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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
März 2009
10. Jahrgang
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1. Rechtsprechung des 4. Strafsenats steht der beabsichtigten Rechtsprechung des 2. Strafsenats nicht entgegen, keinen Härteausgleich bei der Strafzumessung in Fällen zu gewähren, in denen eine nachträgliche Gesamtstrafenbildung mit Strafen aus ausländischen Verurteilungen nicht vorgenommen werden kann.
2. Der 4. Senat erachtet es für nicht zulässig, allein deshalb, weil eine nachträgliche Gesamtstrafenbildung analog § 55 Abs. 1 StGB unter Einbeziehung von im Ausland verhängten Strafen ausscheidet, einen „Härteausgleich“ in Form eines bezifferten Abschlags von einer fiktiv gebildeten Gesamtstrafe mit der Folge zu gewähren, dass die Bindung an die gesetzlichen Strafrahmen entfällt und im Einzelfall auch die gesetzliche Mindeststrafe unterschritten werden kann. Vielmehr kommt in diesen Fällen eine als „Härteausgleich“ bezeichnete Milderung lediglich im Rahmen der allgemeinen Strafzumessungsgründe nach § 46 StGB unter Einhaltung der gesetzlichen Strafrahmen in Betracht.
Rechtsprechung des 1. Strafsenats steht der beabsichtigten Rechtsprechung des 2. Strafsenats nicht entgegen, keinen Härteausgleich bei der Strafzumessung in Fällen zu gewähren, in denen eine nachträgliche Gesamtstrafenbildung mit Strafen aus ausländischen Verurteilungen nicht vorgenommen werden kann.
Die Anordnung nach § 63 StGB setzt nicht voraus, dass der Zustand eingeschränkter Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit durchgängig und dauerhaft besteht. Es reicht vielmehr aus, dass der Zustand der Grunderkrankung dauerhaft besteht und dazu führt, dass schon alltägliche Ereignisse zu einer Aktualisierung und Aufwallung der die Schuldfähigkeit aufhebenden oder erheblich vermindernden Störung führen können.
1. Bei den „Nova“ im Sinne des § 66b StGB muss es sich um Tatsachen jenseits einer gewissen Erheblichkeitsschwelle handeln (vgl. BGHSt 50, 121, 124 f.; 51, 191, 195; BT-Drucks. 15/2887 S. 10, 12), d.h. sie müssen ungeachtet der notwendigen Gesamtwürdigung bereits für sich Gewicht haben, weil sie nur dann auf eine relevante Gefährlichkeit des Verurteilten für die Allgemeinheit hinweisen können (vgl. BGH StV 2007, 29).
2. Vorfälle im Vollzug können die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung nur rechtfertigen, wenn sie auf eine Bereitschaft des Verurteilten hinweisen, schwere Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung anderer zu begehen. Verhaltensweisen, die sich auf die Vollzugssituation zurückführen lassen und sich für Strafgefangene als typisch oder doch weit verbreitet darstellen, fallen nicht darunter (BVerfG, Kammer,
Beschl. vom 23. August 2006 - 2 BvR 226/06; BGHSt 50, 284, 297 f.).
3. Anwendung auf sexuelle Begehrlichkeiten und Eifersucht im Vollzug.
Sicherungsverwahrung nach § 66 Abs. 1 Nr. 1 StGB darf nur dann angeordnet werden, wenn die zur zweiten Verurteilung führenden Tat nach Rechtskraft der ersten Vorverurteilung begangen worden ist (BGHSt 35, 6, 12; 38, 258). Vortaten und Vorverurteilungen müssen in der Reihenfolge „Tat-Urteil-Tat-Urteil“ begangen worden sein (BGH, Beschl. vom 4. September 2008 - 4 StR 378/08). Der Täter muss, um die Voraussetzungen des § 66 Abs. 1 StGB zu erfüllen, die Warnfunktion eines jeweils rechtskräftigen Strafurteils zwei Mal missachtet haben (BGHSt 35, 6, 12; 38, 258).
Zwar darf Wiedergutmachung im Sinne von § 46a StGB nicht mit dem zivilrechtlichen Schadensersatz gleichgesetzt werden, sondern es wird weiterhin ein kommunikativer Prozess zwischen Täter und Opfer vorausgesetzt. Die Annahme eines solchen kommunikativen Prozesses kann aber schon bei der Durchführung erfolgreicher Vergleichsverhandlungen nahe liegen.
Dem unteren Kriminalitätsbereich zuzurechnende Betrugs- und Hausfriedensbruchstaten stellen keine erheblichen Straftaten im Sinne des § 63 StGB dar. Sie sind nicht geeignet, die außerordentlich belastende Maßregel der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus zu begründen.
1. Eine gebotene Prüfung des § 64 StGB erweist sich nicht deshalb als entbehrlich, weil nach § 64 StGB in der Fassung des Gesetzes zur Sicherung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt vom 16. Juli 2007 (BGBl. I S. 1327) die Maßregel nicht mehr zwingend anzuordnen ist. Das Gericht muss das ihm nunmehr eingeräumte Ermessen auch tatsächlich ausüben und dies in den Urteilsgründen kenntlich machen (vgl. BGH NStZ-RR 2008, 73 f.; Beschl. vom 9. September 2008 - 3 StR 337/08).
2. Dass vollstreckungsrechtlich die Möglichkeit eines Vorgehens nach § 35 BtMG in Betracht kommt und vom Tatgericht befürwortet wird rechtfertigt für sich allein das Absehen von der Prüfung und gegebenenfalls der Anordnung der Maßregel nach § 64 StGB nicht (BGH StV 2008, 405; Beschl. vom 27. Juni 2008 - 3 StR 212/08).
3. Die Auffassung, dass der Wertersatzverfall immer zwingend in Höhe des gesamten brutto eingenommenen Geldbetrages zu erfolgen habe und bei Vorliegen einer unbilligen Härte nach § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB von seiner Anordnung zwingend ganz abzusehen sei, trifft so nicht zu. Von einer Verfallsanordnung ist nur dann gemäß § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB vollständig abzusehen, wenn auch die Anordnung hinsichtlich eines Teilbetrags den Angeklagten unbillig hart träfe.