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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Juni/Juli 2011
12. Jahrgang
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Die für die Invollzugsetzung der Unterbringung nach § 67h StGB zuständige Strafvollstreckungskammer bleibt i.S.v. § 462a Abs. 1 Satz 1 StPO mit der Sache befasst, bis die Maßnahme beendet ist. (BGHSt)
1. Die Belehrungspflichten des § 163a Abs. 4, § 136 Abs. 1 StPO sind auf Befragungen eines Beschuldigten durch Privatpersonen nicht anwendbar. Zum Begriff der Vernehmung im Sinne der StPO gehört es, dass der Vernehmende der Auskunftsperson in amtlicher Funktion gegenübertritt und in dieser Eigenschaft von ihr eine Auskunft verlangt.
2. Veranlasst eine Privatperson unter Verheimlichung ihres Ermittlungsinteresses einen Tatverdächtigen, mit ihr ein Gespräch über die Tat zu führen, so begründet dies keinen Verstoß gegen die – unmittelbar oder entsprechend angewandten – Regelungen der § 163a Abs. 3, § 136a Abs. 1 StPO.
3. Das Verbot der Täuschung ist bei systematischer Betrachtung der anderen in § 136a Abs. 1 StPO aufgeführten verbotenen Vernehmungsmethoden einschränkend auszulegen. Mit der Beeinträchtigung der Willensentschließung durch Misshandlung, Ermüdung, körperlichen Eingriff, Verabreichung von Mitteln, Quälerei oder Hypnose lässt sich eine unter wahrheitswidriger Zusicherung der Vertraulichkeit vorgenommene verdeckte Befragung des Angeklagten durch einen Zeugen nicht vergleichen.
4. Die Selbstbelastungsfreiheit im Sinne des Art. 6 Abs. 1 EMRK ist nicht verletzt, wenn es einem Beschuldigten, der sich weder in Haft befand noch bis dahin polizeilich vernommen worden war, freistand, sich mit einem Informanten der Polizei zu unterhalten, der das Gespräch heimlich aufzeichnete (vgl. EGMR, Urteil vom 10. März 2009 – 4378/02 – Bykov v. Russland = HRRS 2009 Nr. 360). Anderes kann gelten, wenn der Informant Zwang ausübt oder eine psychologischem Druck gleichkommende Täuschung einsetzt, um die Aussage zu erlangen.
5. Für die Frage, ob der Gerichtsstand des Tatorts gemäß § 7 Abs. 1 StPO i.V.m. § 9 Abs. 1 StGB begründet ist, ist bei einem Tätigkeitsdelikt allein auf den Handlungsort abzustellen.
6. Die Rüge der Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter (§ 338 Nr. 3 i.V.m. § 24 StPO) ist unzulässig, wenn die Revision den Inhalt der dienstlichen Stellungnahmen der abgelehnten Richter nicht mitteilt.
1. Eine Verfahrensrüge, mit der geltend gemacht wird, die Hauptverhandlung sei in einem Fortsetzungstermin
unter Verletzung des § 231 Abs. 2 StPO in Abwesenheit des Angeklagten durchgeführt worden, ist nicht zulässig erhoben (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO), wenn die Revision zu den Verfahrenstatsachen in einem maßgeblichen Punkt objektiv falsch vorgetragen hat.
2. Auf die objektiv falsche Erklärung kann geschlossen werden, wenn für diese das Protokoll, eine dienstliche Erklärung des Vorsitzenden sowie eine Gegenerklärung der Nebenklägerin sprechen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn sich der Beschwerdeführer nicht auf einen Irrtum in Folge eines Fehlverständnisses der mündlichen Anordnung des Vorsitzenden zur Begründung seiner Verfahrensrüge beruft.
1. Ein Fortsetzungstermin ist nur dann geeignet, die Unterbrechungsfristen des § 229 Abs. 1 oder 2 StPO zu wahren, wenn in ihm zur Sache verhandelt, also das Verfahren inhaltlich auf den abschließenden Urteilsspruch hin gefördert wird. Hierzu genügt jede Förderung des Verfahrens, selbst wenn weitere verfahrensfördernde Handlungen möglich gewesen wären und der Fortsetzungstermin auch der Einhaltung der Unterbrechungsfrist diente.
2. Nicht ausreichend sind dagegen so genannte (reine) 'Schiebetermine', welche die Unterbrechungsfrist lediglich formal wahren, in denen aber tatsächlich keine Prozesshandlungen oder Erörterungen zu Sach- oder Verfahrensfragen vorgenommen werden, die geeignet sind, das Strafverfahren seinem Abschluss substanziell näher zu bringen. Unzulässig ist es darüber hinaus, einheitliche Verfahrensvorgänge, insbesondere Beweisaufnahmen, willkürlich in mehrere kurze Verfahrensabschnitte zu zerstückeln und diese auf mehrere Verhandlungstage zu verteilen, nur um hierdurch die gesetzlichen Unterbrechungsfristen einzuhalten.
1. Bestätigt der Angeklagte Angaben, die das Gericht zuvor nicht als ausreichend im Sinne der getroffenen Verständigung bezeichnet hat, unterliegen diese Angaben keinem Verwertungsverbot gemäß § 257c Abs. 4 Satz 3 StPO. Dies gilt jedenfalls dann, wenn sich aus einem früheren Beschluss/Brief mit gebotener Klarheit ergab, dass die Strafkammer frühere Aussagen für unverwertbar hielt und sie nur im Falle einer bestätigenden Wiederholung berücksichtigen würde, die in Kenntnis des Umstandes, dass eine Vereinbarung nicht mehr im Raum steht, erklärt worden ist. In diesem Fall kann auch dahinstehen, ob der Angeklagte vor Abgabe dieser dann nicht verwerteten Aussagen nicht gemäß § 257c Abs. 5 StPO belehrt worden war.
2. Es kann dahinstehen, ob für die Loslösung von einer früheren Zusage im Rahmen einer Verständigung ein Beschluss erforderlich ist. Jedenfalls die Verlesung eines ankündigenden Briefes an die Verteidiger des betroffenen Angeklagten in der Hauptverhandlung ist ausreichend. Sie entspricht der Sache nach der Verkündung eines Beschlusses. Der Umstand, dass dies schon zuvor den Verteidigern in Form eines Briefs angekündigt wurde und dieser Brief dann nicht umformuliert und ausdrücklich als Beschluss bezeichnet wurde, ändert daran nichts.
3. Die Durchführung eines Selbstleseverfahrens kann als wesentliche Verfahrensförmlichkeit nur durch das Hauptverhandlungsprotokoll bewiesen werden (§ 274 StPO). Die Feststellung im Protokoll, dass die Schöffen Gelegenheit hatten, von den im Selbstleseverfahren eingeführten Urkunden Kenntnis zu nehmen, belegt im Umkehrschluss, dass die Berufsrichter diese Gelegenheit nicht hatten (vgl. BGH wistra 2010, 31). Außerdem genügt die Gelegenheit zur Kenntnisnahme nur für weitere Verfahrensbeteiligte, für Berufsrichter und Schöffen muss [unterschiedslos] die erfolgte Kenntnisnahme festgestellt werden (§ 249 Abs. 2 Satz 1 StPO). Eine dienstliche Erklärung des Vorsitzenden, wonach „sowohl die Berufsrichter als auch die Schöffen (…) hinsichtlich der Urkunden (…) nicht nur Gelegenheit zur Kenntnisnahme hatten, sondern auch Kenntnis von den Urkunden genommen haben“, ist im Ansatz nicht geeignet, die alleinige Beweiskraft des Protokolls (§ 274 StPO) in Frage zu stellen.
4. Sowenig ein Revisionsführer in der Regel zum Beruhen des Urteils auf dem geltend gemachten Verfahrensfehler vortragen muss – mag auch solcher Vortrag je nach Fallgestaltung zweckmäßig sein, so wenig ist eine Rüge deshalb nicht zulässig erhoben, weil Tatsachen, die gegen ein Beruhen sprechen könnten, nicht vorgetragen sind. Der unterbliebene Vortrag hierzu ist nicht mit dem je nach den Umständen des Falles erforderlichen Vortrag zu „rügevernichtenden Umständen“ (z.B. der Wiederholung eines Teils der Hauptverhandlung, in dem ein früherer, der Rüge zu Grunde liegender Verfahrensvorgang wiederholt wurde) oder „Negativtatsachen“ (wenn eine dem geltend gemachten Verfahrensfehler entgegenstehende Verfahrenslage ernsthaft in Frage kommt) zu vergleichen.
5. Der Senat ist nicht der Auffassung, dass die Feststellungen, die nach Abschluss der Durchführung des Selbstleseverfahrens hierüber zu treffen sind, Teil der Durchführung dieses Verfahrens sind.
6. Bei Fortsetzungsterminen müssen die Namen der gemäß § 272 Nr. 2 StPO im Protokoll zu nennenden Verfahrensbeteiligten nicht wiederholt werden. Die allein behauptete bloße Unleserlichkeit einer Unterschrift ist rechtlich bedeutungslos.
1. In einem Fall, in dem Aussage gegen Aussage steht und die Entscheidung allein davon abhängt, welcher Aussage das Tatgericht Glauben schenkt, müssen alle Umstände, die die Entscheidung zu beeinflussen geeignet sind, in die Überlegungen des Tatrichters einbezogen werden (st. Rspr.). Alle gewichtigen Umstände, die für die Beurteilung der Glaubhaftigkeit der entscheidenden belastenden Aussage von wesentlicher Bedeutung sind, müssen hinreichend erörtert sein.
2. Zur erforderlichen Aufklärung von Andeutungen der Belastungszeugin in einem Verfahren wegen sexuellen Missbrauchs, sie könne etwas gegen ein Sorgerecht des Angeklagten tun, was nur Kinder tun könnten.
3. Einzelfall eines unzureichenden Verweises auf Erörterungen einer Falschaussagehypothese durch einen Sachverständigen.
1. Auf die Bekanntgabe der nach Einschätzung der Strafkammer angemessenen Strafobergrenzen kann die Rüge der Befangenheit nicht gestützt werden. Dass die Berufsrichter die Sach- und Rechtslage vor der Eröffnung des Hauptverfahrens und bei der Vorbereitung der Hauptverhandlung geprüft und eine vorläufige Prognose zu den Strafhöhen im Falle eines Geständnisses gestellt, mit den Schöffen abgestimmt und den Verfahrensbeteiligten mitgeteilt haben, rechtfertigt nicht die Annahme einer Besorgnis der Befangenheit. Mit § 257b StPO wird klargestellt, dass sich das Gericht durch die Bekanntgabe seiner Einschätzung des Verfahrensstandes nicht dem Vorwurf der Befangenheit aussetzt.
2. Dies gilt auch für die Äußerung des Vorsitzenden, „die Kammer stehe grundsätzlich dazu, was sie gesagt hat“, wenn die Staatsanwaltschaft dem Vorschlag der Kammer zuvor nicht übernommen hat. Schon aus der Formulierung mit dem Wort „grundsätzlich“ folgt, dass sich die Äußerung auf die vorläufige rechtliche und tatsächliche Bewertung der Anklagevorwürfe durch die Strafkammer bezog.
3. Mittäterschaft liegt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dann vor, wenn ein Tatbeteiligter nicht bloß fremdes Tun fördern will, sondern seinen Beitrag als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils will. Ob ein Beteiligter dieses enge Verhältnis zur Tat hat, ist nach den gesamten Umständen, die von seiner Vorstellung umfasst sind, in wertender Betrachtung zu beurteilen. Wesentliche Anhaltspunkte hierfür können gefunden werden im Grad des eigenen Interesses am Erfolg der Tat, im Umfang der Tatbeteiligung und in der Tatherrschaft oder wenigstens im Willen zur Tatherrschaft, so dass Durchführung und Ausgang der Tat maßgeblich von seinem Willen abhängen (st. Rspr.).
4. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt die Bande im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 2 StGB den Zusammenschluss von mindestens drei Personen voraus, die sich zur fortgesetzten Begehung einer noch unbestimmten Zahl von Diebstählen verbunden haben (BGHSt 46, 321, 325). Erforderlich ist eine – ausdrücklich oder konkludent getroffene – Bandenabrede, bei der das einzelne Mitglied den Willen hat, sich mit mindestens zwei anderen Personen zur Begehung von Straftaten in der Zukunft für eine gewisse Dauer zusammenzutun (BGH, Urteil vom 16. Juni 2005 – 3 StR 492/04, BGHSt 50, 160, 164). Als Bandenmitglied ist anzusehen, wer in die Organisation der Bande eingebunden ist, die dort geltenden Regeln akzeptiert, zum Fortbestand der Bande beiträgt und sich an den Straftaten als Täter oder Teilnehmer beteiligt (BGH wistra 2010, 347).
1. Zwar ist der Angeklagte durch die Verfahrenseinstellung wegen eines Prozesshindernisses in der Regel nicht beschwert (BGHSt 23, 257, 259; BGH NJW 2007, 3010, 3011). Eine Beschwer des Angeklagten kann aber dann bestehen, wenn die Einstellung wegen eines behebbaren Verfahrenshindernisses erfolgt und der Angeklagte behauptet, es liege ein weiteres, nicht behebbares Prozesshindernis vor. In einem solchen Fall kann der Angeklagte mit der Revision ein rechtliches Interesse daran geltend machen, dass das Verfahren endgültig eingestellt wird.
2. Grundsätzlich bestimmt der Verfolgungswille der Strafverfolgungsbehörden die sachliche Reichweite der Unterbrechungswirkung (vgl. BGH NStZ 2004, 275). Dabei kommt es in erster Linie auf den Inhalt des Durchsuchungsbeschlusses und vor allem auf die dort vorgenommene Beschreibung des strafbaren Verhaltens des Angeklagten an. Zur erforderlichen Auslegung des Verfolgungswillens der Ermittlungsbehörden
3. Einstellungsverfügungen gemäß § 170 Abs. 2 StPO begründen keinen Vertrauenstatbestand zugunsten des Angeklagten und entfalteten keine wie auch immer geartete Rechtskraftwirkung. Das Verfahren kann vielmehr
jederzeit – formlos – wieder aufgenommen werden, wenn aus Sicht der Ermittlungsbehörden Anlass dazu besteht.
1. Ein Hinweis gemäß § 265 StPO muss nicht nur erteilt werden, wenn ein anderes Strafgesetz als das im Eröffnungsbeschluss genannte angewandt werden soll, sondern auch dann, wenn der Angeklagte wegen einer andersartigen Begehungsform desselben Strafgesetzes verurteilt werden soll. Das Schwurgericht muss deshalb regelmäßig darauf hinweisen, wenn es abweichend vom Anklagevorwurf wegen eines anderen Mordmerkmals verurteilen will. Mit Rücksicht auf den Regelungszweck des § 265 Abs. 1 StPO ist dies jedenfalls dann anzunehmen, wenn die in Betracht kommenden Begehungsformen sich in ihren objektiven und subjektiven Voraussetzungen so stark voneinander unterscheiden, dass eine umfassende Verteidigung des Angeklagten nur durch eine förmliche Unterrichtung gesichert werden kann. Das ist der Fall, wenn das Schwurgericht den Angeklagten abweichend vom Anklagevorwurf nicht aus dem Gesichtspunkt der Heimtücke, sondern dem der niedrigen Beweggründe wegen Mordes verurteilen will; dasselbe gilt beim Übergang vom Vorwurf des Tötens in Verdeckungsabsicht zum Vorwurf des Tötens aus Wut als niedrigem Beweggrund (BGHSt 25, 287, 289 f.).
2. Der Hinweis muss allein oder in Verbindung mit der zugelassenen Anklage dem Angeklagten hinreichend erkennbar machen, durch welche Tatsachen das Gericht die gesetzlichen Merkmale als erfüllt ansieht (BGH NStZ 1993, 200 mwN). Das gilt auch für das Mordmerkmal der sonstigen niedrigen Beweggründe (Senat BGH NStZ 2005, 111). Nur so kann er seine Funktion erfüllen, den Angeklagten vor Überraschungsentscheidungen zu schützen und ihm die Gelegenheit zu geben, sich gegenüber dem neuen Vorwurf zu verteidigen.
3. Ein bloßer, zudem als solcher wegen der kumulativen Aufzählung der in Betracht kommenden Mordmerkmalen schon nicht unmissverständliche Hinweis ist nicht geeignet, den Angeklagten ausreichend darüber zu informieren, welche Umstände nach Auffassung des Gerichts Grundlage der neuen rechtlichen Bewertung sein konnten.
Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss, durch den ein Ablehnungsgesuch zurückgewiesen worden ist, stellt einen Teil der Revision dar. Sie muss deshalb in der Form des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO begründet werden (vgl. BGHSt 21, 334, 340). Der Zulässigkeit der Rüge steht es deshalb entgegen, wenn der Beschwerdeführer den jeweiligen Zusammenhang der beanstandeten Äußerungen des abgelehnten Vorsitzenden mit bestimmten Einzelheiten seiner Einlassung in der Hauptverhandlung nicht erläutert. Nur im Zusammenhang mit dem konkreten Anlass der Äußerungen des Vorsitzenden kann beurteilt werden, ob sich daraus ein vernünftiger Grund für die Besorgnis der Befangenheit ergibt (vgl. BGH NStZ 2000, 325 f.).
Ein Verschulden des Verteidigers an der Versäumung einer Frist ist dem Mandanten im Verfahren über die Gehörsrüge allerdings zuzurechnen. Zwar sind im Strafverfahren schwerwiegende Verteidigerfehler, wie etwa die Unkenntnis von der Möglichkeit der Einlegung eines Rechtsmittels, die zur Fristversäumung führen, dem Beschuldigten in aller Regel nicht anzulasten. Dies gilt jedoch entsprechend § 93 Abs. 2 Satz 6 BVerfGG nicht bei der Frage, ob die Versäumung der Wochenfrist des § 356a Satz 2 StPO unverschuldet war.
Wird die Wirksamkeit einer Revisionsrücknahme von einem Verfahrensbeteiligten in Zweifel gezogen, so ist es nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Sache des Revisionsgerichts, hierüber eine feststellende Erklärung zu treffen. Zwar wird die Auffassung vertreten, dass bis zum Eingang der Akten beim Revisionsgericht insoweit die Zuständigkeit des iudex a quo gegeben ist. Ob dies auch dann gelten kann, wenn von einem Verfahrensbeteiligten die Wirksamkeit der Rücknahme bereits in Zweifel gezogen war, mag dahinstehen. Jedenfalls ist nach einer Entscheidung durch den iudex a quo und bei Fortbestehen des Streites das Rechtsmittelgericht zur abschließenden Entscheidung über die Wirksamkeit der Rechtsmittelrücknahme berufen.
1. Der Senat lässt offen, ob er der Auffassung folgen könnte, wonach allein schon bei übereinstimmender
Interessenlage einem eine Beweiserhebung nicht selbst beantragenden Mitangeklagten gleichwohl eine umfassende Rügeberechtigung zugebilligt wird, wenn der Beweisantrag eines anderen Angeklagten abgelehnt wird.
2. Der Senat hält es – nicht tragend – für näherliegend, den nicht selbst die Beweiserhebung beantragenden Mitangeklagten auf die Möglichkeit der Aufklärungsrüge zu verweisen, die je nach Fallgestaltung weitergehenden Vortrags im Sinne von § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO bedürfe und nicht notwendig aufgrund einer Verletzung der Regeln aus § 244 Abs. 3 bis 6 StPO zum Erfolg führe.
1. Der Tatbegriff des § 200 Abs. 1 Satz 1 StPO umfasst alle individualisierenden Merkmale der vorgeworfenen Tat, die erforderlich sind, um diese zur Erfüllung der Umgrenzungsfunktion der Anklage von anderen Lebenssachverhalten abzugrenzen. Dabei lässt die Rechtsprechung zwar eine Herabsetzung der Anforderungen an die Individualisierung zu, wenn anders die Verfolgung und Aburteilung strafwürdiger Taten nicht möglich wäre. Dies ist jedoch als Ausnahme auf Fälle beschränkt worden, in denen typischerweise bei einer Serie gleichartiger Handlungen einzelne Taten etwa wegen Zeitablaufs oder wegen Besonderheiten in der Beweislage nicht mehr genau voneinander unterschieden werden können.
2. Allein eine „aggressive und vorverurteilende“ Berichterstattung hat für die Strafbemessung regelmäßig keine wesentliche Bedeutung. Anders kann dies zu beurteilen sein, wenn der Angeklagte unter der Berichterstattung in besonderer Weise gelitten hat. Im Übrigen belegen die vorgelegten Presseartikel auch nicht, dass der Druck der medialen Berichterstattung weit über das hinausging, was jeder Straftäter über sich ergehen lassen muss, dessen Fall in das Licht der Öffentlichkeit gerät.
1. Durch die Verlesung einer schriftlich vorbereiteten mündlichen Erklärung des Angeklagten durch diesen oder seinen Verteidiger wird nicht der Wortlaut des Schriftstücks zum Inbegriff der Hauptverhandlung, sondern allein der Inhalt des mündlichen Vortrags. Dessen wesentliche Punkte hat das Tatgericht in den Urteilsgründen festzustellen. Allein diese Feststellungen sind Grundlage der revisionsgerichtlichen Prüfung.
2. Anders liegt es nur, wenn der Wortlaut der schriftlichen Einlassung durch das Gericht im Wege des förmlichen Urkundsbeweises (§ 249 StPO) in die Hauptverhandlung eingeführt wird. Hierauf hat der Angeklagte jedoch keinen Anspruch.
1. Die Zurücknahme eines Rechtsmittels ist nur bis zur Entscheidung über dieses zulässig. Diese ist getroffen, wenn sie für das Gericht, das sie gefasst hat – außer in den gesetzlich vorgesehenen Fällen – unabänderlich ist. Bei einem Beschluss, der außerhalb einer Hauptverhandlung ergeht und nicht verkündet wird, ist dies in der Regel erst dann der Fall, wenn ihn die Geschäftsstelle an eine Behörde oder Person außerhalb des Gerichts hinausgegeben hat und eine Abänderung tatsächlich unmöglich ist.
2. Abweichend hiervon sind jedoch Beschlüsse, die nach rechtzeitiger Einlegung eines Rechtsmittels unmittelbar die Rechtskraft der angefochtenen Entscheidung herbeiführen, bereits dann erlassen, wenn sie mit den Unterschriften der Richter versehen in den Geschäftsgang gegeben werden. Hierzu gehören auch die Beschlüsse des Revisionsgerichts gemäß § 349 Abs. 2 StPO.
1. Der Senat entscheidet über die Anhörungsrüge (§ 356a StPO) in der nach dem Geschäftsverteilungsplan des Bundesgerichtshofs und nach dem internen Geschäftsverteilungsplan des Senats bestimmten Besetzung. Dass dies grundsätzlich dieselben Richter sind, die auch über die Revision des Angeklagten entschieden haben, entspricht der Intention des Rechtsbehelfs. Die Prüfung und die Beseitigung gerichtlicher Gehörsverstöße obliegt in erster Linie dem mit der Sache befassten iudex a quo.
2. Dem Angeklagten ist es nach Zustellung des Antrags des Generalbundesanwalts, gemäß § 349 Abs. 2 StPO zu entscheiden, unbenommen, die nach den Geschäftsverteilungsplänen zur Entscheidung über seine Revision berufenen Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, wenn er hierzu Anlass gesehen hätte. Im Zusammenhang mit der Anhörungsrüge kann dies nicht nachgeholt werden.
Ein Antrag auf Ablehnung eines Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit ist generell bedingungsfeindlich.
1. Der Nebenklage steht nur ein beschränktes Anfechtungsrecht zu; sie kann ein Urteil nicht mit dem Ziel einer anderen Rechtsfolge der Tat oder einer Verurteilung wegen einer Verletzung eines Gesetzes, das nicht zum Anschluss berechtigt, anfechten (§ 400 Abs. 1 StPO). Sie hat deshalb in der Revisionsrechtfertigung darzulegen, inwieweit sie in ihrer Stellung als Nebenklägerin durch das Urteil beschwert, d.h. welches ihre Anschlussbefugnis stützende Strafgesetz verletzt sei. Eine unausgeführte allgemeine Sachrüge genügt dem nicht.
2. Spricht der Tatrichter aus tatsächlichen Gründen frei, so muss er zunächst in einer geschlossenen Darstellung diejenigen Tatsachen feststellen, die er für erwiesen hält, bevor er in der Beweiswürdigung darlegt, aus welchen Gründen die für einen Schuldspruch erforderlichen – zusätzlichen – Feststellungen nicht getroffen werden können. Die Begründung muss so abgefasst sein, dass das Revisionsgericht prüfen kann, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind, das heißt, ob die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist, ob sie gegen Denkgesetze verstößt oder ob der Tatrichter an die für eine Verurteilung erforderliche Gewissheit überspannte Anforderungen gestellt hat.
Damit die Einhaltung der Frist gemäß § 45 StPO überprüft werden kann, bedarf es zur formgerechten Anbringung eines Wiedereinsetzungsgesuchs in den Fällen, in denen dies nach Aktenlage nicht offensichtlich ist, der Mitteilung, wann das Hindernis, das der Wahrung der versäumten Frist entgegenstand, weggefallen ist (BGH NStZ 2006, 54, 55).
1. Das Revisionsgericht ist – entsprechend der Praxis in Fällen des § 346 StPO – auch im Falle eines fraglichen Rechtsmittelverzichts berechtigt, über die Zulässigkeit der Revision gesondert und vorab zu entscheiden. In diesem Falle ist die Staatsanwaltschaft bei dem Revisionsgericht berechtigt, weitere (Sach-)Anträge nachzuschieben.
2. Die Bewertung eines Sachverständigengutachtens ist Teil der dem Tatgericht gemäß § 261 StPO obliegenden Beweiswürdigung.
1. Der Tatrichter muss sich in seiner Beweiswürdigung mit als wahr unterstellten Tatsachen unter anderem dann ausdrücklich auseinandersetzen, wenn die Beweiswürdigung ohne deren Erörterung lückenhaft bleibt.
2. Dies gilt bei der Ablehnung von Beweisanträgen wegen Erwiesenseins von Tatsachen entsprechend; auch diese dürfen – soweit sie den Feststellungen des Gerichts indiziell widersprechen – zumindest nicht unerörtert bleiben.
Das Verschlechterungsverbot des § 358 Abs. 2 Satz 1 StPO hindert die Verböserung des Schuldspruchs nicht.