Alle Ausgaben der HRRS, Aufsätze und Anmerkungen ab dem Jahr 2000.
HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Aug./Sept. 2006
7. Jahrgang
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1. Bei der Härteklausel des § 73c Abs. 1 Satz 2, 1. Alt. StGB (Entreicherung) kommt es grundsätzlich nicht darauf an, ob das vorhandene Vermögen einen Bezug zu der rechtswidrigen Tat hat. (BGHSt)
2. Zum Wert des Erlangten bei Tatbeteiligten in einer Handelskette. (BGHSt)
3. "Bruttoprinzip" bedeutet, dass nicht bloß der Gewinn, sondern grundsätzlich alles, was der Täter für die Tat oder aus ihr erhalten hat, für verfallen zu erklären ist (BGH NStZ 1995, 491). Bei der Berechnung des bei einem verbotenen "Verkauf" Erlangten ist deshalb vom gesamten Erlös ohne Abzug des Einkaufspreises und sonstiger Aufwendungen auszugehen (BGHSt 47, 369 [370]; BGH NStZ 1994, 123; NStZ 2000, 480; NStZ-RR 2000, 57; wistra 2001, 388, 389). Insbesondere bei Betäubungsmitteldelikten "besteht kein rechtlich schützenswertes Vertrauen, aus dem verbotenen Geschäft erlangte Vermögensbestandteile behalten zu dürfen, die der Erlös strafbarer Geschäfte sind (BGHSt 47, 369 [372]; BGH NStZ 2001, 312). Das in ein verbotenes Geschäft Investierte soll unwiederbringlich verloren sein (BGHSt 47, 369 [373 f.]). (Bearbeiter)
4. Wirtschaftlich erlangt ist ein Gegenstand oder Wert im Sinne von § 73 Abs. 1 StGB sobald dieser unmittelbar aus der Tat in die eigene Verfügungsgewalt des Täters übergegangen ist. (Bearbeiter)
5. Eine Ermessensentscheidung nach § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB scheidet von vorneherein aus, solange und soweit der Angeklagte über Vermögen verfügt, das wertmäßig nicht hinter dem "verfallbaren" Betrag zurück bleibt (BGHSt 48, 40 [42]; BGHR StGB § 73c Wert 2). Nachforschungen über die Verwendung der erlangten Beträge, über die Quellen des vorhandenen Vermögens, über Vermögensumschichtungen, über ersparte Aufwendungen usw. sind in diesem Fall grundsätzlich nicht erforderlich. (Bearbeiter)
Entscheidend für die Frage der Freiwilligkeit des Rücktritts ist, ob aus Sicht des Angeklagten für ihn ein zwingendes Hindernis vorlag, die Tat zu vollenden, oder ob er ihre Durchführung noch für möglich hielt (st. Rspr.; vgl. BGHR StGB § 24 Abs. 1 Satz 1 Freiwilligkeit 16 bis 18).
Kommunale Mandatsträger sind keine Amtsträger, es sei denn, sie werden mit konkreten Verwaltungsaufgaben betraut, die über ihre Mandatstätigkeit in der kommunalen Volksvertretung und den zugehörigen Ausschüssen hinausgehen. Erschöpft sich aber die Tätigkeit eines kommunalen Mandatsträgers im Handeln in Wahlen und Abstimmungen in der Volksvertretung selbst, in Teilen der Volksvertretung wie den Fraktionen oder in den
unmittelbar der Volksvertretung zugehörigen Ausschüssen, kommt lediglich eine Strafbarkeit nach § 108e StGB in Betracht. Gleiches gilt für die Tätigkeit im Vorfeld von Wahlen und Abstimmungen in Volksvertretungen, also etwa für die Einflussnahme auf andere Ratsmitglieder und die sonstige Beteiligung an der politischen Willensbildung auf Gemeindeebene.
1. Auch der Vorsitzender des Aufsichtsrats einer Stadtwerke-AG kann Amtsträger sein, wenn die AG als eine "sonstige Stelle" anzusehen ist, bei der der Vorsitzende dazu bestellt ist, Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrzunehmen. Denn allein durch die Wahl einer privatrechtlichen Organisationsform verliert die von den Stadtwerken zu erfüllende Aufgabe nicht den Charakter als Verwaltungsaufgabe. Vielmehr sind Einrichtungen trotz privatrechtlicher Organisationsform Behörden jedenfalls dann gleichzustellen, wenn sie bei der Wahrnehmung dieser Aufgaben derart staatlicher Steuerung unterliegen, dass sie bei Gesamtbewertung der sie kennzeichnenden Merkmale gleichsam als "verlängerter Arm" des Staates erscheinen.
2. Fordern im Sinne der Bestechungstatbestände ist nicht nur das ausdrückliche, sondern auch das konkludente Verlangen eines Vorteils für eine dienstliche Tätigkeit. Die das Verlangen eines Vorteils objektiv zum Ausdruck bringende, d. h. von einem verständigen Betrachter in der Situation des Angesprochenen so zu verstehende Erklärung des Amtsträgers muss zur Kenntnis des potentiellen Gebers gebracht werden; dabei muss der Vorsatz des Amtsträgers darauf gerichtet sein, dass der Erklärungsempfänger auch den Sinn der Erklärung versteht, während ein diesbezüglicher Erfolg nicht erforderlich ist.
1. Für § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB erforderlich, aber auch genügend ist, dass die Art der Behandlung durch den Täter nach den Umständen des Einzelfalls (generell) geeignet ist, das Leben zu gefährden (st. Rspr.). Dabei darf aber nicht erst eine mögliche Folge der Körperverletzungshandlung die lebensgefährliche Eignung aufweisen: Der Körperverletzungserfolg muss "mittels" der Art der Behandlung durch den Täter eintreten.
2. Der Senat hat in einer früheren Entscheidung (NZV 1990, 35) die Auffassung vertreten, bei einem Griff des Beifahrers in das Fahrzeuglenkrad liege ein gefährlicher Eingriff im Sinne des § 315 b Abs. 1 Nr. 3 StGB nur vor, wenn der Täter in der Absicht handelt, den Verkehrsvorgang zu einem Eingriff zu pervertieren, es müsse ihm darauf ankommen, durch diesen in die Sicherheit des Straßenverkehrs einzugreifen. Soll hingegen nur auf einen Verkehrsvorgang Einfluss genommen werden, etwa zur Erzwingung eines bestimmten Fahrverhaltens, so seien die Voraussetzungen des § 315 b StGB nicht gegeben. Ob an dieser Rechtsauffassung uneingeschränkt festzuhalten ist, bleibt offen.
3. Erfolgt eine Tathandlung nach § 315b StGB nicht im Rahmen der Teilnahme am Straßenverkehr (sog. "Außeneingriff"), ist für die Tatbestandserfüllung eine besondere verkehrsfeindliche Einstellung des Täters nicht erforderlich (vgl. hierzu BGHSt 48, 233, 236 f.; BGHR StGB § 315 b Abs. 1 Nr. 2 Hindernisbereiten 3).
4. § 315 b Abs. 1 StGB setzt in allen Tatbestandsvarianten eine besondere kausale Verknüpfung zwischen Gefährdungshandlung und Gefährdungserfolg voraus. Erforderlich ist, dass die Tathandlung eine abstrakte Gefahr für die Sicherheit des Straßenverkehrs bewirkt, die sich zu einer konkreten Gefahr für das Schutzobjekt verdichtet (BGHSt 48, 119, 122). Eine Gefährdung für Leib oder Leben im Sinne des § 315b StGB muss die Folge einer abstrakten Verkehrsgefahr sein.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann eine einmal angewandte Gewalt als Drohung im Sinne des § 177 Abs. 1 Nr. 2 StGB fortwirken und dazu führen, dass das Opfer nur aus Furcht vor weiterer Gewalt keinen nennenswerten Widerstand mehr leistet; es kann aber nicht davon ausgegangen werden, dass bei lang andauernden Missbrauchsverhältnissen immer Gewalt angewendet oder ein Nötigungsmittel im Sinne des § 177 StGB eingesetzt wird (BGHSt 42, 107, 111). Deshalb müssen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 177 StGB auch bei einer länger dauernden Serie von Tathandlungen grundsätzlich für jede Tat konkret und individualisiert festgestellt werden (BGHSt aaO). Geringere Anforderungen an den Nachweis sind nur hinzunehmen,
wenn sich der Tatrichter im Einzelfall die Überzeugung eines von dem Täter erzeugten und bewusst eingesetzten "Klimas ständiger Gewalt" verschafft (vgl. BGHR StGB § 177 Serienstraftaten 4 und § 177 Abs. 1 Drohung 11 a.E.).
Der Tatbestand des Betrugs setzt voraus, dass die Vermögensverfügung durch einen Irrtum des Getäuschten veranlasst worden ist. Die Urteilsgründe müssen daher darlegen, wer die Verfügung getroffen hat und welche irrigen Vorstellungen er dabei hatte (BGH NJW 2003, 1198, 1199).
Für das bewusste Ausnutzen von Arg- und Wehrlosigkeit genügt es, dass der Täter die Arg- und Wehrlosigkeit in ihrer Bedeutung für die hilflose Lage des Angegriffenen und die Ausführung der Tat in dem Sinne erfasst, dass er sich bewusst ist, einen durch seine Ahnungslosigkeit gegenüber einem Angriff schutzlosen Menschen zu überraschen (BGH NStZ 2003, 535). Es ist nicht erforderlich, dass der Täter die überraschende Angriffsmöglichkeit durch eigenes Veranlassen gezielt herbeiführt.