HRRS-Nummer: HRRS 2009 Nr. 925
Bearbeiter: Karsten Gaede
Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 228/09, Urteil v. 13.08.2009, HRRS 2009 Nr. 925
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Gera vom 12. Dezember 2008 mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das vorbezeichnete Urteil mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit eine Entscheidung über die Anordnung der Einziehung unterblieben ist.
3. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel und die dem Angeklagten durch die Revision der Staatsanwaltschaft entstandenen notwendigen Auslagen, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 35 € verurteilt. Gegen dieses Urteil wenden sich der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft mit ihren auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revisionen. Während der Angeklagte das Urteil insgesamt angreift und sich insbesondere gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts zur subjektiven Tatseite wendet, beanstandet die Staatsanwaltschaft mit ihrer insoweit beschränkten und vom Generalbundesanwalt vertretenen Revision allein die Nichtanordnung der Einziehung der sichergestellten 100 schwarzen T-Shirts, die u. a. die Aufschrift "Blood & Honour" aufweisen.
Beide Rechtsmittel haben Erfolg.
1. Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
Die rechtsextremistische Vereinigung "Blood & Honour Division Deutschland" ist aufgrund der Verfügung des Bundesministers des Innern vom 12. September 2000 seit dem 13. Juni 2001 bestandskräftig verboten, da sich die Aktivitäten der Vereinigung gegen die verfassungsmäßige Ordnung und den Gedanken der Völkerverständigung richteten. Der Angeklagte, dem dieses Verbot bekannt war, transportierte am 16. September 2005 in seinem Fahrzeug 100 schwarze T-Shirts in unterschiedlichen Größen, die zum Verbreiten bestimmt waren. Die T-Shirts waren wie folgt bedruckt: Die Vorderseite wies den roten Schriftzug "Blood & Honour/C18" auf, ferner in weißer Farbe eine Hand mit Revolver und darunter wieder in roter Schrift "support your local section". Auf der Rückseite waren die Schriftzüge "Blood & Honour is our voice Combat 18 is our choice" aufgedruckt. Dass es sich bei den Worten "Blood & Honour" um die englische Übersetzung der Parole "Blut und Ehre" der Hitlerjugend handelte, war dem Angeklagten bekannt. Die T-Shirts wurden anlässlich einer Polizeikontrolle sichergestellt.
2. Das Landgericht hat die Auffassung vertreten, die auf den T-Shirts aufgedruckten Worte "Blood & Honour" seien als wortgetreue Übersetzung dem Leitspruch der Hitlerjugend ("Blut und Ehre") zum Verwechseln ähnlich im Sinne des § 86a Abs. 2 Satz 2 StGB. Der Angeklagte habe in Kenntnis dieses Umstandes die Gegenstände vorrätig gehalten, indem er sie in seinem Fahrzeug zum Zwecke des nachfolgenden Verbreitens transportiert habe. Er habe sich deshalb gemäß § 86a Abs. 1 Nr. 1 und 2, Abs. 2 i. V. m. § 86 Abs. 1 Nr. 4 StGB wegen Verwendens von Kennzeichen einer ehemaligen nationalsozialistischen Organisation strafbar gemacht.
Den in der Anklageschrift erhobenen weitergehenden Vorwurf eines tateinheitlich begangenen Verstoßes gegen ein Vereinigungsverbot nach § 85 Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 Nr. 2 StGB hat die Strafkammer gemäß § 154a Abs. 2 StPO von der Verfolgung ausgenommen.
Die bisherigen Feststellungen tragen die Verurteilung des Angeklagten wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (§ 86a StGB) nicht.
1. Die auf den sichergestellten T-Shirts auf der Vorder- und Rückseite aufgebrachte englische Wortkombination "Blood & Honour" ist dem von der Hitlerjugend als ehemaliger nationalsozialistischer Organisation (Kontrollratsgesetz Nr. 2 vom 10. Oktober 1945; BGH NStZ-RR 2009, 13) gebrauchten Leitspruch "Blut und Ehre" nicht zum Verwechseln ähnlich im Sinne des § 86 Abs. 2 Satz 2 StGB (i. V. m. § 86a Abs. 1 Nr. 1 und 2 sowie § 86 Abs. 1 Nr. 4 StGB). Die gegenteilige Auffassung der Strafkammer ist mit der Auslegung, die dieses Tatbestandsmerkmal durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs mit Blick auf den Schutzzweck und die Wortlautgrenze der Norm gefunden hat, nicht vereinbar.
a) § 86a StGB dient der Abwehr der symbolhaft durch die Verwendung eines Kennzeichens ausgedrückten Wiederbelebung bestimmter verfassungsfeindlicher Organisationen. Als abstraktes Gefährdungsdelikt wehrt die Vorschrift Gefahren ab, die allein mit dem äußeren Erscheinungsbild solcher Kennzeichen verbunden sind, und verbannt deshalb die von diesen Organisationen verwendeten Symbole aus dem Bild des politischen Lebens (BGHSt 52, 364, 373; BVerfG, Beschl. vom 18. Mai 2009 - 2 BvR 2202/08).
An diesem Schutzzweck orientiert sich die Wortauslegung des Begriffs der "Ähnlichkeit" im Sinne des § 86a Abs. 2 Satz 2 StGB. Danach sind nur solche Parolen, wie auch sonstige Kennzeichen, "zum Verwechseln ähnlich", denen ein gesteigerter Grad sinnlich wahrnehmbarer Ähnlichkeit mit dem Original zukommt. Erforderlich ist hierfür eine objektiv vorhandene Übereinstimmung in wesentlichen Vergleichspunkten. Es muss nach dem Gesamteindruck eines durchschnittlichen Betrachters, Hörers oder Lesers eine Verwechslung mit dem Original möglich sein. Dafür genügt nicht, dass sich lediglich einzelne Merkmale des Vorbildes in der Abwandlung wieder finden, ohne dass dadurch einem unbefangenen Betrachter, der das Original kennt, der Eindruck des Originalkennzeichens vermittelt wird (BGH NStZ 2003, 31, 32; BGH NJW 2005, 3223 f.; BVerfG, Beschl. vom 18. Mai 2009 - 2 BvR 2202/08). Erforderlich ist ferner, dass das Vorbild tatsächlich als Kennzeichen einer verbotenen Organisation existiert. Reine Fantasiekennzeichen, die nur den Anschein der Zuordnung zu einer Organisation erwecken, werden von dem Tatbestand nicht erfasst (BGH NJW aaO).
b) Eine diesen Maßstäben genügende Ähnlichkeit mit dem Originalleitspruch der Hitlerjugend weist die englische Wortkombination "Blood & Honour" nicht auf. Dabei kommt es - anders als beim Gebrauch der Parole "Ruhm und Ehre der Waffen-SS" (BGH NJW aaO) - hier nicht entscheidend darauf an, dass das Begriffspaar in einen Gesamtkontext eingebettet war. Denn selbst bei seiner isolierten Betrachtung ist die Gefahr einer Verwechslung mit der Losung der Hitlerjugend ausgeschlossen.
aa) Die Beantwortung der Frage, ob Verwechslungsfähigkeit im Sinne des § 86a Abs. 2 Satz 2 StGB besteht, erfordert nach den oben dargelegten Auslegungsgrundsätzen einen Gesamtvergleich des ursprünglichen Kennzeichens mit dem neu geschaffenen. Zu berücksichtigen sind hierbei alle wesentlichen Merkmale, die das Original prägen. Ergibt dieser Vergleich, dass das Vorbild infolge der vorgenommenen Veränderungen oder Ergänzungen eine so starke Verfremdung erfahren hat, dass sein ursprüngliches Erscheinungsbild in den Hintergrund tritt oder dass es dadurch sogar seinen Bedeutungsgehalt verliert, besteht die Gefahr einer Verwechslung nicht (BGH NJW aaO; BVerfG aaO; Reuter, Verbotene Symbole S. 147). Dies entspricht der Intention des Gesetzgebers, der durch die Einführung des § 86a Abs. 2 Satz 2 StGB lediglich die Strafbarkeit leicht abgewandelter Symbole nationalsozialistischer Organisationen sicherstellen wollte (BT-Drucks. 12/6853 S. 23).
bb) Einen solchen Gesamtvergleich hat das Landgericht nicht angestellt. Für eine Verwechslungsgefahr hat es vielmehr als allein ausreichend erachtet, dass das Begriffspaar "Blood & Honour" in der wortgetreuen Übersetzung den gleichen Sinngehalt aufweist wie die Losung "Blut und Ehre" der Hitlerjugend. Dem kann nicht gefolgt werden.
Dabei verkennt der Senat nicht, dass der Gebrauch der englischen Sprache in weiten Teilen der Bevölkerung geläufig ist und die Erfassbarkeit der Bedeutung der Begriffe hier zudem dadurch begünstigt wird, dass das Wort "blood" im Klang- und Schriftbild dem deutschen Wort "Blut" durchaus ähnelt und das englische Wort "honour" im deutschen Sprachgebrauch vergleichbare Anklänge findet, etwa in "honorig" im Sinne von ehrenhaft. Der Senat sieht auch, dass die Parolen metrisch übereinstimmen und die englischen Worte in einen auch im Übrigen nationalsozialistischen Kontext eingebettet sind. Der Gebrauch der Zahlenfolge 18 ist in rechtsextremistischen Kreisen eine geläufige Verschlüsselung für die Buchstaben AH (= Adolf Hitler), die an erster und achter Stelle des Alphabets stehen.
Durch diese Umstände wird zwar - fraglos gewollt - ein leicht erkennbarer Zusammenhang zur Losung der Hitlerjugend hergestellt. Dies reicht indes für eine Verwechslungsfähigkeit im Sinne des § 86a Abs. 2 Satz 2 StGB nicht aus (ebenso Reuter aaO S. 172). Die englische Übersetzung stellt nicht nur eine leichte und deshalb verwechselbare Abwandlung des Vorbilds dar, sondern bewirkt - was das Landgericht in seine Abwägung nicht einbezogen hat - eine grundlegende Umgestaltung des Symbolgehalts des Kennzeichens, das in dieser neu geschaffenen Form von der Hitlerjugend nie benutzt wurde. Die Übereinstimmung beider Kennzeichen erschöpft sich letztlich im identischen Sinngehalt. Dieser hat jedoch den Leitspruch der Hitlerjugend nicht allein geprägt. Vielmehr ist diese Losung, wie alle Parolen ehemaliger nationalsozialistischer Organisationen, untrennbar mit dem Gebrauch der deutschen Sprache verknüpft, die sämtlichen NS-Leitsprüchen eine unverwechselbare Prägung verliehen hat. Das typische Erscheinungsbild der Parole der Hitlerjugend wird durch die Übersetzung in die englische Sprache (oder in andere Sprachen) deshalb grundlegend verändert. Sie verliert dadurch den sie prägenden Symbolcharakter. Durch die Übertragung in eine andere Sprache ist deshalb ein neues Kennzeichen entstanden, das in dem Vorbild keine Entsprechung findet.
Derart umgestaltete Symbole unterfallen jedoch nicht dem Schutzzweck des § 86a StGB. Die Vorschrift dient nicht dazu, jedwedes Bekenntnis zu einer verfassungsfeindlichen oder nationalsozialistischen Organisation unter Strafe zu stellen (vgl. Reuter aaO S. 151), sondern tabuisiert lediglich tatsächlich existierende oder diesen zum Verwechseln ähnliche Symbole dieser Organisationen. Dafür reicht es nicht aus, dass das neue Kennzeichen lediglich einen Bezug zu dem Originalkennzeichen herstellt, aber nicht mehr dessen typischen Symbolcharakter vermittelt. Auf der Grundlage der vom Landgericht vertretenen Rechtsauffassung kommt deshalb eine Verurteilung wegen eines Verstoßes gegen § 86a StGB nicht in Betracht.
2. Der Angeklagte kann sich jedoch - was im Urteil unerörtert geblieben ist - deshalb wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen strafbar gemacht haben, weil die T-Shirts, die er zum Verbreiten vorrätig hielt, mit dem Namen der im Sinne des § 86 Abs. 1 Nr. 2 StGB in Deutschland unanfechtbar verbotenen Vereinigung "Blood & Honour" bedruckt waren.
a) Allerdings ist der Name einer Vereinigung als solcher, sofern nicht weitere Umstände hinzutreten, kein Kennzeichen im Sinne des § 86a Abs. 2 Satz 1 StGB (str.; ebenso Fischer, StGB 56. Aufl. § 86a Rdn. 3 a; aA Steinmetz in MünchKommStGB § 86a Rdn. 7; Reuter aaO S. 140; bejahend für die Abkürzung NSDAP: OLG Hamm NStZ-RR 2004, 12; Steinmetz NStZ 2004, 444; Stegbauer JR 2002, 186).
Die Rechtsprechung hat zwar mit Blick auf den Schutzzweck der Norm einen weiten Kennzeichenbegriff entwickelt (BGHSt 52, 364, 371 f.). Kennzeichen sind danach alle sicht- und hörbaren Symbole, deren sich die in § 86 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 StGB aufgeführten Organisationen bedienen und bedient haben, um propagandistisch auf ihre politischen Ziele und die Zusammengehörigkeit ihrer Anhänger hinzuweisen. Für die Kennzeicheneigenschaft kommt es dabei weder darauf an, ob das Symbol einen gewissen Bekanntheitsgrad als Erkennungszeichen einer bestimmten Vereinigung oder Organisation besitzt (vgl. BGHSt 47, 354), noch ist von Bedeutung, ob das Kennzeichen mehrdeutig ist und deshalb auch in unverfänglichen Zusammenhängen Verwendung findet (vgl. zum stilisierten Keltenkreuz BGHSt 52, 364). Maßgeblich für die Begründung der Kennzeicheneigenschaft ist allein, dass sich die Organisation ein bestimmtes Kennzeichen durch Übung oder durch einen formalen Autorisierungsakt als Symbol zu eigen gemacht hat.
Der Wortlaut des § 86a Abs. 2 Satz 1 StGB setzt aber mit Blick auf den verfassungsrechtlich garantierten Grundsatz der Bestimmtheit der Norm (Art. 103 Abs. 2 GG) der Auslegung des Kennzeichenbegriffs eine äußerste Grenze, die nicht überschritten werden darf (BVerfGE 64, 389, 393 f.). Bei der Auslegung darf deshalb nicht außer Acht gelassen werden, dass das Gesetz - wenngleich nicht abschließend, aber dennoch beispielhaft - markante Kennzeichen aufzählt, namentlich Fahnen, Abzeichen, Uniformstücke, Parolen und Grußformen, die dem Tatbestand unterfallen sollen. Durch diese Aufzählung wird jedoch gleichzeitig die Reichweite des Tatbestands bestimmt. Dies bedeutet, dass von der Vorschrift nur solche körperlichen und nichtkörperlichen Erkennungszeichen erfasst werden, die einen den beispielhaft aufgeführten Kennzeichen entsprechenden Symbolcharakter aufweisen. Erforderlich ist deshalb, dass sie einen gedanklich an das äußere Erscheinungsbild gekoppelten, jedoch über dessen unmittelbaren Informationsgehalt hinausgehenden Sinn vermitteln (Stegbauer, Rechtsextremistische Propaganda im Lichte des Strafrechts S. 94). Anerkannt ist dies etwa für Lieder und Kopfbilder von Personen, die sinnbildhaft für eine Organisation oder Vereinigung stehen (vgl. BGH MDR 1965, 923 - für das Horst-Wessel-Lied und das Kopfbild Hitlers; BVerfG, Beschl. vom 18. Mai 2009 - 2 BvR 2202/08 - für den Anfang des Horst-Wessel-Liedes; ablehnend hingegen für das Kopfbild von Rudolph Heß: OLG Rostock NStZ 2002, 320).
Jedenfalls der bloßen, nicht abgekürzten Namensbezeichnung einer Vereinigung kommt ein solcher über den Informationsgehalt hinausgehender Symbolcharakter nicht zu. Sie erschöpft sich vielmehr darin, die Vereinigung zu benennen, ohne darüber hinaus, vergleichbar mit den im Gesetz aufgeführten Kennzeichen, in symbolhafter Weise zu wirken (vgl. Fischer aaO).
b) Anders verhält es sich freilich dann, wenn sich eine Vereinigung zur Namensgebung einer Parole oder einer Grußformel bedient, die ihrerseits Symbol einer anderen verbotenen Organisation ist oder einem solchen Kennzeichen im oben dargestellten Sinn jedenfalls ähnelt. Dadurch, dass ein verbotenes Sinnbild von einer anderen Vereinigung als Name verwendet wird, verliert es nicht seinen ursprünglichen Kennzeichencharakter. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 86a StGB sind darüber hinaus auch dann erfüllt, wenn der Name der verbotenen Vereinigung eine bestimmte Formgebung erfahren hat, etwa als Parteiabzeichen gestaltet ist oder in signifikanten Schriftzügen dargestellt wird (vgl. etwa für die Sigrunen der SS und des Jungvolks BGH NStZ 1983, 261 und MDR bei Schmidt 1986, 177). Durch eine solche Modifikation wird dem Namen einer Vereinigung regelmäßig auch der Charakter eines Sinnbildes verliehen.
Mit der zuletzt genannten Möglichkeit hat sich das Landgericht nicht auseinander gesetzt. Ob die Schriftzüge des Namens der verfassungswidrigen Organisation "Blood & Honour" auf den T-Shirts gestalterisch hervorgehoben waren und hierdurch einen die Vereinigung kennzeichnenden Symbolcharakter erfahren haben, kann den Gründen des angefochtenen Urteils nicht entnommen werden. Der Senat vermag deshalb nicht zu beurteilen, ob unter dem Gesichtspunkt einer symbolhaften Namensverwendung eine Strafbarkeit des Angeklagten nach § 86a StGB begründet ist.
3. Der Senat verkennt nicht, dass die oben unter II. 1. und 2. a) gefundenen Ergebnisse zur Konsequenz haben, dass die Verwendung übersetzter NS-Parolen und gestalterisch nicht modifizierter Namen verfassungswidriger Vereinigungen oder ehemaliger NS-Organisationen unabhängig von den Gesamtumständen ihres Gebrauchs unter dem Aspekt des § 86a StGB straffrei bleiben. Nicht auszuschließen ist deshalb, dass einschlägige Kreise diesen Umstand für ihre Zwecke missbrauchen. Dies kann es jedoch nicht rechtfertigen, bei der Auslegung des § 86a Abs. 2 Satz 1 und 2 StGB unter Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz des Art. 103 Abs. 2 GG die äußerste Wortlautgrenze der Vorschrift zu überschreiten. Dessen hätte es jedoch bedurft, um für solche Fallgestaltungen eine Strafbarkeit nach § 86a StGB zu begründen.
Hinzu kommt zum einen, dass auch das Bedürfnis nach Rechtssicherheit und Rechtsklarheit gegen eine Ausdehnung des Tatbestands auf den fremdsprachigen Gebrauch von NS-Parolen spricht. Die Tatbestandsmäßigkeit hinge bei diesen Fallgestaltungen entscheidend davon ab, ob die jeweilige Sprache, in die der Leitspruch übersetzt ist, einen ausreichenden Verbreitungsgrad in der Bevölkerung erfahren hat, um eine Verwechslungsgefahr im Sinne des § 86a Abs. 2 Satz 2 StGB begründen zu können. Ob und wann dies der Fall ist, wird sich jedoch nicht zuverlässig bestimmen lassen, so dass im Einzelfall die Vorhersehbarkeit strafbaren Verhaltens nicht mehr hinreichend gewährleistet wäre.
Wollte man zum anderen schon den bloßen Namen einer von § 86 Abs. 1 Nr. 2 oder 4 StGB erfassten Organisation dem § 86a Abs. 2 Satz 1 StGB subsumieren, so hätte dies eine ausufernde, mit dem Schutzzweck des § 86a StGB kaum mehr zu rechtfertigende Ausdehnung der Strafbarkeit zur Folge. Denn damit würde beispielsweise schon jede öffentliche Nennung dieses Namens, die nicht der Sozialadäquanzklausel des § 86a Abs. 3 i. V. m. § 86 Abs. 3 StGB unterfällt, vom objektiven Tatbestand des § 86a Abs. 1 Nr. 1 StGB erfasst.
Im Übrigen sind Sachverhalte wie die vorliegenden nicht notwendigerweise straffrei. Werden die Namen verfassungswidriger oder ehemaliger nationalsozialistischer Organisationen oder Übersetzungen von NS-Parolen etwa in einem propagandistischen Zusammenhang gebraucht, kommt eine Strafbarkeit nach § 86 Abs. 1 Nr. 2 und 4, Abs. 2 StGB in Betracht. Zudem können Verhaltensweisen wie die hier zu beurteilenden als Verstoß gegen das Vereinigungsverbot dem Tatbestand des § 85 StGB unterfallen (siehe 4.).
4. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
Sollte bei Zugrundelegung der unter II. 2. dargelegten Rechtsgrundsätze eine Verurteilung des Angeklagten wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen nicht in Betracht kommen, wird zu prüfen sein, ob er sich des Verbreitens von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen nach § 86 Abs. 1 Nr. 2 und/oder 4 und Abs. 2 StGB schuldig gemacht hat. In Anbetracht der eindeutig kämpferischen und aggressiven Tendenzen der Aufschrift auf den sichergestellten T-Shirts (Hand mit Pistole; Verwendung des Begriffs "Combat" für Kampf bzw. Schlacht in Verbindung mit der Verschlüsselung "18" für die Initialen Adolf Hitlers) erscheint eine Strafbarkeit nach dieser Vorschrift nicht fern liegend. Der neue Tatrichter wird sich daher unter Berücksichtigung der Anforderungen, die an die Anwendbarkeit dieses Tatbestands zu stellen sind, mit dem Aussagegehalt der auf den T-Shirts aufgebrachten Schriften und Abbildungen auseinander zu setzen haben (vgl. BGHSt 8, 245, 247; 12, 174, 175; 23, 64, 72 f.). Schließlich wird zu erwägen sein, die nach § 154a Abs. 2 StPO ausgeschiedene Gesetzesverletzung des § 85 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 2. Alt. StGB wieder in das Verfahren einzubeziehen.
Sollte der Angeklagte erneut verurteilt und wieder eine Geldstrafe verhängt werden, verweist der Senat zur Frage der Bemessung der Tagessatzhöhe auf die zutreffenden Ausführungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts.
5. Der Senat erstreckt die Aufhebung auch auf die der Verurteilung zugrunde liegenden, für sich rechtsfehlerfreien Feststellungen, da das Landgericht diese allein mit Blick auf die Verurteilung nach § 86a StGB getroffen und daher den tatsächlichen Umständen keine Aufmerksamkeit zugewendet hat, die für eine Aburteilung der Tat als Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen nach § 86 StGB bzw. als Verstoß gegen ein Vereinigungsverbot nach § 85 StGB bedeutsam sein können .
Das Rechtsmittel ist wirksam auf die unterbliebene Anordnung der Einziehung der sichergestellten T-Shirts beschränkt. Es führt zum Erfolg. Die T-Shirts hätten auf der Grundlage der Rechtsauffassung des Landgerichts nach §§ 92b, 74, 74 d StGB eingezogen werden können. Die gebotene Ermessensentscheidung hat das Landgericht - ersichtlich versehentlich - nicht getroffen. Dies stellt einen durchgreifenden Rechtsfehler zu Gunsten des Angeklagten dar. Zwar erweist sich die Auffassung des Landgerichts rechtsfehlerhaft, so dass das angefochtene Urteil auf die Revision des Angeklagten aufzuheben ist. Da jedoch aufgrund neu zu treffender Feststellungen noch eine Verurteilung des Angeklagten in Betracht kommt, die eine Einziehung der T-Shirts als weitere Rechtsfolge zulässt, muss die Revision der Staatsanwaltschaft Erfolg haben.
HRRS-Nummer: HRRS 2009 Nr. 925
Externe Fundstellen: BGHSt 54, 61; NJW 2010, 163; NStZ 2010, 210; NStZ 2010, 444
Bearbeiter: Karsten Gaede