HRRS-Nummer: HRRS 2011 Nr. 725
Bearbeiter: Karsten Gaede
Zitiervorschlag: BGH, 4 StR 130/11, Beschluss v. 13.04.2011, HRRS 2011 Nr. 725
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Essen vom 21. Dezember 2010 im Schuldspruch dahin berichtigt und abgeändert, dass der Angeklagte des besonders schweren räuberischen Diebstahls in zwei Fällen sowie des schweren räuberischen Diebstahls in Tateinheit mit Nötigung schuldig ist.
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
3. Der Angeklagte hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer räuberischer Erpressung in zwei Fällen und wegen Diebstahls mit Waffen und versuchter Nötigung unter Einbeziehung einer anderweit verhängten Freiheitsstrafe zu der Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt; ferner hat es die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet und bestimmt, dass vor der Maßregel ein Jahr und sechs Monate der erkannten Gesamtfreiheitsstrafe zu vollstrecken sind. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Das Landgericht hat in den schriftlichen Urteilsgründen selbst mitgeteilt (UA 15), dass es den Angeklagten in den Fällen II. 1 und 2 der Urteilsgründe auf Grund eines Versehens wegen schwerer räuberischer Erpressung in zwei Fällen verurteilt hat. In Übereinstimmung mit der zutreffenden rechtlichen Würdigung im Urteil hat der Senat den Schuldspruch dahin korrigiert, dass der Angeklagte sich in diesen beiden Fällen jeweils gemäß §§ 252, 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB wegen besonders schweren räuberischen Diebstahls schuldig gemacht hat.
2. Die rechtliche Würdigung zu Fall II. 3 der Urteilsgründe hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Der Generalbundesanwalt hat hierzu in seiner Antragsschrift vom 18. März 2011 Folgendes ausgeführt:
"Die Kammer hat nicht berücksichtigt, dass der Angeklagte nach den Feststellungen (UA S. 10) den Zeugen U., der ihn an der Tür noch innerhalb der Geschäftsräume stellte und festhielt, zurückschubste und so mit der Beute aus dem Laden fliehen konnte. Er hat somit Gewalt - "wegschubsen" - angewendet, um sich (den) Besitz der entwendeten Flaschen zu erhalten, so dass die Tat als - vollendeter - räuberischer Diebstahl nach § 252 StGB zu werten ist, der - wegen des mitgeführten Messers - als "schwerer räuberischer Diebstahl" gemäß den §§ 252, 250 Abs. 1 Nr. 1 a StGB zu qualifizieren ist.
Der nachfolgende Einsatz des Messers als Drohmittel, um - nach dem Verlust der Beute - fliehen zu können, was dem Angeklagten auch gelang, stellt eine vollendete Nötigung dar. Warum die Kammer hier lediglich eine versuchte Nötigung angenommen hat, erschließt sich nicht. Auf Grund des engen zeitlichen und situativen Zusammenhangs stehen die beiden Taten in Tateinheit.
Die Änderung des Schuldspruchs führt zum Wegfall der für die (versuchte) Nötigung verhängten Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten (UA S. 17). Die für den "Diebstahl mit Waffen" verhängte Freiheitsstrafe in Höhe von zwei Jahren kann als Strafe für die Tat II. 3 bestehen bleiben ...
Vom Wegfall der Einzelstrafe für die (versuchte) Nötigung wird die verhängte Gesamtfreiheitsstrafe ebenfalls nicht berührt.
Zum einen hätte ... die Kammer bei zutreffender rechtlicher Würdigung für die Tat II. 3 eine höhere Strafe verhängen müssen, darüber hinaus wird durch die Änderung des Konkurrenzverhältnisses der Gesamtschuldgehalt nicht berührt".
Dem tritt der Senat bei; der Schuldspruch wegen eines schweren räuberischen Diebstahls rechtfertigt sich auch deshalb, weil es zwischen dem Angeklagten und seinem Verfolger ein "Gerangel" gegeben hat, bevor der Angeklagte die entwendeten Flaschen verlor und damit auch insoweit gegen den Verfolger Gewalt angewandt hat. Der Entscheidung des Senats steht § 265 Abs. 1 StPO nicht entgegen; das Verschlechterungsverbot des § 358 Abs. 2 Satz 1 StPO hindert die Verböserung des Schuldspruchs nicht (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl., § 331 Rn. 8).
HRRS-Nummer: HRRS 2011 Nr. 725
Bearbeiter: Karsten Gaede