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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Juli 2009
10. Jahrgang
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1. Sind an einer Deliktsserie mehrere Personen als Mittäter, mittelbare Täter, Anstifter oder Gehilfen beteiligt, so ist die Frage, ob die einzelnen Straftaten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen, für jeden der Beteiligten gesondert zu prüfen und zu entscheiden.
2. Hat ein Gehilfe, der an der unmittelbaren Ausführung der Taten nicht beteiligt war, einen mehrere Einzeldelikte fördernden einheitlichen Tatbeitrag erbracht, so werden ihm die jeweiligen Taten der Haupttäter (nur) als tateinheitlich begangen zugerechnet, weil sie in seiner Person durch den einheitlichen Tatbeitrag zu einer Handlung im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB verknüpft werden. Demgegenüber ist ohne Belang, ob die Haupttäter die ihnen zurechenbaren Taten ihrerseits ebenfalls tateinheitlich oder vielmehr tatmehrheitlich begangen haben.
1. Für das bewusste Ausnutzen von Arg- und Wehrlosigkeit genügt es, dass der Täter die Arg- und Wehrlosigkeit in ihrer Bedeutung für die hilflose Lage des Angegriffenen und die Ausführung der Tat in dem Sinne erfasst, dass er sich bewusst ist, einen durch seine Arglosigkeit gegenüber einem Angriff schutzlosen Menschen zu überraschen (vgl. BGH, Urt. vom 20. Juli 2004 - 1 StR 145/04; NStZ 2005, 688, 689).
2. Wenn das Tatgericht meint, Zweifel nicht überwinden zu können, obwohl die subjektiven Merkmale der Heimtücke auf Grund des äußeren Tathergangs nahe liegen, müssen bei der Beweiswürdigung alle wesentlichen Tatumstände in die Betrachtung einbezogen werden, die gegen diese Zweifel sprechen können (vgl. u. a. BGH, Urt. vom 17. August 2001 - 2 StR 159/01; NStZ 2005, 688, 689; BGHR StGB § 211 Abs. 2 Heimtücke 11). Insbesondere ist in die Prüfung auch ein überaus umsichtiges Tat- und Nachtatverhalten des Angeklagten einzubeziehen.
3. Für das Ausnutzungsbewusstsein ist es nicht erforderlich, dass der Täter die erkannte Arg- und Wehrlosigkeit für die Tatausführung instrumentalisiert.
4. Heimtückisch handelt, wer in feindlicher Willensrichtung die Arg- und Wehrlosigkeit des Tatopfers bewusst zur Tötung ausnutzt. Wesentlich ist, dass der Mörder sein Opfer, das keinen Angriff erwartet, also arglos ist, in einer hilflosen Lage überrascht und dadurch daran hindert, dem Anschlag auf sein Leben zu begegnen oder ihn wenigstens zu erschweren. Das Opfer muss gerade auf Grund seiner Arglosigkeit wehrlos sein. Maßgebend für die Beurteilung ist die Lage bei Beginn des ersten mit Tötungsvorsatz geführten Angriffs (BGHSt 32, 382, 383 f.; BGH NJW 1991, 1963; Urteil vom 20. Juli 2004 - 1 StR 145/04).
Bildet ein einzelner Diebstahlsakt bei natürlicher Betrachtungsweise nur einen unselbständigen Teilakt eines Gesamtdiebstahls (hier: Diebstahl des Fahrzeugschlüssels im Verhältnis zum Fahrzeugdiebstahl), wobei er in einem sehr engen zeitlichen und räumlichen Zusammenhang mit den nachfolgenden Diebstahlshandlungen steht, liegt nur ein Diebstahl im Rechtssinne vor. Ferner entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass nur ein Diebstahl gegeben ist, wenn der Täter seinem – gegebenenfalls während der Tatausführung erweiterten – Tatplan entsprechend mehrere Sachen entwendet (vgl. BGHSt 22, 350, 351).
Für gewerbsmäßiges Handeln reicht es aus, wenn sich der Täter mittelbare Vorteile aus den Tathandlungen verspricht, insbesondere wenn die Vermögensvorteile an eine von ihm beherrschte Gesellschaft fließen. Insoweit ist erforderlich, dass der Täter ohne weiteres auf diese Vorteile zugreifen kann (BGH, Beschluss vom 5. Juni 2008 – 1 StR 126/08).
Mietet der Täter ein Fahrzeug in der Absicht an, dieses ins Ausland zu verschieben, entsteht dem getäuschten Vermieter mit der Übertragung des Besitzes ein Vermögensschaden, durch den der Betrug vollendet ist (vgl. BGHR StGB § 263 Abs. 1 Täuschungshandlung 1; BGH, Beschluss vom 15. Mai 2002 - 3 StR 124/02). Sieht der Täter später von der Verschiebung ab und bringt er das Fahrzeug zurück, stellt dies lediglich eine Schadenswiedergutmachung dar.
In der Täuschung über das Bestehen, den Wert oder die Verwertbarkeit einer vertraglich vereinbarten Sicherheit
kann eine das Vermögen des Darlehensgebers schädigende Betrugshandlung liegen. Trotz Vorspiegelung einer solchen Sicherheit entsteht aber kein Vermögensschaden, wenn der Rückzahlungsanspruch auch ohne die Sicherheit aufgrund der Vermögenslage des Darlehensnehmers oder sonstiger Umstände, die den Gläubiger vor der Beschädigung seines Vermögens schützen, wirtschaftlich sicher ist; für die Annahme des Schädigungsvorsatzes gilt dementsprechend das Erfordernis, dass der Täter im Zeitpunkt der Kreditgewährung die Minderwertigkeit des Rückzahlungsanspruchs im Vergleich zu dem erhaltenen Geldbetrag gekannt hat (vgl. BGH NStZ-RR 2001, 328 m. w. N.).