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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Februar 2025
26. Jahrgang
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1. Eigene Schuld des Täters schließt die Annahme einer strafmildernden Provokation im Sinne des § 213 Alt. 1. StGB nur aus, wenn sie sich gerade auf die ihm vom Opfer zugefügte tatauslösende Misshandlung oder schwere Beleidigung bezieht. Die Annahme eigener Schuld am Entstehen der tatauslösenden Lage setzt voraus, dass der Täter dem Opfer genügende Veranlassung zur Provokation gegeben hat. Dieses Vorverhalten muss dem Täter vorwerfbar und in qualitativer Hinsicht geeignet sein, die darauf fußende Provokation des Opfers als verständliche Reaktion erscheinen zu lassen. Zu prüfen ist daher, ob die dem Täter zugefügte Misshandlung ihrerseits Ausfluss einer angemessenen Reaktion des Opfers auf die ihm zuvor durch den Täter zuteil gewordene Behandlung war. Fehlt es an der Proportionalität zwischen vorausgegangenem Fehlverhalten des Täters und der nachfolgenden Opferreaktion, ist die Schuld des Totschlägers an der Provokation mangels genügender Veranlassung zu verneinen. Die Prüfung der Angemessenheit des Opferverhaltens ist auf der Grundlage einer Würdigung aller für das Vorgehen des Tatopfers maßgeblichen Umstände vorzunehmen.
2. Die Strafzumessung darf nicht auf Vermutungen über mögliche Folgen der Tat gestützt werden.
1. In Fällen, in denen das Gericht den Angeklagten freispricht, scheidet eine unmittelbare Anwendung von § 55 Abs. 1 StGB und damit auch die Aufrechterhaltung von Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen nach § 11 Abs. 1 Nr. 8 StGB gemäß § 55 Abs. 2 StGB sowie eine Erklärung über deren Gegenstandslosigkeit aus. Für eine analoge Anwendung von § 55 Abs. 2 Hs. 2 StGB in solchen Fällen besteht kein Raum.
2. Vielmehr kann die Strafvollstreckungskammer gemäß § 67a Abs. 1 StGB bei angeordneter Unterbringung in einer Entziehungsanstalt oder in einem psychiatrischen Krankenhaus den Angeklagten nachträglich in den Vollzug der jeweils anderen Maßregel überweisen, wenn die Resozialisierung der untergebrachten Person dadurch besser erreicht werden kann.
Soweit sich im Rahmen von Einfuhrtaten die entsprechenden Waren rein begrifflich sowohl auch als durch das Tathandeln Erlangte – und damit als Tatertrag – als auch als notwendige Gegenstände der Taten – und damit als Tatobjekte – einordnen lassen, ist zu beachten, dass die Qualifikation als Tatobjekt Vorrang vor derjenigen als Tatertrag hat.
Eine Anordnung nach § 64 S. 2 StGB darf nur ergehen, wenn aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte ein hinreichender Therapieerfolg zu erwarten ist. Im Rahmen der hierzu gebotenen Prognose ist im Fehlen eines Therapiewillens ein gewichtiges gegenläufiges Indiz zu sehen. Will das Tatgericht gleichwohl die Unterbringung anordnen, ist zur Entkräftung dieses Indizes im Urteil konkret darzulegen, welche Instrumente im Maßregelvollzug zur Verfügung stehen, mit denen diese Haltung überwunden werden kann
1. Die Aufhebung einer Maßregelanordnung bei zugleich aufrechterhaltenen zugehörigen Feststellungen hat zur Folge, dass für das neue Tatgericht eine innerprozessuale Bindungswirkung ausschließlich für Feststellungen eintritt, die sich auf den Maßregelausspruch beziehen.
2. Die Annahme eines Hangs zu erheblichen Straftaten und die daraus folgende Gefährlichkeit für die Allgemeinheit nehmen nicht an der innerprozessualen Bindungswirkung teil.
1. Ein Vermögenswert ist dann aus der Tat erlangt, wenn er dem Täter oder Teilnehmer in irgendeiner Phase des Tatablaufs so zugeflossen ist, dass er hierüber tatsächliche Verfügungsgewalt ausüben kann. Die Annahme mittäterschaftlichen Handelns vermag die fehlende Darlegung der Erlangung tatsächlicher (Mit-)Verfügungsgewalt nicht zu ersetzen. Einem Tatbeteiligten kann die Gesamtheit des aus der Tat Erlangten mit der Folge einer gesamtschuldnerischen Haftung nur dann zugerechnet werden, wenn sich die Beteiligten einig sind, dass jedem die Mitverfügungsgewalt hierüber zukommen soll, und er diese auch tatsächlich hatte. Dabei genügt es, dass der Tatbeteiligte zumindest faktische bzw. wirtschaftliche Mitverfügungsgewalt über den Vermögensgegenstand erlangte. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn er im Sinne eines rein tatsächlichen Herrschaftsverhältnisses ungehinderten Zugriff auf den betreffenden Vermögensgegenstand nehmen konnte.
2. Bei einem vor Ort anwesenden, Teile der Beute in den Händen haltenden Mittäter kann eine Mitverfügungsgewalt auch dann vorliegen, wenn sie sich in einer Abrede über die Beuteteilung widerspiegelt. Denn damit „verfügt“ der Mittäter zu seinen oder der anderen Beteiligten Gunsten über die Beute, indem er in Absprache mit diesen Teile des gemeinsam Erlangten sich selbst oder den anderen zuordnet. Anders liegt es nur, wenn sich ein nur kurzfristiges faktisches Innehaben der Beute, etwa bei deren Abtransport vom Tatort, als bloß transitorischer Besitz darstellt, weil der Beteiligte, der die Beute in den Händen hält, sie absprachegemäß einem anderen Tatbeteiligten weiterzuleiten hat, welcher im Verhältnis der Mittäter allein befugt sein soll, über eine Aufteilung zu bestimmen.
3. Nach § 73e Abs. 1 StGB ist die Einziehung ausgeschlossen, soweit der Anspruch, der dem Verletzten aus der Tat auf Rückgewähr des Erlangten oder auf Ersatz des Wertes des Erlangten erwachsen ist, erloschen ist. Dies ist hinsichtlich der Einziehung aus der Tat erlangter Gegenstände (§ 73 StGB) aber gemäß § 362 Abs. 1 BGB erst dann der Fall, wenn diese an den Geschädigten zurückgelangt sind, und nicht bereits dann, wenn dies nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens geschehen wird.
Die Festsetzung der Gesamtfreiheitsstrafe nach § 54 Abs. 1 StGB und die Festlegung des Anrechnungsmaßstabs nach § 51 Abs. 4 Satz 2 StGB sind voneinander unabhängige Entscheidungen, so dass die Auflösung der Gesamtfreiheitsstrafe aus der Vorverurteilung die Entscheidung
über den Anrechnungsmaßstab unberührt lässt. Es handelt sich auch nicht um eine Nebenstrafe, Nebenfolge oder Maßnahme im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 8 StGB, auf die in der früheren Entscheidung rechtskräftig erkannt wurde und über deren Aufrechterhaltung nach § 55 Abs. 2 StGB zu entscheiden gewesen wäre.
Bei der Anordnung der Einziehung von Tatobjekten gemäß § 74 Abs. 2 StGB erwirbt der Staat regelmäßig mit Rechtskraft der Entscheidung das Eigentum an den eingezogenen Gegenständen (§ 75 Abs. 1 StGB). Die Einziehungsanordnung hat sich damit erledigt; einer Aufrechterhaltung bedarf es nicht.
Auch bei Einzelgeldstrafen, die in einer Gesamtfreiheitsstrafe aufgehen, muss die Tagessatzhöhe bestimmt werden.