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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Juni/Juli 2011
12. Jahrgang
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1. Schließen sich mehrere Täter zu einer kriminellen Vereinigung zusammen, hat dies – entsprechend den bei einem Zusammenschluss als Bande geltenden Grundsätzen – nicht zur Folge, dass jede von einem Vereinigungsmitglied begangene Tat den anderen Mitgliedern ohne weiteres als gemeinschaftlich begangene Straftat im Sinne des § 25 Abs. 2 StGB zugerechnet werden kann. Vielmehr ist für jede einzelne Tat nach den allgemeinen Kriterien festzustellen, ob sich die anderen Mitglieder hieran als Mittäter, Anstifter oder Gehilfen beteiligt oder ob sie gegebenenfalls überhaupt keinen strafbaren Tatbeitrag geleistet haben.
2. Haben bei einer durch mehrere Personen begangenen Deliktsserie einzelne Angeklagte einen Tatbeitrag zum Aufbau oder zur Aufrechterhaltung einer auf die Begehung von Straftaten ausgerichteten Infrastruktur erbracht, so sind die Einzeltaten der Mittäter zu einem uneigentlichen Organisationsdelikt zusammenzufassen, durch welches mehrere Einzelhandlungen rechtlich verbunden und hiermit die auf Grundlage dieser Infrastruktur begangenen Straftaten in der Person der im Hintergrund Tätigen zu einer einheitlichen Tat oder gegebenenfalls zu wenigen einheitlichen Taten im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB zusammengeführt werden.
3. Die im Rahmen einer kriminellen Vereinigung begangenen Taten stehen zueinander im Verhältnis der Tateinheit, da die mitgliedschaftliche Beteiligung in einer solchen Vereinigung zu deren Verklammerung führt. Voraussetzung für eine solche Klammerwirkung ist, dass die Ausführungshandlungen zweier oder mehrerer an sich selbstständiger Delikte zwar nicht miteinander, wohl aber mit der Ausführungshandlung eines dritten Tatbestandes (teil-)identisch sind und dass zwischen wenigstens einem der beiden an sich selbstständigen Delikte und dem sie verbindenden, sich über einen gewissen Zeitraum hinziehenden (Dauer-)Delikt zumindest annähernde Wertgleichheit besteht
1. Für die Abgrenzung des unbeendeten vom beendeten Versuch und damit für die Voraussetzungen strafbefreienden Rücktritts kommt es darauf an, ob der Täter nach der letzten von ihm konkret vorgenommenen Ausführungshandlung den Eintritt des tatbestandsmäßigen Erfolgs für möglich hält (sog. Rücktrittshorizont; st. Rspr.). Ein beendeter Versuch ist ferner auch dann anzunehmen, wenn ein Täter sich nach der letzten Ausführungshandlung keine Vorstellungen über die Folgen seines Tuns macht (vgl. BGHSt 40, 304, 306).
2. Jeder Mittäter haftet für das Handeln der anderen nur im Rahmen seines – zumindest bedingten – Vorsatzes; er ist also für den Taterfolg nur insoweit verantwortlich, als sein Wille reicht, so dass ihm ein Exzess der anderen nicht zur Last fällt; Handlungen eines anderen Tatbeteiligten, mit denen nach den Umständen des Einzelfalles gerechnet werden muss, werden jedoch vom Willen des Mittäters umfasst, auch wenn er diese sich nicht besonders vorgestellt hat (st. Rspr.).
Art. 316d EGStGB bestimmt, dass § 46b StGB und § 31 BtMG in der ab 1. September 2009 gültigen Fassung nicht auf Verfahren anzuwenden sind, in denen vor dem
1. September 2009 die Eröffnung des Hauptverfahrens beschlossen worden ist. Dies bedeutet zwar nicht, dass im Umkehrschluss die neuen Vorschriften ohne Weiteres auf Verfahren anzuwenden sind, in denen die Eröffnung des Hauptverfahrens nach dem 31. August 2009 beschlossen worden ist. Die Frage, welches Recht auf dieses Verfahren anwendbar ist, richtet sich vielmehr nach den allgemeinen Regeln (BGH NStZ 2010, 523, 524), nach denen grundsätzlich das zur Tatzeit geltende materielle Recht Anwendung findet (§§ 1, 2 Abs. 1 StGB), sofern das neuere Recht in seiner Gesamtheit keine für die Angeklagten günstigere Regelung darstellt, § 2 Abs. 3 StGB.
1. Unmittelbares Ansetzen zum Versuch liegt nur bei solchen Handlungen vor, die nach der Vorstellung des Täters in ungestörtem Fortgang unmittelbar zur Tatbestandserfüllung führen oder mit ihr in einem unmittelbaren räumlichen und zeitlichen Zusammenhang stehen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Täter subjektiv die Schwelle zum „Jetzt geht es los“ überschreitet, es eines weiteren Willensimpulses nicht mehr bedarf und er objektiv zur tatbestandsmäßigen Angriffshandlung ansetzt, so dass sein Tun ohne Zwischenakte in die Erfüllung des Tatbestandes übergeht, wobei auf die strukturellen Besonderheiten der jeweiligen Tatbestände Bedacht zu nehmen ist.
2. Das Stadium des Versuchs des gewerbs- und bandenmäßigen Nachmachens von Zahlungskarten mit Garantiefunktion ist jedenfalls dann erreicht, wenn der Täter vorsätzlich und in der tatbestandsmäßigen Absicht mit der Fälschungshandlung selbst beginnt. Das bloße Anbringen einer Skimming-Apparatur an einem Geldautomaten in der Absicht, durch diese Daten zu erlangen, die später zur Herstellung von Kartendubletten verwendet werden sollen, stellt demgegenüber lediglich eine Vorbereitungshandlung zur Fälschung von Zahlungskarten dar.
1. Bei mehreren Tatverdächtigen kann sich eine die Verjährung unterbrechende Handlung, von der nur ein Beschuldigter unmittelbar betroffen ist, dennoch nach Lage der Umstände auch auf die übrigen Beteiligten beziehen, wenn sie deren Verfolgung erkennbar in den Blick nimmt. Deshalb wird – über den Kreis der unmittelbar Betroffenen hinaus – auch gegenüber anderen an der Straftat Beteiligten die Verjährung unterbrochen, wenn die Handlung erkennbar bezweckt, auch deren Tatbeitrag aufzuklären.
2. Diese Erstreckung der Unterbrechungswirkung tritt bei Beschlagnahme- und Durchsuchungsanordnungen regelmäßig ein. Denn diese Unterbrechungshandlungen beziehen sich – anders als etwa eine Beschuldigtenvernehmung – nicht ihrer Natur nach lediglich auf den unmittelbar Betroffenen. Sie dienen vielmehr in der Regel einer umfassenden Sachaufklärung und richten sich daher grundsätzlich gegen alle Tatverdächtigen, soweit keine Einschränkung ersichtlich ist.
3. Zur Vollendung des Betruges genügt es – wie auch sonst – nicht, dass lediglich der „Tatbestand“ eines Regelbeispiels vollendet ist; vielmehr muss auch der Grundtatbestand vollständig verwirklicht sein.
1. Einer Strafbarkeit wegen sexuellen Missbrauchs unter Ausnutzung eines Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisses nach § 174c Abs. 1 StGB steht allein das Einvernehmen des Opfers mit der vom Täter vorgenommenen sexuellen Handlung nicht entgegen. (BGHSt)
2. An einem Missbrauch im Sinne dieser Vorschrift fehlt es ausnahmsweise dann, wenn der Täter im konkreten Fall nicht eine aufgrund des Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisses bestehende Autoritäts- oder Vertrauensstellung gegenüber dem Opfer zur Vornahme der sexuellen Handlung ausnutzt. (BGHSt)
3. Es bleibt offen, ob der Begriff „Krankheit“ über die Untersuchungen zur Erstellung einer (Erst-)Diagnose hinaus auch solche Fälle erfasst, in denen eine Person
lediglich auf Grund eines eingebildeten Zustandes professionelle Hilfe aufsucht. (Bearbeiter)
1. Zur Strafbarkeit wegen Amtsanmaßung und wegen unbefugten Tragens von inländischen Uniformen und Amtsabzeichen, wenn der nicht der Bundeswehr angehörende Täter unter Vortäuschung seiner Zugehörigkeit zu den Feldjägern der Bundeswehr hoheitliche Befugnisse gegenüber Zivilpersonen in Anspruch nimmt. (BGHSt)
2. Das Tatbestandsmerkmal „öffentliches Amt“ des § 132 StGB ist nach den Kriterien des Staats- und Verwaltungsrechts zu bestimmen und sowohl im statusrechtlichen als auch im funktionellen Sinne zu verstehen. Die Ausübung militärischer Hoheitsbefugnisse und die Wahrnehmung militärischer Aufgaben sind deshalb regelmäßig nicht dem Begriff des öffentlichen Amtes im Sinne des § 132 StGB zuzuordnen; Soldaten sind keine Amtsträger im strafrechtlichen Sinne. Bei der Anmaßung militärischer Befugnisse handelt es sich daher, soweit die Bundeswehr betroffen ist, grundsätzlich auch nicht um die Anmaßung eines öffentlichen Amtes im Sinne dieser Strafvorschrift. Die Anmaßung militärischer Befugnisse durch sonstige Zivilpersonen ist regelmäßig weder von § 132 StGB noch von § 38 WStG erfasst. (Bearbeiter)
3. Handelt der Täter nicht nur unter Vortäuschung seiner Zugehörigkeit zu den Soldaten oder dem zivilen Personal der Bundeswehr, sondern beansprucht er zusätzlich „Amtsbefugnisse“ als Feldjäger, kommt eine Strafbarkeit gemäß § 132 2. Alternative StGB in Betracht. Im Unterschied zu der ersten Tatmodalität wird der Anschein hoheitlichen Handelns in der zweiten Alternative dabei durch die Handlung selbst begründet, nicht durch das Auftreten des Täters als Amtsträger. In Betracht kommen hier insbesondere Eingriffe in die Rechte Einzelner, etwa eine Verhaftung, Durchsuchung oder Beschlagnahme. Im Hinblick auf den Zweck der Strafvorschrift, die das Vertrauen der Allgemeinheit in die Autorität staatlichen Handelns schützen soll, erfüllt eine solche oder eine ähnliche Handlung nur dann nicht den Tatbestand des § 132 2. Alternative StGB, wenn sich das Verhalten des Täters so weit von den rechtlichen Vorgaben einer Amtshandlung entfernt, dass eine Verwechslung ausgeschlossen ist. Dabei ist auf die Sicht eines unbefangenen Beobachters abzustellen. (Bearbeiter)
4. Der Tatbestand des § 132a StGB ist nur erfüllt, wenn es sich bei der jeweiligen Uniform bzw. dem Amtsabzeichen um solche handelt, die auf Grund öffentlich-rechtlicher Bestimmungen eingeführt sind. Amtsabzeichen werden zudem nur dann von der Strafvorschrift erfasst, wenn sie, ohne Bestandteil der Amtskleidung zu sein, an vorschriftsmäßigen Uniformen angebracht sind und den Träger als Inhaber eines bestimmten Amtes kennzeichnen (BGH NStZ 1992, 490). (Bearbeiter)
5. Das Tatbestandsmerkmal der Wegnahme im Sinne des § 249 StGB wird nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Täter durch die falsche Behauptung einer amtlichen Beschlagnahme die Herausgabe einer fremden beweglichen Sache fordert und sie erreicht, selbst wenn das Opfer die Wegnahme nicht nur duldet, sondern die Sache dem Täter auf dessen Verlangen aushändigt. In einem solchen Fall ist für einen eigenen, freien Willensentschluss des Opfers, das sich dem Zwang fügt, kein Raum (vgl. BGHSt 18, 221, 223 m.w.N.). (Bearbeiter)
6. Für den Tatbestand des Raubes im Sinne des § 249 StGB ist eine finale Verknüpfung zwischen dem eingesetzten Nötigungsmittel und der Wegnahme erforderlich. Die Anwendung von Gewalt oder Drohung darf nicht nur gelegentlich der Entwendung einer fremden Sache erfolgen, sondern sie muss darauf gerichtet sein, den Gewahrsamsbruch durch Ausschaltung eines erwarteten oder geleisteten Widerstandes zu ermöglichen oder wenigstens zu erleichtern. Soweit dies aus einer konkludenten Drohung folgen soll, sind zu dem insoweit allein maßgeblichen Willen und der Vorstellung des Angeklagten zum Zeitpunkt der Tatausführung Feststellungen erforderlich. (Bearbeiter)
7. Waffen im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB sind (einsatzbereite) Gas- und Schreckschusswaffen nur dann, wenn nach deren Bauart der Explosionsdruck beim Abfeuern der Munition nach vorne durch den Lauf austritt (BGHSt 48, 197, 201). Hierzu hat der Tatrichter regelmäßig genaue Feststellungen zu treffen, denn der Austritt des Explosionsdrucks nach vorne mag zwar üblich sein, kann aber nicht als selbstverständlich vorausgesetzt werden (BGH NStZ 2010, 390; Beschluss vom 15. Februar 2011 – 3 StR 8/11). (Bearbeiter)
1. Schutzobjekt des § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB ist jede Räumlichkeit, die der Wohnung von Menschen dient. Geschützt ist die Wohnstätte des Menschen als der örtliche Mittelpunkt menschlichen Lebens (BGHSt 26, 121, 123). Aus dem auf das Wohnen bezogenen Schutzzweck des § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB folgt, dass die Tatbestandsalternative des teilweisen Zerstörens eines Wohngebäudes bei einer Brandlegung in einem einheitlichen, teils gewerblich, teils als Wohnung genutzten Gebäude erst
dann verwirklicht ist, wenn (zumindest) ein zum selbständigen Gebrauch bestimmter Teil des Wohngebäudes, d.h. eine zum Wohnen bestimmte abgeschlossene Untereinheit, durch die Brandlegung für Wohnzwecke unbrauchbar geworden ist. Dass das Feuer auf zu Wohnzwecken genutzte Teile des Gebäudes hätte übergreifen können, ändert nichts am fehlenden Eintritt des in § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB tatbestandlich vorausgesetzten Erfolgs und vermag daher die Annahme einer vollendeten schweren Brandstiftung gemäß § 306a Abs. 1 StGB nicht zu begründen (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Januar 2010 – 3 StR 442/09 aaO).
2. Wenn das Feuer noch nicht auf Gebäudeteile in der Weise übergegriffen hat, dass deren Fortbrennen aus eigener Kraft möglich war, fehlt es auch an einem vollendeten Inbrandsetzen.
3. Bei der gemäß § 306b Abs. 2 Nr. 2 StGB erforderlichen Absicht handelt es sich um ein strafschärfendes persönliches Merkmal im Sinne des § 28 Abs. 2 StGB.
4. Die versuchte schwere Brandstiftung nach § 306a Abs. 1 Nr. 1, § 22 StGB steht zu der ebenfalls verwirklichten vollendeten Brandstiftung gemäß § 306 Abs. 1 Nr. 1 StGB im Verhältnis der Tateinheit. Gleiches gilt für die versuchte besonders schwere Brandstiftung nach §§ 22, 306a Abs. 1 Nr. 1, § 306b Abs. 2 Nr. 2 StGB. Durch eine Verurteilung wegen versuchter schwerer oder versuchter besonders schwerer Brandstiftung wird nicht ausreichend zum Ausdruck gebracht, dass bezogen auf den Tatbestand der einfachen Brandstiftung nach § 306 Abs. 1 Nr. 1 StGB ein Brandstiftungserfolg eingetreten ist.
5. Bei einer dasselbe Gebäude betreffenden Brandlegung wird der Tatbestand der Brandstiftung nach § 306 Abs. 1 Nr. 1 StGB durch denjenigen der schweren Brandstiftung gemäß § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB verdrängt. Gleiches gilt für das Verhältnis von einfacher zur besonders schweren Brandstiftung gemäß § 306b Abs. 2 StGB.
1. Nicht jeder Unfall bedeutet eine Gefährdung anderer Personen oder Sachen von bedeutendem Wert im Sinne des § 315b StGB.
2. Für die Gefährdung einer fremden Sache von bedeutendem Wert ist über den Gesetzeswortlaut hinaus erforderlich, dass der Sache von bedeutendem Wert auch ein bedeutender Schaden gedroht hat (vgl. BGH StV 2008, 580), dessen Höhe nach der am Marktwert zu messenden Wertminderung zu berechnen ist (vgl. BGH NStZ 2011, 215).
3. Richten sich mehrere Täuschungen auf die Erlangung derselben Schadensersatzzahlung und sind sie Teil eines einheitlichen Tatplans, liegt lediglich ein Betrugsversuch vor.
1. Nach ständiger Rechtsprechung muss die gegen fremdes Vermögen gerichtete Tat zum Zeitpunkt des abgeleiteten Erwerbs abgeschlossen sein; daher liegt Hehlerei nicht vor, wenn die Vortat erst durch die Verfügung zu Gunsten des „Hehlers“ begangen wird (vgl. BGHR StGB § 259 Abs. 1 Vortat 5; BGH StV 2002, 542 m.w.N.). Eine Strafbarkeit kann jedoch aus der Vortat herzuleiten sein.
2. Nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 StGB ist eine Tat auch dann dem deutschen Strafrecht unterworfen, wenn sie von einem Deutschen im Ausland begangen wurde und am Tatort ebenfalls mit Strafe bedroht ist. Hierbei kommt es für die Anwendbarkeit des deutschen Strafrechts nicht darauf an, ob es nach ausländischem Recht eines Strafantrags bedurft hätte. Es ist vielmehr ausreichend, dass die Tat am Tatort materiell strafbar ist; tatsächlich verfolgbar braucht sie nicht zu sein (vgl. BGH NJW 1954, 1086; BGHR StGB § 7 Abs. 2 Strafbarkeit 4).
1. Eine Verurteilung wegen Landfriedensbruchs kann nur erfolgen, wenn die Tat nicht in einer anderen Vorschrift mit schwererer Strafe bedroht ist. Dies kann auch nicht anders beurteilt werden, wenn die Tateinheit ausnahmsweise „zur Klarstellung des spezifischen Tatunrechts für unbedingt erforderlich“ ist. Eine solche Auslegung überschreitet den Wortsinn, der keine einschränkende Auslegung gestattet (BGHSt 43, 237, 238).
2. Die Annahme eines – unbenannten – besonders schweren Falles des Landfriedensbruchs im Sinne des § 125a StGB kommt namentlich dann in Betracht, wenn der Täter Rädelsführer der Menschenmenge ist. Auch hier ist allerdings für die Anwendung der Strafverschärfung die Prüfung erforderlich, ob der Ausnahmestrafrahmen unter Berücksichtigung des gesamten Tatbildes, der Täterpersönlichkeit und der besonderen Umstände des Falles geboten erscheint.
3. Der Qualifikationstatbestand des § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB schließt neben einem weiteren (Mit-)Täter auch den Teilnehmer ausdrücklich ein (BGHSt 47, 384, 386). Sie setzt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs voraus, dass mindestens zwei Beteiligte am
Tatort bewusst zusammenwirken, wobei die eigenhändige Ausführung von Verletzungshandlungen durch jeden der Anwesenden nicht erforderlich ist (BGH NStZ-RR 2010, 236).
1. Heimtückisch handelt, wer in feindlicher Willensrichtung die Arg- und Wehrlosigkeit des Tatopfers bewusst zur Tötung ausnutzt.
2. Arglos ist ein Tatopfer, wenn es bei Beginn des ersten mit Tötungsvorsatz geführten Angriffs weder mit einem lebensbedrohlichen noch mit einem gegen seine körperliche Unversehrtheit gerichteten schweren oder doch erheblichen Angriff rechnet.
3. Arg- und Wehrlosigkeit können auch gegeben sein, wenn der Tat eine feindselige Auseinandersetzung vorausgeht, das Tatopfer aber nicht mit einem erheblichen Angriff gegen seine körperliche Unversehrtheit rechnet.
4. Voraussetzung heimtückischer Begehungsweise ist, dass der Täter die von ihm erkannte Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers bewusst zur Tatbegehung ausnutzt. Dafür ist erforderlich, dass er die Umstände, welche die Tötung zu einer heimtückischen machen, nicht nur in einer äußerlichen Weise wahrgenommen, sondern in dem Sinne in ihrer Bedeutung für die Tatbegehung erfasst hat, dass ihm bewusst geworden ist, einen durch seine Ahnungslosigkeit gegenüber dem Angriff schutzlosen Menschen zu überraschen.
5. Die Spontaneität eines Tatentschlusses kann im Zusammenhang mit der Vorgeschichte der Tat und dem psychischen Zustand des Täters ein Beweisanzeichen dafür sein, dass ihm das Ausnutzungsbewusstsein fehlte. Psychische Ausnahmezustände können auch unterhalb der Schwelle des § 21 StGB der Annahme des Ausnutzungsbewusstseins entgegenstehen.
6. Zwar hindert nicht jede affektive Erregung oder heftige Gemütsbewegung einen Täter daran, die Bedeutung der Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers für die Tat zu erkennen; dies ist vielmehr Tatfrage. Es bedarf jedoch in der Regel der Darlegung gegenläufiger Beweisanzeichen, aus denen das Tatgericht folgert, dass der Täter trotz seiner Erregung die für die Heimtücke maßgeblichen Umstände in sein Bewusstsein aufgenommen hat.
7. Es ist rechtsfehlerhaft, wenn der Tatrichter im Rahmen der Beweiswürdigung einen isolierten Umstand aus einer insgesamt als widerlegt angesehenen, der Verteidigung dienenden Einlassung herausgreift und diesen Umstand – im Widerspruch zur Würdigung der Einlassung im Übrigen – als zutreffend betrachtet und belastend verwertet.
1. Heimtückisch handelt, wer das Opfer unter bewusster Ausnutzung seiner Arg- und Wehrlosigkeit tötet. Für die Annahme von Arglosigkeit kommt es auf den Beginn der mit Tötungsvorsatz begangenen Handlung an.
2. Lässt sich der Ablauf eines zum Tode führenden (Kampf-)Geschehens nicht aufklären, so ist eine Verurteilung wegen heimtückischer Tötung regelmäßig nicht möglich.
1. Nach ständiger Rechtsprechung muss die gegen fremdes Vermögen gerichtete Tat zum Zeitpunkt des abgeleiteten Erwerbs abgeschlossen sein; daher liegt Hehlerei nicht vor, wenn die Vortat erst durch die Verfügung zu Gunsten des „Hehlers“ begangen wird (vgl. BGHR StGB § 259 Abs. 1 Vortat 5; BGH StV 2002, 542).
2. In Betracht kommt dann aber eine Beihilfe zur Vortat, zum Beispiel einer Unterschlagung.
1. Verschafft sich der Täter durch eine einheitliche Handlung Falschgeld, um dieses im Anschluss entweder bei günstiger Gelegenheit oder an bereits feststehende Abnehmer abzusetzen, so liegt auch dann nur eine Tat im Sinne des § 146 Abs. 1 Nr. 3 StGB vor, wenn das Inverkehrbringen in mehreren Einzelakten geschieht.
2. Für die Frage, in wie vielen rechtlich selbständigen Fällen der Täter jeweils den Tatbestand der Geldfälschung verwirklicht, kommt es nicht auf die von ihm getätigten Absatzgeschäfte, sondern entscheidend auf die Zahl der ihnen zu Grunde liegenden als einheitlich zu bewertenden Erwerbsvorgänge an.
Erheblich ist eine Entstellung zwar nur dann, wenn sie zumindest dem Gewicht der geringsten Fälle nach § 226 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 StGB gleichkommt (BGHR StGB § 226 Abs. 1 Entstellung 1). Dies kann jedoch im Einzelfall bei besonders großen oder markanten Narben der Fall sein (BGHR StGB § 226 Abs. 1 Entstellung 2), ebenso bei einer Vielzahl von Narben in derselben Körperregion.
Die Tatbestandsvarianten des Anvertrautseins der unter 16 Jahre alten Person zur Erziehung oder zur Betreuung setzen ein Obhutsverhältnis voraus, kraft dessen einer Person das Recht und die Pflicht obliegt, die Lebensführung des Minderjährigen und damit dessen geistig-sittliche Entwicklung zu überwachen und zu leiten. Ob ein solches Obhutsverhältnis besteht und welchen Umfang es hat, ist nach den tatsächlichen Verhältnissen des Einzelfalles zu beurteilen (st. Rspr.). Von längerer Dauer braucht das Verhältnis nicht zu sein (BGHSt 17, 191, 192 f.). Im Hinblick auf das Tatbestandsmerkmal „Erziehung“ kommt es darauf an, dass die jeweilige Person Erziehungsfunktionen gegenüber den Jugendlichen tatsächlich ausübt (vgl. dazu BGH NStZ-RR 2000, 353; BGHR StGB § 174 Abs. 1 Obhutsverhältnis 2). Dies wird bei nur gelegentlicher Kinderbetreuung in der Regel nicht gegeben sein.