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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Juli 2009
10. Jahrgang
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Zwar kann die fehlende Therapiemotivation bei Abwägung aller Umstände ein Indiz für die mangelnden Erfolgsaussichten einer Therapie gemäß § 64 StGB sein (BGH NStZ 1996, 274). Geprüft werden muss aber, ob die konkrete Aussicht besteht, dass eine Therapiebereitschaft für eine erfolgversprechende Behandlung geweckt werden kann (BGH NStZ-RR 2007, 171, 172). Auf die Frage, ob nicht mit therapeutischen Bemühungen eine positive Beeinflussung des Angeklagten zu erreichen wäre (vgl. BGHR StGB § 64 Abs. 1 Erfolgsaussicht 7). Dafür besteht insbesondere dann Anlass, wenn die Suchterkrankung des Angeklagten bislang nicht behandelt wurde.
1. Auch bei Verhängung einer lebenslangen Freiheitsstrafe kommt ein Härteausgleich für eine grundsätzlich einbeziehungsfähige, aber bereits vollstreckte Strafe in Betracht, indem der Tatrichter eine bestimmte Zeitspanne der lebenslangen Freiheitsstrafe für vollstreckt erklärt (BGHSt [GS] 52, 124, 136).
2. Ein Härteausgleich im Sinne der „Vollstreckungslösung“ ist jedoch nicht zu gewähren, wenn es bei gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung beider Sachen oder bei nachträglicher Gesamtstrafenbildung (§ 55 StGB) aufgrund des dann mit zu berücksichtigenden Unrechts- und Schuldgehalts derjenigen Tat, für die die bereits vollstreckte Strafe verhängt wurde, auf der Hand gelegen hätte, die besondere Schwere der Schuld (§ 57a StGB) festzustellen.
„Erlangt“ im Sinne von §§ 73 Abs. 1 Satz 1, 73 a Satz 1 StGB ist ein Vermögensvorteil nur dann, wenn der Täter oder Teilnehmer die faktische Verfügungsgewalt über den Gegenstand erworben hat (BGH NStZ 2003, 198, 199; Senatsbeschluss vom 1. März 2007 – 4 StR 544/06). Bei mehreren Tatbeteiligten am unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln kommt eine Zurechnung nach den Grundsätzen der Mittäterschaft gemäß § 25 Abs. 2 StGB mit der Folge einer gesamtschuldnerischen Haftung nur in Betracht, wenn sich die Beteiligten darüber einig waren, dass dem jeweiligen Mittäter zumindest Mitverfügungsgewalt über die Rauschgifterlöse zukommen sollte und er diese auch tatsächlich hatte (BGH aaO; vgl. auch BGH NStZ-RR 2007, 121). Die bloße Annahme mittäterschaftlichen Handelns vermag die fehlenden Darlegungen des tatsächlichen Geschehens hierzu nicht zu ersetzen (BGH, Urteil vom 26. März 2009 – 3 StR 579/08).
1. Tatmodalitäten dürfen einem Angeklagten nur dann zur Last gelegt werden, wenn sie vorwerfbar sind, nicht aber, wenn ihre Ursache in einer von ihm nicht zu verantwortenden geistig-seelischen Beeinträchtigung liegt.
2. Steht die Art und Weise der Tatausführung in einem untrennbaren Zusammenhang mit Umständen, die zu einer erheblichen Verminderung der Schuldfähigkeit des Angeklagten geführt haben, so kann sie dem Angeklagten jedenfalls nicht uneingeschränkt, sondern allenfalls nach dem Maß seiner geminderten Schuld angelastet werden.
3. Die Urteilsgründe müssen ergeben, dass sich der Tatrichter dessen bewusst war.
1. Nach § 67b Abs. 1 Satz 1 StGB ist die Aussetzung des Vollzugs der Unterbringung geboten, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Zweck der Maßregel auch ohne deren Vollzug erreicht werden kann. Bei dieser Prüfung sind zwar auch die Umstände zu berücksichtigen, dass der Angeklagte keine Krankheitseinsicht zeigt, eine Therapie ablehnt (vgl. BGH, Beschluss vom 15. November 2001 - 4 StR 385/01) und nicht gewillt ist, sein derzeitiges soziales Umfeld zu verlassen. Jedoch ist auch zu erörtern, ob sich die vom Angeklagten ausgehende Gefahr insbesondere durch die Begründung eines Betreuungsverhältnisses nach §§ 1896 ff. BGB (vgl. BGH NStZ 2002, 367; BGH NStZ-RR 1997, 290 f.) und durch geeignete Weisungen im Rahmen der Bewährung (§ 268a Abs. 2 StPO) und der mit ihr verbundenen Führungsaufsicht (§§ 67b Abs. 2, 68b StGB) abwenden oder jedenfalls so stark abschwächen lässt, dass ein Verzicht auf den Vollzug der Maßregel gewagt werden kann.
2. Zwar ist es zulässig, im Frei- oder Strengbeweisverfahren zu klären, ob Gründe für die Ablehnung eines Beweisantrags vorliegen. Befragungen des Angeklagten dürfen aber nicht dazu führen, dass dem Verteidiger sein selbstständiges und vom Willen des Angeklagten unabhängiges Beweisantragsrecht genommen wird, mit dem er mit dem Vorbringen des Angeklagten nicht notwendigerweise deckende Behauptungen unter Beweis stellen kann (vgl. Fischer in KK StPO 6. Aufl. § 244 Rdn. 73, 97).
3. Durch die Auslegung eines Beweisantrags darf die Beweisbehauptung nicht eingeengt, verschoben oder sonst geändert werden.
1. Die Bemessung der Gesamtstrafe bedarf einer eingehenden Begründung, wenn sie sich auffallend von der Einsatzstrafe entfernt (vgl. BGHR StGB § 54 Abs. 1 Bemessung 8; BGH, Beschluss vom 18. Februar 2009 - 2 StR 593/08).
2. Das Tatgericht darf auch bei der Strafzumessung nicht auf Erkenntnisquellen außerhalb des eigenen Urteils verwiesen (vgl. BGH NStZ-RR 2002, 137; BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Strafen, einbezogene 1; BGH, Beschluss vom 9. Januar 2007 - 5 StR 489/06).