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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Februar 2025
26. Jahrgang
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1. Erliegt ein Täter bei der Bestimmung des angegriffenen Tatobjektes einem Identitätsirrtum, ist dies für ihn unbeachtlich, wenn die Tatobjekte tatbestandlich gleichwertig sind. Denn zum gesetzlichen Tatbestand gehören nur die tatbestandlichen Voraussetzungen und gerade nicht die Identität des Handlungsobjekts.
2. Gleiches gilt in eingeschränktem Umfang auch für den Anstifter. Ein Irrtum des Haupttäters bei der Zuordnung des Tatobjektes ist danach auch für ihn ohne Bedeutung, wenn sich die daraus ergebende Abweichung von dem geplanten Tatgeschehen in den Grenzen des nach allgemeiner Lebenserfahrung Vorhersehbaren hält, sodass eine andere Bewertung der Tat nicht gerechtfertigt ist.
3. Zwar kann ein zu einer konkreten Tat fest Entschlossener nicht mehr zu ihr bestimmt werden, weil es insoweit an der erforderlichen Kausalität der Anstiftungshandlung fehlt (sog. omnimodo facturus). Bis zum Tatentschluss bleibt jedoch ein Bestimmen zu einer konkreten Tat selbst dann noch möglich, wenn der Haupttäter bereits allgemein zu derartigen Taten bereit war und diese Bereitschaft auch aufgezeigt oder sogar selbst die Initiative zu den Taten ergriffen hat.
Das Herstellen von Cannabis umfasst in Anlehnung an die Legaldefinition des § 2 Abs. 1 Nr. 4 BtMG das Gewinnen, Anfertigen, Zubereiten, Be- oder Verarbeiten, Reinigen und Umwandeln. Der Begriff umfasst damit eine Palette von Tätigkeiten. Gewinnen ist die Entnahme von Pflanzen, Pflanzenteilen oder Pflanzenerzeugnissen aus ihrer natürlichen (wildwachsenden) oder künstlich angelegten Umgebung. Die Ernte von Marihuanablättern stellt ein Gewinnen im Sinne der Vorschrift und damit eine Form des Herstellens dar.
Die Steuerersparnis als durch eine Steuerhinterziehung erlangte ersparte Aufwendungen erlangt nur der Steuerpflichtige, der diese nicht weiterreichen kann. Steuerpflichtiger ist bei einer Organschaft im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG allein der Organträger, nicht die Organgesellschaft.
1. Bei einer Verurteilung wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt (§ 266a StGB) obliegt es dem Tatgericht, die geschuldeten Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge – für die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte gesondert – nach Anzahl, Beschäftigungszeiten, Löhnen der Arbeitnehmer und der Höhe des Beitragssatzes der örtlich zuständigen Krankenkasse festzustellen, um eine revisionsgerichtliche Nachprüfung zu ermöglichen. Denn die Höhe der geschuldeten Beiträge ist auf der Grundlage des Arbeitsentgelts nach den Beitragssätzen der jeweiligen Krankenkassen sowie den gesetzlich geregelten Beitragssätzen der Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung zu berechnen.
2. Sind entsprechende Feststellungen im Einzelfall nicht möglich, kann die Höhe der vorenthaltenen Beiträge auf Grundlage der tatsächlichen Umstände geschätzt werden. Allerdings genügt es auch in diesem Fall nicht, die vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge lediglich der Höhe nach anzugeben. Vielmehr müssen die Urteilsgründe die Berechnungsgrundlagen und Berechnungen im Einzelnen wiedergeben.
Die täterschaftliche versuchte Ausfuhr von Betäubungsmitteln wird nicht durch das vollendete Verbrechen des Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG verdrängt. Mit der versuchten Ausfuhr wird der Bereich der abstrakten Gefahr der Weitergabe, die den Grund für die Verbrechensstrafbarkeit des Besitzes einer nicht geringen Rauschgiftmenge bildet, verlassen. Durch die versuchte Weitergabe wird eine konkrete Gefahr begründet. Die Delikte stehen daher zueinander in Tateinheit.
1. Tatmittel im Sinne des § 74 Abs. 1 StGB sind nicht nur solche Gegenstände, die bei Begehung der eigentlichen Tat Verwendung gefunden haben oder finden sollten, sondern auch jene, die die Tat vom Stadium der Vorbereitung bis zur Beendigung überhaupt ermöglicht oder zu ihrer Durchführung gedient haben oder hierzu erforderlich waren. Jedoch genügt die Benutzung eines Gegenstandes nur bei Gelegenheit der Tat nicht. Erforderlich ist darüber hinaus, dass sein Gebrauch gezielt die Verwirklichung des deliktischen Vorhabens fördert oder nach der Planung des Täters fördern soll.
2. Eine Einziehung von Tatmitteln hat den Charakter einer Nebenstrafe und stellt damit eine Strafzumessungsentscheidung dar. Wird dem Täter auf diese Weise ein ihm zustehender Gegenstand von nicht unerheblichem Wert entzogen, ist dies deshalb als ein bestimmender Gesichtspunkt für die Bemessung der daneben zu verhängenden
Strafe und insoweit im Wege der Gesamtbetrachtung der den Täter betreffenden Rechtsfolgen angemessen zu berücksichtigen.
3. Spricht das Tatgericht einen Angeklagten frei, weil es Zweifel an seiner Täterschaft nicht zu überwinden vermag, ist dies vom Revisionsgericht in der Regel hinzunehmen. Die revisionsgerichtliche Prüfung beschränkt sich darauf, ob dem Tatgericht Rechtsfehler unterlaufen sind. Seine Schlussfolgerungen müssen nur möglich sein; das Revisionsgericht hat die tatrichterliche Überzeugungsbildung sogar dann hinzunehmen, wenn eine abweichende Würdigung der Beweise näherliegend gewesen wäre.
4. Bei einer Abweichung zwischen der Aussage in der Hauptverhandlung und derjenigen im Ermittlungsverfahren ist die Glaubhaftigkeit der Angaben eines Zeugen im Regelfall erschüttert. Daher hat das Tatgericht – jedenfalls regelmäßig – außerhalb der Zeugenaussage liegende gewichtige Gründe zu benennen, die es ihm ermöglichen, der Aussage des Zeugen dennoch zu glauben.
5. Die begrenzte Zuverlässigkeit eines Zeugnisses vom Hörensagen und die Beschränkung der Nachprüfungsmöglichkeiten im Verhältnis zum unmittelbaren Tatzeugen stellen besondere Anforderungen an die Beweiswürdigung. Ob Zusatzindizien vorliegen, die genügend Aussagekraft besitzen, um das Beweisdefizit auszugleichen, hat das Tatgericht in eigener Verantwortung zu prüfen.
Der Tatrichter darf, wenn der Täter Rauschmittel teils zum Eigenverbrauch, teils zum Weiterverkauf besitzt, wegen der unterschiedlichen Auswirkungen auf die rechtliche Einordnung und die Strafzumessung nicht offenlassen, welcher Anteil für den späteren Verkauf vorgesehen war; er muss diesen feststellen und notfalls unter Beachtung des Zweifelssatzes schätzen.
Bewaffnetes Handeltreiben im Sinne von § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG setzt voraus, dass der Täter die Waffe derart bewusst in einer Weise verfügungsbereit hält, die ihm beim Umgang mit den Betäubungsmitteln einen Einsatz ohne nennenswerten Zeitaufwand erlaubt. Am Körper muss er sie hierfür nicht zwingend tragen. Vielmehr kann es genügen, dass die Betäubungsmittel und die Schusswaffe oder der sonstige (gefährliche) Gegenstand innerhalb derselben Wohnung in unterschiedlichen Räumen aufbewahrt werden. Das Tatgericht muss in einer solchen Konstellation die konkreten Umstände des Einzelfalls in der Weise darlegen, dass dem Revisionsgericht die Nachprüfung möglich ist, ob der Täter den Gegenstand tatsächlich jederzeit verwenden kann.