes A – das für sich genommen ein nachgerade typisches "Bestimmen" i.S.d. § 26 StGB darstellt – zur mittelbaren Täterschaft "hochgestuft" werden kann.
aa) Der Gedanke der Tatherrschaft, auf den sich das OLG bereits im Zusammenhang mit der Nennung des Verantwortungsprinzips bezogen hatte, tritt in der weiteren Begründung der mittelbar-täterschaftlichen Handlungszurechnung noch in einem anderen Zusammenhang auf: Für den Senat kommt es "(e)ntscheidend … darauf an, ob der Hintermann die Tatherrschaft im Sinne der Herrschaft über das Ob und Wie der Tatbestandsverwirklichung, unter Umständen auch nur den Willen zur Tatherrschaft, sowie ein eigenes Tatinteresse hatte"[22]. Bereits an dieser Stelle der Begründung fällt auf, dass das OLG auffälliger Weise mit dem Willen zur Tatherrschaft sowie vor allem mit dem eigenen Tatinteresse des A Täterschaftskriterien der den Tatherrschaftsgedanken an sich desavouierenden sog. subjektiven Tätertheorie genannt und diese Täterschaftskriterien dem Tatherrschaftsprinzip zur Seite gestellt hat, ohne zu sagen, wie sich diese unterschiedlichen Kriterien zueinander verhalten. Stellt man diese Bedenken aber vorläufig zur Seite (zu ihnen unten 5.), so interessiert vor allem, auf welche Weise das OLG – über den für sich genommen nicht tragfähigen rechtlichen Umstand hinaus, dass R keinen Straftatbestand erfüllte – die Steuerungsherrschaft des Hintermanns A über den Vordermann R begründet hat. Der Senat führt hierzu aus:[23]
"Der Angeklagte A ist im vorliegenden Fall mittelbarer Täter, weil er im Wege einer wertenden Zuschreibung Tatherrschaft und Wille zur Tatherrschaft hatte und die Tat allein in seinem Interesse begangen wurde. Er nahm auf die Tatbegehung dadurch Einfluss, dass er dem Angeklagten R die an ihn gelangten Schreiben der Bußgeldbehörde mit den Daten zur Ordnungswidrigkeit übergab, nachdem er den Tatplan mit ihm vereinbart hatte. Obwohl R die Schriftstücke alleine ausfüllte und an die Bußgeldbehörde übersandte, hielt der Angeklagte A die Herrschaft über den Geschehensablauf gleichwohl weiter auch selbst in der Hand, weil er sich zu jedem Zeitpunkt an die Bußgeldbehörde wenden und den wahren Sachverhalt offenbaren konnte. Da die Tat allein seinem Interesse diente, den Rechtsfolgen der von ihm begangenen Verkehrsordnungswidrigkeit zu entgehen, beherrschte er auch das Handeln des Angeklagten R. Denn die Annahme, dass R ihm bei einer Aufgabe des Tatvorhabens Widerstand entgegengesetzt hätte, liegt mangels irgendeines eigenen Interesses von R an der Tatbegehung fern."
bb) Für den Moment soll außer Betracht bleiben, dass das OLG auf den Willen des A zur Tatherrschaft und sein Interesse am Gelingen der Tat abgestellt und damit – zumindest auch – tatherrschaftsneutrale Kriterien berücksichtigt hat; vorläufig soll nur behandelt werden, dass der Senat dem Hintermann A Tatherrschaft über die Verdächtigungshandlung des Vordermanns R beigemessen hat. Indessen kann ein Beherrschungsverhältnis zwischen dem Hintermann A und dem Vordermann R, das sich als tatherrschaftlichen charakterisieren ließe, entgegen der Ansicht des OLG weder mit den Mitwirkungshandlungen des A begründet werden noch damit, dass A jederzeit gegenüber der Bußgeldbehörde den wahren Sachverhalt hätte offenbaren können. Dass dieser "auf die Tatbegehung dadurch Einfluss (nahm), dass er dem Angeklagten R die an ihn gelangten Schreiben der Bußgeldbehörde mit den Daten zur Ordnungswidrigkeit übergab, nachdem er den Tatplan mit ihm vereinbart
hatte", stellt nach allgemeinen Regeln nicht mehr dar als eine typische Hilfeleistung i.S.d. § 27 Abs. 1 StGB und damit eine bloße Beihilfehandlung, die aber keine Herrschaft über die konkrete Verwendung der übergebenen Materialien vermittelt. Auch die Möglichkeit, das Geschehen durch Offenbarung gegenüber der Bußgeldbehörde zu stoppen, begründet keine Tatherrschaft des Hintermanns A, denn eine solche Interventionsmöglichkeit haben Gehilfen und Anstifter regelmäßig auch; damit ist nur die negative Seite als eine von mehreren Aspekten des Tatherrschaftsprinzips bezeichnet[24], nicht aber der mittelbar-täterschaftliche Handlungsherrschaft erst vermittelnde positive Aspekt der steuernden Einwirkung auf den Tatmittler. Die Möglichkeit, das Gelingen der Tat zu verhindern, ist regelmäßig jeder Tatbeteiligung immanent und kann deshalb nichts zur Abgrenzung von (mittelbarer) Täterschaft und (haupttatloser und damit strafloser) Beteiligung des Hintermanns A beitragen.[25] Überhaupt zeigt die verräterische Verwendung des der Mittäterschaftsdogmatik entstammenden Begriffs "Tatplan" in der Begründung des OLG, dass auch dieses von einem deliktischen Übergewicht des Hintermanns A, das diesem Wissens- oder Willensherrschaft zuweisen würde, nicht ernsthaft ausgeht.
Dieser verräterischen Formulierung entspricht es, dass von einem defektinduzierten "In-der-Hand-Halten" des Vordermanns R durch den Hintermann A nicht die Rede sein kann; der Vordermann R hatte die Situation völlig erfasst und tätigte die Verdächtigungshandlung auf sich allein gestellt. Dass sein Verhalten unter keinen Straftatbestand des Besonderen Teils fällt, ist – wie die Anstiftungsähnlichkeit des Verhaltens des A zeigt – kein Grund, dem Hintermann Herrschaft über ihr Handeln zu attestieren;[26] im Gegenteil besteht zwischen dem Hintermann A und dem Vordermann R ein "rein juristisch–dogmatischer Rangunterschied", der für sich genommen "keine messbare Tatmacht begründet"[27], die es rechtfertigen könnte, das freiverantwortliche Handeln des Vordermannes gleichsam zu "überspringen" und unter Außerachtlassung des Regressverbotes dem Handeln des Hintermanns (mittelbar-)täterschaftliche Qualität beizumessen. Ob jemand ein taugliches Tatobjekt bezichtigt oder ein Geschehen über einen Tatmittler beherrscht, sind fundamental unterschiedliche Themen; ersteres ist eine Frage der rechtlichen Bewertung eines Verhaltens, letzteres ein Problem der Handlungs- oder Antriebssteuerung, und damit eine Frage der (subjektiven) Zurechnung, auf die allein sich ein defektbegründetes Herrschaftsverhältnis beziehen kann. Würde man demgegenüber mit dem OLG Stuttgart jedes "Deliktsminus" des Vordermanns – in casu die fehlende Tatbestandsmäßigkeit der Selbstbezichtigung – für Steuerungsherrschaft ausreichen lassen, so würde die mittelbare Täterschaft zu einer Art "Ausfallhaftung" für fehlende Strafbarkeit des Vordermanns[28] degradiert und damit praeter legem eine zur Täterschaft erhobene dritte Teilnahmeform etabliert. Bewertungsmängel wie die fehlende Straftatbestandsmäßigkeit des Vordermanns R können deshalb nicht steuerungsherrschaftsbegründend wirken.
Deshalb wäre die mit der mittelbaren Täterschaft verbundene Ausnahme vom Regressverbot nur mit einem Zurechnungsmangel des Vordermanns zu begründen, und an einem solchen fehlt es in der Person des R: Wo der Vordermann alle Tatumstände kennt und auch sonst kein freiheitseinschränkendes Defizit vorliegt, dort lässt sich über ihn keine Wissens- oder Willensherrschaft begründen, ganz gleich ob von seiner Verdächtigungshandlung ein taugliches Tatobjekt betroffen ist. Im Ergebnis kann ein herrschaftsbegründender Defekt der oben geforderten Qualität in Bezug auf R somit nicht darin gesehen werden, dass dieser selbst keinen anderen, sondern allein sich selbst wahrheitswidrig verdächtigte.
Nachdem ein an der faktischen Steuerung orientiertes Verständnis des Tatherrschaftsgedanken eine mittelbar-täterschaftliche Zurechnung der Verdächtigungshandlung des R zu A nicht leisten kann, hätte es nahegelegen, den Hintermann A als bloßen "Quasi–Anstifter" zu einer nicht tatbestandslosen Handlung des Vordermanns R freizusprechen. In gleicher Weise wäre dann mit R zu verfahren gewesen, weil dessen Beihilfestrafbarkeit (auch, s.o. II.) dadurch zusammenbricht, dass eine straftatbestandsmäßige und damit beihilfefähige (mittelbar-täterschaftliche) Haupttat des A nicht zu konstruieren ist. Das OLG ist anders verfahren und hat in einem weiteren Begründungsschritt auf eine (vermeintliche) Parallele des vorliegenden Falls zur mittelbaren Tatbegehung durch ein qualifikationslos-doloses Werkzeug verwiesen, indem es zur Begründung einer hervorgehobenen Stellung des Hintermannes auf eine "wertende Betrachtung" abgestellt und zur Rechtsfigur der mittelbaren Täterschaft durch ein qualifikationslos-doloses Werkzeug ausgeführt hat:
"Auch dort verwirklicht der unmittelbar Handelnde den objektiven Tatbestand nicht, weil ihm eine persönliche Eigenschaft fehlt, die der Straftatbestand voraussetzt. Der Hintermann, der über diese Eigenschaft verfügt und den Tatmittler zur Tat veranlasst hat, ist dann als mittelbarer Täter verantwortlich."[29]
Diese Bezugnahme, die eigenartig unverbunden neben den sonstigen Begründungsschritten steht, zeigt, dass dem OLG bei der Annahme einer faktisch-tatherrschaftlichen Steuerung des Vordermannes R durch den präsumtiven mittelbaren Täter A nicht ganz wohl zumute gewesen sein dürfte, andernfalls es einer – wenn auch nur eher beiläufig daherkommenden – Ergänzung
unter Bezugnahme auf das qualifikationslos-dolose Werkzeug nicht bedurft hätte, dessen Tatmittlertauglichkeit anerkanntermaßen nicht auf einer faktisch-realen Steuerung beruht, sondern – je nach Standpunkt[30] – auf einem normativen oder an sozialen Gegebenheiten orientierten Tatherrschaftsverständnis, dessen Vertreter die Zurechnungsfigur des in der Rechtsprechung bislang nur vereinzelt verwendeten[31] und niemals argumentativ unterlegten qualifikationslos-dolosen Werkzeugs[32] heranziehen, um bei Sonderdelikten die Spaltung von Sondereigenschaft des Hintermanns und Tathandlungsvonahme des Vordermanns zu überbrücken (wobei der Extraneus als Gehilfe des Intraneus zu bestrafen sein soll). Die eine mittelbar-täterschaftliche Zurechnung rechtfertigende Überlegenheit des Sonderpflichtigen beim Einsatz eines nicht sonderpflichtigen Dritten resultiert bei dieser Sicht daraus, dass nur der sonderpflichtige Intraneus es kraft seiner Sondereigenschaft in der Hand habe, das Geschehen zu einem deliktischen zu machen.[33] Dass dieser Begründung hinkt, weil sie zirkulär ist, liegt auf der Hand – ob dem Geschehen überhaupt strafrechtliche Relevanz qua "normativer" bzw. "sozialer" Tatherrschaft zukommt, steht gerade in Frage. Mit der (seinerseits begründungslosen) Annahme der deliktische Qualität des Zusammenspiels von Sonderpflichtigem und Drittem wird vorausgesetzt, was erst zu begründen wäre.[34]
Aber auf die demnach zweifelhafte Zurechenbarkeit des Handelns eines qualifikationslos-dolosen Werkzeugs kommt es für den vorliegenden Fall nicht einmal an. Die vom Senat gezogene Parallele zur Zurechnungsfigur des qualifikationslos-dolosen Werkzeugs – deren Tragfähigkeit übrigens entgegen der Behauptung des OLG keineswegs unstreitig ist[35] – liegt nämlich schon deshalb neben der Sache, weil im Fall des OLG Stuttgart der Hintermann A gerade keine tatbestandlich hervorgehobene Stellung hatte, die für die ansonsten ausschließlich im Bereich der Sonderdelikte diskutierte mittelbare Täterschaft des Intraneus für maßgeblich erachtet und dessen – "sozial" oder "normativ" verstandene – Tatherrschaft begründen soll. Die falsche Verdächtigung ist ein Gemeindelikt und gerade kein Sonderdelikt. Die einzige Eigenschaft, über die der Hintermann A im Unterschied zu Vordermann R verfügte, war der Umstand, dass R im Verhältnis zu A ein "anderer" i.S.d. § 164 Abs. 2 StGB war. Dabei handelte es sich aber um eine Eigenschaft, die A im Tatzeitpunkt mit ungefähr sechs Milliarden Menschen teilte und die damit kaum und auch bei der vom Senat für maßgeblich erachteten "wertenden Betrachtung" nicht als sondereigenschaftsähnlich gelten kann. Die Eigenschaft des Hintermanns A, nicht der Vordermann R zu sein, ist deshalb entgegen der Annahme des Senats[36] gerade keine besondere "persönliche Eigenschaft (…), die der Straftatbestand voraussetzt." Bereits daran ist zu ersehen, dass – unabhängig davon, was man von der Rechtfigur des qualifikationslosen Werkzeugs halten mag – das OLG verfehlt auf das Fehlen einer Eigenschaft beim Vordermann abgestellt hat, anstatt die Stellung des Hintermanns näher in den Blick zu nehmen. Der für die angebliche Parallele zur mittelbar-täterschaftlichen Tatbegehung durch ein qualifikationslos-doloses Werkzeug herangezogene Aspekt des Fehlens einer bestimmten Eigenschaft beim Vordermann hängt demgemäß im Fall des OLG Stuttgart in der Luft.
Dass der Sachverhalt des OLG Stuttgart mit den Konstellationen der mittelbaren Tatbegehung durch ein qualifikationslos-doloses Werkzeug nicht verglichen werden kann, zeigt auch ein Seitenblick auf die zur Begründung dieser Rechtsfigur zunehmend vertretene Pflichtdeliktslehre: Diese verzichtet offen darauf, die mittelbare Täterschaft des intran-sonderpflichtigen Hintermanns mit einer Normativierung des Tatherrschaftgedankens zu begründen und stellt darauf ab, dass der Hintermann schon kraft einer der Norm vorgelagerten und nur ihm auferlegten besonderen Pflicht ("Sonderpflicht") zur
Zentralgestalt des tatbestandsmäßigen Geschehens und damit mittelbarer Täter werde.[37] Hinreichend für die Zuordnung als täterschaftlich ist für die Pflichtdeliktslehre somit die Stellung des Täters als eines tatbestandlich–sonderpflichtigen Subjekts; indem die Sondereigenschaft an die Stelle der Tatherrschaft tritt, wird auf letzteres Kriterium für die Sonderdelikte der Sache nach verzichtet.[38] Bei § 164 StGB handelt es sich aber unstreitig um ein Allgemeindelikt, das prinzipiell von Jedermann begangen werden kann und bezüglich dessen die Täterschaft gerade nicht vom Bruch einer der Verhaltensnorm vorgelagerten außerstrafrechtlichen Sonderpflicht abhängt.[39] Einer besonderen Pflichtenbindung unterlag A auch als Beschuldigter des Ordnungswidrigkeitenverfahrens gerade nicht. Zwar ist es richtig, dass sich aus der Beschuldigtenstellung kein Recht ergibt, andere aktiv einer Straftat zu bezichtigen; jedoch trifft auch die Pflicht, entsprechende Bezichtigungen zu unterlassen, jeden Rechtsunterworfenen und damit den Hintermann A nicht spezifisch in seiner Eigenschaft als Beschuldigen des Ordnungswidrigkeitenverfahrens. Für das Allgemeindelikt des § 164 StGB entbehrt der Verweis des OLG auf die Parallele zum qualifikationslos-dolosen Werkzeug und der damit sachlich einhergehende Verzicht auf die Anwendung der – in casu nicht vorliegenden – Voraussetzungen der Tatherrschaft jeder dogmatischen Rechtfertigung.
Sachlich läuft die Konstruktion des OLG Stuttgart unter der Hand auf eine als verbrämte Verabschiedung jeglichen Tatherrschaftsdenkens hinaus. Tatsächlich ist es mit dem Gedanken des "In-der-Hand-Haltens des tatbestandlichen Geschehensablaufs" unvereinbar, den Hintermann A als Täter einer Tat zu behandeln, die er aufgrund seines daraus Interesses an der Freihaltung von staatlichen Maßnahmen allein täterschaftlich verwirklicht haben soll. Eine normative Begründung der Tatherrschaft des A, wie sie dem OLG "im Wege einer wertenden Zuschreibung" vorschwebt,[40] fällt, wie sogleich (5.) näher zu erläutern ist, aus kriminalpolitischen Erwägungen in die extrem subjektive Tätertheorie zurück,[41] nach der sich die Abgrenzung zwischen Täterschaft und Teilnahme allein nach dem Interesse am Gelingen der Tat richtete.[42] Bei der Vorgehensweise des Senats handelt es sich, rundheraus gesagt, um eine "reine Zweckkonstruktion" zum Zwecke der Schließung perhorreszierter und kriminalpolitisch unerwünschter Strafbarkeitslücken.[43] Die mittelbare Täterschaft wird bei einem solchen Verständnis funktionswidrig als "Lückenfüller" benützt, um ein kriminalpolitisch unerwünschtes Ergebnis, nämlich die Nichtanwendbarkeit des § 164 Abs. 2 StGB, zu verhindern.
Nachdem sich gezeigt hat, dass weder mit einem traditionell an der faktischen Beherrschung eines menschlichen Werkzeugs orientierten Tatherrschaftsverständnis noch mit einer normativierenden Parallele zum qualifikationslos-dolosen Werkzeug die Zurechnung der Handlung des R zum Hintermann A geleistet werden kann, kommt der Berufung des OLG auf die subjektiven Kriterien des "Willen(s) zur Tatherrschaft" sowie des "eigene(n) Tatinteresse(s)" des Hintermanns A eine gesteigerte Bedeutung zu. In diesem Zusammenhang erstaunt es, dass der Senat zur Begründung seines Ergebnisses nicht auf eine – soweit ersichtlich, thematisch einzig vergleichbare – Vorläuferentscheidung des RG aus dem Jahre 1908[44] rekurriert hat, in der eine Tatbegehung des Hintermanns "durch einen anderen" i.S.d. heutigen § 25 Abs. 1 Var. 2 StGB gerade deshalb angenommen wurde, weil der Vordermann im Verhältnis zu sich selbst kein "anderer" war.
In dem Sachverhalt, der dem Urteil des V. Strafsenats des RG zugrundelag, das eine Revision gegen die Verurteilung wegen Ehrschutzdelikte betraf, hatte der Angeklagte dem geschädigten Landrat ein Schreiben zugesandt, das gegen diesen gerichtete ehrschädigende Tatsachenbehauptungen enthielt. Der Landrat legte, wie es den gesetzlichen Vorgaben entsprach und wie es der Angeklagte vorhersah, das Schreiben einer Steuerveranlagungskommission vor. Das Landgericht Trier als Vorinstanz hatte in der Zusendung des Schreibens eine Beleidigung (§ 185 StGB) gesehen und ferner wegen einer von dem Angeklagten durch den Geschädigten begangenen Üblen Nachrede (§ 186 StGB) verurteilt. Das RG fand diesen Schuldspruch rechtsfehlerfrei und hielt dafür, dass von den in dem Schreiben enthaltenen ehrenrührigen Tatsachenbehauptungen die Mitglieder der Steuerveranlagungskommission – Dritte i.S.d. § 186 StGB – erst durch den Geschädigten selbst Kenntnis erhielten, stehe der Annahme einer üblen Nachrede nicht entgegen. Da der
Geschädigte nicht Täter oder Teilnehmer des § 186 StGB sein könnte und weil es zum Pflichtenkreis des Geschädigten als des Vorsitzenden der Steuerveranlagungskommission, habe der Angeklagte als Absender des Schreibens die Tat begangen, wobei ohne Belang und praktische Bedeutung sei, ob die Begehungsform der Tat als – seinerzeit nicht gesetzlich geregelte, aber als Rechtsfigur weithin anerkannte – mittelbare Täterschaft anzusehen sei.[45] Jedenfalls könne "auch (…) von mittelbarer Täterschaft gesprochen werden, insofern bei vorhandenem äußeren Tatbestande Täterwille nur auf Seiten des als Beleidiger in Betracht kommenden gegeben sein kann, während auf Seiten des anderen schon objektiv die rechtliche Möglichkeit ausgeschlossen ist, dass sich die den äußeren Tatbestand vollendende Handlung in seiner Person als strafbare Mitwirkung darstellt, auf seiner Seite also jedenfalls aus diesem Grunde ein Täterwille fehlt."[46]
Die seinerzeitige Entscheidung des RG weist mit der heutigen des OLG Stuttgart in einem wichtigen Punkt eine bedeutsame Gemeinsamkeit auf: Wie in der Entscheidung des OLG Stuttgart ging es auch im Urteil des RG darum, dass mit dem Vordermann – dort dem Landrat – eine Person die Tathandlung vornahm, bezüglich derer die Handlung den objektiven Tatbestand – dort des § 186 StGB – aus Rechtsgründen nicht erfüllte, weil sich die ehrenrührige Tatsachenbehauptung gegen diese Person – den Landrat – selbst richtete und nicht gegen eine andere; für den handelnden Landrat richtete sich die ehrenrührige Tatsachenbehauptung damit nicht gegen ein taugliches Tatobjekt, wohl aber war er aus der Perspektive des Angeklagten als des präsumtiven mittelbaren Täters des § 186 StGB ein taugliches Tatobjekt. Mit den Worten des RG:
"Es bedarf ferner keiner Ausführungen, dass die Mitglieder der Veranlagungskommission im Verhältnisse zum Angeklagten als Beleidiger und im Verhältnisse zum Landrat als Beleidigtem Dritte sind und dass sich daher die gegen den Landrat gerichteten Behauptungen – ihnen gegenüber aufgestellt – als Behauptungen in Beziehung auf einen anderen, eben den Landrat, darstellen."[47]
Aber mit dieser strukturellen Übereinstimmung im Sachverhalt enden die Gemeinsamkeiten bereits, denn die Begründungen weisen erhebliche Abweichungen auf. An der Entscheidung des RG fällt im entscheidenden Punkt auf, dass das vom OLG Stuttgart für jedenfalls mitentscheidend gehaltene Kriterium, dass der Vordermann R keinen Straftatbestand erfüllt und deshalb aus objektiven Gründen ein Defizit aufweise, vom RG nicht oder jedenfalls nicht explizit als maßgeblich angesehen wird. Das RG akzentuierte demgegenüber mit dem Fehlen des Täterwillens bei dem Landrat, den es als tatbestandslos handelndes Werkzeug ansah, ein subjektives Kriterium und begründete dieses Fehlen gerade mit der Tatbestandslosigkeit von dessen Handeln.[48] Umgekehrt war, so wird man den V. Strafsenat des RG zu verstehen haben, der Täterwillen des angeklagten Hintermanns daraus zu folgern, dass in dessen Person die rechtlichen Voraussetzungen des § 186 StGB vorliegen: Es bildete "der Umstand, dass eine Handlung lediglich in der Person eines anderen als des Handelnden einen strafbaren Tatbestand begründen würde, an sich kein rechtliches Hindernis für den Handelnden, die Handlung vorzunehmen. (…) Für den Tatbestand des § 186 StGB konnte es (…) nur noch darauf ankommen, ob die Mitteilung zugleich im Willen des Angeklagten lag und insofern von seinem Vorsatze umfasst war."[49] Während das OLG Stuttgart heute die Tatbestandslosigkeit des Handelns des Vordermanns R über die Tatherrschaft als Zurechnungskriterium einführt, begründete für das RG die Tatbestandslosigkeit beim Vordermann den Täterwillen des Hintermanns. Auch wenn man den abweichenden Ansatz des OLG Stuttgart als Ergebnis einer Hinwendung der Rechtsprechung zum Tatherrschaftsgedanken ansehen möchte, so fällt dennoch auf, das OLG mit der Tatbestandslosigkeit der Selbstbezichtigung des Vordermanns R in der Sache denselben Gesichtspunkt wie das RG für maßgebend erachtet und mit ihm die (mittelbar-)täterschaftliche Zurechnung begründet hat.
So wenig man dem in der Entscheidung des RG zutage tretenden extrem subjektiven und längst überwunden geglaubten Tat- und Täterschaftsverständnis folgen möchte, so sehr enthüllt die verbal verdeckte inhaltliche Parallelität der Entscheidungen, worum es auch dem OLG Stuttgart in der Sache geht: Da die bußgeldvereitelnde Handlung des Vordermanns R im primären Interesse des Hintermanns A lag, war diesem die Handlung des Vordermanns zuzurechnen. Anders als das RG sah sich das OLG Stuttgart aber genötigt, als Zugeständnis an den heutigen Stand der Dogmatik der mittelbaren Täterschaft eine – wie gesehen, nicht tragfähige – Parallele zu den Rechtsfiguren des qualifikationslos- bzw. absichtslos-dolosen Werkzeugs zu ziehen. Warum sich das OLG nicht darüber hinaus ausdrücklich auf die thematisch einzig einschlägige Vorläuferentscheidung des RG, sondern nur auf eine zum absichtslos-dolosen Werkzeug ergangene Entscheidung[50] bezogen hat,[51] bleibt das Geheimnis des Senats; womöglich wollte man sich nicht allzu sehr mit einem extrem subjektiven Täterschaftverständnis exponieren. Die Parallele zur reichsgerichtlichen Vorläuferentscheidung zeigt jedenfalls, dass hinter dem Urteil des OLG ein mit Ausführungen zum Tatherrschaftsgedanken verbrämtes, längst überwunden geglaubtes extrem subjektives Tat- und Täterverständnis steht, das dogmengeschichtlich einen "roll back" in einen normtheoretisch unhaltbaren Standpunkt bedeutet.
Nachdem sich die Zurechnung der Verdächtigungshandlung des Vordermanns R zum Hintermann A nicht auf das Tatherrschaftsprinzip stützen lässt und das vom OLG Stuttgart in der Sache angewandte extrem subjektive Tat- und Täterschaftsverständnis mit der dem restriktiven Tatbegriff der §§ 25 ff. StGB nicht zu vereinbaren ist, hängt die Richtigkeit der Entscheidung, was das Ergebnis zum Bestehen einer Zurechnungsgrundlage betrifft, davon ab, ob sich die in Frage stehende Handlungszurechnung auf einen anderen Gedanken als den der Tatherrschaft stützen lässt.
Einen solchen Gedanken, der in der Sache auf eine dogmatische Fundierung des subjektiv-täterschaftliche Interessenkriteriums hinausläuft, hat Volker Haas – freilich sehr allgemein und ohne irgendeinen Zusammenhang mit dem vorliegenden Fall – geäußert, indem er die gemeinrechtliche Lehre vom mandatum wiederbelebt hat. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass der Auftraggeber einer Tat nach dem Grundsatz "Nam quis per alium facit, per se ipsum facere censetur" behandelt wird, als hätte er die fragliche Tat selbst und eigenhändig vorgenommen.[52] Insoweit mit Recht verweist Haas darauf, dass das Handeln für einen anderen ein allgemeines Zurechnungsprinzip darstellt, das "auch außerhalb des Strafrechts unter anderem im Bereich der Rechtsgeschäftslehre, im Bereicherungsrecht zur Definition von Leistungsbeziehungen oder auch im Delikts- beziehungsweise Gesellschaftsrecht bei der Zurechnung von Realakten der Organe gegenüber juristischer Personen Anwendung" findet.[53] Für die mittelbare Täterschaft sei der Auftrag, d.h. das Tätigwerden des Vordermanns aufgrund einer vertragsähnlichen Abrede mit dem Hintermann, der Grund der Verhaltenszurechnung. Das Verhalten des Vordermannes stelle sich als Beihilfehandlung dar.
Haas ´ Vorschlag hat für sich, dass sämtliche Formen der mittelbaren Täterschaft – neben den Problemfällen des qualifikationslos- bzw. absichtslos-dolosen Werkzeugs insbesondere auch der des organisatorischen Machtapparats – auf einen einzigen Zurechnungsnenner zurückgeführt werden können, nämlich auf den Willen desjenigen, der die Begehung der Tat veranlasst hat; hieran zeigt sich die Nähe des Haasschen Vorschlags zum subjektiv-interessenorientierten Täterverständnis der Rechtsprechung. Aber mit der lex lata der §§ 25 Abs. 1 Var. 2, 26 StGB ist dieses Konzept nicht zu vereinbaren. Die Beauftragung eines anderen stellt den Prototyp eines Bestimmungsverhaltens und damit einer Anstiftung (§ 26 StGB) dar und kann deshalb nicht zugleich als mittelbar-täterschaftlich eingestuft werden. Wenn nämlich jedes Tätigwerden aufgrund eines Mandats der mittelbar-täterschaftlichen Zurechnung unterfiele, blieben als Anwendungsfälle für das Bestimmen i.S.d. § 26 StGB allenfalls die Erteilung eines Ratschlags und das Arrangieren einer tatanreizenden Situation übrig. Solche vergleichsweise tatfernen Verhaltensweisen der Anstiftung zuzuschlagen ist erstens mit der tätergleichen Bestrafung des Anstifters und zweitens mit dem Wortlaut des § 26 StGB, der mit der Vokabel "Bestimmen" auf eine gewisse Bindung des Vordermanns an den Willen des Hintermanns abstellt, nicht zu vereinbaren. Vielmehr lässt sich die tätergleiche Bestrafung der Anstiftung nur damit rechtfertigen, dass gerade das Mandat den Prototypen der Anstiftung darstellt. Haas´ Vorschlag führt demgegenüber dazu, dass der – je nach Standpunkt – einzige oder jedenfalls der Hauptanwendungsfall der Anstiftung systemwidrig der mittelbaren Täterschaft zugeordnet wird und es damit zu Verwerfungen im System der Beteiligungsformen kommt, mit denen § 26 StGB (weitgehend) obsolet würde. Zudem würden – worauf bislang kaum hingewiesen wurde[54] – auch die Grenzen des § 14 StGB unterlaufen, der eine Verantwortlichkeit des Handelns für einen anderen explizit auf die dort niedergelegten – hier nicht einschlägigen – Fallgruppen beschränkt. Hat der Gesetzgeber in § 14 StGB die Fallgruppen der (täterschaftlichen) Zurechnung qua Mandats niedergelegt, so ist es dem Rechtsanwender verwehrt, auch außerhalb dieser klar definierten Bereichs das Handeln für einen anderen als Zurechnungsgrund zu etablieren und damit eine Entgrenzung der Zurechnung qua Handelns für einen anderen zu bewirken. Denn damit würde die Vorschrift des § 14 StGB mitsamt den dort aufgeführten Grenzen der Zurechnung des Handelns für einen anderen obsolet.
Aber selbst man im Grundsatz hinzunehmen bereit ist, dass das Handeln des mandatierten Vordermanns R den Hintermann A unabhängig vom Vorliegen der in § 14 StGB festgelegten Voraussetzungen treffen und der Vordermann R durch eben dieses Handeln Beihilfe geleistet haben soll, kann die damit einhergehende – gemessen am "normalen" Tatbild – "Rollenvertauschung" von Täter und Teilnehmer aus systematischen Gründen jedenfalls speziell für den vorliegenden Fall nicht gelten; u.a. wegen dieser Eigentümlichkeit man darf denn auch bezweifeln, dass Haas sein Konzept der Mandatszurechnung auf den vorliegenden Sonderfall anwenden würde.[55]
a) Ein erster Einwand betrifft erneut den Vordermann R und dessen Strafbarkeit. Dem Normzusammenhang der
§§ 164, 145d StGB lässt sich die gesetzgeberische Wertentscheidung entnehmen, dass Verdächtigungs- bzw. Vortäuschungshandlungen nur unter den dort niedergelegten Voraussetzungen straftatbestandsmäßig sein sollen, Verdächtigungshandlungen also nur dann, wenn sie sich gegen einen anderen richten, und Vortäuschungshandlungen nur dann, wenn sie das Vortäuschen einer Straftat betreffen. Zudem wird, wie sich § 258 Abs. 1 StGB entnehmen lässt, die Vereitelung einer hoheitlichen Sanktion nur dann als strafwürdig angesehen, wenn es sich bei der Sanktion um eine Strafe und nicht nur um eine Geldbuße etc. handelt.[56] Zu dieser Wertentscheidung des Gesetzgebers steht es in Widerspruch, eine Verdächtigungshandlung, mit der der Vordermann nur sich selbst und lediglich einer Ordnungswidrigkeit bezichtigt, unabhängig von der Beteiligungsform überhaupt zu bestrafen – und sei es auch nicht als Täter, sondern nur als Gehilfen. Bei der Selbstbezichtigung des R handelt es sich um ein dem Anwendungsbereich der §§ 145d, 258 StGB insoweit abschließend unterworfenes Verhalten; sind deren Voraussetzungen nicht erfüllt, so verbietet sich ein wertentscheidungswidriger Rückgriff auf den auch die Ordnungswidrigkeitenvortäuschung erfassenden § 164 Abs. 2 StGB auch im Teilnahmebereich. Entgegen der Ansicht des OLG Stuttgart ist es also mitnichten "ohne Bedeutung, dass Fälle der vorliegenden Art regelmäßig der Vorschrift des § 145 d Abs. 2 Nr. 1 StGB unterfallen, die im vorliegenden Fall aber nicht erfüllt ist, weil der Tatmittler keine rechtswidrige Tat im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 5 StGB, sondern eine Ordnungswidrigkeit vorgetäuscht hat."[57] Dass dem Regelungskomplex der §§ 164 Abs. 2, 145d, 258 Abs. 1 StGB ein austariertes System strafbaren Bezichtigungs- und Vereitelungsverhaltens zugrundeliegt, das durch ein Ausweichen in den Beihilfebereich eingeebnet würde, hat der Senat im Bemühen um die Konstruktion der kriminalpolitisch gewünschten Bestrafung beider präsumtiver Beteiligter ersichtlich nicht bedacht.
b) Es mag naheliegen, diesem systematischen Einwand, der ja direkt nur den Vordermann als präsumtiven Gehilfen betrifft und auf der gesetzgeberischen Austarierung des Normenkomplexes der §§ 145d, 164, 258 Abs. 1 StGB gründet, dadurch Rechnung zu tragen, dass man das Handeln des Vordermanns – entsprechend den oben II. geäußerten Bedenken – als nicht gehilfenschaftlich bewertet und es damit als straflos ansieht, zugleich aber die Lehre von der Mandatszurechnung auf ihr eigentliches Anliegen – die strafrechtliche Erfassung des Hintermanns – beschränkt, indem man nur diesen, und zwar als mittelbaren Täter bestraft. Dass dies möglich ist, muss – ebenfalls u.a. der Binnensystematik der §§ 164 Abs. 2, 145d Abs. 2 Nr. 1, 258 Abs. 1 StGB wegen – jedoch bezweifelt werden. Denn indem das Gesetz das Handeln des Vordermannes außerhalb des straftatbestandsmäßigen Bereichs platziert, wenn der Vordermann im Bemühen um die Vereitelung einer bloßen Ordnungswidrigkeitensanktion sich selbst einer bloßen Ordnungswidrigkeit bezichtigt, hat es zum Ausdruck gebracht, dass der hierin liegende – gleichsam quasitäterschaftlich–unmittelbare – Angriff des Vordermanns auf das Rechtsgut effektiver und nicht unlauter beeinflusster staatlicher Ermittlungstätigkeit kein strafrechtliches Sanktionsbedürfnis auslöst. Dann kann – a maiore ad minus – ein weniger intensiver, nämlich nur mittelbarer und insbesondere nach allgemeinen Regeln lediglich als anstiftungsähnlich anzusehender Rechtsgutsangriff des Hintermanns erst recht kein Bedürfnis nach einer staatlichen Reaktion mit den Mitteln des Strafrechts auslösen.
Selbst wenn man die soeben aufgezeigten strukturellen Ungereimtheiten hinnehmen möchte und in ihnen keinen zureichenden Grund für eine Straflosigkeit beider Beteiligter oder jedenfalls des Vordermanns R sieht, so treten nach der Lösung des OLG Stuttgart – ganz gleich wie man sie begründen möchte – auf Strafzumessungsebene weitere Wertungswidersprüche auf, die sich nur durch Straflosigkeit beider präsumtiver Beteiligter beseitigen lassen. Dazu muss man sich vergegenwärtigen, dass die Falschverdächtigungsbeihilfe gemäß §§ 164 Abs. 2, 27 Abs. 2, 49 Abs. 1 Nr. 2 StGB bei – wie in casu – wahrheitswidriger Behauptung lediglich einer Ordnungswidrigkeit einen Strafrahmen von bis zu dreidreiviertel Jahren Freiheitsstrafe aufweist, demgegenüber die wahrheitswidrige Behauptung einer Straftat ein Höchstmaß von nur drei Jahren Freiheitsstrafe. Dass bei geringerem Unrechtsgehalt der Verdächtigungshandlung eine höhere Strafrahmenobergrenze bestehen soll und umgekehrt, lässt sich schwerlich begründen. Mit Blick auf den Hintermann A kommt die Ungereimtheit hinzu, dass dieser aus dem Strafrahmen der §§ 145d, 26 mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren zu belegen wäre, würde es sich bei der Handlung des Vordermannes um die wahrheitswidrige Selbstbezichtigung einer Straftat handeln, hingegen – wenn man dem OLG Stuttgart folgt – mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren aus §§ 164 Abs. 2, 25 Abs. 1 Var. 2 StGB für die Lancierung einer bewusst wahrheitswidrigen Selbstbezichtigung mit einer bloßen Ordnungswidrigkeit. In der Bewirkung wesentlich geringeren Unrechts (einer bloßen Ordnungswidrigkeitenbezichtigung) auf Strafrahmenebene eine schwerer ins Gewicht fallende Tat zu sehen, stellt ebenfalls einen nicht erklärbaren Wertungswiderspruch dar. Macht man sich klar, dass die Prinzipien der inneren Ordnung und Einheit des Rechts, mit denen Wertungswidersprüche konflingieren, nicht nur Voraussetzung des Wissenschaftscharakters des Rechts sind, sondern zu den fundamentalen rechtsethischen Forderungen gehören, die ihren Geltungsgrund in der Rechtsidee selbst haben,[58] so hätte das OLG die aufgezeigten Wertungswidersprüche als systematische Auslegungskriterien[59] berücksichtigen und auch und jedenfalls um ihrer Vermeidung willen beide Angeklagte freisprechen bzw. den entsprechenden Freispruch des Landgerichts aufrechterhalten müssen.
Die vorstehenden Überlegungen haben ergeben, dass entgegen der Ansicht des OLG Stuttgart weder das Verhalten des Hintermanns noch das des Vordermanns strafrechtlich zu erfassen ist: Zunächst gibt es keine – auf der Grundlage des dem Beteiligungssystem der §§ 25-27 StGB zugrundeliegenden restriktiven Tatbegriffs aber erforderliche – Grundlage dafür, dem Hintermann A das Handeln des Vordermanns R zuzurechnen; insbesondere nicht tragfähig ist die vom OLG gezogene Parallele zur Figur des qualifikationslos-dolosen Werkzeugs. Liegt damit keine straftatbestandsmäßige Haupttat vor, so kann der Vordermann schon aus diesem Grund nicht als Gehilfe teilgenommen haben. Unabhängig davon scheidet Beihilfe des Vordermanns R auch deshalb aus, weil sich unter der Geltung des Gesetzlichkeitsprinzips (Art. 103 Abs. 2 GG, § 1 StGB) die Vornahme der Tathandlung nicht als unterstützendes "Hilfeleisten" i.S.d. § 27 Abs. 1 StGB begreifen lässt. Aber wenn man sich diesen Einsichten der Dogmatik widersetzt und ein kriminalpolitisches Bedürfnis für die strafrechtliche Erfassung der ordnungswidrigkeitenbezogenen Selbstbeteiligungslüge betont,[60] liegt ein solches Desiderat außerhalb der allein maßgeblichen Strafwürdigkeitsvorstellungen des Gesetzgebers, der im Gesamtregelungskomplex der §§ 145d, 164, 258 StGB allein die unmittelbar rechtsgutgefährliche drittbezogene Ordnungswidrigkeitenlüge als Auslöser eines Sanktionsbedürfnisses mit den Mitteln des Strafrechts erachtet hat. Auch deshalb ist es dem Rechtsanwender versagt, im Wege der "Rollenvertauschung" von Täter und Teilnehmer den anstiftungsähnlichen mittelbaren, nämlich über den Vordermann R verlaufenden Rechtsgutsangriff des Hintermanns A zur Täterschaft hochzustufen. Die Kreation einer solchen Zurechnungsfigur des "Täters hinter dem Teilnehmer" verstößt also nicht nur generell gegen das restriktive Tatverständnis der §§ 25-27 StGB, sondern auch im Besonderen gegen die den §§ 145d, 164, 258 StGB zugrundeliegenden Wertungen. Die Entscheidung des OLG erweist sich damit als falsch; der Senat hätte die Verurteilung des Angeklagten A durch das Landgericht aufheben und A freisprechen sowie hinsichtlich des Angeklagten R das freisprechende Urteil des Landgerichts unter Verwerfung der Revision aufrechterhalten müssen.
[*] Der Beitrag, der Joachim Renzikowski mit herzlichen Geburtstagsglückwunschen zum 05.04.2016 gewidmet ist, wurde nicht in dienstlicher Eigenschaft verfasst und gibt ausschließlich die private Rechtsauffassung des Verfassers wider.
[1] OLG Stuttgart , Urteil vom 23.07.2015 – 2 Ss 94/15, NStZ 2016, 155 = BeckRS 2015, 15501 m. Anm. Hecker JuS 2016, 82; Niehaus DAR 2015, 708; Deutscher ZAP Fach 22 R, 927, 929; ders. StRR 2015, 474; Krenberger zfs 2016, 47, 50; Kunkel jurisPR-StrafR 20/2015 Anm. 4.
[2] OLG Zweibrücken VRS 71, 434; OLG Zweibrücken NStZ 1991, 530; Lenckner/Bosch in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl. 2014, § 164 Rn. 22 f.; Ruß in LK-StGB, 12. Aufl. 2009, § 145d Rn. 9; Valerius in BeckOK-StGB, 30. Ed. 2016, § 164 Rn. 11 f., § 145d Rn. 3, 10.
[3] Vgl. OLG Stuttgart NStZ 2016, 155, 157.
[4] Vgl. etwa Jakobs Strafrecht Allgemeiner Teil, 2. Aufl. 1991, 22/8; Kudlich/Pragal JuS 2004, 791; Roxin FS Stree/Wessels, 1993, S. 365 ff.; Dehne-Niemann ZJS 2008, 351, 362 f.; Jescheck/Weigend Strafrecht Allgemeiner Teil, 5. Aufl. 1996, § 64 I 2.
[5] Zu einem solchen individualschützend-monistischen Rechtsgutsverständnis Ha. Schneider Grund und Grenzen des strafrechtlichen Selbstbegünstigungsprinzips, 1991, 315 ff.; Vormbaum in NK-StGB, 4. Aufl. 2013, § 164 Rn. 10; ders. Der strafrechtliche Schutz des Strafurteils, 1987, S. 449 ff., 458; Hirsch Gedächtnisschrift für Horst Schröder, 1978, S. 307 ff.; ders. ZStW 89 (1977), 940 f.
[6] Zu dieser Konsequenz des Charakters der Teilnahme als eines akzessorischen Rechtsgutsangriffs vgl. etwa Park JuS 1999, 887 (890); Roxin in LK-StGB, 11. Aufl. 1992, Vor § 26 Rn. 2, 33; Kudlich/Pragal JuS 2004, 791 (793); Dehne-Niemann ZJS 2008, 351, 363.
[7] OLG Stuttgart NStZ 2016, 155, 156 f.
[8] OLG Stuttgart NStZ 2016, 155, 157.
[9] BGHSt 5, 66, 68; 9, 240, 242 ff.; 18, 333; BGH StraFo 2013, 79 = HRRS 2013 Nr. 66 Rn. 4; BGH NJW 1965, 1889; zuletzt BGH NJW 2015, 1705 = HRRS 2015 Nr. 358 Rn. 33 m. Bspr. Dehne-Niemann NStZ 2015, 677 u. Krell HRRS 2015, 483; ferner OLG Düsseldorf NJW 1962, 1263; OLG Karlsruhe Die Justiz 1966, 158, 159; Schröder NJW 1965, 1888 ff.; Fischer StGB, 62. Aufl. 2014, § 164 Rn. 2; Jeßberger in Satzger/Schluckebier/Widmaier, StGB, 2. Aufl. 2014, § 164 Rn. 3 f.; Otto Jura 1985, 443; Ruß in LK-StGB, 12. Aufl. 2009, § 164 Rn. 1 ff.
[10] Vgl. Langer Die falsche Verdächtigung, 1973, S. 39 ff.; Deutscher Grundfragen der falschen Straftatverdächtigung (§ 164 Abs. 1 StGB), 1995, S. 31 f.; Rudolphi/Rogall in SK-StGB, § 164 Rn. 1.
[11] So zutr. die Rspr., vgl. BVerfGE 95, 96, 132 ff.; BGHSt. GS 39, 221, 231 f.; BGHSt. GS 40, 167, 168; BGHSt. 42, 235, 241; zust. Dannecker FS Otto, 2007, S. 25, 34 ff.; Jescheck/Weigend Strafrecht Allgemeiner Teil, 5. Aufl. 1996, § 15 III 2 c; Krey Studien zum Gesetzesvorbehalt im Strafrecht, 1977, S. 233 ff.; speziell für die Täterschafts- und Teilnahmevorschriften auch Roxin Strafrecht Allgemeiner Teil, 4. Aufl. 2006, § 5 Rn. 41; Dannecker in LK-StGB, 12. Aufl. 2007, § 1 Rn. 172.
[12] Zur normtheoretischen Selbständigkeit der vom Teilnehmer übertretenen Verhaltensnorm vgl. eingehend Renzikowski Restriktiver Tatbegriff und fahrlässige Beteiligung, 1997, S. 48 f., 127 ff; auch Jakobs Strafrecht Allgemeiner Teil, 2. Aufl. 1991, 22/7; Küper GA 1974, 326 f.; ders. ZStW 105 (1993), 472; Samson Festschrift für Peters, 1974, S. 134 gestehen zu, dass ein Teilnehmer die in den Straftatbeständen des Besonderen Teils umschriebenen Verhaltensnormen nicht (selbst) verletzt.
[13] Vgl. OLG Stuttgart NStZ 2016, 155, 156 (in Kontext der mittelbar-täterschaftlichen Zurechnung): "Im vorliegenden Fall wurden die unmittelbaren Tathandlungen vom Angeklagten R vorgenommen, der auf dem Zeugenfragebogen und dem Anhörungsschreiben der Bußgeldbehörde ein unwahres Geständnis ablegte und seine Erklärungen (…) an die Bußgeldbehörde sandte."
[14] Baumann/Weber/Mitsch Strafrecht Allgemeiner Teil, 11. Aufl. 2003, § 30 Rn. 26 ff.; Baumann JZ 1958, 233 f.; dagegen zu Recht Bloy ZStW 117 (2005), 3, 10; Hoyer in SK-StGB, § 25 Rn. 139; Schünemann in LK-StGB, § 25 Rn. 143; Roxin Strafrecht Allgemeiner Teil Band II, 2003, § 25 Rn. 160; Maurach/Gössel/Zipf/Renzikowski Strafrecht Allgemeiner Teil Band II, 8. Aufl. 2014, § 48 Rn. 108 f.
[15] Vgl. Maurach/Gössel/Zipf/Renzikowski Strafrecht Allgemeiner Teil Band II, 8. Aufl. 2014, § 48 Rn. 3 m. Fn. 5.
[16] OLG Stuttgart NStZ 2016, 155, 156.
[17] Demgegenüber behandeln Jakobs GA 1997, 560 f.; Schild Täterschaft als Tatherrschaft, 1994, S. 24, 28; Schmidhäuser Strafrecht Allgemeiner Teil Lehrbuch, 2. Aufl. 1975, 14/36; Herzberg ZStW 99 (1987), 50 f.; Frister Strafrecht Allgemeiner Teil, 4. Aufl. 2009, 25/8; Puppe GA 2013, 526 f.; Wolf FS Schroeder, 2007, S. 427 f. die mittelbare Täterschaft der Sache nach systemwidrig als einen Unterfall der unmittelbaren Täterschaft, indem sie auf das Handeln des Hintermannes die Regeln der objektiven Zurechnung anwenden wollen und damit das Handeln des Vordermannes als bloßen Kausalfaktor behandeln. Dagegen eingehend und gegen den damit notwendig einhergehenden Verzicht auf die Handlungszurechnung und die Anwendung eines extensiven Tatbegriffs zutreffend Maurach/Gössel/Zipf/Renzikowski Strafrecht Allgemeiner Teil Band II, 8. Aufl. 2014, § 47 Rn. 24 ff., 29 ff., § 48 Rn. 2 f.; Renzikowski Restriktiver Täterbegriff und fahrlässige Beteiligung, 1997, S. 70 ff.; Hoyer in SK-StGB § 25 Rn. 40. – Die Frage, ob die mittelbare Tatbegehung auf dem Prinzip der Zurechnung oder der Kausalität beruht, stellt sich insbesondere beim Versuch; für die hier zugrunde gelegte Zurechnungslösung auch dort konsequent Kadel GA 1983, 307 ff.; Krack ZStW 110 (11998), 628; Kühl JuS 1983, 180; Küper JZ 1983, 361.
[18] OLG Stuttgart NStZ 2016, 155, 156.
[19] OLG Stuttgart NStZ 2016, 155, 156.
[20] BGHSt . 32, 38, 41 f. m. Anm. Roxin NStZ 1984, 70; Sippel NStZ 1984, 357; Schmidhäuser JZ 1984, 195; Bspr. Neumann JuS 1985, 677; Kubiciel JA 2007, 729; abl. zur Subsumtion des BGH und gegen einen Defekt der Geschädigten in der Sirius-Entscheidung Merkel JZ 1999, 502, 505.
[21] Vgl. zu diesen Kriterien eingehend Maurach/Gössel/Zipf/Renzikowski Strafrecht Allgemeiner Teil Band II, 8. Aufl. 2014, § 48 Rn. 87 ff.
[22] OLG Stuttgart NStZ 2016, 155, 156.
[23] OLG Stuttgart NStZ 2016, 155, 156.
[24] Zu diesen (negativen und positiven) Aspekten der Tatherrschaft am Beispiel der Mittäterschaft Küper JZ 1979, 775, 786. – Neben der Sache liegt deshalb die Überlegung von Kunkel jurisPR-StrafR 20/2015 Anm. 4, der mittelbare Unterlassungstäterschaft des Hintermanns R in Betracht zieht.
[25] Vgl. – jeweils ebenfalls zur Abgrenzung von Mittäterschaft und Teilnahme – Roxin Täterschaft und Tatherrschaft, 9. Aufl. 2005, S. 312; Herzberg Täterschaft und Teilnahme, 1977, S. 67; Küper JZ 1979, 775, 786.
[26] Vgl. Renzikowski Restriktiver Tatbegriff und fahrlässige Beteiligung, 1997, S. 92 m.w.N.
[27] Urban Mittelbare Täterschaft kraft Organisationsherrschaft, 2004, S. 97 m. Fn. 341 u.w.N.
[28] Maurach/Gössel/Zipf/Renzikowski Strafrecht Allgemeiner Teil Band II, 8. Aufl. 2014, § 48 Rn. 10.
[29] OLG Stuttgart NStZ 2016, 155, 156.
[30] Zur Unterschiedlichkeit in der Begründung sozialer und normativer Tatherrschaft bei Welzel einerseits und Gallas andererseits vgl. knapp Murmann in Lebendiges und Totes in der Verbrechenslehre Hans Welzels, S. 119, 124.
[31] So – begründungslos – RGSt. 28, 109 f. (zu § 348 Abs. 2 StGB a.F.); vgl. ferner – obiter dictu – BGHSt. 40, 218, 236 = NStZ 1994, 537, wo diese Rechtsfigur offenbar vorausgesetzt wird. Aus der älteren Literatur zu dieser Rechtsfigur im Anschluss an RGSt. 28, 109 etwa Mezger Strafrecht – Ein Lehrbuch, 3. Aufl. 1959, S. 432 m. Fn. 18; v. Liszt/Schmidt, Lehrbuch des deutschen Strafrechts, 26. Aufl. 1932, S. 331; Eb. Schmidt Frank-FG, 1930, Band II, S. 106, 126; Jescheck Strafrecht Allgemeiner Teil, 1. Aufl., 1969, S. 508 f.; Kohlrausch/Lange Strafgesetzbuch mit Erläuterungen und Nebengesetzen, 40. Aufl. 1950, Vor § 47 Vorb. I. B. 2. e); Schönke/Schröder, StGB, 15. Aufl. 1974, Vor § 47 Rn. 26; abl. Spendel FS Lange, 1976, S. 147, 152 ff.
[32] Monographisch Lotz Das "absichtslos/qualifikationslos-dolose Werkzeug": Ein Fall der mittelbaren Täterschaft? Entstehung, Entwicklung und Ende einer umstrittenen Rechtsfigur, 2009, passim mit eingehender Darstellung des Meinungsstandes und der Entwicklung dieser Zurechnungsfigur.
[33] So oder ähnlich etwa Gallas Materialien zur Strafrechtsreform I, 1954, Gutachten, S. 135 f.; Welzel Das deutsche Strafrecht, 11. Aufl. 1969, S. 104; Jescheck/Weigend Strafrecht Allgemeiner Teil, 5. Aufl. 1996, § 62 II. 7.; S. 670; Bockelmann/Volk Strafrecht Allgemeiner Teil, 4. Aufl. 1987, S. 180; Cramer in FS Bockelmann, 1979, S. 389 (398); Herzberg Mittelbare Täterschaft und Anstiftung in formalen Organisationen, in: Amelung (Hrsg.), Individuelle Verantwortung und Beteiligungsverhältnisse bei Straftaten in bürokratischen Organisationen des Staates, der Wirtschaft und der Gesellschaft, 2000, S. 33 (39 ff., 42 f.); Roeder ZStW 69, 1957, 225 f. (m. Fn. 12), 240, 256 f.; Kühl Strafrecht Allgemeiner Teil 6. Aufl. 2008, § 20 Rn. 56b; Lackner/Kühl StGB, 28. Aufl. 2014, § 288 Rn. 7 u. § 25 Rn. 4; als "an sich widersprüchliche methodologische Notlösung” anerkennend auch Köhler Strafrecht Allgemeiner Teil, 1997, S. 511; Rengier, Strafrecht AT, 5. Aufl. 2013, § 43 Rn. 21; ders. Strafrecht BT I, 15. Aufl. 2013, § 27 Rn. 3 ff.; Wietz in Matt/Renzikowski (Hrsg.), StGB, 2013, § 288 Rn. 10.
[34] Statt vieler Roxin Täterschaft und Tatherrschaft, 8. Aufl. 2006, S. 255; ferner zuletzt Dehne-Niemann NZWiSt 2015, 366, 369.
[35] Gegen die Zurechnungsfigur des qualifikationsdolosen Werkzeugs sprechen sich (mit Unterschieden im Detail) aus Spendel FS Lange, 1976, S. 147, 152 ff. ; Geppert Jura 1987, 427, 430 f.; Otto Jura 1987, 246, 256; Beckemper in Beck-OK-StGB § 288 Rn. 15; Dehne-Niemann NZWiSt 2015, 366, 369 ff.; Krey/Hellmann/Heinrich Strafrecht BT 2 Rn. 292; Wessels/Hillenkamp BT 2, 37. Aufl. 2014, Rn. 480; Wohlers/Gaede in NK-StGB, 4. Aufl. § 288 Rn. 4 f.; Mitsch Strafrecht BT 2/2, § 5 Rn. 91, 105 ff., 108; ders. JuS 2004, 323, 325; Koch JuS 2008, 496, 499.
[36] OLG Stuttgart NStZ 2016, 155, 156.
[37] Roxin Täterschaft und Tatherrschaft, 8. Aufl. 2006, S. 360 ff., 385 f.; für mittelbare Täterschaft kraft Pflichtdelikts auch Vogel Norm und Pflicht bei den unechten Unterlassungsdelikten, S. 288.
[38] Hecker JuS 2016, 82, 84.
[39] Hecker JuS 2016, 82, 84.
[40] OLG Stuttgart NStZ 2016, 155, 156.
[41] Vgl. Renzikowski Restriktiver Tatbegriff und fahrlässige Beteiligung, 1997, S. 91 f. (zum absichtslos-dolosen Werkzeugs); Dehne-Niemann NZWiSt 2015, 366, 370 f. (zum qualifikationslos-dolosen Werkzeug). Vgl. ferner BGHSt. 9, 217 (zu § 81a GmbHG a.F.), wo die Rechtsfigur des qualifikationslos-dolosen Werkzeugs der Sache nach mit einer Synthese aus subjektiver Interessentheorie und Pflichtdeliktsgedanken begründet wird; dazu Roxin Strafrecht Allgemeiner Teil, Band II, 2003, § 25 Rn. 280.
[42] Vgl. RGSt . 31, 80; 42, 151; 44, 69; 57, 274; 74, 84 (Badewannenfall); RG HRR 1937, 131; BGHSt. 18,87 (Fall Staschynskij).
[43] Das wird zur "normativen Tatherrschaft" (Zurechnung mittels eines qualifikationslos- bzw. absichtslos-dolosen Werkzeugs) mitunter unumwunden eingeräumt, vgl. etwa Gallas Täterschaft und Teilnahme, in: Materialien zur Strafrechtsreform, Band 1, 1954, S. 121, 135 f., der zugesteht, es handele sich bei den normativ begründeten Tatherrschaftsfiguren um Konstruktionen, die der Mittäterschaft oder der Anstiftung näher stünden als der mittelbaren Täterschaft. Dies hat dann umso mehr zu gelten, wenn – wie im Fall des OLG Stuttgart – der Anwendungsbereich dieser "Ausnahmerechtsfiguren" schon gar nicht eröffnet ist.
[44] RGSt . 41, 61.
[45] RGSt . 41, 61, 63 ff.
[46] RGSt . 41, 61, 65 (Rechtschreibung und Interpunktion angepasst).
[47] RGSt . 41, 61, 64.
[48] RGSt . 41, 61, 65: "… während auf Seiten des anderen (scil. des Vordermann/Landrats, J.D.-N.) schon objektiv die rechtliche Möglichkeit ausgeschlossen ist, dass sich die den äußeren Tatbestand vollendende Handlung in seiner Person als strafbare Mitwirkung darstellt, auf seiner Seite also jedenfalls aus diesem Grunde ein Täterwille fehlt."
[49] RGSt . 41, 61, 63 f. (Rechtschreibung angepasst).
[50] RGSt . 39, 37.
[51] OLG Stuttgart Urteil vom 23.07.2015 – 2 Ss 94/15, BeckRS 2015, 15501 Rn. 13 – in NStZ 2016, 155 nicht abgedruckt (im Kontext der Beihilfestrafbarkeit des Vordermanns R).
[52] Eingehend Haas Die Theorie der Tatherrschaft und ihre Grundlagen, 2008, S. 85 ff. mit dogmengeschichtlichem Überblick.
[53] Haas Die Theorie der Tatherrschaft und ihre Grundlagen, 2008, S. 86.
[54] Vgl. aber knapp Dehne-Niemann NZWiSt 2015, 366, 372 m. Fn. 46, wo bereits auf eine drohende Verwischung der Grenzen des § 14 StGB aufmerksam gemacht wird.
[55] Gegenüber dem Verf. hat Haas mündlich Bedenken gegen das Ergebnis des OLG Stuttgart v.a. wegen der die im Text unter III. 1. erörterte Auswechselung des Inhalts der zuzurechnenden Handlung geäußert.
[56] Vgl. Hecker JuS 2016, 82, 84 (der aber § 164 StGB nicht thematisiert).
[57] So aber – gegen den Einwand der Revisionsverteidigung – in anderem Zusammenhang OLG Stuttgart NStZ 2016, 155, 157.
[58] Eingehend Renzikowski GA 1992, 159, 171 m.w.N.
[59] Vgl. Renzikowski GA 1992, 159, 170, 172.
[60] Vgl. – allg. und mit krit. Tendenz – Schmidhäuser Strafrecht Allgemeiner Teil Lehrbuch, 1. Aufl. 1970, 14/67, der die kriminalpolitische Vermutung äußert, in der Strafbarkeit des Vordermannes liege der eigentliche Grund für die herrschende Annahme mittelbar-täterschaftlicher (und damit teilnahmefähiger) Tatbegehung durch den Hintermann.