Alle Ausgaben der HRRS, Aufsätze und Anmerkungen ab dem Jahr 2000.
HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Juni/Juli 2011
12. Jahrgang
PDF-Download
Von Wiss. Mit. Mustafa Temmuz Oğlakcıoğlu
Die weitreichenden Modifikationen der §§ 331 ff. StGB durch das Korruptionsbekämpfungsgesetz [1] vom 13.08.1997 waren Auslöser einer Flut von Rechtsprechung und Abhandlungen, die insb. den neuen Begrifflichkeiten der Unrechtsvereinbarung und des Drittvorteils nähere Konturen verleihen sollte. [2] Die Rechtsfortbildung ist seitdem vom schwierigen Balanceakt gekennzeichnet, einerseits der mit den Reformen einhergehenden Tatbestandsausweitung [3] mittels restriktiver Interpretationsansätze zu begegnen, anderseits gerade dem Sinn und Zweck jener Extension [4] gerecht zu werden, nämlich einem wesentlich umfassenderen Schutz des komplexen Rechtsguts der §§ 331 ff. StGB. [5] Unberührt blieben dagegen die Tathandlungen der §§ 331 ff. StGB, da der Gesetzgeber keinen Anlass dafür sah, von dem relativ eingängigen "Stufenprinzip" (Fordern, Versprechen-Lassen, Annehmen) abzurücken. Schließlich ergibt sich in Kumulation mit dem "Spiegelbildlichkeitsprinzip" (Anbieten, Versprechen, Gewähren auf Seiten des Vorteilsgebers) ein jedenfalls auf den ersten Blick gut nachvollziehbares Gepräge der Bestechungsdelikte. [6]
Aus dem Blickfeld geriet aber, dass § 331 StGB immer noch Begehungsweisen aufzählt, die auf den eigennützig agierenden Amtsträger zugeschnitten sind, obwohl sich der Gesetzgeber zwischenzeitlich dafür entschieden hat, nunmehr auch uneigennütziges Handeln dem Tatbestand des § 331 StGB unterfallen zu lassen. [7] Diese "Dissonanz" zwischen gesetzgeberischer Neuausrichtung und Tathandlungen aus altem Recht kommt v.a. bei der Modalität des "Annehmens" zum Vorschein, die als "Krönung" eines korrumpierten Geschäfts die tatsächliche Übergabe des Vorteils umschreibt. Werden nämlich Dritte in das korrumpierte Geschäft (als Zuwendungsempfänger) mit einbezogen, ist es praktisch eher der Regelfall denn die Ausnahme, dass der Vorteil direkt in die "Tasche" des Dritten fließt, also die Vorteilsabwicklung nicht erst über den Umweg des Dienstausübenden erfolgt. Dann stellt sich die bis dato weitgehend nur in der Literatur disku-
tierte Frage[8], ob der Amtsträger denn überhaupt einen Vorteil "angenommen" hat und in welchen Konstellationen die übrigen Handlungsalternativen – insb. die des "Sich-Versprechen-Lassens" – die hierbei entstehenden Lücken zu schließen vermögen. In unmittelbarem Zusammenhang zu diesen Fragen wird sich herausstellen, ob und inwiefern das vom Gesetzgeber suggerierte Bild vom Stufen- und Spiegelbildlichkeitsverhältnis das Verständnis von den Tathandlungen beeinflussen darf. Hierbei wird sich auch ergeben, wie weit die "Spiegelbildlichkeit" der §§ 331 ff. StGB wirklich reicht, insb. ob die Vornahme einer zweiseitigen Handlung zugleich die Verwirklichung der "gegenüberliegenden" Handlung durch den sog. "notwendigen Teilnehmer" präjudiziert. Im Fall Kremendahl deutete sich bereits an, dass man hier geteilter Auffassung sein kann. [9] Vorliegend soll als Aufhänger aber ein etwas aktuellerer Beschluss des OLG Karlsruhe vom 27.04.2010 dienen, der sich zuletzt mit diesen Fragen zu befassen hatte:
Im konkreten Fall erhielt ein Bürgermeister nach Unterzeichnung eines bereits Monate zuvor (durch den Gemeinderat) beschlossenen Konzessionsvertrags ein Schreiben vom Vertragspartner, in dem er gebeten wurde, aus Anlass des Neuabschlusses einen Spendenempfänger zu benennen. Dabei behielt man sich stets eine Ablehnung des Vorschlags vor. Daraufhin benannte der Amtsträger einen örtlichen Fußballverein als Spendenempfänger, an den der Konzessionsvertragspartner dann einen Betrag in Höhe von 2898 DM ausbezahlte. Tatrichterlich wurde nicht festgestellt, ob der Bürgermeister von dieser Ausbezahlung zumindest im Nachhinein Kenntnis erlangt hat.
Im pyramidenartig aufgebauten Stufensystem symbolisiert die Tatmodalität des Annehmens den "Höhepunkt" des tatbestandlich vertypten Unrechts. Sie ist im Vergleich zum Fordern und Versprechen-Lassen die einzige Begehungsweise, der im Hinblick auf das geschützte Rechtsgut nicht der rechtsmethodische "Vorwurf" einer zum eigenständigen Tatbestand erhobenen Versuchshandlung gemacht werden kann. Während das Fordern als ausdrückliches, einseitiges Verlangen ebenso wie das Versprechen-Lassen (als ausdrückliche Annahme des Angebots einer künftigen Leistung [10]) typische Vorfeldhandlungen, also die Entstehung des korrumpierten Geschäfts erfassen, betrifft das Annehmen des Vorteils den "Vollzug" der Unrechtsvereinbarung [11] (bzw. fällt mit dieser zusammen) und lässt sich in gewissem Grade als Manifestation der Rechtsgut-"Verletzung" bezeichnen. [12] Dem Verhalten des Amtsträgers steht ein ebenso stufenartiges Vorgehen des Vorteilsgebers gegenüber, der den Vorteil zunächst einseitig anbietet, dann verspricht und letztlich gewährt, §§ 333, 334 StGB. Gerade das vom Gesetzgeber so formulierte "Nacheinander" der Handlungen legt es nahe, im Annehmen ein "Mehr" gegenüber dem Fordern und dem Sichversprechenlassen zu sehen. Worin sich dieses "Plus" oder jene Manifestation ausdrückt, wurde bisher fast einhellig beantwortet: Demnach sei das Annehmen der tatsächliche Empfang des geforderten bzw. angebotenen Vorteils, um ihn zu behalten oder an den Dritten weiterzugeben, für den er bestimmt ist. [13] Bei solch einem Verständnis vom Annehmen fällt die direkte Drittzuwendung stets aus dem Raster. Fraglich ist, ob nicht bereits die "Vorfeldhandlungen" des § 331 StGB greifen, sodass eine weitergehende Auseinandersetzung mit dieser Modalität entbehrlich wäre.
Im Regelfall ist der Umstand der direkten Zuwendung an den Dritten nicht derart prekär und man kann sich jegliche Diskussion sparen, da solch einer Abwicklung Gespräche i.S.e. "Sich-Versprechen-Lassens" vorausgegangen sind. Versprechenlassen kann man sich nämlich auch einen Vorteil für Dritte. Die Modalität lässt sich als Abschluss eines (freilich nur "faktischen") Vertrags verstehen und lässt somit auch Vereinbarungen zugunsten Dritter zu. [14] Gerade diese Nähe zum Rechtsgeschäft
ermöglicht aber zugleich das "Angebot" unverbindlich auszusprechen, wie im Ausgangsfall. Tatsächlich dürfte – Stichwort "Spiegelbildlichkeitsprüfung" – von einem "Versprechen" i.S.d. § 333 StGB nur dann die Rede sein, wenn der Bedingungseintritt ausschließlich vom Verhalten der Gegenseite abhängt [15] (Einhalten einer Frist o.Ä. [16]). Stellt das Angebot des Vorteilsgebers dagegen bei genauerer Betrachtung nur eine "invitatio" zum Angebot des Amtsträgers dar, liegt also keine "Bedingung" in diesem Sinne vor (sollen also "Vorschläge" gemacht werden, die womöglich abgelehnt werden könnten, wie bspw. im Falle des OLG Karlsruhe), dann geht es wohl zu weit, ein Versprechen anzunehmen. [17] Ob der Gesetzgeber bzgl. der Tathandlungen des Sich-Versprechen-Lassens/ Versprechens die Schutzbehauptung der "unverbindlichen" Aussage im Auge hatte, sei dahingestellt. Denn solch eine wird sich nur dann als tückisch erweisen, wenn in Abweichung zum Normalfall keine Ausbezahlung erfolgt, die den konkludenten Abschluss der Unrechtsvereinbarung bedeutete (oder der Vertragspartner von dieser konkludenten Annahme keine Kenntnis erlangt). [18]
Im beschriebenen Fall des OLG Karlsruhe drängte sich auf den ersten Blick die Modalität des Forderns gar nicht auf, sodass auch dem Beschluss diesbezügliche Ausführungen nicht zu entnehmen sind. Wo eine Interaktion zwischen zwei Personen bereits stattgefunden hat, scheint das Fordern als "erster Schritt" denknotwendig ausgeschlossen. Zu den prägenden Merkmalen der Handlungsmodalität dürfte aber nicht allein die Erstinitiative, sondern auch die Einseitigkeit zählen. Warum sollte ein Fordern a priori ausgeschlossen sein, wenn bereits Gespräche stattgefunden haben, nur noch nicht eindeutig feststeht, wie die Unrechtsvereinbarung am Ende aussehen wird? [19] Denn auch im Rahmen unverbindlicher Gespräche kann der Amtsträger ausdrücklich oder konkludent zu erkennen geben, dass er einen Vorteil für seine Dienstausübung begehrt. [20] Diese Auffassung deckt sich wohl auch mit der ursprünglichen Intention des Gesetzgebers, der die maßgeblichen bzw. typischen Stadien eines mitunter komplexen Prozesses (die Entstehung der Unrechtsvereinbarung) herausgestellt hat und damit jede Form der Kommunikation erfasst wissen wollte, welche die Vorteilserlangung für die Dienstausübung betrifft. [21] Umgekehrt müsste man auch im Verhalten der Gegenseite ein "Anbieten" sehen, wenn sie den Amtsträger dazu auffordert, einen Spendenempfänger zu benennen. Denn hier kann es nicht auf die "Verbindlichkeit" des Angebots ankommen, spielt es ja nach h.M. für die Tatbestandsmäßigkeit ebenfalls keine Rolle, ob der Amtsträger das Angebot überhaupt annimmt, solange das Angebot zugeht und auf den Abschluss einer Unrechtsvereinbarung gerichtet ist. [22]
Erwartet man mit Blick auf die Semantik des Begriffs "Fordern" aber eine Erstinitiative des Amtsträgers und soll ein Sichversprechenlassen am "Bindungswillen" der Gegenseite scheitern, muss man sich wieder auf die letzte Stufe begeben und der Frage nachgehen, ob die Tatmodalität des "Annehmens" auch dann bejaht werden kann, wenn der Vorteilsgeber die Zuwendung direkt auf das Konto eines Dritten überweist. Unproblematisch wäre die Einbeziehung des Dritten, wenn der Vorteil "am Ende" ohnehin beim Amtsträger landete, der Dritte somit nur als "Stroh- bzw. Mittelsmann" das Geld annimmt, um es wie verabredet weiterzuleiten. [23] Denn in diesen Fällen empfängt der Amtsträger – wenn auch über Umwege – den Vorteil tatsächlich. Umstritten ist die hier vorliegende Variante, in welcher der Dritte unmittelbares Ziel der Zuwendung ist. Höchstrichterliche Rechtsprechung hierzu ist nicht veröffentlicht.
Allenfalls als "spiegelbildliches" Urteil kann der Fall Kremendahl bezeichnet werden, in dem der BGH die direkte Zuwendung an Dritte unter die Modalität des "Gewährens" (als Gegenstück zur Annahme) subsumierte. [24] Demnach liegt ein tatbestandsmäßiges Gewähren auch dann vor, wenn sich ein Amtsträger einen Vorteil hat versprechen lassen, der unmittelbar einem Dritten zugewandt werden soll und der Vorteilsgeber die Zuwendung absprachegemäß an den Dritten leistet. Dies gelte auch dann, wenn diese Leistung ohne aktuelles Wissen des
Amtsträgers vollzogen wird. Dann bedürfe es aber noch der nachträglichen Kenntnisnahme und Billigung durch den Amtsträger. [25] Selbst wenn man die Auffassung des Senats im Fall Kremendahl teilt, darf man sich nicht vom Spiegelbildlichkeitsprinzip blenden lassen und den Aussagegehalt dieser Rechtsprechung zu hoch ansetzen: die Handlung des Gewährens lässt schon aufgrund ihrer aktiven Formulierung solch ein weiter gehendes Verständnis zu. [26] In der Literatur ist bereits die weite Auslegung vom "Gewähren" auf Ablehnung gestoßen. [27] Sie ist aber eher als (Stichwort "Spiegelbildlichkeit") systematisch korrekte Konsequenz einer Rechtsauffassung anzusehen, wonach die Modalität des Annehmens bei der unmittelbaren Vorteilszuwendung an Dritte ausscheide.
Die überwiegende Literatur definiert das Annehmen nämlich als tatsächliche Entgegennahme eines Vorteils und klammert die Fälle der unmittelbaren Drittzuwendung bei dieser Tatmodalität stets aus. [28] Im Hinblick auf entstehende "Lücken" wird auf das Sichversprechenlassen verwiesen. [29] Das OLG Karlsruhe teilt die Zweifel in der Literatur. Soweit für diese Fälle die Modalität der Annahme überhaupt einschlägig sein kann, müsse zumindest tatrichterlich festgestellt worden sein, dass der Angeklagte wusste, dass das Geld an den Verein überwiesen worden ist. Damit wird auf vermittelnde Ansichten in der Literatur Bezug genommen, die ihrerseits teils mit historischen Erwägungen, teils mit dem Gegenschlussprinzip (insb. mit Blick auf den genannten Fall Kremendahl) arbeiten.
Bei einer gesetzgebungshistorischen Betrachtung des Problems muss man das (zumindest früher existente) Konstrukt des mittelbaren Eigenvorteils in seine Überlegungen aufnehmen. [30] Damit sollten die Lücken geschlossen werden, die nach alter Rechtslage beim (zumindest objektiv) uneigennützigen Täter entstanden. Werde dieses Konstrukt trotz Wegfall der Beweisschwierigkeiten weiterhin anerkannt, könne die Erlangung eines mittelbaren Vorteils nach wie vor als "Annehmen" gedeutet werden. Diesbezüglich ist aber zu beachten, dass der Begriff des mittelbaren Vorteils schon grundsätzlich ein problematisches Konstrukt bleibt und es bisher trotz umfangreicher Kasuistik nicht gelang, ihn "messbar" zu machen bzw. näher zu konturieren. [31] Nicht umsonst stand man schon nach alter Rechtslage dem Begriff des mittelbaren Vorteils grundsätzlich kritisch gegenüber, [32] weswegen eine "Verbiegung" des Annahmebegriffs hiermit nicht legitimiert werden kann (unabhängig hiervon müsste man ohnehin prüfen, worin der mittelbare Vorteil für den Angeklagten zu sehen ist). [33]
Derartige Überlegungen erweisen somit als unergiebig, vielmehr sind die Tathandlungen unabhängig von Inhalt und Reichweite des Vorteilsbegriffs zu bestimmen. Systematisch existiert für den Begriff des Annehmens kein Vergleichsmaßstab, da keine anderen Vorschriften diese Tathandlung aufführen. [34] Zutreffend an der h.M. ist jedenfalls, dass sie eine "Steigerung" in Form eines faktischen Einschlags voraussetzt (da das Fordern und Sichversprechenlassen im Vorfeld der Vorteilserlangung stehen und eher "geschäftlichen", denn tatsächlichen Charakter haben), es also irgendwie zum "Fluss" des Vorteils kommt. Aber statt in einer tatsächlichen Übergabe könnte man dieses faktische Element auch im Gebrauch der realen Zugriffsmöglichkeit über den Vorteil sehen. Gemeint ist, dass bereits die "Verfügung" bzw. die Anordnung des Angeklagten, man möge die Spende an den Verein ausbezahlen, als "Annehmen" gedeutet werden kann. So ist es kaum nachvollziehbar, warum die angeordnete Zuwendung als "Verfügungshandlung" durch den Vorteilsnehmer nicht dem Tatbestand unterfallen sollte, wenn bereits das einseitige Fordern des Vorteils für einen Dritten (also im Hinblick auf das geschützte Rechtsgut die schwächere Begehungsform) dem Tatbestand unterfiele. Das Annehmen muss somit auch bejaht werden, wenn der Täter über den Vorteil – sei es auch über Dritte – faktisch verfügen kann und von dieser Möglichkeit auch tatsächlich Gebrauch macht.
Bezogen auf den Fall bleibt es allerdings beim gleichen Ergebnis, da der Täter – soweit man die tatrichterlich festgestellte "Unverbindlichkeit" ernst nimmt – gerade nicht davon ausgehen durfte, dass er bereits Verfügungsmacht über den Vorteil hat. Dagegen wäre es nicht mehr auf seine Kenntnis im Hinblick auf die tatsächliche Überweisung angekommen, wenn das Angebot "verbindlich" gewesen wäre.
Als Fazit bleibt zuzugeben, dass die Tathandlung des Annehmens nach wie vor diejenige Modalität bleibt, die
in den Fällen der Drittzuwendung am fernsten liegt. Die Ausführungen haben aber gezeigt, dass das vom Gesetzgeber suggerierte Bild vom Stufenverhältnis die Auslegung der Tathandlungen "manipulieren" kann. So sprechen ebenso viele Gründe dafür, das Verhalten des Bürgermeisters bereits als "Fordern" zu deuten, obwohl die Initiative nicht von ihm ausging. Auch der "spiegelbildlichen" Auslegung sind Grenzen gesetzt, da die grammatikalische Auslegung trotz der Bemühungen des Gesetzgebers, kongruente Begriffspaare zu verwenden, differenzierte Betrachtungen zwischen Fordern/Anbieten einerseits, aber insb. Annehmen/Gewähren andererseits zulässt. Dennoch kann es gelingen eine Harmonisierung der Annahmemodalität mit dem Drittvorteil zu erreichen, ohne auf das faktische Moment der Annahme zu verzichten . Dies gilt, soweit man wie hier vorgeschlagen, das tatsächliche Gebrauchmachen von der Verfügungsmöglichkeit für ausreichend erachtet. Diese These würde sich aber in einer konkurrenzrechtlichen (bzw. strafzumessungstechnischen) Bedeutung erschöpfen, da die Vorstellung des Täters von einer faktischen Verfügungsmöglichkeit das Sichversprechenlassen bzw. eine abgeschlossene Unrechtsvereinbarung als Vorhandlung bedingt.
[1] BGBl. I S.2038.; zum Ganzen König JR 1997, 397; Korte NStZ 1997, 513 ff.
[2] Als "leading cases" aus der Rechtsprechung seien genannt BGHSt 47, 306 (Drittmittel); 49, 275 (Parteispenden).
[3] Die mitunter auch zur einer Erfassung grundsätzlich sozialadäquater Verhaltensweisen führt, vgl. hierzu Kudlich/Oğlakcıoğlu, Wirtschaftsstrafrecht (2011), Rn. 387 f.; Wittig Wirtschaftsstrafrecht (2010), § 27 Rn. 33; MK-StGB/Korte (2009), § 331 Rn. 130; Von Heintschel-Heinegg/Trüg (2010), § 331 Rn. 31.
[4] Die Extension wird jedenfalls durch gesetzliche "Befugnisnormen" eingedämmt. Gerade das vorliegende Beispiel demonstriert die Weitläufigkeit des § 331 StGB: selbst ohne die Spende kann der Abschluss des Konzessionsvertrags selbst als Dienstausübung gewertet werden kann, für den die Gemeinde (als Anstellungskörperschaft nach h.M. zulässige "Dritte") einen Vorteil erlangt, nämlich die Konzessionsabgabe. Die Gemeindeordnungen der Länder sehen den Abschluss solch eines Vertrags vor (meist ist er sogar explizit geregelt), während das EnWG den Ablauf und den Inhalt derartiger Vereinbarungen näher regelt; eine ähnliche Einschränkung erfährt die Tatbestandsmäßigkeit der Drittmittelakquise über die Normen des Hochschulrechts, vgl. BGHSt 47, 306, 310.
[5] Zum komplexen Rechtsgut der §§ 331 ff. StGB BGHSt 15, 88, 96; 47, 295, 309; Fischer, 58. Aufl. 2010, Rn. 3; NK/Kuhlen, 3. Aufl. 2010, § 331 Rn. 9 ff.; Rengier BT II, 11. Aufl. 2009, § 60 Rn. 7.
[6] Vgl. Geppert Jura 1981, 42.
[7] Vgl. MK-StGB/Korte (Fn. 3) § 331 Rdn. 13, wonach die Einbeziehung der Drittvorteile nur den Vorteilsbegriff selbst betreffe und nichts an den Handlungsmodalitäten ändere.
[8] Ausführlicher nur etwa LK/Sowada, 12. Aufl. 2009, Rn. 29; MK-StGB/Korte (Fn. 3) § 331 Rn. 58; NK/Kuhlen (Fn. 5) § 331 Rn. 25.; Kargl JZ 2005, 503, 506.
[9] BGHSt 49, 275; zust. Lackner/Kühl, 27. Aufl. 2011, Rn. 3.
[10] Es dürfte allerdings nicht von Bedeutung sein, wer den ersten Schritt zum Unrechtspakt macht, sondern vielmehr, ob die Angebote "verbindlich" sind. Insofern könnte die Wendung "Angebot" missverständlich sein, vgl. noch weiter unten.
[11] Wenn man § 331 StGB für sich betrachtet, könnte man in den Tatmodalitäten auch ausschließlich Vorfeldhandlungen sehen: Dies läge nicht derart fern, wenn man im Sich-Versprechen-Lassen das "aktive" Einholen des Angebots und im "Annehmen" ein zivilrechtsakzessorisches Verständnis zugrundelegend das "vertragliche" Annehmen ohne tatsächliche Leistungsübergabe sehen würde. Dann käme es überhaupt nicht darauf an, ob die Spende dem Amtsträger zufließt, da seine Annahme jedenfalls in der faktischen Zustimmung zur Weiterleitung an den Dritten gesehen werden könnte. Diese Auslegung scheitert allerdings am Spiegelbild des § 331, wonach § 333 dem Annehmen relativ eindeutig eine faktische Handlung gegenüberstellt, nämlich das "Gewähren".
[12] Soweit man bei abstrahierten Rechtsgütern überhaupt von einer Rechtsguts-"Verletzung" sprechen kann, einführend zum Rechtsgutsbegriff Rönnau JuS 2009, 209 ff.
[13] So bereits RGSt 58, 263, 266; BGHSt 14, 123, 127; OLG Karlsruhe NStZ 2001, 654; LK/Sowada § 331 (Fn. 8) Rn. 28; Wessels/Hettinger BT 1, 34. Aufl. 2010, Rn. 1108; SSW-StGB/Rosenau (2009), § 331 Rn. 25.
[14] Streiten kann man darüber, ob in der Wendung "Sich Versprechen Lassen" ebenfalls als Steigerung zum Fordern ein aktives Akquirieren des Angebots seitens des Amtsträgers zu verstehen ist (soz. als "invitatio ad offerendum") oder umgekehrt die Geberseite das Angebot machen muss. Letztlich sollte es wohl nur darauf ankommen, dass nunmehr beide Teile an den Gesprächen beteiligt sind; unerheblich ist dagegen, wer den ersten Schritt gemacht hat; daher ist die häufige anzutreffende Definition "Sichversprechenlassen ist die Annahme eines Angebots zur Gewährung des Vorteils", zumindest missverständlich. Im Übrigen ist die gewählte Passiv-Form auch nicht als echtes Unterlassungsdelikt zu verstehen, welches das einfache "Schweigen" auf ein Angebot für die Tatbestandsmäßigkeit ausreichend erachtete, vgl. Fischer (Fn. 5) Rn. 19.
[15] Beispielsweise die Mitwirkung eines anderen Amtsträgers, so bereits RGSt 57, 28.
[16] Zur besonderen Fallkonstellation der Genehmigung als Inhalt der Bedingung, vgl. LK/Sowada (Fn. 8) § 331 Rn. 30.
[17] Zur Notwendigkeit einer "Willensübereinstimmung" RGSt 77, 75, 76; BGHSt 10, 237, 241.
[18] In Falle des OLG Karlsruhe wurde dagegen tatrichterlich nicht festgestellt, ob der Angeklagte von der Ausbezahlung wusste (i.Ü. verneint der Senat aus diesem Grund auch ein "Annehmen"); Der Senat hätte aber zumindest überlegen können, ob gerade das "Schweigen" der Gegenseite auf die Benennung des Fußballvereins hin nicht schon als konkludentes Versprechen gedeutet werden konnte bzw. umgekehrt vom Erklärungsempfänger als Zustimmung gedeutet werden musste (dann wären die soeben genannten Lücken in der tatrichterlichen Feststellung unschädlich); insbesondere unter Berücksichtigung der bisherigen Gepflogenheiten der Gegenseite, was den Schriftverkehr anbelangt wäre ein wohl nur noch eine Ablehnung des Spendenempfängers ausdrücklich erklärt worden.
[19] MK-StGB/Korte (Fn. 3) § 331 Rdn. 55 legt dem Fordern das strenge Verständnis der h.M. zugrunde, merkt aber im Rahmen seiner Ausführungen zum Sich-Versprechen-Lassen an, dass das Fordern eines Vorteils auch dann in Betracht kommt, wenn die Gespräche gescheitert sind ("Dissens").
[20] Zu dieser Definition des Forderns BGHSt 10, 241; Fischer (Fn. 5) Rn. 18.
[21] So würde auch die Konstellation, in der ein Amtsträger irrig von einem Angebot ausgeht, dass er – gerichtet auf eine Unrechtsvereinbarung – annimmt, dem Tatbestand unterfallen, vgl. Fischer (Fn. 5) Rn. 19.
[22] BGHSt 47, 22, 29; Fischer (Fn. 5) § 333 Rn. 4.
[23] H.M.: RGSt 42, 382, 384 f.; BGHSt 14, 123, 127 f.; MK-StGB/Korte (Fn. 3); LK/Sowada (Fn. 8) Rn. 29.
[24] BGHSt 49, 275; zust. Lackner/Kühl (Fn. 9) Rn. 3.
[25] So auch LK/Sowada (Fn. 8) § 333, Rn. 11.
[26] LK/Sowada (Fn. 8) Rn. 11 weist ebenfalls darauf hin, dass sich die Tathandlungen trotz des Spiegelbildlichkeitsprinzips nicht zwingend gegenüberstehen müssen. Dagegen könnte man anbringen, dass es gesetzgebungstechnisch keine "unmittelbarere" Wendung gibt, die auf den Begriff des Vorteils passt. Begrifflichkeiten, die eine unmittelbare Übertragung der Verfügungsmacht beschreiben (Abgeben, Überlassen) beziehen sich auf bewegliche Sachen und würden also insb. mit dem Dogma "immaterieller Vorteile" in Widerspruch geraten. Dementsprechend müsste man davon ausgehen, dass das Gewähren tatsächlich das direkte Gegenstück zum Annehmen darstellt. Legt man also den Begriff des Gewährens weit aus, so ist es nur konsequent den Begriff des Annehmens (genauso) weit auszulegen, vgl. Fischer § 331 (Fn. 5) Rn. 4, 6.
[27] MK-StGB/Korte (Fn. 3) § 331 Rn. 13; NK-StGB/Kuhlen (Fn. 5) § 331 Rn. 6.
[28] MK-StGB/Korte (Fn. 3) § 331 Rn. 58; Sch/Sch/Heine, 28. Aufl. 2010, Rn. 24; SSW-StGB/Rosenau (Fn. 13) § 331 Rn. 25; Anwaltskommentar StGB/Sommer, Leipold/Tsambikakis/Zöller (2011), § 331 Rn. 61.
[29] Dass dies in einem Einzelfall wie diesem zumindest problematisch werden kann, wurde bereits aufgezeigt.
[30] So LK/Sowada (Fn. 8) § 331, Rn. 29.
[31] Wobei die Weitläufigkeit dieses Konstrukts durch die Einbeziehung immaterieller Vorteile potenziert wurde.
[32] Hält man ihn also wegen der neueren Rechtslage nicht nur für "obsolet", wie die wohl h.M., vgl. nur Rengier (Fn. 5) § 60 Rn. 12; MK-StGB/Korte (Fn. 3) § 331 Rn. 77.
[33] Soweit man solch eine Verbiegung überhaupt nach alter Rechtslage vorgenommen hat; Schließlich sind Fälle, in denen der Vorteilsnehmer den immateriellen oder mittelbaren Vorteil annimmt, ohne ihn bereits versprochen bekommen zu haben extrem selten.