Alle Ausgaben der HRRS, Aufsätze und Anmerkungen ab dem Jahr 2000.
HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Aug./Sept. 2006
7. Jahrgang
PDF-Download
Von Rechtsanwalt Prof. Dr. Jörg Arnold, Freiburg i.Br./Münster
Die Empörung und Aufregung war - und ist teilweise noch - groß. Sie entzündet sich am "Feindstrafrecht" und seinen Protagonisten. Strafverteidiger, Strafrechtswissenschaftler und Publizisten hatten sich verbündet, um - so offenbar die Intention der Arbeitsgruppe "Feindstrafrecht" in Anlehnung an ein berühmtes Zitat aus dem "Kommunistischen Manifest" - das Gespenst des Feindstrafrechts zu jagen. Während Karl Marx und Friedrich Engels im Jahre 1848 bei ihrer Kritik der Gespensterjagd - freilich auf den Kommunismus - davon ausgehen konnten, dass der Kommunismus eine neue Idee, mithin für seine damaligen Jäger ein wirklich neues Gespenst ist, läßt sich dies für das Feindstrafrecht nicht feststellen. Das Feindstrafrecht ist alles andere als ein neues Gespenst.[1]
Indes: Die Jagd auf das Feindstrafrecht erweckt genau den gegenteiligen Eindruck. Ein böses neues Gespenst soll vertrieben werden, damit der gute Rechtsstaat erhalten bleibt. In dieser Zielstellung sind sich die Jäger sogar
mit denjenigen einig, die für sich in Anspruch nehmen, die Gespenster nur entdeckt - nicht erfunden! - zu haben und nur beim Namen nennen und damit nur rein deskriptiv sein zu wollen, wie beispielsweise Günther Jakobs, der als "Entdecker" des Feindstrafrechts gilt. Denn auch jene wollen es zur Rettung des Guten vertreiben, freilich nicht ganz so weit wie die Jäger des Feindstrafrechts.
Diese Einigkeit über das Ergebnis der Jagd gründet sich auf ein Verständnis von Feindstrafrecht, wonach die "Feinde" aus der Gesellschaft, aus dem Recht, ausgeschlossen werden. Die "Jäger" des Feindstrafrechts kritisieren diesen Ausschluss der Feinde, deren Ent-Personalisierung, vehement, u.a. mit dem Argument, der Rechtsstaat sei stark genug, mit seinen Mitteln das rechtsfeindliche Verhalten zu "bewältigen". Die Jäger des Feindstrafrechts wollen nicht die Jäger der Feinde sein. Die "Entdecker" des Feindstrafrechts hingegen erkennen die Trennung zwischen Bürgerstrafrecht auf der einen Seite und Feindstrafrecht auf der anderen Seite an. Auf diese Weise soll das Bürgerstrafrecht gewissermaßen auf Kosten der Feinde gerettet werden. Ob sie es wollen oder nicht, werden so die Entdecker des Feindstrafrechts unweigerlich zu den Jägern der Feinde. Was hier zunächst noch zu abstrakt klingen mag, wird im Laufe des Vortrages konkreter werden.
Und dann gibt es noch diejenigen, die ein Feindstrafrecht verbal ablehnen, in der Praxis aber genau das Gegenteil tun. Als Beispiel sei Kai Nehm - bis vor kurzem Generalbundesanwalt - erwähnt, der parallel zu seiner Kritik am Feindstrafrecht im selben Atemzug scharfe Kritik an den deutschen Gerichten übt wegen ihrer Distanz zu Erkenntnissen der Nachrichtendienste und zu unerreichbaren Zeugen in Terroristenprozessen. Wenn sich die Justiz verweigere - so Nehm weiter - werde die Politik "in die Bresche springen" und einen "diffusen Tatbestand der Verschwörung schaffen." Man wolle kein "Feindstrafrecht", aber auch kein "Freundstrafrecht", in dem die Islamisten "nur deshalb geschont werden, weil uns - zu Recht - Guantanamo auf der Seele brennt."[2]
Gewiss, dies ist scharf formuliert. Und doch ist diese Zuspitzung erklärbar. Sie ist erklärbar besonders dann, wenn die Debatte über das Feindstrafrecht nicht als etwas völlig neues, wie sie oft erscheint, sondern als eine historisch weit ausgreifende Erosion des liberalen Strafrechts hin zu einem "Bekämpfungsstrafrecht" verstanden wird. Denn das Feindstrafrecht hat Theorie und Praxis schon lange erreicht, womit ich eine andere Auffassung vertrete, als sie von Winfrid Hassemer in seinem gestrigen Eröffnungsvortrag des Strafverteidigertages geäußert wurde, als er meinte, dass die Praxis vom Feindstrafrecht noch weitgehend ausgenommen sei.[3] Der Unterschied der Auffassungen liegt in einem unterschiedlichen Begriff von Feindstrafrecht begründet. Während Hassemer offenbar von einem engeren Begriff von Feindstrafrecht ausgeht, spreche ich von einem eher weiten Feindstrafrecht als Bekämpfungsstrafrecht. Dieses Bekämpfungsstrafrecht ist ein deutliches Kennzeichen und ein Merkmal des modernen Strafrechts.
Ich will versuchen, diese Feststellung in fünf Thesen zu begründen. Die erste These beschäftigt sich mit dem rechtsphilosophischen Streit um den Begriff des Rechts. Die Überschrift dieser These lautet: "Radikaler" Positivismus versus liberales rechtsstaatliches Strafrecht bei Immanuel Kant. In unmittelbarem Zusammenhang damit gilt die zweite These dann direkt der Kennzeichnung der Debatte über Feindstrafrecht als Kontinuitätsproblem der jüngeren deutschen Strafrechtsgeschichte. Mit der dritten These wird nach Tendenzen im ausländischen Recht gefragt und als Ergebnis die wesentliche Übereinstimmung zwischen den Erscheinungsformen deutschen und ausländischen Feindstrafrechts festgestellt. Die vierte These gilt dem Verfassungsrecht und aus aktuellen Gesichtspunkten besonders der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu dem Luftfahrtsicherungsgesetz. Die Überschrift dieser These lautet: Das Grundgesetz und das BVerfG erweisen sich als (durchlässige) Begrenzungen des Feindstrafrechts. Und schließlich fünftens versuche ich, einen Ausblick zu geben, der zwar nicht sehr optimistisch ausfallen wird, aber auch keine Resignation bedeutet, weil er in der Formulierung eines praktischen juristischen Widerstandes gegen Feindstrafrecht besteht.
1. Rechtsphilosophisches Vorverständnis für Feindstrafrecht: "Radikaler" Positivismus versus liberales rechtsstaatliches Strafrecht
Die Auseinandersetzungen um das Feindstrafrecht lassen sich erklären vor dem Hintergrund eines jahrhunderte alten Streits zwischen vorpositivem bzw. überpositivem Recht einerseits und positivem Recht andererseits, freilich in seinen verschiedenen Facetten und Abwandlungen.
a) "Radikaler" Positivismus
Eine solche Facette und Abwandlung ist ein Positivismus, der als "radikal" bezeichnet werden kann. Zum Recht gehört danach nicht allein die Norm, sondern auch das gelebte Recht, die Faktizität des Rechts in der bürgerlichen Gesellschaft. Recht ist ohne Beachtung der Rechtswirklichkeit nicht Recht. Und die Gesellschaft kann nicht ohne Wirklichkeit von Normen begriffen werden, sonst sind Recht wie Gesellschaft nur eine Idee. Recht ist deshalb auch nicht überall und den reinen Schönwetter-Rechtsstaat gibt es hier nicht.
Mit diesem Rechtsverständnis muss das Feindstrafrecht zwangsläufig anerkannt werden. Dabei handelt es sich nicht einmal um die bloße Anerkennung von Faktizität, sondern um die Anerkennung von Normen, die aufgrund von Faktizität gesetzt worden sind. Vor diesem Hintergrund ist es zu verstehen, wenn Jakobs sagt, er beschreibe mit dem Feindstrafrecht einen bestimmten Zustand der Rechtswirklichkeit. Diese Zustandsbeschreibung
führt mit dem "radikalen" Positivismus zur Anerkennung der Rechtswirklichkeit als Recht.
Es ist dies allerdings ein Recht, eben Feindstrafrecht, das den Feind entpersonalisiert und damit rechtlos stellt. Dies wiederum erklärt sich aus dem Verständnis von "Norm, Person, Gesellschaft", wie auch der Titel einer Arbeit von Jakobs aus dem Jahre 1997 lautet. Danach werden in der bürgerlichen Gesellschaft nur die Individuen zu Rechtspersonen, die die Normen des auf einem Ordnungsschema beruhenden Gruppenwesens anerkennen. Dies ist der Hintergrund für einen Gesellschaftsbegriff der normativen Verständigung. Recht in diesem Kontext hängt nicht notwendigerweise mit dem Begriff des freien Subjekts zusammen, wurzelt also nicht zwingend in autonomer Selbstbestimmung. Der Wert ist die Gesellschaft für sich. Norm und Person sind Teile der Gesellschaft. In diesem Verständnis ist die Person nicht der Mensch in seiner individuellen Freiheit, sondern allein Träger von Rechten und Pflichten.
Auf der Folie dieses Rechts- und Gesellschaftsbegriffs existiert die Feindschaft gegenüber denjenigen, die eine Gefahr für das Recht darstellen, weil sie nicht die kognitive Garantie leisten, sich als Person im Recht zu verhalten. Wer sich nicht als Person im Recht verhält, wird als Feind behandelt und muss gesichert werden.
Derartige Sicherungsfälle durchziehen das geltende deutsche Straf- und Strafprozessrecht seit vielen Jahren, etwa wenn Wiederholungsgefahr bei bestimmten Delikten allein einen Haftgrund auslöst oder bei der Sicherungsverwahrung. Aktuellere Beispiele sind die "Bekämpfungsgesetzgebung" von Wirtschaftskriminalität, Terrorismus, organisierter Kriminalität, Sexualdelikte. Wirft man - so Jakobs - einen Blick darauf, "was, genauer: wer da 'bekämpft’ werden soll, so handelt es sich um Individuen, die sich in ihrer Haltung (Sexualdelikte), ihrem Erwerbsleben (Wirtschafts-, Rauschgift- und sonst organisierter Kriminalität) oder durch Einbindung in eine kriminelle Organisation (Terrorismus, organisierte Kriminalität) vermutlich dauerhaft, zumindest aber mit einigem Nachdruck vom Recht abgewandt haben, mit anderen Worten, welche die kognitive Mindestgarantie nicht leisten, die zur Behandlung als Rechtsperson nun einmal unabdingbar sind."[4]
Als Zweck der staatlichen Strafe gegenüber Rechtspersonen sieht der "radikale" Positivismus hauptsächlich die Normbestätigung. Die Strafe bestätigt so die normative Identität der Gruppe. Bei dem Täter als Rechtsperson besteht die Garantie, dass er sich künftig rechtsgetreu verhält. Demgegenüber geht es bei dem Umgang mit demjenigen, der diese Garantie nicht bietet, darum, zu verhindern, dass er eine Gefahr für die Gruppe als Rechtsgemeinschaft darstellt. Dieses Rechtsverständnis legitimiert das Feindstrafrecht unweigerlich, egal ob man sich als "radikaler" Positivist dazu bekennt oder nicht. Die normative Kraft des Faktischen wie umgekehrt die faktische Kraft des Normativen begründen die systemimmanente Legitimität des Feindstrafrechts als Bestandteil des "radikalen" Positivismus. Mit einem "radikal" positivistischen Rechtsverständnis lässt sich ein Feindstrafrecht gut und systemimmanent überzeugend begründen.
Ein solches Verständnis von Feindstrafrecht leitet Jakobs aus rechtsphilosophischen Ideen und Anschauungen ab. Soweit sich dabei auf Kant berufen wird, handelt es sich um einen wenig überzeugenden Versuch. Denn Kant steht gerade für ein Rechtsverständnis, das sich zum Feindstrafrecht antagonistisch verhält und als "radikaler" Überpositivismus bezeichnet werden kann. Die Kant-Interpretation von Jakobs erfolgt im Grunde selektiv und vordergründig auf jene heiklen Kant-Zitate fokussiert, die von ihrem Wortlaut her eine feindstrafrechtliche Auslegung zunächst durchaus nahe legen (wie etwa das Inselbeispiel; die Ausführungen zur Todesstrafe, oder das Versetzen in den Sklavenzustand, aber auch die Unfähigkeit des Verbrechers, Staatsbürger zu sein).[5]
Mit einer solchen Kant-Interpretation aber steht Jakobs diametral gegenüber einer in der gegenwärtigen deutschen Strafrechtsphilosophie erfolgenden Interpretation Kants, wie sie - durchaus in sich differierend - etwa von Wolfgang Naucke, Michael Köhler, Ernst Amadeus Wolff, Wolfgang Schild, Regina Harzer und Rainer Zaczyk gegeben wird. Worum es gerade deren Anschauungen übereinstimmend geht, ist eine durchgehende, den Gesamtzusammenhang eines klassischen liberal-rechtsstaatlichen Strafrechts beachtende Interpretation in ihrer aktuellen Perspektive.
Eine rein "buchstabenorientierte" instrumentalisierende Interpretationsmethode von Jakobs bezieht sich auch auf Fichte. Doch ohne Auseinandersetzung mit den Ergebnissen und der Rezeption der Fichte-Forschung sind die angeführten einzelnen Zitate von Fichte als rechtsphilosophischer Beleg für Feindstrafrecht ebenfalls wenig tauglich. Denn wenn außer Acht gelassen wird, dass - wie insbesondere Zaczyk nachgewiesen hat - die Fundierung der Rechtsphilosophie Fichtes in der Interpersonalität des Rechts besteht, und wenn zudem die Auseinandersetzung Fichtes mit Kants absoluter Straftheorie nicht mitbedacht wird, muss jene Methode, die als Beleg für ein Feindstrafrecht auch auf Fichte-Zitate zurückgreift, stark angezweifelt werden. Statt auf einzelne Fichte-Zitate zu rekurrieren, wäre es besser, Fichtes Thesis von der völligen Rechtlosigkeit des Täters auch Fichtes "An-
tithesis" gegenüberzustellen, wonach an die Stelle der Ausschließung andere Strafen zu setzen sind.[6]
Ich wünschte mir, dass an diesen Linien gedacht die künftige Befassung mit dem Feindstrafrecht stärker als bisher erfolgt und gerade die kritischen Stimmen der Strafrechtsphilosophie sich mehr in die Debatte einmischen und dem Feindstrafrecht Paroli bieten, so wie es Michael Köhler und Ulfrid Neumann auf der Strafrechtslehrertagung in Frankfurt an der Oder getan haben.[7]
Im Kern befasse ich mich im Folgenden aber mit Kants Rechtsverständnis, das ich als "radikalen" Überpositivismus und damit als Gegenstück zum "radikalen" Positivismus bezeichne.
b) "Radikaler" Überpositivismus
Der "radikale" Überpositivismus hat eine wesentliche Grundlage in Kants Kritik der empirischen Rechtslehre. Empirisch ist das Recht dann, wenn es gleichgesetzt wird mit dem - wie Kant schreibt - "was in irgendeinem Lande die Gesetze zu irgendeiner Zeit wollen".[8] Das empirische Recht erschöpft sich in orts- und zeitabhängigen Gesetzen, deren Inhalt von einer Macht gewollt ist. Auf den Inhalt dieses Rechts kommt es nicht an. Das empirische Recht ist der aktuell zweckmäßige positive Gesetzesinhalt. Kant kritisiert dieses Recht als willkürliches, nur auf Macht gestütztes Recht, das eigentlich kein Recht sein kann, oder nur dann sein kann, wenn es vor dem Urteil der reinen, nicht-empirischen Rechtsvernunft besteht. Kant überträgt diesen Gedanken auch auf das Strafrecht. Allein das nicht-empirische zweckfreie reine Gesetz könne Anspruch auf den Titel eines R e c h t s zum Strafen haben.[9]
Es liegt auf der Hand, dass eine solches Rechtsverständnis der unversöhnliche Antipode zu einem "radikalen" Positivismus ist. Mit dem "radikalen" Überpositivismus lässt sich das Feindstrafrecht nicht begründen. Das Recht des "radikalen" Überpositivismus ist politik- und grundsätzlich zweckfrei. Mehr noch: Es versteht sich als striktes Abwehrmittel gegen Politik. Der einzige Zweck, den der "radikale" Überpositivismus anerkennt, ist der Mensch. "Du sollst den Menschen nie als Mittel zum Zweck, sondern als Zweck an sich behandeln, ist der Hauptinhalt der kantischen reinen Rechtslehre."[10] Für eine Entpersonalisierung des Täters gibt es hier keinen Raum. Denn bei dieser Rechtslehre steht - anders als bei dem "radikalen" Positivismus - der Mensch im Mittelpunkt.
"Ein Staat…ist die Vereinigung einer Menge von Menschen unter Rechtsgesetzen" - lautet eine Maxime Kants. Und eine andere: "Eine jede Handlung ist recht, die oder nach deren Maxime die Freiheit der Willkür eines jeden mit jedermanns Freiheit nach einem allgemeinen Gesetz zusammen bestehen kann".[11]
Freiheit bedeutet Unabhängigkeit von eines anderen nötigender Willkür. Diese Freiheit, "sofern sie mit jedes anderen Freiheit nach einem allgemeinen Gesetze zusammen bestehen kann, ist dieses einzige, ursprüngliche, jedem Menschen, kraft seiner Menschheit zustehende Recht" - so Kant.[12]
Damit ist zugleich ein Kernbereich liberalen rechtsstaatlichen Strafrechts der Aufklärung angesprochen. Dieser Kern wird mit einer Kant-Interpretation etwa von Schild in der Konstellation gut sichtbar, dass sich der Verbrecher mit seiner Tat zwar selbst aus der rechtlich verfassten bürgerlichen Gesellschaft ausgeschlossen hat, was aber gerade nicht mit der Konsequenz verbunden sein darf, dass staatliche Befehlshaber, Gesetzgeber und Richter dies anerkennen. Denn der Verbrecher schließt sich mit seiner Tat von der Gesellschaft nur insoweit aus, als er durch seine freie Tat nur einen Teil seiner Freiheit selbst aufgegeben hat. Unter Wahrung der äußeren Freiheit ist er als Person dennoch anzuerkennen. Vor Gericht steht eine Person, die auf ein Verbrechen als auf ihre freie Tat angesprochen, mithin zur Verantwortung gezogen wird. Dieser Person ist weiterhin die Menschenwürde zuzuerkennen; ihr gegenüber gelten weiterhin die allgemeinen Rechtspflichten: es darf ihm kein Unrecht angetan werden. Auch gilt die Rechtspflicht weiterhin, mit ihm wie mit allen anderen zusammenzuleben.[13]
Wenn mithin die Person als Mensch zu behandeln ist, dann ist dieser Grundsatz auch anzuwenden auf Menschen, die Verbrecher sind, aber nicht unbedingt Bürger des Staates, gegen den oder in dem die Taten begangen werden. Das liberale Strafrecht entpersonalisiert nicht nur die Bürger nicht, sondern auch den "Menschen an sich" nicht.
Der Personenbegriff des liberalen Strafrechts der Aufklärung ist damit Inbegriff von Humanität und Sozialität; der Personenbegriff bei Jakobs dagegen erscheint als ein auf Äußerlichkeit reduzierter und damit zugleich entfremdeter inhaltsleerer Begriff.
Wenn sich Jakobs gleichwohl auf Kant beruft, so tut er dies nicht selten mit einer Stelle aus Kants Schrift "Zum ewigen Frieden". Ich zitiere diese Stelle, die auch Jakobs zitiert, obwohl sie beim bloßen Zuhören ein schwieriges Zitat ist:
"Gemeiniglich nimmt man an, daß man gegen niemand feindlich verfahren dürfe, als nur, wenn er mich schon tätig l ä d i e rt hat, und das ist auch ganz richtig, wenn beide im b ü r g e r l i c h-g e s- e t z l i c h e n Zustand sind. Denn dadurch, dass dieser in denselben getreten ist, leistet er jenem (vermittelst der Obrigkeit, welche über beide Gewalt hat), die er/forderliche Sicherheit. - Der Mensch aber (oder / das Volk) im bloßen Naturstande benimmt mir diese Sicherheit, und lädiert mich schon durch eben diesen Zustand, indem er neben mir ist, obgleich nicht tätig (facto), doch durch die Gesetzlosigkeit seines Zustandes (statu iniusto), wodurch ich beständig von ihm bedroht werde, und ich kann ihn nötigen, entweder mit mir in einen gemeinschaftlich-gesetzlichen Zustand zu treten, oder aus meiner Nachbarschaft zu weichen.- Das Postulat also was allen folgenden Artikeln zum Grunde liegt, ist: Alle Menschen, die aufeinander wechselseitig einfließen können, müssen zu irgendeiner bürgerlichen Verfassung gehören."[14]
Dieses Zitat findet sich als Fußnote unter dem einleitenden Teil zum Zweiten Abschnitt von Kants Friedensschrift, der die Definitivartikel zum ewigen Frieden unter Staaten enthält. Dieser einleitende Text zu dem Zweiten Abschnitt - den ich jetzt nicht zitiere, man kann und sollte ihn nachlesen - nimmt eine klare Unterscheidung zwischen dem Friedenszustand unter Menschen, die nebeneinander leben, als Rechtszustand auf der einen Seite und dem Naturstand (status naturalis) als Zustand des Krieges auf der anderen Seite vor. Mit wohl nicht zu überbietender Klarheit sagt Kant hier, dass jemand nur im Kriegszustand als Feind behandelt werden kann. Unmittelbar daran schließt sich die zitierte Fußnote an.
Jakobs sagt nun seinerseits in einer Fußnote zunächst ganz richtig, dass Kants Aussage, man könne gegen jemanden feindlich verfahren, der mich "tätig lädiert hat", sich auf ein Delikt im "bürgerlich-gesetzlichen Zustande" bezieht, so dass das Wort "feindlich" die Übelszufügung gemäß dem Strafgesetz, nicht aber eine Entpersonalisierung charakterisiert.[15] So richtig diese Interpretation ist, so falsch ist die Deutung des weiteren Fußnotentextes Kants. Denn in diesem weiteren Text macht Kant nichts weiter, als den Einleitungstext zum zweiten Abschnitt zu bekräftigen: Nur im Naturstande, der im Kontext mit dem Einleitungstext Kriegszustand bedeutet, kann jemand als Feind behandelt werden.
Damit bin ich bei meiner zweiten These, die das Problem des Feindstrafrechts zu erfassen sucht als - wie es Klaus Marxen und Wolfgang Naucke formuliert haben - "Kontinuitätsproblem der neueren deutschen Strafrechtsgeschichte".[16] Man beachte dazu aus der jüngsten Zeit auch die aufschlussreiche Schrift von Joachim Vogel, "Einflüsse des Nationalsozialismus auf das Strafrecht".[17]
2. Historische Entwicklungslinien: Das Feindstrafrecht als Kontinuitätsproblem der jüngeren deutschen Strafrechtsgeschichte
Zunächst gilt es festzuhalten, dass die bisher vorgenommene Gegenüberstellung zwischen "radikalen" Positivismus und "radikalen" Überpositivismus nur auf den ersten Blick das Feindstrafrecht als Problem eines wörtlich zu nehmenden Ausschlusses des Feindes aus der bürgerlichen Gesellschaft erscheinen lässt. Nur die seien Feinde, die sich nicht unter eine bürgerliche Verfassung zwingen lassen, so Jakobs.
Dies legt nahe, einen Ausschluss der Feinde aus der bürgerlichen Gesellschaft für überschaubar zu halten und als auf einige klare Fälle beschränkbar anzusehen, wie etwa auf eine bestimmte Gruppe von Terroristen, auf einen bestimmten Bereich von Terrorismus und damit auf einen begrenzbaren Rahmen von zwanghaften Ausgrenzungsmaßnahmen.
Doch bei näherem Hinsehen zeigt sich, dass zum einen alles andere als klar bestimmt wird, wer und ab wann jemand als Feind gilt und damit das Maß seines Ausschlusses erreicht. Zum anderen wird auch nicht annähernd deutlich, auf welche Weise der Ausschluss erfolgt und was als Ausschluss überhaupt anzusehen ist.
Das verdeutlicht der Blick auf jene Kennzeichen, die Jakobs zur Wirklichkeitsbeschreibung eines Feindstrafrechts heranzieht. Der Maßstab für Jakobs ist die schwindende Bereitschaft zur Behandlung des Verbrechers als Person dann, wenn die Erwartung personalen Verhaltens dauerhaft enttäuscht wird. Oder, wie es Jakobs auch formuliert hat:
"Vergrößert der Feind seine Gefährlichkeit, nimmt freilich auch seine rechtliche Entpersonalität zu;[…]" [18]
Diese Textstellen bei Jakobs verweisen auf einen weit ausgreifenden Vorgang der Entpersonalisierung. Dazu zählen beispielsweise die Sicherungsverwahrung und die
Bereiche der so genannten Bekämpfungsgesetzgebung, etwa bei der Wirtschaftskriminalität, beim Terrorismus, bei der organisierten Kriminalität, bei Sexualdelikten und anderen gefährlichen Straftaten, wobei - so Jakobs - jeweils Individuen bekämpft werden sollen, die sich in ihrer Haltung (etwa bei Sexualdelikten) oder in ihrem Erwerbsleben (etwa bei Wirtschaftskriminalität, Rauschgiftkriminalität, sonst organisierter Kriminalität) oder durch eine Einbindung in eine Organisation (beim Terrorismus, bei organisierter Kriminalität, schon bei der Verbrechensverabredung nach § 30 StGB) "vermutlich dauerhaft, zumindest aber entschieden vom Recht abgewandt haben, also die kognitive Mindestgarantie nicht leisten, die für die Behandlung als Person erforderlich ist."[19]
Wenn der Vorgang der Entpersonalisierung als ein Merkmal für das Feindstrafrecht und damit als Kennzeichen der Behandlung des Menschen als Gefahr gilt und dies für die genannten Gesetzgebungs- und Kriminalitätsbereiche auch festzustellen ist, dann haben wir es in Wirklichkeit mit einer umfassenden Ausprägung von Feindstrafrecht zu tun. Diese Ausprägung ist dann nicht nur deswegen umfassend, weil sie weite Bereiche der Gesetzgebung zur Gefahrenbekämpfung und des Kriminalitätsgeschehens von Gefährdungen erfasst, sondern auch, weil sie vor allem in der Faktizität eine lange historische Tradition hat.
Das Feindstrafrecht richtet sich nicht erst seit den genannten Bekämpfungsgesetzen der jüngsten Zeit gegen den Feind der Rechtsordnung, gegen dessen Gefährlichkeit und gegen dessen bösen Willen.
Möglichst früh und mit aller Macht den Feind strafrechtlich zu bekämpfen, war eine Devise in der NS-Zeit. Es erfolgte die Ausdehnung der Strafbarkeit in den Bereich der Vorbereitung hinein. Im Besonderen Teil betraf das vor allem politische Delikte, aber keineswegs nur diese. Im Allgemeinen Teil wurden bei Verbrechen prinzipiell die erfolglose Anstiftung und die erfolglose Beihilfe sowie sonstige Vorbereitungshandlungen für strafbar erklärt. Beseitigt wurde die obligatorische Strafmilderung beim Versuch. Der Versuch konnte genauso hart bestraft werden und wurde oft genauso hart bestraft wie die vollendete Tat.
Doch die Doktrin des Willensstrafrechts ist nicht typisch nationalsozialistisch. Schon weit vor 1933 (und zwar bereits in der Bismarck-Zeit) entschied sich die Rechtsprechung in der Frage, wann ein strafbarer Versuch beginnt, für die sog. subjektive Theorie, für die Auffassung, dass maßgeblich auf den Täterplan und seinen Willen abzustellen sei. Und der durch Franz von List im Ausgang des 19. Jahrhunderts begründetet sog. modernen Schule entstammt die symptomatische Verbrechenslehre, nach der "primär die besondere psychische Beschaffenheit das strafrechtlich Relevante" ist.[20]
Die weite Vorverlagerung der Strafbarkeit bei politischen Delikten hat eine lange Tradition, die nach 1945 nicht abbricht. Beibehalten wird auch die gesetzliche Möglichkeit, den Versuch gleich der vollendeten Tat zu bestrafen. Die strafrechtswissenschaftliche Diskussion der Nachkriegszeit wird in der Bundesrepublik bestimmt durch die sog. finale Verbrechenslehre. Sie rückt den Willen des Täters in den Mittelpunkt der Betrachtungen und an den Beginn der Fallprüfung. Immer größere praktische Bedeutung gewinnen Gefährdungsdelikte, die den Zugriff staatlicher Strafgewalt schon weit vor dem Eintritt einer Verletzung zulassen.
Das Strafrecht der Bundesrepublik gegen den inneren politischen Gegner und politisch Andersdenkende auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges - das jedenfalls in der Strafrechtswissenschaft bislang kaum kritisch reflektiert worden ist (ich kenne nur die Arbeit von Grünwald zu den Staatsgefährdungstatbeständen 1951-1968[21]) - war ein Strafrecht der weiten Vorverlagerung der Strafbarkeit und der Anknüpfung am Täterwillen. In der gestrigen Eröffnungsveranstaltung des Strafverteidigertages fiel mehrfach das Stichwort "Stammheim". Auch die wissenschaftliche Aufarbeitung dieses Feindstrafrechts scheint nach meinem Eindruck noch nicht wirklich erfolgt zu sein, obwohl es einen wichtigen Aspekt der hier behandelten historischen Kontinuitätslinie darstellt.[22]
Eng verknüpft mit der historischen Tradition der Bekämpfung des bösen und gefährlichen Willens des Verbrechers ist die Idee der Zweckmäßigkeit, die die Gesetzgebung seit dem 19. Jahrhundert durchzieht und damit eine Abkehr von dem Kern des liberalen Strafrechts als striktes Trennmittel gegenüber aktueller Politik und Macht zu fungieren und als eigenständiges Rechtsgebiet die Freiheit gegen den Täter und den Staat zu garantieren, bedeutet. Mit der Devise gegen Ende des 19. Jahrhunderts, dass das zweckmäßige Strafrecht das gerechte Strafrecht sei, wird das Strafrecht Machtmittel für Machthaber, gründet sich auf seine faktische Durchsetzung und ist austauschbar gegen andere Machtmittel wie das Zivilrecht, das Polizeirecht oder das Ordnungswidrigkeitenrecht.
Diese Entwicklung mündet in die Maßregeln der Besserung und Sicherung mit ihrer Betonung von Schuldunabhängigkeit und präventiver Effektivität, mit ihrer Einebnungsfunktion von Strafrecht, Polizeirecht, Zivilrecht und Unterbringungsrecht und ihrer Erwartung, von wechselnden politischen Systemen benutzt zu werden.
Dieser historische Verlauf, der in seinen tatsächlichen Ausprägungen hier nur sehr verkürzt wiedergeben werden konnte und zu dem auch das deutsche Kolonialstrafrecht in der Zeit von 1886 bis 1918 gehört, lässt sich interpretieren als eine weit ausgreifende historische Entwicklungslinie von einem liberalen rechtsstaatlichen Strafrecht der Aufklärung zu einem Feindstrafrecht der Moderne.
Je nach politisch-historischen Entwicklungsphasen schlägt das Pendel des Feindstrafrechts besonders stark aus. Das lässt sich nachweisen an der NS-Zeit, aber auch an Teilen der Strafrechtsentwicklung und - praxis in der DDR. Nach einer Phase gewisser Beruhigung in der alten Bundesrepublik, die sich trotz des vorhandenen besonderen Feindstrafrechts gegen den politischen Gegner einstellte, beginnt das Pendel seit einiger Zeit unter den Schlagwörtern oder besser hinter den Fassaden von Globalisierung, Risikogesellschaft, Sicherheitsgesellschaft und Informationsgesellschaft wieder besonders heftig zu schlagen, egal ob diese Pendelschläge beispielsweise Sicherheitsstrafrecht, Interventionsstrafrecht oder Risikostrafrecht genannt werden. In all diesen Strafrechtsformen ist die Entpersonalisierung in der beschriebenen Weise der Bekämpfung des gefährlichen Feindes tendenziell angelegt und tritt mehr oder weniger klar zu Tage. Ein besonderes Kennzeichen dieses gegenwärtigen Pendelschlages in Deutschland ist die Diskussion um die Enttabuisierung des Folterverbots und die Legitimierung der Abwägung der Menschenwürde.
So unterschiedlich die Pendelausschläge auch sind, die Bewegungsrichtung ist immer dieselbe, nämlich Reduzierung und Einschränkung von Freiheit. Wenn das Pendel zum Stillstand gekommen ist, sich dabei aber nicht mehr in seine Ausgangslage zurückbewegen kann, dann ist der Zustand erreicht, den Peter-Alexis Albrecht in seinem Büchlein mit dem Titel "Die vergessene Freiheit" bereits für die heutige Wirklichkeit feststellt.[23]
Schon einmal, auf der Strafrechtslehrertagung in Rostock 1995, wurde über diese Wandlung des liberalen Strafrechts heftig gestritten; damals noch unter der Thematik "Das Strafrecht zwischen Funktionalismus und 'alteuropäischem’ Prinzipiendenken". Auf die Fragestellung, ob sich das "alteuropäische" Strafrecht verabschiedet, wurde keine klare Antwort gefunden. Indes wurde ganz überwiegend ein klares Bekenntnis für ein funktionalistisches modernes Strafrecht abgegeben. So mancher vehemente Befürworter dieses Strafrechts ist ein ebensolcher vehementer Gegner des Feindstrafrechts, ohne zu bedenken, dass es gerade das funktionalistische moderne Strafrechtsverständnis ist, das die Tür zum Feindstrafrecht weit aufgestoßen hat.
Freilich, die Fronten und Lager sind auch hier nicht so eindeutig, wie das auf den ersten Blick erscheinen mag. Die Streitlinien können auch anders verlaufen, wie sich das beispielsweise anlässlich des Ehrenkolloquiums zum 70. Geburtstag des Berliner Strafrechtslehrers Detlef Krauß gezeigt hatte. Darüber will ich - die zweite These damit beschließend - aus meiner persönlichen Erinnerung folgendes berichten.
Die Diskussion drehte sich anhand des Folterverbotes um die Frage, ob und wie es gelingen könnte, unverfügbare Rechtsprinzipien zu erhalten. Wolfgang Naucke thematisierte, dass es dabei nicht nur um das Problem der "Rettung" von § 136a StPO gehe, sondern auch darum, nicht zu übersehen, dass das Folterverbot mit Vorschriften konkurriert, bzw. von solchen ergänzt wird, die folterähnliche Gewalt gegen den Beschuldigten gerade zulassen, namentlich § 81 a StPO (speziell die gewaltsame Entnahme von Blutproben gegen die Einwilligung des Beschuldigten). Diese Problematisierung war nun alles andere als ein Plädoyer für die Abschaffung des Folterverbotes, sondern die Aussage, dass die Forderungen der Aufhebung des Folterverbotes durch bereits vorhandene gesetzliche Konstellationen der Gewaltanwendung gegen Beschuldigte unter Umständen begünstigt werden. Obwohl Naucke in der Diskussion nicht expressiv verbis die Abschaffung der legalisierten folterähnlichen Gewalt gefordert hatte, erhob sich allein schon gegen das Aufzeigen dieses Zusammenhangs Protest, interessanter Weise insbesondere von Seiten Hassemers und von Lüderssen. Die in einiger Erregung vorgetragene Aussage beider lautete auf einen Nenner gebracht:
"Wenn Sie kritisch über § 81 a StPO reden, dann ist § 136 a StPO nicht mehr zu halten."
Dieser Streit ist damit auch ein Streit darüber, in welcher Schärfe man das Kontinuitätsproblem vor dem Hintergrund konkreter aktueller Entwicklungen sehen darf. Um konkret zu bleiben: Im Lichte des in der Diskussion überraschender Weise kaum beachteten absoluten Gebotes des Satzes 2 in Art. 104 Abs. 1 GG, wonach festgehaltene Personen weder seelisch noch körperlich misshandelt werden dürfen und im Lichte des in letzter Konsequenz durch ein obiter dictum das BVerfG legalisierten gewaltsamen Einsatzes von Brechmitteln,[24] ist es geradezu zwingend erforderlich, § 81 a StPO und die darauf beruhende Praxis jedenfalls zu problematisieren. Der Blick auf ausländische Rechtsordnungen zeigt, dass beispielsweise in Frankreich eine richterlich angeordnete Blutentnahme gegen den Willen des Verdächtigten und Beschuldigten grundsätzlich nicht zwangsweise durchgesetzt werden darf.[25] Allerdings ist die Verweigerung der Blutentnahme strafbewehrt.[26]
3. Ausländische Entwicklungslinien des Feindstrafrechts: Die Übereinstimmung zwischen Erscheinungsformen deutschen und ausländischen Feindstrafrechts
Die Debatte um das Feindstrafrecht lässt sich nicht führen, ohne internationale Entwicklungen respektive Entwicklungen im ausländischen Recht zu berücksichtigen. Das Beispiel Kolumbiens mit der Publikation von Alejandro Aponte[27] ist dafür ebenso signifikant wie die Aufsätze in dem Buch von Thomas Uwer und dem Organisationsbüro von David Cole über die Entwicklungen in den USA[28] und von Philipp Thiée über die Frage nach dem Feindstrafrecht im Islam.[29]
Die internationale wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Thema Feindstrafrecht schreitet weiter voran. Ausdruck dafür ist ein sich in Vorbereitung befindender lateinamerikanisch-deutsch-italienisch-spanischer Sammelband mit 80 Beiträgen, der von Manuel Cancio Meliá herausgegeben wird.[30] Von ihm wird weitere Aufklärung darüber erhofft, ob und inwieweit das Feindstrafrecht auch in anderen Ländern einerseits auf dem Hintergrund eines ganz bestimmten rechtsphilosophischen Vorverständnisses diskutiert und andererseits in die mit der These 2 umschriebene weit ausgreifende historische Entwicklungslinie des Wandels des liberalen Strafrechts zu einem Feindstrafrecht eingeordnet wird. Dass eine solche Diskussion andernorts stattfindet, ist nicht selbstverständlich, schon gar nicht sind die Ergebnisse in anderen Ländern "vorprogrammiert". Zu unterschiedlich sind die ausländischen Strafrechtskulturen, und die ihnen zugrunde liegenden Straf- und Menschenrechtsverständnisse, als a priori von der internationalen Übertragbarkeit meiner beiden bisherigen Thesen ausgegangen werden könnte.
Bei der Betrachtung der internationalen bzw. ausländischen Entwicklungslinien kann es deswegen in dem Rahmen meines Vortrages nur darauf ankommen zu fragen, ob auch das ausländische Strafrecht als Feindstrafrecht erscheint und insoweit mit dem modernen deutschen Strafrecht übereinstimmt.
Was die internationale und ausländische Rechtsentwicklung betrifft, so richtet sich der Blick besonders auf die Gesetzgebung beim "Kampf" gegen den Terrorismus und die organisierte Kriminalität. Dazu liegen bislang umfangreiche Untersuchungen des Max-Planck-Instituts für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht Heidelberg sowie der Universität Leuven vor.[31] Am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht Freiburg wurden grundlegende Fragestellungen erarbeitet.[32] In Vorbereitung befindet sich die Veröffentlichung einer größeren rechtsvergleichenden strafrechtlichen Untersuchung von Walter Gropp und Arndt Sinn von der Universität Gießen. Diesbezüglich sind erste Ergebnisse nachzulesen in der Internetzeitschrift für Internationale Strafrechtsdogmatik, Heft 3, dieses Jahres.
Ein vorläufiges Resumée führt zu der Schlussfolgerung, dass die internationale und ausländisches strafrechtliche Bekämpfung des Terrorismus das Feindstrafrecht voll zur Entfaltung bringt. Der vorherrschende Ansatz bei der Terrorismusbekämpfung in den einzelnen Ländern liegt in der Erweiterung des Strafrechts, insbesondere durch Vorfeldkriminalisierungen, im Abbau prozessualer Garantien und der Verlagerung von Regelungsmaterien des Strafprozessrechts in das Polizei- und Ordnungsrecht.
Die Entwicklung in Deutschland bleibt dahinter teilweise sogar zurück, bzw. läuft insoweit verzögerter oder auch glimpflicher ab. Man denke nur an so manche Entscheidung des BGH aus der jüngsten Zeit. Sinn hat allerdings anhand von § 129 a StGB nachgewiesen, dass die vergleichsweise verzögerte Entwicklung in Deutschland sich nicht auf die Vorverlagerung der Strafbarkeit bezieht, die in Deutschland mit am weitesten vorangeschritten ist. Für Spanien wird von Cancio Meliá von der weitestgehenden Einebnung der Unterschiede zwischen Vorbereitung und Versuch berichtet, zwischen Teilnahme und Täterschaft, zwischen politischen Zwecken und Unterstützung terroristischer Vereinigungen berichtet. Durch sukzessive Ausdehnungen - so Cancio Meliá - ist es soweit gekommen, dass ein irgendwie "Dabeisein", "Dazugehören", "Einer-von-denen-sein" ausreicht, auch wenn es nur im Geiste ist.[33]
Merklich ausgeweitet wird in den einzelnen Ländern auch der Terrorismusbegriff. Nicht mehr nur Gewalt gegen Personen wird erfasst, um von Terrorismus sprechen zu können, sondern auch Gewalt gegen öffentliche Infrastruktureinrichtungen und teilweise gegen privates Eigentum. Zunehmend wird auf den Nachweis einer politischen oder ideologische Motivation bei den Tätern verzichtet. Ein Beispiel dafür ist Russland.
Ausgedehnt werden die strafrechtlich relevanten Begehungsweisen. Finanzielle Unterstützung wird als Beihilfe zum Terrorismus gewertet. Die Einschränkung wichtiger Grundrechte durch eine Reihe von polizeirechtlichen
Einzelmaßnahmen in der nationalen Gesetzgebung nach dem 11. September 2001 (Abhöranordnungen und Weiterleitung von Daten) mit präjudizierenden Auswirkungen auf das Strafrecht und Strafprozeßrecht hat eine neue Qualität erfahren.
Unter Berufung auf Aufklärungs- und Nachweisschwierigkeiten findet ein dramatischer Abbau von prozessualen Rechten statt. Spezielle Eingriffs- und Überwachungsmaßnahmen (insbes. elektronischer Art) werden entwickelt, die sich in der Zukunft zu neuen globalen Systemen der Überwachung von "verdächtigen" oder "gefährlichen" Straftätern entwickeln können. Der Aufbau eines Terrorismus-Informations- und Präventionssystems in den USA, das "Millionen von amerikanischen Transport- und Postarbeitern und Angestellten öffentlicher Versorgungsbetriebe in die Lage versetzen wird, verdächtige Aktivitäten im Zusammenhang mit Terrorismus und Kriminalität zu erkennen und zu melden", weist in diese Richtung.[34]
Der Abbau prozessualer Garantien und "schützender Formen" des Strafrechts betrifft in vielen ausländischen Rechtsordnungen aber auch die Schaffung von neuen Möglichkeiten zum verlängerten Festhalten von verdächtigen Personen durch die Polizei. Genannt sei nur die Vorbeugehaft verdächtiger Ausländer bzw. die Vorbeugehaft von so genannten unentbehrlichen Zeugen in den USA, oder die Internierung von terrorismusverdächtigen ausländischen Personen in besonderen Haftanstalten in England, ohne dass sie vor ein dortiges Gericht gestellt werden.
Der Organisationsgrad von Straftätergruppen und deren längerfristig angelegte Deliktsbegehung relativieren vor allem auch die für das Strafrecht zentrale Unterscheidung von Repression und Prävention, die es allerdings nicht allen Rechtsordnungen gibt.
Ulrich Sieber hat darauf hingewiesen, dass dies die Umgehung von strafprozessualen schützenden Formen durch Verlagerung von Maßnahmen in das Verwaltungsrecht, das Polizeirecht oder das Recht der Nachrichtendiensteunterstützt.[35] Letzteres führt bei der Terrorismusbekämpfung in einzelnen Rechtsordnungen zu der erwähnten Auflösung der rechtlichen und politischen Differenzierung zwischen innerer und äußerer Sicherheit, Kriegshandlung und Verbrechen, Prävention und Repression, Polizei und Militär, Geheimdiensten und Polizei sowie Krieg und Frieden. Bestimmte derartige Auflösungen - die auch in Gesetzesform gegossen sind - sind allerdings nicht neu. In manchen Ländern, wie in Frankreich und Italien, werden sie je nach Bedrohungslagen in Kraft gesetzt und existieren bereits seit vielen Jahren, als sie im Zusammenhang mit dem eher innerstaatlichen Kampf gegen den Terrorismus, in Italien auch und besonders gegen die Mafia, entstanden.
Zu beobachten ist in einigen Ländern die Entwicklung einer besonderen Anti-Terror-Gerichtsbarkeit, bis hin zur Einrichtung von besonderen Militärtribunalen unter Verweigerung prozessualer Minimalrechte. Der Sprung in den rechtsfreien Raum, wie etwa Guantanamo, ist in dieser Logik dann nur folgerichtig.
Die durch einen Rechtsvergleich zu findenden grundsätzlichen Veränderungen des Strafrechts und Strafprozessrechts betreffen aber in den jeweiligen Ländern nicht etwa allein die Bekämpfung des Terrorismus. Grundlegende Veränderungen im strafrechtlichen Koordinatensystem zeigen sich auch bei der Diskussion um Beweiserleichterungen sowie in Mitwirkungspflichten Privater zum Zwecke der Strafverfolgung (z.B. bei der Geldwäschebekämpfung). Einzelne Rechtsordnungen schaffen spezielle Verfolgungs- und Gerichtszuständigkeiten nicht nur für Terrorismus, sondern auch für Wirtschaftskriminalität, organisierte Kriminalität und Terrorismus.[36] Besondere Ermittlungsmaßnahmen werden teilweise auch für allgemeine Delikte angewandt und fast schrankenlos ausgeweitet, wie etwa der Große Lauschangriff in Italien, der sich auch gegen anwesende Personen in Privatwohnungen richten kann, selbst wenn kein Grund vorliegt, dass dort eine verbrecherische Aktion stattfindet.
Die Reaktion ausländischer Gesetzgebung und ausländischer Rechtsprechung auf komplexe Täterstrukturen besteht in der Schaffung von Organisationsdelikten, Verschwörungstatbeständen, erweiterten Zurechnungsfiguren sowie anderen Vorverlagerungen und Zurechnungsformen des Strafrechts, für die der Terrorismus nur ein Anwendungsfall ist.[37]
Die Zusammenfassung meiner dritten These lautet mithin, dass in den ausländischen Rechtsordnungen ebenso wie in Deutschland das moderne Strafrecht durch ein Feindstrafrecht eine nicht unmaßgebliche Prägung erhält. Für die ausländischen Rechtsordnungen liegen noch nicht genügend Erkenntnisse vor, mit denen Erklärungen für diese feindstrafrechtlichen Entwicklungen gegeben werden können. Aufgrund dessen kann auch über eventuelle Gegenmodelle noch nicht auf einer ausreichend gesicherten Basis diskutiert werden.
Für Deutschland stellt sich die Situation anders dar. Nach einer weit verbreiteten Auffassung erweisen sich die im Grundgesetz statuierten Grund- und Menschenrechte in ihrer Tradition klassischer humanistischer Errungenschaften der Aufklärung als Schranke für das Strafrecht. Weiter gedacht, sind sie die durch Verfassung positivierte Schranke für das Feindstrafrecht. Und noch weiter: Das Bundesverfassungsgericht hat nicht nur die Aufgabe,
dass die Schranke geschlossen bleibt und das Feindstrafrecht keine Durchfahrt bekommt, sondern auch die Funktion, das Feindstrafrecht zu begrenzen, das heißt zu verhindern, dass es überhaupt bis zur Schranke gelangen kann.
Das ist freilich schön gesagt. Das schöne Bild werden sich all jene nicht zerstören lassen wollen, die in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Luftsicherheitsgesetz[38] eine Bestätigung dafür erblicken. Man könnte in der Tat geneigt sein, angesichts dieses Urteils - insbesondere wegen der klaren Aussagen des BVerfG zur Menschenwürde - von einem Sieg des Rechtsstaates über das Feindstrafrecht zu sprechen. Die Entscheidung des BVerfG zum Luftsicherheitsgesetz will ich deshalb mit der vierten These ein wenig näher beleuchten.
4. Verfassungsrecht: Das Grundgesetz und das Bundesverfassungsgericht als (durchlässige) Begrenzungen des Feindstrafrechts
Das Grundgesetz lässt - worauf ich in meinem Vortrag auf dem Strafverteidigertag vor zwei Jahren ausführlich eingegangen bin[39] - unterschiedliche strafrechtliche Interpretationslinien zu, die sich das BVerfG in je unterschiedlicher Weise und teilweise ergebnisorientiert zu eigen macht: zum einen die Linie der Strafrechtsbegrenzung, zum anderen die Linie der Legitimierung von Strafbarkeitsausdehnung. Allerdings sind keine klaren Kriterien sichtbar, die die eine oder andere Linie zu begründen vermögen. Zurückzuführen ist das u.a. darauf, dass sich schon nicht eindeutig sagen lässt, ob das Grundgesetz in toto auf dem Boden eines klassischen liberalen Rechtsstaates steht. Mehrere Interpretationen werden gegeben. Mit der Verwendung des Begriffs Rechtsstaates im verfassungsrechtlichen Kontext waren und sind höchst unterschiedliche Vorstellungen verbunden. Man lese hierzu nur die Arbeit von Böckenförde über Entstehung und Wandel des Rechtsstaatsbegriffs.[40]
Die verfassungsrechtlichen Schranken sind durchlässig. Diese Einschätzung trifft auch auf das Feindstrafrecht zu, obwohl der Bekämpfungsgesetzgebung und ihrer mitunter bedingungslos erfolgenden Umsetzung deutliche Grenzen aufgezeigt werden. Jüngstes Beispiel dafür ist der Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts. Die Aufhebung des den Terrorverdächtigen El Motassadeq betreffenden Haftverschonungsbeschlusses durch die Instanzgerichte wurde wegen Verletzung seines Freiheitsgrundrechts für verfassungswidrig erklärt.
Auch mit seiner Entscheidung zu § 14 Abs. 3 Luftsicherheitsgesetz hat der 1. Senat des BVerfG dem Feindstrafrecht, in Wirklichkeit aber dem Feindrecht, jedenfalls auf den ersten Blick eine deutliche Abfuhr erteilt. Bei näherem Hinsehen zeigt sich jedoch auch an dieser Entscheidung in letzter Konsequenz die "feindstrafrechtliche Durchlässigkeit". Bevor ich darauf näher eingehe, sei folgendes in Erinnerung gerufen:
Das Polizeiliche wird - so auch Jakobs - nicht aus dem Feindstrafrecht ausgeklammert. Diese Verklammerung führte Jakobs auf der Strafrechtslehrertagung im Mai 2005 - und jetzt in der ZStW nachzulesen - zu der Beschäftigung mit § 14 Abs. 3 des Luftsicherheitsgesetzes, wonach ein Luftfahrzeug abgeschossen werden darf, "das gegen das Leben von Menschen eingesetzt werden soll".[41] In Wirklichkeit, dass sei nur am Rande angefügt, ist es aber in diesem Kontext weniger das Polizeiliche, sondern das Militärische, das die Verklammerung mit dem Feindstrafrecht ausmacht.
Die Sprengkraft dieser Vorschrift resultiert nach Jakobs aus dem Umstand, dass sie nur dann einen sinnvollen Regelungsgegenstand aufweist, wenn - wie bisher einzig beim Widerstandsrecht nach Art. 20 Abs. 4 GG - (in der Sprache des Militärs so genannte) Kollateralschäden in den Kauf genommen werden dürfen, konkreter der Tod von Passagieren, die für den Konflikt nicht einmal ansatzweise verantwortlich gemacht werden können. Damit - so Jakobs weiter - "werden diese bürgerlichen Opfer entpersonalisiert; denn ihr Lebensrecht wird ihnen zugunsten anderer genommen." [42]
Die Erst-Recht-Schlussfolgerung, die Jakobs daraus zieht, ist die folgende:
"Wenn … der Staat im extremen Notfall sogar gegenüber seinen dafür nicht verantwortlichen Bürgern kein Tabu kennt …, sondern das Erforderliche vollzieht, kann er sich bei Maßnahmen zur Vermeidung des extremen Notfalls, die sich gegen Terroristen, also gegen Urheber des Notfalls richten, erst recht kein Tabu auferlegen, zumindest nicht innerhalb des Rahmens des Erforderlichen - das ist die systemsprengende Kraft der Vorschrift."[43]
Was sagt das Urteil des BVerfG dazu?
§ 14 Abs. 3 des Luftsicherheitsgesetzes sei unabhängig davon, dass es bereits an einer Gesetzgebungsbefugnis des Bundes für eine solche Regelung ermangelt, mit dem Grundrecht auf Leben und mit der Menschenwürdegarantie des Grundgesetzes nicht vereinbar, soweit von dem Einsatz der Waffengewalt tatunbeteiligte Menschen an Bord des Luftfahrzeuges betroffen werden. Diese würden dadurch, dass der Staat ihre Tötung als Mittel zur Rettung anderer benutzt, als bloße Objekte behandelt; ihnen
werde dadurch der Wert abgesprochen, der dem Menschen um seiner selbst willen zukommt.
Dass es sich bei der der Vorschrift des § 14 Abs. 3 Luftsicherheitsgesetz zugrunde liegenden Konstellation um einen extremen Notfall handelt, wird vom BVerfG verneint. Im Anwendungbereich der relevanten Vorschrift gehe es nicht um die Abwehr von Angriffen, die auf die Beseitigung des Gemeinwesens und die Vernichtung der staatlichen Rechts- und Freiheitsordnung gerichtet sind. Mit anderen Worten handelt es sich bei dem Regelungsfall des § 14 Abs. 3 Luftsicherheitsgesetz nicht um jene Konstellation, die vom Einzelnen im Interesse des Staatsganzen verlangen könnte, sein Leben aufzuopfern, wenn es nur auf diese Weise möglich ist, das rechtlich verfasste Gemeinwesen vor Angriffen zu bewahren, die auf dessen Zusammenbruch und Zerstörung abzielen. Das BVerfG lässt es letzten Endes allerdings offen, ob in einer solchen Situation - wenn sie dann vorliegt - eine Einstandspflicht des unschuldigen Bürgers besteht.
In der Literatur hingegen wird die Einstandspflicht des unschuldigen Bürgers durchaus bejaht, so von Michael Pawlik.[44] Dabei bezieht sich Pawlik aber nur auf die Abwehr einer existentiellen Bedrohung der Rechtsgemeinschaft, die ein solches Gefährlichkeitspotential in sich bergen muss, das in etwa einem Verteidigungsfall im Sinne von Art. 115a Abs. 1 GG oder eines bewaffneten Angriffs im Sinne von Art. 51 UN-Charta entspricht und real vorliegen müsse.[45] Bei Jakobs wird es indessen nicht hinreichend deutlich, was er unter dem extremen Notfall versteht. Denn Jakobs scheint Reinhard Merkel beizupflichten, dessen Position von Pawlik aber gerade abgelehnt wird. Merkel hat als Anwendungsfall zwar ebenfalls einen extremen Notfall vor Augen, aber ein solcher liegt nach seiner Auffassung bei jedwedem terroristischem Anschlag vor, wie ihn der 11. September 2001 darstellte. Diese Anschläge zielten auf das Herz des Staates und bedeuteten immer eine Bedrohung der Rechtsgemeinschaft als Ganzes. In einem solchen Fall sei es legitim, den unschuldigen Bürger aus den Grundrechten zu exkludieren.[46] Anders als bei Pawlik wird damit bei Merkel nicht nur der Terrorist, sondern auch der unschuldige Bürger zum Feind erklärt und als Feind behandelt.
Das BVerfG will genau diese Konsequenz vermeiden. Es ist jedoch fraglich, ob damit auch der Erst-Recht-Schluss von Jakobs widerlegt worden ist, der bekanntlich darin besteht, zu sagen: Wenn der Staat schon mit unschuldigen Bürgern wie mit Feinden verfährt, dann sind erst recht die Feinde zu exkludieren.
Das BVerfG hält die Abschussermächtigung nicht zugleich auch dann für verfassungswidrig, wenn davon allein die Täter betroffen sind. Dies ist im Ergebnis einleuchtend, jedoch irritiert die Begründung. Das BVerfG ist darauf bedacht, die Menschenwürde auch den zu tötenden Terroristen nicht zu versagen:
"Wer, wie diejenigen, die ein Luftfahrzeug als Waffe zur Vernichtung menschlichen Lebens missbrauchen wollen, Rechtsgüter anderer rechtswidrig angreift, wird nicht als bloßes Objekt staatlichen Handelns in seiner Subjektqualität grundsätzlich in Frage gestellt,[…[ wenn der Staat sich gegen den rechtswidrigen Angriff zur Wehr setzt und ihn zur Erfüllung seiner Schutzpflichten gegenüber denen, deren Leben ausgelöscht werden soll, abzuwehren versucht. Es entspricht im Gegenteil gerade der Subjektstellung des Angreifers, wenn ihm die Folgen seines selbstbestimmten Verhaltens persönlich zugerechnet werden und er für das von ihm in Gang gesetzte Geschehen in Verantwortung genommen wird. Er wird daher in seinem Recht auf Achtung der auch ihm eigenen menschlichen Würde nicht beeinträchtigt."[47]
In dieser Formulierung ist eine merkwürdige Vermischung von bestimmten vergeltungsorientierten Straftheorien auf der einen Seite mit der Legitimierung und Begründung für präventives staatliches Handeln jenseits des Strafrechts auf der anderen Seite erkennbar. Dies provoziert zu der Frage, was dem Staat im Präventionsbereich jenseits des Strafrechts unter Berufung auf die Wahrung der Menschenwürde nicht etwa alles verboten, sondern gerade erlaubt ist und was dafür - wenn nicht die Menschenwürde - die Schranke ist.
Erinnert sei an die Kant-Interpretation, wonach sich der Verbrecher mit seiner Tat zwar selbst aus der Gesellschaft ausgeschlossen hat, die Gesellschaft, der Staat diesen Ausschluss wegen der Einhaltung des Freiheitsgesetzes der Vernunft nicht anerkennen darf. Das mag im Präventionsbereich bei klaren staatlichen Notstandssituationen anders zu beurteilen sein. Aber dann muss dieses Problem benannt und es müssen Kriterien dafür entwickelt werden. Vielleicht ist auch dies ein Anwendungsfall für das, was Hassemer in seinem Eröffnungsvortrag zum Strafverteidigertag als "sicherheitsorientiertes rechtsstaatliches Strafrecht" bezeichnet hatte.[48]
Andernfalls ist nicht auszuschließen, dass sich aus der Erlaubnis zu schwerwiegenden Zwangs- und Gewalthandlungen durch den Staat, die im Namen der Menschenwürde begangen werden, im Umkehrschluss gerade die Legitimierung der Abwägung der Menschenwürde entwickeln lässt; genau so wie dies vor dem Hintergrund der Folterdiskussion vertreten wird.[49] Kritisiert wird dabei, dass die "Unantastbarkeitsgarantie" zur Suche nach einem festen Begriffsinhalt im Sinne unverrückbarer Konturen des Würdeanspruchs führe. Die Absolutheit
des Würdeschutzes komme der menschlichen Sehnsucht nach einfachen Gewissheiten entgegen, die den Urteilenden von der Last komplexer Abwägung möglichst befreiten. Bezeichnet wird dies als das Streben nach größtmöglicher Simplifikation.
Das Streben nach größtmöglicher Simplifikation erweist sich in Wirklichkeit jedoch als juristischer Widerstand gegen den Anfang vom bitteren Ende des Rechtsstaates.
Damit bin ich bei meiner fünften und letzten These angelangt.
5. Juristischer Widerstand gegen das Feindstrafrecht
Die Forderung nach Widerstand gegen das Feindstrafrecht soll formuliert werden vor dem Hintergrund der Erkenntnis, dass es keinen Ausgleich zwischen dem freiheitlichen rechtsstaatlichen Geist und dem Bekämpfungsstrafrecht gibt, zu unversöhnlich stehen sich beide Richtungen gegenüber.
Die Lösung liegt auch nicht darin, das Feinstrafrecht aus dem Bürgerstrafrecht auszuklammern, um damit das gute Bürgerstrafrecht erhalten zu können. Wie gesehen, sind Strafrecht und Gefahrenabwehr so miteinander verzahnt, dass das eine von dem anderen gar nicht getrennt werden kann. Peter-Alexis Albrecht nennt dies "nach-präventives Strafrecht", das kein Recht mehr sei.[50]
Doch selbst wenn die Entkopplung gelingen sollte, wird dadurch das außerhalb des Strafrechts ohnehin schon existierende Feindrecht in einer Weise weiter aufgeladen, dass es sich an einem bestimmten Punkte unweigerlich gegen das übrig gebliebene Strafrecht selbst richten würde. Man kann dies deutlich an den neueren Entwicklungen im Polizeirecht sehen, die im Januar-Heft der Kriminalistik im Zusammenhang mit der Diskussion über den mehrmonatigen Sicherheitsgewahrsam als Wandel des Polizeirechts von einer Quelle rechtsstaatlicher Gefahrenabwehr hin zu einem "Recht der Risikosteuerung" im Rahmen eines präventiven Schutzes neuer Art bezeichnet wird.[51]
Wenn man dann noch die politischen Konzepte für die präventiven Bekämpfungsstrategien bedenkt, besteht in der Tat wenig Veranlassung zu der Hoffnung, dass wenigstens die noch verbliebenen unverfügbaren Grenzen staatlicher Eingriffe auf Dauer erhalten bleiben.
Die hinter den Bekämpfungsstrategien stehenden politischen Konzepte hat Hans-Jörg Albrecht wie folgt umschrieben:
Die neue Gesetzgebung greife insgesamt in einer Weise in die Gesellschaft ein, "die deren Freiräume und damit die Substanz der Zivilgesellschaft als potentielle Gefahr versteht und unter einen allgemeinen Verdacht stellt. Immigration und Asyl, religiöse Vereinigungen und politische Bewegungen, ethnische Minderheiten, ausländische Staatsangehörige und transnationale Gemeinschaften, sicherheitsrelevante Arbeitsplätze und Tätigkeitsfelder sowie schließlich ganze Religionen oder Länder werden zu Anknüpfungspunkten für Überwachung und gegebenenfalls für sozialen und wirtschaftlichen Ausschluss."[52]
Wohl nicht zuletzt die rechtliche und politischen Gesamtentwicklung bedenkend, sah sich Hassemer - allerdings nicht so sehr im gestrigen Eröffnungsvortrag, sondern statt dessen zu den Petersberger Justiztagen im Mai vergangenen Jahres - zu der Feststellung veranlasst, dass es heute außerordentlich schwer sei, unverfügbare Rechtsprinzipien zu begründen, obwohl sie begründet und beachtet werden müssten. Doch sei nicht sicher, ob das heute noch gelingen kann.[53] Die rechtspolitische Antwort, die Hassemer gestern gab, bestand in der Aufforderung zum Nachdenken über ein "rechtsstaatliches Sicherheitsstrafrecht".[54] Eine solche Antwort ist nahe an den realen politischen Verhältnissen gedacht. Ob sich damit der dramatische Wandel des Strafrechts verhindern oder wenigstens weiter verzögern lässt, ist gerade angesichts der aufgezeigten historischen Entwicklungslinien des Feindstrafrechts respektive Bekämpfungsstrafrecht, die Hassemer deutlich kürzer sieht, völlig offen. Die Skepsis überwiegt.
Freilich liegen auch zahlreiche rechtsphilosophische und rechtstheoretische Entwürfe aus der jüngsten Zeit vor, die sich gegen die umschriebene Entwicklungen richten. Sofern diese Entwürfe auf einem klassischen rechtsstaatlichen Strafrecht beharren, und eine Strafrechtsbegrenzung fordern, sehen sie sich - wie schon gezeigt wurde - der Kritik ausgesetzt, die veränderte Wirklichkeit nicht zu berücksichtigen und sich deswegen in allzu einfachen Gewissheiten, ja in absoluten Wahrheiten, zu befinden.
Sich dieser Kritik stellend, könnte ein Ansatz darin bestehen, nach der Realität gegenwärtiger Strafrechtsbegrenzungen in der Praxis zu fragen. Denn es ist gerade die Wirklichkeit der Strafrechtsbegrenzung, die besonders den Alltag von Strafverteidigerinnen und Strafverteidigern in all ihren Betätigungsfeldern, die es im Einzelnen einmal empirisch zu untersuchen gilt, prägt. Verteidigung ist Strafrechtsbegrenzung, und zwar unabhängig von ihrem Erfolg im Einzelfall. Strafrechtsbegrenzung durch Verteidigung ist Eintreten für die Freiheit. Strafverteidigung befindet sich im Widerstand gegen das Feindstrafrecht. Diese These ließe sich an vielen Beispielen belegen. Das nächste Buch über das Feindstrafrecht könnte derartige Beispiele aufarbeiten. Allein die Zeitschriften "Strafverteidiger" und "StraFo" sind monatlich
gefüllt mit Fällen der Rechtsprechung, und Handbücher für die Strafverteidiger gibt es in ausreichender Anzahl.
Doch ein komprimiertes Kompendium, mit dem zusammenhängend gezeigt werden kann, dass die Strafverteidigung mit ihrem Widerstand gegen Feindstrafrecht sich konkret für das liberale Strafrecht einsetzt, liegt noch nicht vor. Das wäre dann zugleich ein "Handbuch" des anwaltlichen Widerstandes gegen Feindstrafrecht. Ein solches Kompendium könnte geordnet nach Tätigkeitsfeldern der Strafverteidigung exemplarische Fälle aufnehmen und beträfe dann nicht nur die momentan noch spektakulären Verfahren in Terrorismusfällen, wie sie beispielsweise von Michael Rosenthal, Gerhard Strate oder Gül Pinar bis zum Bundesverfassungsgericht bei Überwindung vieler Hindernisse getragen werden. Dabei könnte ein Schwerpunkt der Darstellung auf dem Ablauf der strafrechtsbegrenzenden Tätigkeit des Strafverteidigers liegen. Mir kam dieser Gedanke, als wir im Vorstand des Republikanischen Anwältinnen- und Anwältevereins über das Verfahren Darkanzanli, das bekanntlich zu der Entscheidung des BVerfG über den Europäischen Haftbefehl führte, informiert wurden. Die Geschichte der Strafverteidigung in diesem Verfahren - belegt durch die immer und immer wieder unternommenen Schritte der Verteidigung gegen die Auslieferung von Darkanzanli - ist eine Geschichte des Widerstandes gegen Feindstrafrecht und Feindrecht. Denn was Letzteres, das Feindrecht betrifft, war Darkanzanli zugleich ein von der "EU-Terrorliste" Betroffener.
Aber wie gesagt, das ist nur ein besonders anschauliches Beispiel mit einer besonderen internationalrechtlichen Verzahnung, um die freilich noch weiter zu präzisierende Anregung für ein Projekt über "Strafrechtsbegrenzung und Strafverteidigung" zu verdeutlichen. Dazu würde auch gehören, exemplarische Fälle bis zu ihrem Ende zu verfolgen, was auch die Rechtsfolgen, inklusive Strafvollstreckung und Strafaussetzung betrifft.
Aber auch das internationale Strafrecht wäre dabei in den Blick zu nehmen. Rechtshilfe- und Auslieferungsverfahren, Ausländerrecht, Verteidigung vor den internationalen Gerichten, und selbst das Eintreten gegen Straflosigkeit sind dafür Stichpunkte.
Was das Eintreten gegen Straflosigkeit betrifft, so ist das kein Widerspruch zur Strafrechtsbegrenzung. Denn soweit sich das Eintreten gegen Straflosigkeit auf Menschenrechts- und Völkerrechtsverbrechen bezieht, die im Namen oder im Auftrage des Staates begangen worden sind, richtet sich die Inanspruchnahme des Rechts gegen die verbrecherische Politik des Staates. Beispiele für anwaltliches Handeln in diesem Kontext sind die Strafanzeige u.a. beim Generalbundesanwalt gegen Rumsfeld u.a. wegen der Folterungen in Abu Ghraib. Beispiele dafür sind aber auch die Vertretung von deutschen Angehörigen von Opfern der früheren Militärdiktatur in Argentinien.
Doch das praktische Forschungsfeld der Strafrechtsbegrenzung kann noch weiter gezogen werden, indem die Untersuchungsfrage auch auf die Praxis der Justizorgane übertragen wird. Es würde sich erweisen, ob und inwieweit die Justizorgane die Strafrechtsdogmatik als Widerstandsmittel gegen das Feindstrafrecht anwenden.
Und indem Strafrechtswissenschaft und Kriminologie sich an einem solchen Vorhaben beteiligen, möglicherweise auch durch Befragungen der Rechtsakteure, könnten sie damit in einem ganz konkreten Projekt, die bislang eher belächelte Forderung, dass sie Strafrechtsbegrenzungwissenschaft sein sollen, umsetzen. Am Ende eines solchen Projekts bestünde dann die Aufgabe zur Rechtsvergleichung, aber auch zur zusammen hängende Betrachtung der Entwicklungen im Völkerstrafrecht unter dem Gesichtspunkt von Strafrechtsbegrenzung. Ist die Errichtung des Internationalen Strafgerichtshofes auf der Grundlage des Rom-Statuts nicht ein gutes Beispiel dafür, dass der Feind selbst bei schlimmsten Verbrechen gerade nicht entpersonalisiert wird? Auch dies sieht Jakobs übrigens anders, indem er die Auffassung vertritt, dass die Bestrafung von Menschenrechtsverletzern, sofern diese einer "gemeinschaftlich-gesetzlichen" Weltverfassung diene, zwar legitim sei, doch handele es sich dabei nicht um Strafe gegen schuldige Personen, "sondern gegen gefährliche Feinde, und deshalb sollte man die Sache auch so nennen: Feindstrafrecht."[55]
Ich meine abschließend, dass die Hoffnung nicht ganz unberechtigt ist, durch das Aufzeigen des vorhandenen juristischen Widerstandes gegen das Feindstrafrecht Anhaltspunkte für die Begründung heute zu finden, warum die unverfügbaren Rechtsprinzipien aufrechtzuerhalten sind und warum deshalb der Widerstand verstärkt werden muss. Vielleicht zeigt sich auf diese ganz praktische Weise, dass es eine starke Strömung gegenwärtigen strafrechtlichen Denkens gibt, die in einem "radikalen" Überpositivismus, in einem freiheitlichen liberalen Strafrecht nach wie vor tief verwurzelt ist. Davon wiederum würden zwei Seiten profitieren: sowohl ein kritischer rechtsphilosophischer Entwurf, als auch der Entwurf eines "rechtsstaatlichen Sicherheitsstrafrechts". Freilich, eine Garantie, dass das Feindstrafrecht am Ende nicht triumphiert, ist das nicht. Aber die Idee des Feindstrafrechts ist mehr denn je diskreditiert.
***
* Bei der nachfolgenden Veröffentlichung handelt es sich um das weitgehend unveränderte und unbearbeitete Manuskript des Vortrages, den ich auf dem diesjährigen Strafverteidigertag in der Arbeitsgruppe 2: '"Feindstrafrecht" - Ein Gespenst geht um im Rechtsstaat’ gehalten habe.
[1] Vgl. dazu mit zahlreichen Literaturnachweisen J. Arnold, Zum Geleit: Ende der Gespensterjagd und Beginn der wissenschaftlichen Debatte, in: Th. Uwer/Organisationsbüro (Hrsg.), Bitte bewahren Sie Ruhe. Leben im Feindrechtsstaat, Schriftenreihe der Strafverteidigervereinigungen, Berlin 2006, S. 13-25.
[2] FAZ vom 21.5.2005, S. 4.
[3] W. Hassemer,Sicherheit durch Strafrecht, HRRS Heft 4/2006, S. 130-143 (137).
[4] G. Jakobs, Staatliche Strafe: Bedeutung und Zweck, Schöningh, Paderborn u.a. 2004, S. 42.
[5] Vgl. zum Ganzen W. Schild, Anmerkungen zur Straf- und Verbrechensphilosophie Immanuel Kants, in: M. Heinze/J. Schmitt (Hrsg.), Festschrift für Wolfgang Gitter, Chmielorz, Wiesbaden 1995, S. 831-846; vgl. auch R. Zaczyk, Staat und Strafe - Bemerkungen zum sogenannten "Inselbeispiel" in Kants Metaphysik der Sitten, in: G. Landwehr (Hrsg.) Freiheit, Gleichheit, Selbständigkeit. Zur Aktualität der Rechtsphilosophie Kants für die Gerechtigkeit in der modernen Gesellschaft, Vandenhoeck&Ruprecht, Göttingen 1999, S. 73-87.
[6] R. Zaczyk, Das Strafrecht in der Rechtslehre Fichtes, Duncker & Humblot Berlin 1981, S. 108.
[7] Vgl. M. Heger, Diskussionsbeiträge der Strafrechtslehrertagung 2005 in Frankfurt/Oder, ZStW 117 (2005), S. 865-888 (882, 885 f.).
[8] Zit. nach W. Naucke, Kants Kritik der empirischen Rechtslehre, Franz Steiner, Stuttgart 1996, S. 6.
[9] Vgl. zum Ganzen W. Naucke, Kants Kritik der empirischen Rechtslehre, a.a.O. (o. Fußn. 8).
[10] Zitiert nach W. Naucke, Die Folgen der reinen Rechtslehre für das Verhältnis von Recht und Politik, in: J.C. Joerden/R. Wittmann (Hrsg.), Recht und Politik, ARSP-Beiheft 93, Franz Steiner, Stuttgart 2004, S. 41.
[11] Zitiert nach W. Naucke, Rechtsphilosophische Grundbegriffe, 3. neubearb. Auflage, Luchterhand, Neuwied u.a. 1996, S. 91.
[12] Ebenda, S. 90.
[13] W. Schild, a.a.O. (o. Fußn. 5), S. 841 ff.
[14] I. Kant, Zum ewigen Frieden, in: W. Weischedel (Hrsg.), Immanuel Kant, Werke in zehn Bänden, Bd. 9, Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt, 1968, S. 203.
[15] G. Jakobs, Bürgerstrafrecht und Feindstrafrecht, HRRS 3/2004, S. 90, dortige Fußn. 19.
[16] Vgl. K. Marxen, Das Problem der Kontinuität in der neueren deutschen Strafrechtsgeschichte, KritV 1990, S. 287-298; ders., Der Kampf gegen das liberale Strafrecht, Duncker & Humblot, Berlin 1975, insbes. S. 263 ff.; W. Naucke, Die Aushöhlung der strafrechtlichen Gesetzlichkeit durch den relativistischen politisch aufgeladenen strafrechtlichen Positivismus, in: W. Naucke, Gesetzlichkeit und Kriminalpolitik. Abhandlungen zum Strafrecht und zum Strafprozeßrecht, Vittorio Klostermann, Frankfurt am Main 1999, S. 256-273; ders., Über die Zerbrechlichkeit rechtsstaatlichen Strafrechts. Materialien zur neueren Strafrechtsgeschichte, Nomos, Baden-Baden 2000.
[17] J. Vogel, Einflüsse des Nationalsozialismus auf das Strafrecht, Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2004.
[18] G. Jakobs, Staatliche Strafe: Bedeutung und Zweck, a.a.O. (o. Fußn.4), S. 44.
[19] G. Jakobs, a.a.O. (o. Fußn. 15), S. 92.
[20] K. Marxen, Problem der Kontinuität, a.a.O. (o. Fußn. 16), S. 293.
[21] G. Grünwald, Die Staatsgefährdungstatbestände 1951-1968, in: G. Arzt/G. Fezer/U. Weber/E. Schlüchter/D. Rössner (Hrsg.), Festschrift für Jürgen Baumann, Gieseking, Bielefeld 1992, S. 103-118.
[22] Im Hinblick auf die vom 30.9. bis 2.10.2006 an der Deutschen Richterakademie Wustrau stattfindende Tagung des Forums Justizgeschichte zu dem Thema "Die RAF und die Justiz. Nachwirkungen des Deutschen Herbstes" sind diesbezüglich wichtige Erkenntnisse zu erwarten.
[23] P.-A. Albrecht, Die vergessene Freiheit, Berliner Wissenschaftsverlag, Berlin 2003.
[24] BVerfG StV 2000, 1 m. Anm. Naucke. Siehe nun aber auch die Große Kammer des EGMR im Fall Jalloh vs. Deutschland, HRRS 2006 Nr. 562 m. Bespr. Gaede in HRRS 2006, 241 ff.
[25] Das ergibt sich aus Art. 55-1 CPP (Code de procédure pénale) und Art. 706-47-2 CPP.
[26] Art. 55-1 Abs. 3 CPP. Die Hinweise auf die französische Rechtslage verdanke ich Frau Dr. Juliette Lelieur-Fischer
[27] A. Aponte, Krieg und Feindstrafrecht, Nomos, Baden-Baden 2004.
[28] D. Cole, Deren Freiheit, unsere Sicherheit, in: Th. Uwer/Organisationsbüro (Hg.), a.a.0. (o. Fußn. 1), S. 165-193.
[29] P. Thiée, Feindstrafrecht im Islam?, in: Th. Uwer/Organisationsbüro (Hg.), a.a.O. (o. Fußn.1), S. 195-224.
[30] Vgl. im Vorgriff darauf M. Cancio Meliá, Feind"strafrecht"?, ZStW 117 (2005), S. 267-289.
[31] Chr. Walter u.a. (Hrsg.) Terrorism as a Challenge for National and International Law: Security versus Liberty?, Springer, Berlin u.a. 2004; C. Fijnaut/J. Wouters/F. Naert (eds.), Legal Instruments in the Fight against International Terrorism, Martinus Nijhoff Publishers, Leiden, Bosten 2004.
[32] Vgl. dazu H.-J. Albrecht/U. Sieber, herausgegeben für das Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht, Forschungsbericht 2004-2005, Freiburg 2006, S. 24-37 (28-31); U. Sieber, Grenzen des Strafrechts - Das neue Forschungsprogramm, in: H.-J. Albrecht/U. Sieber (Hrsg.), Perspektiven der strafrechtlichen Forschung. Duncker&Humblot, Berlin 2006, S. 35-79 (55-61); ders., Strafrechtsvergleichung im Wandel, in: U. Sieber/H.-J. Albrecht (Hrsg.), Strafrecht und Kriminologie unter einem Dach, Duncker&Humblot, Berlin 2006, S. 78-130 (87-94).
[33] M. Cancio Meliá, a.a.O. (o. Fußn. 3), S. 287.
[34] M. Hildebrandt, Civil Liberties in Gefahr? Die innenpolitischen Sicherheitsmaßnahmen der USA nach dem 11. September 2001, in: B. Rill (Hrsg.), Terrorismus und Recht - Der wehrhafte Rechtsstaat, Akademie für Politik und Zeitgeschichte, München 2003, S. 14.
[35] Sieber, Grenzen des Strafrechts, a.a.0. (o. Fußn. 32), S. 56 ff.
[36] Vgl. zum Ganzen H.-J. Albrecht/U. Sieber (Hrsg.), Strafrecht und Kriminologie, a.a.0. (o. Fußn.32), S. 28 ff.; U. Sieber, Grenzen des Strafrechts, a.a.0. (o. Fußn.32), S. 56 ff.
[37] Vgl. zum Ganzen H.-J. Albrecht/U. Sieber (Hrsg.), a.a.O. (o. Fußn. 32), S. 28 ff.; U. Sieber, Grenzen des Strafrechts, a.a.0. (o. Fußn.32), S. 56 ff.
[38] Urteil des BVerfG vom 15. Februar 2006 - 1 BvR 357/05.
[39] J. Arnold, Der Einfluss des BVerfG auf das nationale Straf- und Strafverfahrensrechts, Teil 1, StraFo 2004, S. 402-407; Teil 2, StraFo 2005, S. 2-9.
[40] E.-W. Böckenförde , Entstehung und Wandel des Rechtsstaatsbegriffs, in: H. Ehmke/C. Schmid/H. Scharoun (Hrsg.), Festschrift für Adolf Arndt, Europäische Verlagsanstalt, Frankfurt am Main 1969, S. 53-76.
[41] G. Jakobs, Terroristen als Personen im Recht? ZStW (117) 2005, S. 839-851 (848).
[42] Ebenda.
[43] Ebenda.
[44] Vgl. M. Pawlik, § 14 Abs. 3 des Luftsicherheitsgesetzes - ein Tabubruch? JZ 2004, S. 1045-1055 (1052 ff.).
[45] Ebenda, S. 1054.
[46] R. Merkel, Die Zeit vom 8.7.2004, S. 33.
[47] Urteil des BVerfG vom 15. Februar 2006 1 BvR 357/05, Rdnr. 141.
[48] W. Hassemer, Sicherheit durch Strafrecht, a.a.O. (o. Fußn. 3), S. 141.
[49] Vgl. dazu M. Herdegen, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Kommentar, Art. 1, Rdnr. 45, Lfg. 44, Februar 2005.
[50] P.-A. Albrecht, Das nach-präventive Strafrecht: Abschied vom Recht, Manuskript für den 100. Band der Frankfurter kriminalwissenschaftlichen Studien, 2006.
[51] Ch. von Denkowski, Kriminalistik 1/2006, S. 11-22.
[52] H.-J. Albrecht, Der erweiterte Sicherheitsbegriff und seine Folgen, Informationsbrief des RAV, 91/2003, S. 6-23 (9).
[53] W. Hassemer, Sicherheitsbedürfnis und Grundrechtsschutz: Umbau des Rechtsstaats? StraFo 2005, S. 312-318 (318).
[54] W. Hassemer, Sicherheit durch Strafrecht, a.a.O. (o. Fußn. 3), S. 143.
[55] G. Jakobs, Bürgerstrafrecht und Feindstrafrecht, HRRS Heft 3/2004, S. 95.