HRRS

Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht

Mai 2016
17. Jahrgang
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Schrifttum

Detlef Burhoff: Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren. 7., aktualisierte und wesentlich überarbeitete Auflage, ZAP Verlag. 2.160 Seiten, 119,00 EUR. ISBN 978-3-89655-795-7, Herne 2015.

Das Burhoff'sche Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren ist in nunmehr 7. Auflage erschienen. Bereits dieser Umstand belegt, dass das Werk seinen festen Platz in der immer weiter anwachsenden strafverfahrensrechtlichen Fachliteratur einnimmt.

Gegenüber der Vorauflage (2013) wurden rund 600 neue Entscheidungen – bis in die Rechtsprechung der Instanzgerichte – ausgewertet und eingearbeitet. Diese Aktualisierungen betreffen nicht zuletzt das bewegte Feld der Verfahrensabsprachen, die umfangreich – über 40 Seiten – behandelt werden (Rn. 72 ff.). Damit dürfte sich zu-

mindest im Ansatz ermessen lassen, welchen Arbeitsaufwand der Alleinautor zu bewältigen hatte, der zugleich für weitere Werke der Reihe verantwortlich zeichnet und sich einmal mehr als versierter Kenner des gesamten Strafverfahrensrechts erwiesen hat.

Das bewährte Konzept, dem ein durchdachtes System zugrunde liegt, wurde weitgehend beibehalten: die Darstellung ist nicht nach Vorschriften (wie bei den Kommentaren) oder übergreifenden Sachkapiteln (wie bei Lehr- oder sonst bei Handbüchern geläufig) gegliedert, sondern nach über 270 alphabetisch geordneten Stichworten, beginnend mit "Ablehnung eines Richters, Allgemeines" bis zu "Zwangsmaßnahmen im Ermittlungsverfahren, Allgemeines". Bereits bei diesen Beispielen zeigt sich, dass bei umfassenderen Themenkomplexen zunächst einführende Erläuterungen "vor die Klammer gezogen" werden, gefolgt von Ausführungen zu einzelnen speziellen Ausprägungen (nach "Akteneinsicht, Allgemeines" kommt "Akteneinsicht, Anfertigung eines Aktenauszugs", gefolgt von 22 weiteren Stichworten zu "Akteneinsicht"). Die jeweiligen Erläuterungen sind mit reichhaltigen optischen Hervorhebungen, Hinweisen für die Praxis, tabellarischen Übersichten und Musterformulierungen für Antragsschreiben versehen; Letztere können über einen mit dem Handbuch zur Verfügung stehenden Online-Zugang auch elektronisch geladen werden. Demgegenüber entfielen – aus Raumgründen sowie in Ansehung eines gewandelten Nutzerverhaltens – Paragrafen- und Entscheidungsregister, die sich noch im Anhang der Vorauflage fanden.

Durch die beschriebene Konzeption ist das Werk konsequent auf die Bedürfnisse der Praxis ausgerichtet (ein Anspruch, der zwar häufig erhoben, aber nicht immer so weitreichend umgesetzt wird). Dies bestätigt sich auch in inhaltlicher Hinsicht, dort bereits bei den ersten Stichworten zur Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit (schwerpunktmäßig den Richter betreffend, aber auch mit Ausführungen zu Sachverständigen und Staatsanwälten, Rn. 7 ff., 58 ff.). Obgleich dieses Handbuch für das Ermittlungsverfahren nach eigenem Bekunden nur die Grundzüge des Ablehnungsrechts enthalten soll und im Übrigen auf das Parallelwerk zur strafrechtlichen Hauptverhandlung verwiesen wird (Rn. 3), werden unter dem Stichwort "Ablehnungsgründe, Befangenheit" nicht nur komprimierte Beispiele aus der Rechtsprechung geboten (wie üblicherweise in den Kommentierungen zu § 24 StPO), sondern auf 17 Seiten umfangreiche Stichwortreihen mit Einzelfällen (Rn. 24 ff.). Ferner steht der Hinweis, dass die Entscheidung über ein Ablehnungsgesuch in Anbetracht der damit verbundenen atmosphärischen Risiken stets dem Mandanten vorbehalten bleiben muss (Rn. 6), am Anfang einer Vielzahl praxisrelevanter Ratschläge im gesamten Handbuch.

Thematisch bietet das Werk von A (z.B. "Anfangsverdacht", "Anklageschrift" oder "Auslieferungsverfahren") bis Z (z.B. "Zahl der Verteidiger" oder "Zuziehung eines Dolmetschers im Ermittlungsverfahren") einen "Rundumschlag" durch das gesamte vorbereitende Verfahren. Beispielhaft herausgegriffen werden sollen an dieser Stelle noch die praxisrelevanten "Blutalkoholfragen" (Rn. 1129 ff.) mit entsprechenden Berechnungshilfen, die "Eigenen Ermittlungen des Verteidigers" (Rn. 1573 ff.) und die ausführlichen Literaturhinweise zu kriminaltechnischen Fragen (Rn. 2526 ff.). Besonders ausführlich werden naturgemäß zentrale Aspekte wie beispielsweise "Akteneinsicht" behandelt. Dass trotz des Umfangs von über 2000 Seiten bisweilen zur Vertiefung auf angegebene Fundstellen verweisen werden muss, offenbart die Unmenge an Informationen, der sich der Verfahrenspraktiker ausgesetzt sieht. Insofern ist ihm mit diesem Handbuch im wörtlichen Sinn ein hervorragendes Hilfsmittel an die Hand gegeben, die sich stellenden Probleme zu erfassen und zu bewältigen.

Wenngleich sich das Werk – wie etwa in den Praxistipps und Musterformulierungen sowie den gebührenrechtlichen Hinweisen zum Ausdruck kommt – in erster Linie an Strafverteidiger wendet, können auch (Ermittlungs-)Richter und Staatsanwälte davon profitieren. So dürften nicht zuletzt die Ausführungen zu den Ermittlungsmaßnahmen im Bereich der Internet- und Kommunikationstechnik (Rn. 532 ff.) gerade auch für den Staatsanwalt von Interesse sein. Die Attraktivität für Nutzer aus der Justiz würde freilich dann noch weiter erhöht, wenn zusätzlich Muster für Entscheidungen oder Verfügungen – beispielsweise zu Benachrichtigungen gemäß § 101 Abs. 4 StPO – enthalten wären. Und während die meisten Einstellungsvorschriften der §§ 153 ff. StPO ihren eigenen Eintrag erhalten haben (Rn. 1693 ff.), würde man sich noch die Aufnahme des im Hinblick auf die zunehmenden Auslandssachverhalte praxisrelevanten § 153c (Abs. 1 S. 1 Nr. 1) StPO wünschen.

Solche Anregungen – aus der Sicht des Justizpraktikers – sollen und können allerdings den ausgezeichneten Gesamteindruck nicht schmälern, den dieses "Mammutwerk" zum Ermittlungsverfahren hinterlässt. Mit der Neuauflage ist dem Autor erneut ein beeindruckender Wurf gelungen.

Von EStA Marco Mayer, Karlsruhe

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