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HRRS-Nummer: HRRS 2009 Nr. 644

Bearbeiter: Ulf Buermeyer

Zitiervorschlag: BGH, 5 StR 184/09, Beschluss v. 28.05.2009, HRRS 2009 Nr. 644


BGH 5 StR 184/09 - Beschluss vom 28. Mai 2009 (LG Bremen)

Nachträgliche Bildung der Gesamtstrafe; Härteausgleich; besondere Schwere der Schuld; Vollstreckungslösung.

§ 51 StGB; § 55 StGB; § 57a StGB

Leitsätze des Bearbeiters

1. Auch bei Verhängung einer lebenslangen Freiheitsstrafe kommt ein Härteausgleich für eine grundsätzlich einbeziehungsfähige, aber bereits vollstreckte Strafe in Betracht, indem der Tatrichter eine bestimmte Zeitspanne der lebenslangen Freiheitsstrafe für vollstreckt erklärt (BGHSt [GS] 52, 124, 136).

2. Ein Härteausgleich im Sinne der "Vollstreckungslösung" ist jedoch nicht zu gewähren, wenn es bei gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung beider Sachen oder bei nachträglicher Gesamtstrafenbildung (§ 55 StGB) aufgrund des dann mit zu berücksichtigenden Unrechts- und Schuldgehalts derjenigen Tat, für die die bereits vollstreckte Strafe verhängt wurde, auf der Hand gelegen hätte, die besondere Schwere der Schuld (§ 57a StGB) festzustellen.

Entscheidungstenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bremen vom 19. Dezember 2008 wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

Ein - in Modifizierung früherer Rechtsprechung (vgl. BGH NStZ 1999, 579, 581) - grundsätzlich denkbarer Härteausgleich im Wege der Vollstreckungslösung bei der lebenslangen Freiheitsstrafe (vgl. BGHSt [GS] 52, 124, 136, Rdn. 31; 52, 48, 56 f., Rdn. 27 ff.; BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Härteausgleich 15; siehe auch BGHR StGB § 57a Abs. 1 Schuldschwere 26) im Blick auf die erledigte und daher nicht nach § 55 StGB einbeziehungsfähige spätere Bestrafung des Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten wegen sexueller Nötigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung kam vorliegend nicht in Betracht. Ohne den die Unanwendbarkeit des § 55 StGB begründenden Zeitablauf hätte es bei einer Einbeziehung der späteren Strafe und überhaupt bei zeitnäherer Aburteilung auf der Hand gelegen, gegen den Angeklagten die besondere Schwere der Schuld gemäß § 57a StGB festzustellen. Schon der Tatvorwurf im gegenständlichen Verfahren wog außerordentlich schwer. Der Angeklagte hat das Opfer - eine damals 73 Jahre alte, gehbehinderte Frau - brutal vergewaltigt und anschließend erwürgt. Für die Beurteilung der Täterpersönlichkeit wäre bei gemeinsamer Aburteilung bestimmend heranzuziehen gewesen, dass der auch sonst zu erheblichen Gewalttätigkeiten neigende Angeklagte bei der später abgeurteilten Tat eine Prostituierte sexuell genötigt und dabei bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt hatte. Dem Angeklagten ist wegen der Nichtberücksichtigung der zu zwei Dritteln verbüßten Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten deshalb letztlich kein Nachteil entstanden, der des Ausgleichs bedurft hätte.

HRRS-Nummer: HRRS 2009 Nr. 644

Bearbeiter: Ulf Buermeyer