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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Oktober 2009
10. Jahrgang
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Pflichtwidriges Vorverhalten führt nur dann zu einer Garantenstellung, wenn es die nahe liegende Gefahr des Eintritts des konkret zu untersuchenden tatbestandsmäßigen Erfolgs begründet (vgl. BGH NStZ 2000, 583; NStZ 1998, 83 jew. m.w.N.). Wenn ausdrücklich abgemacht ist, dass der Einbruch sofort abgebrochen wird, wenn der Wohnungsinhaber anwesend ist, begründet dies nicht die nahe liegende Gefahr, dass der Wohnungsinhaber (beraubt und) gefesselt zurückbleibt.
Äußerst gefährliche Gewalthandlungen legen trotz der hohen Hemmschwelle hinsichtlich der Tötung eines Menschen die Annahme von zumindest bedingtem Tötungsvorsatz nahe (st. Rspr., BGHR StGB § 212 Abs. 1 Vorsatz bedingter 3, 33, 38 jeweils m.w.N.). Der Täter handelt bereits dann mit bedingtem Vorsatz, wenn er den Erfolgseintritt als nur möglich und nicht ganz fern liegend erkennt, gleichwohl sein gefährliches Handeln fortsetzt und einen solchen Erfolg billigend in Kauf nimmt oder ihm der mögliche Eintritt des Todes zumindest gleichgültig ist. Das gefährliche Handeln des Angeklagten, nämlich das ständige Einschlagen und Eintreten auf den Kopf des wehrlosen, später nahezu bewusstlosen Opfers, ist ein gewichtiges Beweisanzeichen für einen bedingten Tötungsvorsatz.
Das Verhältnis der Tatmehrheit zwischen zwei Fahrlässigkeitstaten gemäß § 229 und § 222 StGB zulasten eines Opfers ist problematisch, wenn der Ursachen- und Zurechnungszusammenhang zwischen der durch aktives Tun herbeigeführten Verletzung (§ 229 StGB) und dem später eintretenden Tod des Kindes (§ 229 StGB durch mangelnde Hinweise auf eine früher zugefügte Verletzung des Opfers) fortbesteht. In diesem Fall kann in dem späteren Todeseintritt keine tatmehrheitliche Unterlassungstat gesehen werden.
1. Der in eine andere Sprache übersetzte Leitspruch einer ehemaligen nationalsozialistischen Organisation ist kein Kennzeichen, das der Originalparole im Sinne des § 86a Abs. 2 Satz 2 StGB zum Verwechseln ähnlich ist. (BGHSt)
2. Der Name einer Vereinigung oder Organisation nach § 86 Abs. 1 Nr. 2 und 4 StGB ist als solcher kein Kennzeichen im Sinne des § 86a Abs. 2 Satz 1 StGB. (BGHSt)
3. Anders verhält es sich freilich dann, wenn sich eine Vereinigung zur Namensgebung einer Parole oder einer Grußformel bedient, die ihrerseits Symbol einer anderen verbotenen Organisation ist oder einem Kennzeichen im oben dargestellten Sinn jedenfalls ähnelt. Dadurch, dass ein verbotenes Sinnbild von einer anderen Vereinigung als Name verwendet wird, verliert es nicht seinen ursprünglichen Kennzeichencharakter. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 86a StGB sind darüber hinaus auch dann erfüllt, wenn der Name der verbotenen Vereinigung eine bestimmte Formgebung erfahren hat, etwa als Parteiabzeichen gestaltet ist oder in signifikanten Schriftzügen dargestellt wird. (Bearbeiter)
4. § 86a StGB dient der Abwehr der symbolhaft durch die Verwendung eines Kennzeichens ausgedrückten Wiederbelebung bestimmter verfassungsfeindlicher Organisationen. Als abstraktes Gefährdungsdelikt wehrt die Vorschrift Gefahren ab, die allein mit dem äußeren Erscheinungsbild solcher Kennzeichen verbunden sind, und verbannt deshalb die von diesen Organisationen verwendeten Symbole aus dem Bild des politischen Lebens (BGHSt 52, 364, 373; BVerfG, Beschl. vom 18. Mai 2009 - 2 BvR 2202/08). (Bearbeiter)
5. § 86a StGB dient nicht dazu, jedwedes Bekenntnis zu einer verfassungsfeindlichen oder nationalsozialistischen Organisation unter Strafe zu stellen, sondern tabuisiert lediglich tatsächlich existierende oder diesen zum Verwechseln ähnliche Symbole dieser Organisationen. Dafür reicht es nicht aus, dass ein neues Kennzeichen lediglich einen Bezug zu dem Originalkennzeichen herstellt, aber nicht mehr dessen typischen Symbolcharakter vermittelt. (Bearbeiter)
1. Eine Täuschung kann darin liegen, dass die Angeklagten ihre Kunden über die Grundlagen ihrer Preisgestaltung und über den Apothekenabgabepreis eines Arzneimittels in die Irre führen. Im Fordern eines bestimmten Preises liegt aber nicht ohne Weiteres die Zusicherung, dass dieser auch angemessen oder üblich ist.
2. Auch bei Serienstraftaten des Betrugs sind regelmäßig individuelle Feststellungen zum Vorstellungsbild des von einer etwaigen Täuschung unmittelbar betroffenen Tatopfers erforderlich (BGH NStZ 2004, 568, 569), die sich auch auf die Kausalität der Täuschung für die Vermögensverfügung erstrecken müssen.
3. Der tatbestandsmäßige Schaden des Betruges setzt voraus, dass die eintretende Vermögensbeschädigung auf der verfügungskausalen Täuschung beruht. Ist davon auszugehen, dass ohne die Täuschung eine andere, geringere Vermögensminderung eingetreten wäre, ist diese von einem eingetretenen Schaden abzuziehen.
4. Die organisatorische Einbindung des Täters in ein betrügerisches Geschäftskonzept ist für sich nicht ausreichend, die Einzelakte der Tatserie rechtlich zu einer Tat, auch nicht im Sinne eines sog. „uneigentlichen Organisationsdelikts“ (hierzu: Senatsbeschluss vom 29. Juli 2009 - 2 StR 150/09), zusammenzufassen. Erbringt der Täter für alle oder einige Einzeltaten einen individuellen, nur diese fördernden Tatbeitrag, so sind ihm diese Taten grundsätzlich als tatmehrheitlich begangen zuzurechnen (BGHSt 49, 177, 182 f.).
Der qualifizierte Tatbestand des § 146 Abs. 2 StGB findet auf einen Tatbeteiligten, der nicht als Bandenmitglied gehandelt hat, keine Anwendung (vgl. BGHSt 46, 120, 128).