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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Mai 2016
17. Jahrgang
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1. Polizeiliche Observationsberichte können in der Hauptverhandlung nach § 256 Abs. 1 Nr. 5 StPO verlesen werden. (BGHR)
2. Es sind mit Blick auf Wortlaut, Historie und Systematik des § 256 Abs. 1 Nr. 5 StPO keine überzeugenden
Gründe dafür ersichtlich, dass die im Gesetz genannten Ermittlungshandlungen auf sog. „Routinemaßnahmen“ zu beschränken sind. Jedenfalls streiten gewichtige Argumente dafür, auch Observationsberichte – vergleichbar mit Durchsuchungs- (vgl. hierzu BGH HRRS 2011 Nr. 589) oder Festnahmeberichten – als solche der Verlesung zugänglichen Routinemaßnahmen aufzufassen. (Bearbeiter)
1. Gründe, die gegen eine wirksame Verteidigung des Beschuldigten durch einen bestimmten Rechtsanwalt sprechen, sind bei der Entscheidung über die Bestellung als Pflichtverteidiger zu berücksichtigen. Ein absehbarer Interessenkonflikt in der Person eines als Verteidiger in Betracht kommenden Rechtsanwalts kann dessen Bestellung im Einzelfall entgegenstehen, wenn deshalb geringere Effektivität seines Einsatzes als Strafverteidiger zu befürchten ist (vgl. BGHSt 48, 170, 173). Hierin kann mit Blick auf die auch durch Art. 6 Abs. 3 Buchst. c EMRK geforderte subsidiäre Verantwortung des Staates für eine wirksame Verteidigung ein wichtiger Grund im Sinne von § 142 Abs. 1 Satz 3 StPO liegen, von der Bestellung dieses Rechtsanwalts zum Verteidiger abzusehen.
2. Ergeben sich nachträglich Hinweise auf die Möglichkeit eines Interessenkonflikts, so kann dies ein wichtiger Grund dafür sein, eine bereits erfolgte Verteidigerbestellung aufzuheben. Jedoch ist die Situation im Abberufungsverfahren anders als bei der Bestellung zum Verteidiger. Die Entpflichtung eines Verteidigers ist - von den in § 143 StPO ausdrücklich genannten Gründen abgesehen - dann zulässig, wenn der Zweck der gerichtlich bestellten Verteidigung, dem Beschuldigten einen geeigneten Beistand zu sichern und den ordnungsgemäßen Verfahrensablauf zu gewährleisten, ernsthaft gefährdet ist. Die Grenze für die Begründetheit vorgebrachter Einwände gegen den vom Gericht beigeordneten Verteidiger wird in der Situation der Entpflichtung enger gezogen (vgl. BVerfG NJW 2001, 3695, 3697).
3. Dem Vorsitzenden des zuständigen Spruchkörpers kommt insoweit ein Beurteilungsspielraum zu (vgl. BGHSt 48, 170, 175). Dabei kann auch das Ziel einer Verfahrenssicherung durch die Verteidigerbestellung berücksichtigt werden. Nicht in jedem Fall, in dem die abstrakte Gefahr einer Interessenkollision besteht, ist der Vorsitzende verpflichtet, die Bestellung eines bestimmten Rechtsanwalts zum Verteidiger zu unterlassen oder nachträglich aufzuheben. Zu beachten ist auch, dass ein Rechtsanwalt grundsätzlich selbst für die Wahrung seiner beruflichen Pflichten verantwortlich ist (vgl. BGHSt 48, 170, 174). Er hat im Fall eines tatsächlich bestehenden Interessenkonflikts seinerseits darauf hinzuwirken, dass er nicht zum Verteidiger bestellt oder eine bestehende Bestellung aufgehoben wird.
4. Der Vorsitzende hat in Fällen, in denen eine Interessenkollision möglich erscheint, regelmäßig Anlass, den Beschuldigten und den als Verteidiger in Betracht gezogenen Rechtsanwalt zu dem prozessualen Sachverhalt anzuhören. Werden bei der Anhörung oder im weiteren Gang des Verfahrens keine Bedenken gegen die Bestellung geäußert oder besondere Gründe dagegen vorgebracht, so kann auch dies dafür sprechen, dass die Entscheidung des Vorsitzenden zumindest vertretbar war.
5. Wird ein Angeklagter durch mehrere Rechtsanwälte verteidigt, ist nur die ununterbrochene Anwesenheit eines dieser Verteidiger erforderlich (§ 227 StPO). Das gilt wegen der rechtlichen Gleichstellung von gewählten und bestellten Verteidigern für beide gleichermaßen. Erst bei Nichtwahrnehmung eines im Einzelfall zwingend erforderlichen Anwesenheitsrechts kann ein Verstoß gegen den Fairnessgrundsatz festgestellt werden. Mehrere gleichzeitig mandatierte Verteidiger können sich - unbeschadet ihrer Selbständigkeit - die Aufgaben in der Hauptverhandlung teilen. Aus der Abwesenheit eines von mehreren Verteidigern folgt für sich genommen kein Rechtsfehler, auf dem das Urteil generell beruhen würde (vgl. § 338 Nr. 5 StPO). Ein relativer Revisionsgrund (§ 337 Abs. 1 StPO), resultierend aus dem Anspruch auf ein faires Verfahren (Art. 6 Abs. 1 und Abs. 3 Buchst. c EMRK, Art. 20 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG), könnte im Fall einer Interessenkollision in der Person des zeitweilig alleine anwesenden Verteidigers allerdings dann gegeben sein, wenn die Abwesenheit des anderen Verteidigers dazu geführt hätte, dass die Verteidigung insgesamt nicht wirksam wäre. Dabei hängt es von den Umständen des Einzelfalls ab, ob die Anwesenheit desselben Verteidigers bei allen Teilen der Hauptverhandlung für eine sachgemäße Durchführung der Verteidigung notwendig ist (vgl. BGHSt 13, 337, 340).
1. Dem Großen Senat für Strafsachen wird gemäß § 132 Abs. 2 und 4 GVG folgende Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt: Ist die Einführung und Verwertung einer
früheren Aussage eines Zeugen, der erst in der Hauptverhandlung von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch macht, durch Vernehmung der richterlichen Vernehmungsperson nur dann zulässig, wenn diese den Zeugen nicht nur über sein Zeugnisverweigerungsrecht, sondern auch über die Möglichkeit der Einführung und Verwertung seiner Aussage im weiteren Verfahren belehrt hatte?
2. Zwar setzt eine Vorlage an den Großen Senat im Fall einer Divergenz gemäß § 132 Abs. 3 Satz 1 GVG regelmäßig voraus, dass der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, auf Anfrage des erkennenden Senats erklärt hat, dass er an seiner Rechtsauffassung festhalte. Eine Anfrage ist nach Ansicht des 2. Strafsenats aber ausnahmsweise entbehrlich, wenn der Zweck des Anfrageverfahrens, zu klären, ob im Zeitpunkt der Vorlageentscheidung (noch) eine Divergenz besteht, auf andere Weise erreicht und sichergestellt ist, dass eine überflüssige Anrufung des Großen Senats vermieden werden kann.
3. Eine Frage ist von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 4 GVG, wenn sie künftig voraussichtlich wiederholt Bedeutung erlangen kann (vgl. BGHSt 46, 321, 324 f.), so dass die Entscheidung für die künftige Rechtsanwendung von erheblicher präjudizieller Bedeutung ist. Jede Rechtsfrage hat damit grundsätzliche Bedeutung, wenn sich ein gleicher Fall jederzeit wieder ereignen kann (vgl. BGHSt 22, 58, 61); eine weitergehende materielle Einschränkung liegt in dem Erfordernis der grundsätzlichen Bedeutung nicht.
Das berufsbezogene Vertrauensverhältnis, das zu schützen § 160a Abs. 1 i.V.m. § 53 StPO beabsichtigt, beginnt nicht erst mit Abschluss des zivilrechtlichen Geschäftsbesorgungsvertrages, sondern umfasst auch das entsprechende Anbahnungsverhältnis. Geschützt ist insoweit auch das Gespräch zwischen der Ehefrau eines Beschuldigten und einer Verteidigerin, bei dem u.a. eine mögliche Mandatierung erörtert wird, selbst wenn es zu einer solchen dann nicht kommt.
1. Ob eine Information dem Kernbereich i.S.d. 100a Abs. 4 StPO zuzuordnen ist, hängt davon ab, in welcher Art und Intensität sie aus sich heraus die Sphäre Einzelner oder Belange der Gemeinschaft berührt. Maßgebend sind die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles. Zum Kernbereich gehören dabei etwa Äußerungen innerster Gefühle oder Ausdrucksformen der Sexualität (vgl. BVerfG HRRS 2012 Nr. 27).
2. Psychologische Psychotherapeutinnen gehören nicht zum Kreis der Berufsgruppen, die von dem ein absolutes Beweiserhebungs- und -verwertungsverbot anordnenden § 160a Abs. 1 StPO umfasst werden. Da sie nach § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StPO zur Verweigerung des Zeugnisses berechtigt sind, ist vielmehr § 160a Abs. 2 StPO anwendbar. Dieses enthält ein von einer Verhältnismäßigkeitsprüfung im Einzelfall abhängiges und damit relatives Beweiserhebungs- und –verwertungsverbot, das einer Verwertung von überwiegend belanglosen Gesprächsinhalten jedenfalls dann i.d.R. nicht entgegensteht, wenn es um die Verfolgung einer schwersten Straftat (hier: Völkermord) geht.
1. Es besteht grundsätzlich keine Erörterungspflicht in Bezug auf eine etwaige Kenntnis eines Nebenklägers vom Inhalt der Verfahrensakten. Regelmäßig drängt auch in Aussage-gegen-Aussage-Konstellationen die Aufklärungspflicht das Gericht nicht dazu, Feststellungen zur Wahrnehmung des sich aus § 406e Abs. 1 StPO ergebenden Akteneinsichtsrechts zu treffen. Auch in solchen Fällen bedarf es im Rahmen der Beweiswürdigung in der Regel keiner ausdrücklichen Würdigung des Umstands, dass ein Verletzter vermittelt durch einen Rechtsanwalt Zugang zum Inhalt der Ermittlungsakten hatte.
2. Mit der Wahrnehmung des gesetzlich eingeräumten Verletztenrechts geht nicht typischerweise eine Entwertung des Realitätskriteriums der Aussagekonstanz einher. Durch die generalisierende Annahme, dass mit Akteneinsicht durch den Nebenklägervertreter die Glaubhaftigkeit der Angaben eines Belastungszeugen stets in besonderer Weise in Zweifel zu ziehen sei, würde zudem seine freie Entscheidung, Akteneinsicht zu beantragen, beeinträchtigt werden.
3. Maßgeblich sind stets die Umstände des Einzelfalls. Diese können etwa dann zu einer ausdrücklichen Bewertung möglicher Aktenkenntnis des (einzigen) Belastungszeugen im Rahmen der Beweiswürdigung drängen, wenn Hinweise auf eine konkrete Falschaussagemotivation des Zeugen oder Besonderheiten in seinen Aussagen hierzu Anlass geben.
1. Erstreckt die Staatsanwaltschaft die Anklage auf einen dem Antragserfordernis unterliegenden Vorwurf, liegt darin - wenn keine Besonderheiten hinzutreten - regelmäßig die konkludente Bejahung des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung (vgl. hierzu bereits BGH HRRS 2013 Nr. 741). Das ist auch dann möglich, wenn ausdrücklich das „öffentliche Interesse“ an der Strafverfolgung bejaht wurde. Denn jedenfalls dann, wenn ein Privatklage- und ein Offizialdelikt innerhalb einer Tat i.S.d. § 264 StPO zusammentreffen, ist naheliegend, dass eigentlich das „besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung“ gemeint ist, nicht aber die Bejahung des öffentlichen Interesses an der öffentlichen Klage im Sinne von § 376 StPO, weil insoweit das Offizialdelikt ohnehin vorrangig zu verfolgen ist.
2. Eine Einsperrung im Sinne des § 239 Abs. 1 StGB muss nicht unüberwindlich sein. Es genügt, dass die Benutzung der zum regelmäßigen Ausgang bestimmten Vorrichtungen für den Zurückgehaltenen ausgeschlossen erscheint. Dazu kann es ausreichen, dass eine unüberwindliche psychische Schranke vor einer Flucht besteht, etwa aus Angst vor weiteren Sanktionen oder Gewalthandlungen des Einsperrenden (BGH NStZ 2001, 420).
3. Dem Erziehungsgedanken kommt bei der Bestimmung von Art und Dauer der Sanktion für die Tat des zum Zeitpunkt der Verkündung des erstinstanzlichen Urteils im strafrechtlichen Sinne erwachsenen Angeklagten schon nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein allenfalls geringes Gewicht zu (Ob darüber hinaus Anlass bestehen könnte, die bisherige Rechtsprechung dahin weiter zu entwickeln, dass bei der Verhängung von Sanktionen gegen Straftäter, die zum Zeitpunkt ihrer Verurteilung bereits das 21. Lebensjahr vollendet haben und somit im strafrechtlichen Sinne als erwachsen gelten, der Erziehungsgedanke nicht mehr nur von geringem Gewicht sein kann, sondern insgesamt kein taugliches Strafzumessungskriterium mehr ist (vgl. BGH HRRS 2015 Nr. 1014), bedarf vorliegend keiner Entscheidung.
Aus einer festgestellten Belastungsmotivation beim Zeugen lässt sich nicht zwingend auf das Vorliegen einer Falschaussage schließen (BGHSt 45, 164, 175). Es muss sich für einen entscheidenden Zeugen jedoch den Urteilsgründen entnehmen lassen, warum die Unwahrhypothese letztlich überwunden werden konnte.
Eine Ermächtigung zum Rechtsmittelverzicht kann mündlich erteilt werden; zu ihrem Nachweis kann eine anwaltliche Erklärung genügen (vgl. BGH NStZ 2004, 55).
Gemäß dem Verschlechterungsverbot des § 358 Abs. 2 StPO darf die Summe aus einer (Gesamt-)Freiheitsstrafe und den Tagessätzen einer Geldstrafe die frühere Gesamtfreiheitsstrafe nicht übersteigen, wenn eine aus Freiheitsstrafen und Geldstrafe gebildete Gesamtstrafe keinen Bestand hat und nunmehr auf beide Strafarten nebeneinander erkannt wird. Der Senat sieht keinen Grund, für den (hier vorliegenden) Fall, dass die beiden Strafarten nunmehr gerade zur Beseitigung einer Verschlechterung nebeneinander verhängt wurden, von diesem Grundsatz abzuweichen.
1. Die sachlich-rechtliche Begründungspflicht des Richters umfasst auch die Verpflichtung, die Einlassung des Angeklagten jedenfalls in ihrem wesentlichen Inhalt wiederzugeben. Dies gilt auch in Fällen, in denen der Angeklagte ein Geständnis ablegt, denn ein Geständnis enthebt den Tatrichter nicht von seiner Pflicht, dieses einer kritischen Prüfung auf Plausibilität und Tragfähigkeit hin zu unterziehen und zu den sonstigen Beweismitteln in Beziehung zu setzen.
2. Legt der Tatrichter das Geständnis des Angeklagten seinen Feststellungen in vollem Umfange zugrunde, weil er es für glaubhaft erachtet, so ist er zwar grundsätzlich nicht verpflichtet, es in den Urteilsgründen in allen sei-
nen Einzelheiten zu dokumentieren, um dem Revisionsgericht eine Kontrolle seiner Entscheidung zu ermöglichen. Es kann vielmehr – je nach den Umständen des Einzelfalls – genügen, auf die Feststellungen Bezug zu nehmen. Erforderlich ist außerdem, dass der Tatrichter in den Urteilsgründen für das Revisionsgericht nachvollziehbar darlegt und begründet, aus welchen Gründen er das Geständnis des Angeklagten für glaubhaft erachtet. Decken sich die Angaben des Angeklagten mit sonstigen Beweisergebnissen und stützt der Tatrichter seine Überzeugung von der Glaubhaftigkeit des Geständnisses auch auf diese Beweisergebnisse, so ist er zu deren jedenfalls gedrängter Wiedergabe verpflichtet, da anderenfalls eine revisionsgerichtliche Überprüfung seiner Überzeugungsbildung nicht möglich ist. Diese Maßstäbe gelten auch in Fällen, in denen der Angeklagte im Rahmen einer Verfahrensverständigung ein Geständnis ablegt.
1. Wenn sich der Tatrichter darauf beschränkt, sich der Beurteilung eines Sachverständigen zur Frage der Schuldfähigkeit anzuschließen, muss er dessen wesentliche Anknüpfungspunkte und Darlegungen im Urteil so wiedergeben, wie dies zum Verständnis des Gutachtens und zur Beurteilung seiner Schlüssigkeit erforderlich ist (st. Rspr).
2. Dies gilt auch in Fällen paranoider Schizophrenie; denn die Diagnose einer solchen Erkrankung führt für sich genommen noch nicht zur Feststellung einer generellen oder zumindest längere Zeiträume überdauernden gesicherten erheblichen Beeinträchtigung der Schuldfähigkeit (vgl. BGH NStZ-RR 2012, 239). Erforderlich ist vielmehr die Feststellung eines akuten Schubs der Erkrankung sowie die konkretisierende Darlegung, in welcher Weise sich die festgestellte psychische Störung bei Begehung der jeweiligen Tat auf die Handlungsmöglichkeiten des Angeklagten in der konkreten Tatsituation und damit auf die Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit ausgewirkt hat (vgl. BGH NStZ-RR 2012, 306, 307).
Schließt sich der Tatrichter bei der Frage der Schuldfähigkeit der Beurteilung des Sachverständigen an, muss er dessen wesentliche Anknüpfungspunkte und Darlegungen im Urteil so wiedergeben, wie dies zum Verständnis des Gutachtens und zur Beurteilung seiner Schlüssigkeit erforderlich ist. Dies gilt auch in Fällen einer Psychose aus dem Formenkreis der Schizophrenie; denn die Diagnose einer solchen Erkrankung führt für sich genommen noch nicht zur Feststellung einer generellen oder zumindest längere Zeiträume überdauernden gesicherten erheblichen Beeinträchtigung der Schuldfähigkeit. Erforderlich ist vielmehr die Feststellung eines akuten Schubs der Erkrankung sowie die konkretisierende Darlegung, in welcher Weise sich die festgestellte psychische Störung bei Begehung der Tat auf die Handlungsmöglichkeiten des Angeklagten in der konkreten Tatsituation und damit auf die Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit ausgewirkt hat (vgl. BGH NStZ-RR 2014, 305, 306).
Es existiert kein Rechtssatz des Inhalts, dass eine Kenntnis der Verfahrensakten zur Annahme der Unrichtigkeit der in der Hauptverhandlung erfolgten Aussage des Zeugen drängt. Auch im Blick auf das in der Rechtsprechung anerkannte Vorbereitungsrecht eines Zeugen lässt sich ferner kein Grundsatz aufstellen, wonach das Tatgericht stets gehalten ist, sich im Rahmen der Beweiswürdigung mit der Erteilung der Akteneinsicht an den Nebenkläger auseinanderzusetzen. Das gilt namentlich dann, wenn zahlreiche Beweisanzeichen außerhalb der Aussage des Zeugen für deren Richtigkeit sprechen. Anders kann es liegen, wenn es etwa im Rahmen einer Konstellation Aussage gegen Aussage in besonderem Maße auf eine Konstanzanalyse ankommt
Die Verpflichtung zur – ggf. erneuten – Erteilung des letzten Wortes gilt zwar der Natur der Sache nach nicht im Verhältnis zu den Mitangeklagten, wohl aber, wenn die Verteidiger der Mitangeklagten Ausführungen gemacht haben (vgl. BGHSt 48, 181, 182); eine vorhergehende Prozesshandlung des Gerichts ist nicht erforderlich (vgl. BGH StV 2015, 474).
1. Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters (§ 261 StPO). Spricht das Gericht einen Angeklagten frei, weil es Zweifel an seiner Täterschaft nicht zu überwinden vermag, so ist dies durch das Revisionsgericht in der
Regel hinzunehmen. Insbesondere ist es ihm verwehrt, die Beweiswürdigung des Tatrichters durch seine eigene zu ersetzen. Die revisionsgerichtliche Prüfung beschränkt sich somit darauf, ob dem Tatrichter bei der Beweiswürdigung Rechtsfehler unterlaufen sind.
2. Das ist dann der Fall, wenn die Beweiswürdigung von einem rechtlich unzutreffenden Ansatz ausgeht, etwa hinsichtlich des Umfangs und der Bedeutung des Zweifelssatzes, wenn sie lückenhaft ist, wenn sie widersprüchlich oder unklar ist, gegen Gesetze der Logik oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder wenn an die zur Verurteilung erforderliche Gewissheit überspannte Anforderungen gestellt werden. Insbesondere ist die Beweiswürdigung auch dann rechtsfehlerhaft, wenn die Beweise nicht erschöpfend gewürdigt werden oder sich den Urteilsgründen nicht entnehmen lässt, dass die einzelnen Beweisergebnisse in eine umfassende Gesamtwürdigung eingestellt wurden (vgl. BGH NStZ 2012, 110 f. mwN). Weder im Hinblick auf den Zweifelssatz noch sonst ist es geboten, zugunsten des Angeklagten von Annahmen auszugehen, für deren Vorliegen das Beweisergebnis keine konkreten tatsächlichen Anhaltspunkte erbracht hat (st. Rspr.).
3. Rechtsfehlerhaft ist auch die Anwendung des Zweifelssatzes auf einzelne Indizien. Bei dem Grundsatz „in dubio pro reo“ handelt es sich um eine Entscheidungsregel, nicht um eine Beweisregel. Diese Regel hat das Gericht erst dann zu befolgen, wenn es nach abgeschlossener Beweiswürdigung nicht die volle Überzeugung von der Täterschaft zu gewinnen vermag. Auf einzelne Elemente der Beweiswürdigung ist die Regel grundsätzlich nicht anzuwenden (vgl. BGH NStZ-RR 2015, 83).