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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
November 2009
10. Jahrgang
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Der nach einer Verständigung wirksam erklärte Rechtsmittelverzicht führt – in Verbindung mit dem Rechtsmittelverzicht der anderen rechtsmittelberechtigten Verfahrensbeteiligten – die Rechtskraft unmittelbar herbei (BGH – GS – BGHSt 50, 40). Der durch das Gesetz zur Regelung der Verständigung im Strafverfahren vom 29. Juli 2009 (BGBl I S. 2353) eingeführte § 302 Abs. 1 Satz 2 StPO – wonach ein Rechtsmittelverzicht ausgeschlossen ist, wenn dem Urteil eine Verständigung nach § 257c StPO vorausgegangen ist – beseitigt die vor Inkrafttreten des Gesetzes bereits eingetretene Rechtskraft nicht. (BGHSt)
1. Zur Belehrungspflicht bei sog. Spontanäußerungen eines Verdächtigen. (BGHR)
2. Die Belehrung nach § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO soll sicherstellen, dass ein Beschuldigter nicht im Glauben an eine vermeintliche Aussagepflicht Angaben macht und sich damit unfreiwillig selbst belastet (vgl. BGHSt [GS] 42, 139, 147; BayObLG NStZ-RR 2001, 49, 51). Für den Fall der von einem Polizeibeamten durchgeführten Befragung von Auskunftspersonen ist nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum einen die Stärke des Tatverdachts, den der Beamte gegenüber dem Befragten hegt, bedeutsam für die Entscheidung, von welchem Zeitpunkt an die Belehrung nach § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO erforderlich ist (BGHSt 38, 214, 227 f.). Hierbei hat der Beamte einen Beurteilungsspielraum, den er freilich nicht mit dem Ziel missbrauchen darf, den Zeitpunkt der erforderlichen Belehrung möglichst weit hinauszuschieben (BGH aaO; vgl. auch BGH NStZ 1983, 86). Daneben ist zum anderen von Bedeutung, wie sich das Verhalten des Beamten aus Sicht des Befragten darstellt. Polizeiliche Verhaltensweisen wie die Mitnahme eines Befragten zur Polizeiwache, die Durchsuchung seiner Wohnung oder seine vorläufige Festnahme belegen dabei schon ihrem äußeren Befund nach, dass der Polizeibeamte dem Befragten als Beschuldigten begegnet, mag er dies auch nicht zum Ausdruck bringen (BGHSt 38, 214, 228; 51, 367, 370 f.). (Bearbeiter)
3. Ob die vorstehend dargelegten Grundsätze ohne Einschränkung auch dann gelten, wenn der Polizeibeamte keine gezielte Befragung durchführt, sondern lediglich passiv spontane Äußerungen eines Dritten entgegennimmt, mit denen sich dieser selbst belastet, ist in der Rechtsprechung bislang nicht abschließend geklärt. Eine Verwertbarkeit solcher Äußerungen trotz fehlender Belehrung über die Beschuldigtenrechte wird in der Regel für zulässig gehalten, wenn keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Belehrungspflichten nach § 136 Abs. 1 Satz 2, 163 a Abs. 2 Satz 2 StPO gezielt umgangen wurden, um den Betroffenen zu einer Selbstbelastung zu verleiten (BGH NStZ 1983, 86; BGH NJW 1990, 461). (Bearbeiter)
4. Dieses erschiene jedoch zumindest dann bedenklich, wenn sich Polizeibeamte von einem Tatverdächtigen nach pauschalem Geständnis einer schweren Straftat und der unmittelbar darauf erfolgten Festnahme über eine beträchtliche Zeitspanne Einzelheiten der Tat berichten ließen, ohne den von ihnen ersichtlich als Beschuldigten behandelten Täter auf sein Aussageverweigerungsrecht hinzuweisen. Ein solches Verhalten käme einer gezielten Umgehung zumindest äußerst nahe. (Bearbeiter)
5. Ist eine Belehrung bei einer früheren Beschuldigtenvernehmung zu Unrecht unterblieben, ist der Beschuldigte bei einer späteren Vernehmung mit der Belehrung nach § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO darauf hinzuweisen, dass die zuvor gemachten Angaben unverwertbar seien (sog. qualifizierte Belehrung; vgl. BGH StV 2007, 450, 452, insoweit in BGHSt 51, 369 nicht abgedruckt; Senatsbeschluss NStZ 2009, 281). Daraus, dass dies nicht geschehen ist, würde jedoch nicht ohne Weiteres folgen, dass auch die Angaben, die der Angeklagte nach erfolgter Belehrung über seine Rechte als Beschuldigter gegenüber den beiden Vernehmungsbeamten gemacht hat, einem Beweiserhebungs- und Verwertungsverbot unterlagen. (Bearbeiter)
1. Die EMRK in ihrer Auslegung durch den EGMR gebietet es, eine Verletzung des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 EMRK (rechtswidrige, weil überlange Untersuchungshaft) neben einem Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 EMRK (allgemeiner Verstoß gegen das Beschleunigungsgebot) gesondert zu erwägen.
2. In Fällen einer noch möglichen Anrechnung konventionswidrig erlittener Untersuchungshaft ist der Vorrang der Naturalrestitution vor einer Verweisung eines Betroffenen auf den Schadensersatzanspruch des Art. 5 Abs. 5 EMRK zu beachten. Die Verletzung des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 EMRK ist durch eindeutige und messbare Minderung der Strafe über die zwingende Anrechnung nach § 51 Abs. 1 Satz 1 StGB hinaus wieder gut zu machen. Dies hat entsprechend der sog. „Vollstreckungslösung“ zu erfolgen; einer analogen Anwendung der Vorschrift des § 51 Abs. 4 Satz 2 StGB bedarf es nicht.
1. Macht das Tatgericht von der Möglichkeit des Selbstleseverfahrens nach § 249 Abs. 2 StPO Gebrauch, müssen sowohl die Berufsrichter als auch die Schöffen vom Wortlaut der Urkunden Kenntnis nehmen, diese also tatsächlich gelesen haben. Eine Differenzierung hinsichtlich der Vorgehensweise zwischen Berufsrichtern und Schöffen ist unzulässig (BGH NStZ 2001, 161; 2005, 160; vgl. insoweit auch KK-Diemer, StPO 6. Aufl. § 249 Rdn. 36, 39). Die übrigen Beteiligten müssen Gelegenheit zur Kenntnisnahme vom Wortlaut gehabt haben.
2. Der Vorsitzende muss gemäß § 249 Abs. 2 Satz 3 StPO die Feststellung über die Kenntnisnahme sowie die Gelegenheit hierzu in das Protokoll aufnehmen. Dabei handelt es sich um eine wesentliche Förmlichkeit im Sinne des § 273 StPO (vgl. BGH NStZ 2000, 47; 2001, 161; 2005, 160; StV 2000, 603, 604). Der Nachweis hierüber kann somit nur durch das Protokoll geführt werden (§ 274 StPO).
3. Wurde die Feststellung der Kenntnisnahme durch die Richter sowie der Gelegenheit hierzu für die übrigen Verfahrensbeteiligten nicht protokolliert, ist somit aufgrund der negativen Beweiskraft des Protokolls davon
auszugehen, dass das Beweismittel nicht zur Kenntnis gelangt ist bzw. die Gelegenheit hierzu nicht eingeräumt worden ist (vgl. BGH NStZ 2005, 160; NJW 2009, 2836).
4. Dem Revisionsgericht ist verwehrt, hierzu freibeweisliche Ermittlungen anzustellen. Die Beweiskraft des – hier auch nach Erhebung der Verfahrensrüge nicht berichtigten (vgl. dazu auch BGH NJW 2009, 2836) – Protokolls kann nur bei offenkundiger Fehler- oder Lückenhaftigkeit entfallen; solches ist hier nicht ersichtlich. Eine Lückenhaftigkeit ergibt sich nicht etwa schon daraus, dass die Anordnung des Selbstleseverfahrens, nicht aber die nach § 249 Abs. 2 StPO notwendige Feststellung über dessen erfolgreiche Durchführung vermerkt ist. Die Anordnung des Selbstleseverfahrens lässt keinen Schluss auf die weitere Beachtung des Verfahrens nach § 249 Abs. 2 StPO zu (vgl. BGH NStZ 2000, 47 m.w.N.).
1. Zwar dienen die Urteilsgründe nicht der Dokumentation durch die Darstellung aller Einzelheiten der Beweisaufnahme (vgl. BGH wistra 2004, 150; Meyer-Goßner aaO § 267 Rdn. 12 m.w.N.). Ist aber eine Würdigung und Bewertung der für die Urteilsfindung maßgebenden Zeugenaussagen erforderlich, weil der Angeklagte die ihm zur Last gelegten Taten bestreitet, genügt es nicht, im Rahmen der Beweiswürdigung pauschal darauf zu verweisen, dass ein Zeuge ein Tatgeschehen, soweit es seinen Wahrnehmungen unterlegen war, „entsprechend den getroffenen Feststellungen“ geschildert habe (vgl. Senatsbeschlüsse vom 29. Juni 1999 – 4 StR 271/99 = StraFo 1999, 384 und vom 17. März 2009 – 4 StR 662/08 Rdn. 7). Vielmehr ist es in einem Fall wie dem vorliegenden erforderlich, neben dem näheren Inhalt der den Angeklagten belastenden Aussagen auch die Umstände ihrer Entstehung darzustellen.
2. Gerade bei Aussagen im Bereich des Betäubungsmittelstrafrechts ist es regelmäßig ein wichtiger Gesichtspunkt, ob sich ein Zeuge durch seine Aussage in dem gegen ihn selbst gerichteten Verfahren im Hinblick auf § 31 BtMG entlasten wollte (vgl. BGH NStZ 2004, 691). In diesem Fall ist mitzuteilen, ob die Zeugen wegen ihrer Beteiligung an den hier ausgeurteilten Straftaten verurteilt worden sind. Insbesondere muss sich das mit einer nicht fern liegenden Gefahr auseinandersetzen, dass ein „Aufklärungsgehilfe“, der sich durch seine Aussage Vorteile verspricht, einen nicht Geständigen zu Unrecht belastet (vgl. BGH NStZ 2003, 245; 2004, 691).
Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach ein Fluchtversuch als solcher nicht als Indiz für die Täterschaft des Angeklagten gewertet werden darf (vgl. BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 33; BGH, Beschluss vom 17. November 1999 – 3 StR 462/99), erfasst nur diejenigen Fälle, in denen der Flüchtende bereits mit dem Tatvorwurf konfrontiert war oder in denen er auf Grund besonderer Umstände – beispielsweise seiner Anwesenheit am Tatort – mit polizeilichen Ermittlungsmaßnahmen rechnen muss. Anderes gilt in dem Fall, in dem der Angeklagte bei seinem Fluchtverhalten, wenn er nicht der Täter war, gar nicht wissen konnte, dass ein Anlass zur Flucht gegeben war.
1. Gemäß § 21e Abs. 3 Satz 1 GVG darf das Präsidium den Geschäftsverteilungsplan im Laufe des Geschäftsjahres ändern, wenn dies wegen Überlastung eines Spruchkörpers nötig wird. Eine solche liegt vor, wenn über einen längeren Zeitraum ein erheblicher Überhang der Eingänge über die Erledigungen zu verzeichnen ist, sodass mit einer Bearbeitung der Sachen innerhalb eines angemessenen Zeitraumes nicht zu rechnen ist und sich die Überlastung daher als so erheblich darstellt, dass der Ausgleich nicht bis zum Ende des Geschäftsjahres zurückgestellt werden kann.
2. Eine nachträgliche Änderung der Geschäftsverteilung kann auch verfassungsrechtlich geboten sein, wenn nur auf diese Weise die Gewährung von Rechtsschutz innerhalb angemessener Zeit erreicht werden kann. Das Beschleunigungsgebot lässt indes das Recht auf den gesetzlichen Richter nicht vollständig zurücktreten. Vielmehr besteht Anspruch auf eine zügige Entscheidung durch diesen. Daher muss in derartigen Fällen das Recht des Angeklagten auf den gesetzlichen Richter mit dem rechtsstaatlichen Gebot einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege und dem verfassungsrechtlichen Beschleunigungsgrundsatz zu einem angemessenen Ausgleich gebracht werden.
3. Die mit der Errichtung einer Hilfsstrafkammer verbundene Übertragung von Aufgaben der ordentlichen Strafkammer hat denselben Grundsätzen zu folgen, die für Regelungen der Geschäftsverteilung schlechthin gelten. Insbesondere ist auch insoweit das Abstraktionsprinzip zu beachten, das die Zuweisung von Aufgaben nach allgemeinen, sachlich-objektiven Merkmalen fordert. Eine spezielle Zuweisung bestimmter einzelner Verfahren ist unzulässig.
4. Obwohl die Umverteilung von Geschäftsaufgaben auf eine Hilfsstrafkammer grundsätzlich zulässig ist, birgt sie stets erhebliche Gefahren für das verfassungsrechtliche Gebot der Gewährleistung des gesetzlichen Richters. Dies gilt besonders bei Überleitung bereits anhängiger Verfahren in die Zuständigkeit der Hilfsstrafkammer, weil dann schon eine anderweitige Zuständigkeit konkretisiert und begründet worden war. Daher ist es dann geboten, die Gründe, die eine derartige Umverteilung erfordern, zu dokumentieren und den Verfahrensbeteiligten – jedenfalls auf Verlangen – zur Kenntnis zu geben, um dem Anschein einer willkürlichen Zuständigkeitsverschiebung entgegen zu wirken.
5. Der Präsidiumsbeschluss muss hier so detailliert begründet sein, dass eine Prüfung seiner Rechtmäßigkeit möglich ist. Von Verfassungs wegen sind Regelungen der Zuständigkeit, anders deren Anwendung, nicht lediglich am Maßstab der Willkür, sondern auf jede Rechtswidrigkeit hin zu überprüfen.
1. Spricht der Tatrichter einen Angeklagten frei oder sieht er von einer weiterreichenden Verurteilung ab, weil er Zweifel an dessen Täterschaft nicht zu überwinden vermag, so ist dies durch das Revisionsgericht in der Regel hinzunehmen. Dieses hat insoweit nur zu beurteilen, ob dem Tatrichter bei der Beweiswürdigung Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist dann der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist, gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder wenn an die zur Verurteilung erforderliche Gewissheit überspannte Anforderungen gestellt worden sind (st. Rspr.; vgl. BGH NStZ-RR 2004, 238; 2005, 147). Aus den Urteilsgründen muss sich auch ergeben, dass die einzelnen Beweisergebnisse nicht nur isoliert gewertet, sondern in eine umfassende Gesamtwürdigung eingestellt wurden (st. Rspr.; vgl. BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 2, 11; Beweiswürdigung, unzureichende 1; BGH NStZ 1983, 133; 2002, 48; BGH NStZ-RR 2000, 45; 2004, 238). Die Anforderungen an eine Verurteilung dürfen nicht überspannt werden (vgl. BGH NStZ 1999, 153; 205; NStZ-RR 2000, 171; NJW 2007, 92, 94); es genügt ein nach der Lebenserfahrung ausreichendes Maß an Sicherheit, das vernünftige und nicht bloß auf denktheoretische Möglichkeiten gegründete Zweifel nicht aufkommen lässt (BGH, Urt. vom 4. Dezember 2008 – 4 StR 371/08).
2. Der Grundsatz „in dubio pro reo“ ist keine Beweis-, sondern eine Entscheidungsregel, die das Gericht erst dann zu befolgen hat, wenn es nach abgeschlossener Beweiswürdigung nicht die volle Überzeugung vom Vorliegen einer für den Schuld- und Rechtsfolgenausspruch unmittelbar entscheidungserheblichen Tatsache zu gewinnen vermag (vgl. BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 24, 27). Es ist daher verfehlt, ihn isoliert auf einzelne Indizien anzuwenden; er kann erst bei der abschließenden Gesamtwürdigung zum Tragen kommen (vgl. BGHSt 49, 112, 122 f.; BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 20; BGH NStZ 2001, 609; NStZ-RR 2004, 238, 239; Urt. vom 9. Mai 2006 – 1 StR 37/06).
3. Der Tatrichter ist nicht verpflichtet, einer Einlassung zu folgen, nur weil es für das Gegenteil keine unmittelbaren Beweise gibt, mittels derer die Behauptung sicher widerlegt werden kann. Das gilt besonders, wenn, die Angeklagte ihre ursprüngliche Einlassung so ändert, dass ein überprüfbarer Gesichtspunkt entfällt.
4. Anwendung auf einen Fall der sog. Kindstötung, bei der lediglich ein Fall der Fahrlässigkeit angenommen wurde.
1. Zwar kann ein Verteidiger die Rücknahme des Rechtsmittels nur mit besonderer Ermächtigung des Angeklagten erklären (§ 302 Abs. 2 StPO). Eine bestimmte Form für diese Ermächtigung ist indes nicht vorgeschrieben; sie kann schriftlich oder mündlich – auch fernmündlich – erteilt werden (BGHR StPO § 302 Abs. 1 Satz 1 Rechtsmittelverzicht 6; BGHR StPO § 302 Abs. 2 Rücknahme 6). Der Nachweis der Ermächtigung kann auch noch nach Abgabe der Erklärung geführt werden (BGHSt 36, 259, 260 f.).
2. Der Nachweis der Ermächtigung kann sich aus schriftlichen Erklärungen des Pflichtverteidigers des Angeklagten in Verbindung mit der Erklärung seiner Kanzleikraft ergeben, dass der Angeklagte ihn fernmündlich mit der Rücknahme der Revision beauftragt und damit hierzu ermächtigt hat. Dies gilt auch dann, wenn sich der Angeklagte von der erfolgten Revisionsrücknahme überrascht zeigt und den telefonischen Auftrag an seinen Verteidiger zur Rücknahme der Revision in Abrede stellt.
1. Voraussetzung für die Überzeugung des Tatrichters von einem bestimmten Sachverhalt ist nicht eine absolute, das Gegenteil oder andere Möglichkeiten denknotwendig oder „zwingend“ ausschließende Gewissheit. Vielmehr genügt ein nach der Lebenserfahrung ausreichendes Maß an Sicherheit, das vernünftige Zweifel nicht aufkommen lässt. Der Tatrichter ist also nicht gehindert, an sich mögliche, wenn auch nicht zwingende Folgerun-
gen aus bestimmten Tatsachen zu ziehen, wenn diese tragfähig sind.
2. Im Sinne von §§ 206a, 260 Abs. 3 StPO besteht ein Verfahrenshindernis immer schon dann, wenn es möglicherweise vorliegt. Insofern reichen indes bloß theoretische, nur denkgesetzlich mögliche Zweifel nicht aus; sie müssen sich vielmehr auf konkrete tatsächliche Umstände gründen und nach Ausschöpfung aller Erkenntnismöglichkeiten unüberwindbar sein. Verbleiben jedoch Zweifel daran, ob die den Gegenstand des Verfahrens bildende (prozessuale) Tat anderweitig rechtskräftig abgeurteilt worden ist, so bildet der (möglicherweise) hierdurch eingetretene Strafklageverbrauch, so weit er reicht, ein von Amts wegen zu berücksichtigendes und zur Verfahrenseinstellung führendes Verfahrenshindernis.
1. Wenn ein früherer Mitangeklagter auch an weiteren, noch nicht abgeurteilten Straftaten beteiligt sein kann, kann nach der Rechtsprechung je nach den Umständen des Falles ein (umfassendes) Auskunftsverweigerungsrecht auch dann begründen, wenn der (potentielle) Zeuge wegen der Einzeltat, zu der er befragt werden soll, bereits rechtskräftig abgeurteilt ist (vgl. BGHR StPO § 55 Abs.1 Verfolgung 7, 8, 9 m.w.N.).
2. Es bei der Aufklärungsrüge prinzipiell Aufgabe der Revision, sich mit den für sie erkennbaren konkreten Umständen für eine weitere Beweisaufnahme in einer Weise auseinanderzusetzen, die es dem Revisionsgericht ermöglicht, auf der Grundlage des Revisionsvorbringens die Schlüssigkeit der Verfahrensrüge zu beurteilen.
3. Es bleibt offen, unter welchen Umständen es ein Gebot der Aufklärungspflicht sein kann, eine bereits als Mitangeklagte gehörte Auskunftsperson bei entsprechendem Verfahrensverlauf nochmals zum selben Thema als Zeugen zu hören.
1. Nach § 267 Abs. 1 Satz 1 StPO müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen mitteilen, in dem die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Dies muss in einer geschlossenen Darstellung aller äußeren und – jeweils im Zusammenhang damit – auch der inneren Tatsachen in so vollständiger Weise geschehen, dass in den konkret angeführten Tatsachen der gesetzliche Tatbestand erkannt werden kann.
2. Wenn sich das tatrichterliche Urteil fehlerhaft auf die Mitteilung von Indiztatsachen beschränkt, ist es nicht die Aufgabe des Revisionsgerichts, aus diesen eigene Schlüsse zu ziehen und die erforderlichen Feststellungen selbst zu treffen.
3. Die Angemessenheit der Frist, innerhalb derer über eine strafrechtliche Anklage gegen einen Angeklagten verhandelt werden muss und ein Urteil zu ergehen hat (Art. 5 Abs. 3 Satz 1 EMRK; Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK), beurteilt sich nach den besonderen Umständen des Einzelfalles, die in einer umfassenden Gesamtwürdigung gegeneinander abgewogen werden müssen. Zu berücksichtigen sind dabei namentlich der durch die Verzögerungen der Justizorgane verursachte Zeitraum der Verfahrensverlängerung, die Gesamtdauer des Verfahrens, Umfang und Schwierigkeit des Verfahrensgegenstands, Art und Weise der Ermittlungen sowie das Ausmaß der mit dem Andauern des schwebenden Verfahrens für den Betroffenen verbundenen besonderen Belastungen.
4. Keine Berücksichtigung finden Verfahrensverzögerungen, die der Beschuldigte selbst verursacht hat, sei es auch durch zulässiges Prozessverhalten, sowie die Zeiträume, die bei zeitlich angemessener Verfahrensgestaltung beansprucht werden durften.
5. Zu beachten ist ferner, dass eine Verzögerung während eines einzelnen Verfahrensabschnitts für sich allein keinen Verstoß gegen das Beschleunigungsgebot begründet, wenn das Strafverfahren insgesamt in angemessener Zeit abgeschlossen wurde.
6. Bei der Bemessung des zur Kompensation einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung als vollstreckt anzusehenden Teils der Freiheitsstrafe steht dem Tatrichter ein Beurteilungsspielraum zu. Dieser ist jedoch in rechtsfehlerhafter Weise überschritten, wenn sich der Kompensationszeitraum dem Anrechnungsmaßstab des § 51 Abs. 1 Satz 1 StGB annähert.
1. Die von § 260 Abs. 4 Satz 1 StPO geforderte rechtliche Bezeichnung der Straftat verlangt eine Kennzeichnung der Qualifikation in der Urteilsformel, bei welcher der gegenüber § 250 Abs. 1 StGB erhöhte Unrechtsgehalt der nach § 250 Abs. 2 StGB qualifizierten Taten zum Ausdruck kommt.
2. Nach § 250 Abs. 2 StGB qualifizierte Taten sind in der Urteilsformel als „besonders“ schwere Fälle des Raubes bzw. des räuberischen Diebstahls zu bezeichnen.
Der Übergang der örtlichen Zuständigkeit von einer Strafvollstreckungskammer auf eine andere erfolgt mit der Aufnahme des Verurteilten in der anderen Justizvollzugsanstalt oder Unterbringungsanstalt, soweit nicht die zunächst zuständig gewesene Strafvollstreckungskammer bereits konkret mit einer bestimmten Frage befasst war, über die sie dann noch zu entscheiden hat. Die zunächst zuständig gewesene Strafvollstreckungskammer bleibt nicht etwa solange zuständig, bis eine andere Strafvollstreckungskammer tatsächlich mit einer bestimmten Frage befasst wird (st. Rspr. vgl. nur Senatsbeschluss vom 21. Juli 2006 – 2 ARs 302/06 = NStZ-RR 2007, 95 m.w.N.).