HRRS-Nummer: HRRS 2024 Nr. 116
Bearbeiter: Fabian Afshar
Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 141/23, Beschluss v. 14.11.2023, HRRS 2024 Nr. 116
1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Lüneburg vom 22. November 2022
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass die Angeklagte eines Verstoßes gegen ein Vereinigungsverbot als Rädelsführer in Tateinheit mit Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, mit Volksverhetzung und mit Missbrauch von Berufsbezeichnungen schuldig ist,
b) im Rechtsfolgenausspruch aufgehoben; jedoch werden die zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Verstoßes gegen ein Vereinigungsverbot in Tateinheit mit Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, mit Volksverhetzung und mit Missbrauch von Berufsbezeichnungen zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Außerdem hat es die Einziehung der „in Ziffer IV. Nummern 2.-7. und 14.-55. sowie 57. der Anklageschrift (…) aufgeführten (…) Gegenstände“ angeordnet.
Die auf die Sachrüge gestützte Revision der Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
a) Die Angeklagte war Mitbegründerin und ehemalige Vorsitzende des Vereins Osnabrücker Landmark e.V., aus dem 2016 unter ihrer Federführung die Organisation „Geeinte deutsche Völker und Stämme“ (GdVuSt) hervorging. Nach den Vorstellungen dieser Gruppe ist die Bundesrepublik Deutschland kein Staat, sondern nur ein „Handelskonstrukt“ ohne „Legitimität“. Ziel der GdVuSt war es, ein eigenes staatliches System auf einem Territorium in den Grenzen des Deutschen Reichs von 1871 bis 1914 zu errichten. Hierfür wollte die Vereinigung die bestehende gesellschaftliche Ordnung umgestalten und eine eigene Rechtsordnung sowie Gerichtsbarkeit schaffen. Die GdVuSt beabsichtigte die völlige Entrechtung aller, die nicht vom „Volk der Germanen“ abstammen. Insbesondere das Wahlrecht sowie das Recht, Grundeigentum zu besitzen, sollten denjenigen vorbehalten sein, die ihre „deutsche Abstammung“ über mindestens drei Generationen nachweisen können.
Als wichtigstes Gremium sah die Vereinigung das von ihr 2017 gegründete „Höchste Gericht der Geeinten deutschen Völker und Stämme“ an. Darüber hinaus traten sogenannte Juristikare und Gerichtsvollzieher für die GdVuSt auf. Zukünftig sollte das „Staatssystem“ gewaltsam durch Söldner durchgesetzt werden.
Über Druckerzeugnisse und das Internet versuchte die Gruppe, einen größtmöglichen überregionalen Empfängerkreis zu erreichen. Dabei nutzte sie eine mittelalterlich anmutende Sprache und Rechtschreibung, Phantasiebegriffe sowie zwei sich ähnelnde runde Logos, die einen Baum bzw. ein Paar unter einem Baum zeigten und von einem Doppelkreis umgeben waren, der den Schriftzug „Geeinte deutsche Völker und Stämme“ oder „Höchstes Gericht geeinter deutscher Völker und Stämme“ aufwies.
Interessenten stellte die GdVuSt sogenannte Lebendbekundungen aus, die nach der Ideologie der Gruppe der erste Schritt waren, um ihr beizutreten, sich von der Bundesrepublik Deutschland als Staat loszusagen und den „Grund und Boden der Heimath in das Recht der Menschen zu heben“. Ganze geographische Regionen sollten durch einen Deklarationsakt der Vereinigung - „Erhebung naturstaatlicher Landschaften“ genannt - Teil der GdVuSt werden können.
Mit Verfügung „vom 14.02.2020“, unanfechtbar seit dem 21. April 2020, stellte „der Bundesminister des Inneren“ fest, dass sich die GdVuSt gegen die verfassungsgemäße Ordnung und den Gedanken der Völkerverständigung richtet sowie nach Zweck und Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderläuft. Der Verein wurde verboten und aufgelöst. Außerdem wurde es der GdVuSt untersagt, ihre näher bezeichneten Internetseiten und E-Mailadressen sowie den YouTube-Kanal der Angeklagten bereitzustellen, zu betreiben und zu benutzen. Schließlich wurde die öffentliche Verwendung der oben genannten Kennzeichen des Vereins sowie ihnen zum Verwechseln ähnlicher Symbole verboten. Die Verfügung wurde der Angeklagten persönlich zugestellt; sie hatte hiervon Kenntnis.
b) Nach dem 21. April 2020 bis zu ihrer Inhaftierung am 4. Mai 2022 trat die Angeklagte weiterhin als „Generalbevollmächtigte“ und zentrale Führungsfigur der in ihrer ideologischen Ausrichtung unveränderten GdVuSt auf. Sie verbreitete die Vereinsanschauungen auf Veranstaltungen, für die sie im Internet unter Nutzung der verbotenen Symbole warb. Mindestens 100 Mitgliedern und Sympathisanten stellte die Angeklagte im Tatzeitraum gegen eine in bar an sie zu entrichtende Gebühr von jeweils 500 € „Lebendbekundungen“ des Vereins aus. Außerdem bot sie weiterhin „Gemeineerhebungen“ an. Dafür verfasste sie unter Verwendung der verbotenen Vereinssymbole „Gründungsurkunden“ über geographische Regionen wie zum Beispiel die „Landschaft Bayern“, die sie anschließend ins Internet stellte. Deutschlandweit veranlasste die Angeklagte bis zu ihrer Inhaftierung wenigstens 238 dieser „Gemeineerhebungen“ für bis zu 5.100 € pro Stück. Gegen eine Gebühr von 35 € vergab sie vereinseigene Ausweispapiere, die sie als „Heimathkarten“ und „Inwohnerkarten“ bezeichnete, darüber hinaus „Amtsausweise“ für „Bürgermeister“ der „erhobenen Landschaften“ und „Gerichtsvollzieher“. Schließlich verkaufte sie Stempel mit den Vereinssymbolen und entwarf sowie verteilte Broschüren der GdVuSt. Auf diese Weise gestaltete und prägte sie das Vereinsleben maßgeblich, förderte den Fortbetrieb der Strukturen der Gruppe und generierte im Tatzeitraum wenigstens 80.000 €. Der Verein war bundesweit aufgestellt und wies zuletzt mindestens 500 Mitglieder auf.
c) Als „Generalbevollmächtigte“ der GdVuSt beziehungsweise „Juristikarin Höchstes Gericht GdVuSt“ verfasste die Angeklagte zudem zahlreiche Schreiben mit vereinstypischen Erklärungen und unter Verwendung der verbotenen Symbole an offizielle Stellen und Institutionen.
Am 18. April 2022 schickte sie dem Vertreter des Büros des Weltpostvereins einen von ihr verfassten „Postvertrag“, den sie unter anderem mit folgender Anordnung versah:
„Nicht heimathberechtigte Zuwanderer, die (nach 2015) den deutschen Grund und Boden betreten haben, haben Deutschland innerhalb von 90 Tagesläufen zu verlassen. Beheimathete können nur deutschsprachige Menschen sein oder werden, wenn diese ihre deutschstämmigen Ahnen nachweisen können. Das schließt Rassen jüdischer und osmanischer Glaubensformen und freimaurerische Ordensangehörige gänzlich aus.“ An die Ministerpräsidenten von Niedersachsen und Bayern schrieb sie: „Wir erkennen ihr Wirken (…) als kriegerische Gebietsherrschaft ohne den direkten Bezug auf unseren Heimathboden. (…) Ohne Klarstellung Ihrerseits sehen wir Sie in Ihrem Wirken vereidigt auf das Alte Testament unter der Hand jüdischer Rabbis.“ Den brandenburgischen Ministerpräsidenten unterrichtete sie im Mai 2022 darüber, dass alle vormals staatlichen Gebäude jetzt im „Eigenthum der Beheimatheten“ stünden und ihm „jeder unerlaubte Zugriff (…) untersagt“ sei. „Die Führung von Unternehmen sind jetzt nur deutschen Beheimatheten erlaubt. Türkischosmanische und jüdische sowie freimaurerische Ordenszugehörigen ist weder der Besitz von Gebäuden noch die unternehmerische Tätigkeit in den erhobenen Landschaften erlaubt. Geschäfte sind in ordentlichem Zustand jetzt an die genannten Berechtigten zu übergeben.“
d) Ebenfalls unter Verwendung der verbotenen Vereinssymbole verbreitete die Angeklagte in sozialen Medien auf Plattformen wie Telegram, Instagram und YouTube sowie auf von ihr betriebenen Internetseiten für jedermann abrufbar Propagandaschriften der GdVuSt. Sie verfolgte hierbei das Ziel, weite Bevölkerungsteile, insbesondere Juden und Muslime, allein aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit sowie ihrer Herkunft herabzuwürdigen, ihnen ihr Existenzrecht als gleichwertige Personen der deutschen Gesellschaft abzusprechen und eine feindselige Haltung ihnen gegenüber zu erzeugen oder zu verstärken. Unter anderem veröffentlichte die Angeklagte den oben genannten „Postvertrag“ mit der Anordnung, dass „Zuwanderer“ sowie „Rassen jüdischer und osmanischer Glaubensformen“ das Land zu verlassen haben. In einem von ihr verfassten „Newsletter“ kombinierte sie mit dem Hinweis „Rechtlich sind hierzulande nur die Beheimatheten eigenthumsfähig“, wozu sie erläuterte: „dazu brauchst du den Abstammungsnachweis dreier Väter oder Mütter auf Jahr 1914 vor Kriegsbeginn“, die Forderung „Holen wir unser Land zurück, bevor es unmoralische, unethische Wesen ganz vernichten“. Am 2. Oktober 2021 postete sie auf ihrem TelegramKanal, der über 2.000 Follower aufwies, das Bild eines Flyers mit dem Aufdruck: „Kein Eigenthum für Juden! - Warum Zugehörigen jüdischer und islamischer Orden in den deutschsprachigen Landschaften kein Eigenthum gehören kann? (…) Mit der Gründung der Naturstaaten, verlieren alle Zugereisten ihre billigen, fiktiven Eigenthumsrechte und haben den Besitz gänzlich zurück zu reichen. (…) Ein Prozess der Enteignung nicht Grundrechtsfähiger beginnt.“ e) Um sich den Schein besonderer Fähigkeiten und Vertrauenswürdigkeit zu geben, schuf die Angeklagte schließlich unter der Firmierung „Sozietät“ mit der öffentlich aufrufbaren, von ihr betriebenen Internetseite eine fiktive Kanzlei vermeintlich durch die Anwaltskammer zugelassener Rechtsanwälte. Laut Internetauftritt war die „Sozietät“ auf verschiedene Rechtsgebiete spezialisiert, darunter „Kapitalsicherung und Inkasso“.
Unter Verwendung des verbotenen Vereinssymbols und Verweis auf den bereits genannten „Postvertrag“ bot die Angeklagte auf der Webseite kostenpflichtig Leistungen wie „Akkreditierungen“ für Anwälte, Hebammen und Ärzte sowie „notarielle Beglaubigungen“ an. Von ihr bereitgestellte Broschüren der „Sozietät“ sprachen von der Angeklagten „und ihrem Team“ und informierten darüber, dass die Rechtsanwälte dieser Kanzlei die Angeklagte dabei unterstützten, Menschen „in die Selbstbestimmung zu begleiten“. Die Angeklagte entwarf und verwendete Kanzleistempel, die den von ihr erweckten Anschein einer seriösen Rechtsanwaltskanzlei bekräftigen sollten.
Außerdem verschickte die Angeklagte zahlreiche Briefe an offizielle Stellen unter Nutzung der Aliaspersonalien „RA“ oder „Rechtsanwältin“ sowie des Kanzlei-Briefkopfs, der neben den genannten weitere ausgedachte Namen vermeintlicher Sozien aufwies. Ferner mietete die Angeklagte eine Wohnung an, wobei sie sich den Vermietern gegenüber als und Rechtsanwältin ausgab sowie die E-Mail-Adresse verwendete.
2. Rechtlich hat die Strafkammer das Verhalten der geständigen Angeklagten als Verstoß gegen das Vereinigungsverbot nach § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB gewürdigt, begangen in Tateinheit (§ 52 Abs. 1 StGB) mit dem Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen gemäß § 86 Abs. 1 Nr. 2, § 86a Abs. 1 Nr. 1 StGB, Volksverhetzung nach § 130 Abs. 1 Nr. 1 StGB sowie Missbrauch von Berufsbezeichnungen gemäß § 132a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 StGB.
Seiner Strafzumessung hat das Landgericht den Strafrahmen des § 130 Abs. 1 StGB zugrunde gelegt. Zur Einziehungsentscheidung führt das Urteil aus, die in der Anklageschrift genannten Asservate „waren als Tatmittel gemäß § 74 Abs. 1, Abs. 3 StGB einzuziehen“.
Die Revision der Angeklagten zeigt zum Schuldspruch keinen Rechtsfehler auf; er bedarf, was den Verstoß gegen das Vereinigungsverbot betrifft, lediglich einer präziseren Formulierung. Die Aussprüche zu Strafe und Einziehung haben dagegen keinen Bestand. Im Einzelnen:
1. Das Landgericht hat die Angeklagte auf der Grundlage der rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen zu Recht wegen eines Verstoßes gegen ein Vereinigungsverbot gemäß § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB verurteilt. Nach dieser Vorschrift macht sich strafbar, wer als Rädelsführer oder Hintermann den organisatorischen Zusammenhalt einer Vereinigung aufrechterhält, die unanfechtbar verboten ist, weil sie sich gegen die verfassungsgemäße Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richtet.
a) Die GdVuSt stellte eine Vereinigung im Sinne dieser Vorschrift dar.
aa) Was den Zeitraum bis zum Frühjahr 2020 angeht, folgt das bindend aus der unanfechtbaren Verbotsverfügung. Denn § 85 StGB nimmt den Wortlaut von Art. 9 Abs. 2 GG auf und läuft mit dem Vereinsgesetz parallel. Die Norm legt nicht nur den in § 2 Abs. 1 VereinsG definierten Vereinsbegriff zugrunde, sondern ist wie § 3 Abs. 1, § 20 Abs. 1 VereinsG verwaltungsakzessorisch. Das bedeutet, dass die im Verwaltungsverfahren vorgenommene Einordnung einer Organisation als Vereinigung für § 85 StGB Tatbestandswirkung hat (OLG Stuttgart, Beschluss vom 12. Juni 2023 - 2 Ws 2/23, juris Rn. 46; LK/Steinsiek, StGB, 13. Aufl., § 85 Rn. 9). Die Strafgerichte sind insoweit an die unanfechtbaren behördlichen Verbotsverfügungen gebunden (sog. Feststellungsprinzip). Damit wollte der Gesetzgeber sicherstellen, dass die präventive Abwehr der von verfassungsfeindlichen Zusammenschlüssen ausgehenden politischen Gefahren primär der Exekutive obliegt und das Strafrecht erst eingreift, wenn die politische Entscheidung in Form eines konkreten Verbots gefallen und umgesetzt ist (BT-Drucks. V./2860, S. 4 f.; vgl. auch BGH, Beschluss vom 16. Juli 1997 - 3 StR 168/97, BGHR VereinsG § 20 Abs. 1 Nr. 3 Vereinsverbot 1; LK/Steinsiek, StGB, 13. Aufl., § 85 Rn. 6 mwN).
Die Bindungswirkung erfasst allerdings nur den Zeitraum bis zum Erlass der Verbotsverfügung. Auf den Tatzeitraum bezogen sind die Vereinigungsvoraussetzungen von den Strafgerichten eigenständig zu prüfen. Denn die Strafbarkeit nach § 85 Abs. 1, Abs. 2 StGB setzt voraus, dass die Vereinigung im Zeitpunkt der tatbestandsmäßigen Handlung weiterhin existiert. Aufrechterhalten oder unterstützt werden kann nur der organisatorische Zusammenhalt oder die weitere Betätigung einer (fort-)bestehenden, wiederaufgebauten oder neu errichteten Organisation, die mit der unanfechtbar verbotenen Gruppierung (teil)identisch oder die eine - durch die Verwaltungsbehörde unanfechtbar festgestellt - Ersatzorganisation des verbotenen Vereins ist (Landgericht Karlsruhe, Beschluss vom 16. Mai 2023 - 5 KLs 540 Js 44796/22, juris Rn. 19 ff.; OLG Stuttgart, Beschluss vom 12. Juni 2023 - 2 Ws 2/23, juris Rn. 47; vgl. auch BGH, Urteil vom 10. März 2005 - 3 StR 245/04, BGHR VereinsG § 20 Abs. 1 Nr. 3 Unterstützen 2 zu § 20 Abs. 1 VereinsG; MüKoStGB/Heinrich, 4. Aufl., § 20 VereinsG Rn. 7).
Maßgebend für das Vorliegen einer Vereinigung im Sinne des § 85 StGB im Tatzeitraum ist deshalb nach der Binnensystematik der Norm - wie für die verwaltungsrechtliche Verbotsverfügung - der in § 2 Abs. 1 VereinsG geregelte Vereinsbegriff.
Nicht entscheidend ist demgegenüber trotz des identischen Wortlauts die Definition der Vereinigung in § 129 Abs. 2 StGB (MüKoStGB/Anstötz, 4. Aufl., § 85 Rn. 4). Diese im Jahr 2017 in das Strafgesetzbuch eingefügte Begriffsbestimmung ist vor allem auf die organisierte Kriminalität zugeschnitten und folgt in diesem Bereich größtenteils europarechtlichen Vorgaben (vgl. BT-Drucks. 18/11275, S. 1 ff.; zu Einzelheiten s. BGH, Urteil vom 2. Juni 2021 - 3 StR 21/21, BGHSt 66, 137 Rn. 21 ff. mwN). Ihr systematischer Standort und ihre ausdrückliche Übertragung (nur) auf terroristische Vereinigungen in § 129a Abs. 1 StGB zeigen, dass die neue Legaldefinition nicht das gesamte Strafgesetzbuch erfassen sollte. Im Rahmen des § 85 Abs. 1, Abs. 2 StGB ist - anders als für § 129 Abs. 1, Abs. 2 StGB - nicht entscheidend, ob die Gruppierung auf die Begehung von Straftaten gerichtet ist, sondern ob das aufrechterhaltene oder unterstützte organisatorische Gebilde dem verbotenen Verein entspricht.
bb) Ein Verein gemäß § 2 Abs. 1 VereinsG und damit auch eine Vereinigung im Sinne des § 85 StGB liegt ohne Rücksicht auf die Rechtsform vor, wenn sich eine Mehrzahl natürlicher oder juristischer Personen für eine längere Zeit zu einem gemeinsamen Zweck freiwillig zusammengeschlossen und einer organisierten Willensbildung unterworfen hat (zu Einzelheiten s. BVerwG, Urteil vom 29. Januar 2020 - 6 A 1/19, BVerwGE 167, 293 Rn. 38 ff. mwN; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 2. Juli 2019 - 1 BvR 1099/16, NVwZ 2020, 224 Rn. 15 ff.). Diese Voraussetzungen waren hier erfüllt.
Aus der Gesamtheit der Urteilsgründe geht zunächst hinreichend hervor, dass die GdVuSt auch nach dem 21. April 2020 einen Zusammenschluss von mehr als zwei Personen darstellte. Zwar sind neben der Angeklagten keine weiteren Funktionsträger oder anderen in die Organisation dauerhaft eingebundenen Personen namentlich oder in anderer Weise konkret bezeichnet. Das Urteil teilt aber an mehreren Stellen in unterschiedlichem Zusammenhang mit, dass die Gruppe Hunderte Mitglieder aus ganz Deutschland aufwies, von denen sich einige im Sinne der Vereinsideologie als „Bürgermeister“ und „Gemeinevorsteher“ der „erhobenen Landschaften“ sowie als „Gerichtsvollzieher“ oder „Juristikare“ der GdVuSt verstanden und als solche agierten, etwa, indem sie Stempel und „Ausweise“ der Vereinigung von der Angeklagten kauften, ihre Personalausweise oder Reisepässe an die Ausstellerbehörden zurücksandten oder Kinder zur Welt brachten, ohne sie standesamtlich registrieren zu lassen. Dies alles zeigt insgesamt ein Bild des „Weitermachens“ einer beständig auf Vergrößerung ausgerichteten Personengruppe um die Angeklagte herum (vgl. BGH, Urteil vom 10. März 2005 - 3 StR 245/04, NJW 2005, 2164, 2165).
Der Zusammenschluss basierte auf Freiwilligkeit und war auf eine längere Zeit angelegt; er existierte nach dem Verbot bis zur Festnahme der Angeklagten mehr als zwei Jahre lang. Gemeinsamer Zweck der Gruppe war es nach wie vor, die gesellschaftliche Ordnung der Bundesrepublik Deutschland zu zerstören, eine neue Staatsform zu errichten sowie nicht „germanischstämmige“ Personen zu enteignen und auszuweisen. Insoweit existierte in der Gruppe auch eine - maßgeblich von der Angeklagten - organisierte Willensbildung. Dies alles geschah zudem im räumlichen Geltungsbereich des Strafgesetzbuchs (§ 85 Abs. 1 Satz 1 StGB).
cc) Die GdVuSt war im Tatzeitraum unanfechtbar verboten. Die Verbotsverfügung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 VereinsG erging, weil die GdVuSt sich gegen die verfassungsgemäße Ordnung und gegen den Gedanken der Völkerverständigung richtete. Eine Prüfung dahin, ob das Verbot materiell rechtmäßig war, ist nicht vorzunehmen, denn auch insoweit gilt die Bindung an die verwaltungsrechtliche Verbotsverfügung (OLG Stuttgart, Beschluss vom 12. Juni 2023 - 2 Ws 2/23, juris Rn. 46; LK/Steinsiek, StGB, 13. Aufl., § 85 Rn. 9). Es darf nur nicht nichtig sein im Sinne des § 44 VwVfG (MüKoStGB/Heinrich, 4. Aufl., § 20 VereinsG Rn. 23 mwN; vgl. auch BGH, Urteil vom 27. Februar 2020 - 3 StR 327/19, BGHR StGB § 284 Abs. 1 ohne behördliche Erlaubnis 1 Rn. 14; OLG Hamm, Beschluss vom 13. Dezember 2016 - 3 RVs 90/16, juris Rn. 19). Dafür bestehen keine Anhaltspunkte. Die Verbotsverfügung wurde vielmehr gemäß § 3 Abs. 4 Satz 3 VereinsG spätestens am Tag ihrer Veröffentlichung im Bundesanzeiger, dem 19. März 2020 (s. BAnz AT vom 19. März 2020 B1), wirksam.
b) Die Angeklagte hielt den organisatorischen Zusammenhalt der Gruppe als Rädelsführerin aufrecht.
aa) Den organisatorischen Zusammenhalt erhält aufrecht, wer darauf hinwirkt, dass der Verein als solcher, die bestehende Vereinsstruktur und der entsprechende Organisationsapparat im Kern beibehalten wird (vgl. BGH, Urteil vom 12. Oktober 1965 - 3 StR 20/65, BGHSt 20, 287, 288 ff.; zum Unterstützen des organisatorischen Zusammenhalts s. BGH, Beschluss vom 3. November 2005 - 3 StR 333/05, BGHR VereinsG § 20 Abs. 1 Nr. 3 Unterstützen 4). Tätigkeiten, die der Aufrechterhaltung des organisatorischen Zusammenhaltes dienen, sind jedenfalls diejenigen, die sich unmittelbar auf die Organisation als solche beziehen, zum Beispiel die Ausübung einer leitenden Position, ferner die Wahrnehmung von Aufgaben zum Zwecke der Fortsetzung der Vereinsarbeit wie die Veranstaltung von Versammlungen, das Führen einer Vereinskasse, die Entgegennahme von Zahlungen für diese oder die Herstellung und Verbreitung von vereinsbezogenen Publikationen. Sie müssen jedoch die Förderung der Ziele bezwecken, deretwegen der Verein verboten wurde. Wer nur persönliche oder gesellige Beziehungen zu den Mitgliedern aufrechterhält, erfüllt den Tatbestand nicht (vgl. zum Ganzen MüKoStGB/Heinrich, 4. Aufl., § 20 VereinsG Rn. 56 mwN).
bb) Rädelsführer ist, wer in dem Personenzusammenschluss dadurch eine führende Rolle einnimmt, dass er sich in besonders maßgebender Weise für diesen betätigt. Entscheidend ist dabei nicht der Umfang der geleisteten Beiträge, sondern deren Gewicht für die Vereinigung. Besonders maßgebend ist eine Tätigkeit dann, wenn sie von Einfluss ist auf die Führung der Vereinigung im Ganzen oder in wesentlichen Teilen, wenn also der Täter entweder selbst zu den Führungskräften gehört oder durch sein Tun gleichsam an der Führung mitwirkt. Eine rein formale Stellung innerhalb eines Führungsgremiums reicht für sich genommen nicht aus. Der vom Täter ausgeübte Einfluss muss der Sache nach beträchtlich sein und sich auf die Vereinigung als solche richten, mithin etwa die Bestimmung der Organisationszwecke, -tätigkeiten oder -ziele, die ideologische Ausrichtung der Vereinigung, deren Organisationsstruktur oder sonstige Belange mit für die Vereinigung wesentlicher Bedeutung betreffen. Diese für den Bereich der kriminellen und terroristischen Vereinigungen entwickelten Maßstäbe (s. etwa BGH, Beschlüsse vom 21. Februar 2023 - 3 StR 394/22, StV 2023, 744, 745; vom 11. Juli 2023 - AK 25/23, juris Rn. 32, jeweils mwN) gelten auch im Rahmen von § 85 Abs. 1 StGB. Denn die verschiedenen Beteiligungsformen Rädelsführer/Hintermann, Mitglied und Unterstützer in § 85 Abs. 1, Abs. 2 StGB auf der einen sowie § 129 Abs. 1, Abs. 5 Satz 2, § 129a Abs. 1, Abs. 4 StGB auf der anderen Seite und die mit ihnen einhergehenden Schuldabstufungen entsprechen sich weitgehend, wenngleich - hier nicht entscheidend - der Begriff der „Betätigung“ als Mitglied in § 85 Abs. 2 StGB bewusst enger gefasst ist als der in den §§ 129 ff. StGB verwendete Terminus „Beteiligung“ (BT-Drucks. V./2860, S. 6; MüKoStGB/Anstötz, 4. Aufl., § 84 Rn. 18).
cc) Beide Tatbestandsmerkmale erfüllte die Angeklagte schon dadurch, dass sie nach innen und außen als „Generalbevollmächtigte“ und maßgebliche Führungsfigur der GdVuSt auftrat, Veranstaltungen organisierte und bewarb, Vereinsbroschüren gestaltete und vertrieb sowie den Internetauftritt der Vereinigung maßgeblich bestückte.
c) Die Angeklagte handelte vorsätzlich und schuldhaft. Sie kannte das strafbewehrte Vereinsverbot und setzte sich, wie sie eingeräumt hat, bewusst „aus Liebe zur Heimat“ über dieses hinweg. Rechtsfehlerfrei führt das Urteil aus, dass ihr ideologischer Irrglaube, die Bundesrepublik Deutschland sei „illegitim“ und die erkannte Rechtswidrigkeit für sie nicht verbindlich, unbeachtlich ist. Wer einer Verbotsnorm wissentlich zuwiderhandelt, weil er sich aus politischen, religiösen oder sittlichen Überzeugungen als hierzu berechtigt ansieht, unterliegt keinem (Erlaubnis-)Tatbestands- oder Verbotsirrtum (§§ 16, 17 StGB). Ein solcher Täter wendet sich vielmehr bewusst gegen die staatliche Rechtsordnung, weil er deren Wertung nicht teilt, ihre Verbindlichkeit für sich ablehnt oder sich einem von ihm als höher bewerteten Ziel verpflichtet fühlt. Dieses Tatmotiv berührt weder den Vorsatz noch die Schuld (vgl. MüKoStGB/Joecks/Kulhanek, 4. Aufl., § 17 Rn. 21; BeckOK StGB/Heuchemer, 58. Ed., § 17 Rn. 16 f.; Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben/Schuster, StGB, 30. Aufl., § 17 Rn. 7; Fischer, StGB, 70. Aufl., § 17 Rn. 3b).
d) Allerdings ist der Schuldspruch aus Klarstellungsgründen dahin zu ändern, dass die Angeklagte den Verstoß gegen das Vereinigungsverbot „als Rädelsführer“ beging. Denn § 85 Abs. 1 StGB sieht für den Täter, der als Rädelsführer oder Hintermann agiert, einen höheren Strafrahmen als für denjenigen vor, der den Verstoß als Mitglied oder Unterstützer des verbotenen Vereins begeht (§ 85 Abs. 2 StGB). Dieser gesetzlich differenzierte Unrechtsgehalt ist im Tenor abzubilden.
2. Ebenfalls ohne Rechtsfehler hat das Landgericht die Angeklagte des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen schuldig gesprochen, § 86 Abs. 1 Nr. 2, § 86a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StGB.
Bei den beschriebenen kreisrunden Logos der Vereinigung handelte es sich um selbstgeschaffene, individuell gestaltete Sinnbilder, die unbefangenen Personen ohne Weiteres aus sich heraus den Eindruck eines Erkennungszeichens der Vereinigung vermitteln, zumal sie deren Namenszug enthalten (zum Kennzeichenbegriff s. BGH, Urteile vom 13. August 2009 - 3 StR 228/09, BGHSt 54, 61 Rn. 20 f.; vom 9. Juli 2015 - 3 StR 33/15, BGHSt 61, 1 Rn. 13 ff.; MüKoStGB/Anstötz, 4. Aufl., § 86a Rn. 5 ff.). Soweit die Angeklagte die Logos zum Teil geringfügig änderte, unterfallen sie § 86a Abs. 2 Satz 2 StGB.
Die Angeklagte verwendete diese Symbole im Inland öffentlich und verbreitete sie zugleich, indem sie jene in Broschüren und auf Urkunden abdruckte, die sie unter anderem auf Veranstaltungen verteilte, und sie ins Internet auf für jedermann einsehbaren und hochfrequentierten Seiten einstellte. Dadurch wurden die verbotenen Kennzeichen für einen größeren, durch persönliche Beziehungen nicht verbundenen Personenkreis wahrnehmbar (vgl. BGH, Beschluss vom 19. August 2014 - 3 StR 88/14, BGHR StGB § 86a Abs. 1 Öffentlich 2 Rn. 17). Ob ein Verbreiten oder öffentliches Verwenden außerdem darin zu erblicken ist, dass die Angeklagte die Logos in ihren an einzelne Politiker adressierten Briefen nutzte, bedarf danach keiner Entscheidung.
3. Auch die Würdigung als Volksverhetzung gemäß § 130 Abs. 1 Nr. 1 StGB hält rechtlicher Überprüfung stand. Die Angeklagte stachelte in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, zum Hass gegen in Deutschland lebende Juden, Muslime, Flüchtlinge und Freimaurer auf, indem sie diesen Personengruppen im Internet auf für jedermann abrufbaren Seiten elementare Rechte absprach.
a) Die genannten Bevölkerungsgruppen sind durch ihre Rasse, ihre Religion, ihre ausländische Herkunft oder ihre Weltanschauung gekennzeichnet; sie sind damit aufgrund gemeinsamer äußerer oder innerer Merkmale als unterscheidbarer Teil von der Gesamtheit der Bevölkerung abgrenzbar (vgl. BGH, Urteil vom 3. April 2008 - 3 StR 394/07, BGHR StGB § 130 Nr. 1 Bevölkerungsteil 3 Rn. 7; Beschluss vom 14. April 2015 - 3 StR 602/14, NStZ 2015, 512, 513; zu in Deutschland dauerhaft lebenden Ausländern BGH, Urteil vom 27. Juli 2017 - 3 StR 172/17, juris Rn. 29).
b) Die Angeklagte stachelte auch zum Hass gegen diese Bevölkerungsgruppen auf. Im Einzelnen:
aa) Hierfür ist ein in besonderer Weise qualifizierter Angriff mit einem im Vergleich zu den Beleidigungsdelikten gesteigerten Unrechtsgehalt erforderlich, der von Feindseligkeit oder einer schwerwiegenden Missachtung geprägt ist, die ein besonderes Maß an Gehässigkeit und Rohheit aufweist und die Angegriffenen als insgesamt minderwertig und ohne Existenzrecht in der Gemeinschaft abqualifiziert. Das Verhalten muss auf die Gefühle oder den Intellekt eines anderen einwirken und objektiv geeignet sowie subjektiv bestimmt sein, eine emotional gesteigerte, über die bloße Ablehnung oder Verachtung hinausgehende feindselige Haltung gegen den betroffenen Bevölkerungsteil zu erzeugen oder zu verstärken (BGH, Urteile vom 3. April 2008 - 3 StR 394/07, BGHR StGB § 130 Nr. 1 Aufstacheln 2 Rn. 15; vom 27. Juli 2017 - 3 StR 172/17, juris Rn. 29 f.; LK/Krauß, StGB, 13. Aufl., § 130 Rn. 46 ff.; MüKoStGB/Schäfer/Anstötz, 4. Aufl., § 130 Rn. 40 ff.).
Ist der Angriff von den Elementen der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt, unterfällt er grundsätzlich dem Schutz von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG, ohne dass es darauf ankäme, ob die Äußerung wertvoll oder wertlos, richtig oder falsch, begründet oder grundlos, emotional oder rational ist. Das Grundrecht der Meinungsfreiheit findet seine Schranken allerdings gemäß Art. 5 Abs. 2 GG in den allgemeinen Gesetzen, unter die § 130 Abs. 1 StGB fällt, der jedenfalls den öffentlichen Frieden und die Menschenwürde schützt (s. etwa LK/Krauß, StGB, 13. Aufl., § 130 Rn. 2 ff. mwN). In welchem Verhältnis Meinungsfreiheit und der Schutzzweck von § 130 StGB stehen, ist im konkreten Konfliktfall abwägend zu bestimmen. Eine Verurteilung kann ausnahmsweise ohne eine solche Abwägung gerechtfertigt sein, wenn es sich um Äußerungen handelt, die sich als Angriff auf die Menschenwürde darstellen. Dies bedarf allerdings einer sorgfältigen Begründung (zum Ganzen s. etwa BVerfG, Beschlüsse vom 12. November 2002 - 1 BvR 232/97, NJW 2003, 660, 661 f.; vom 7. Juli 2020 - 1 BvR 479/20, NJW 2021, 297, 298, jeweils zu § 130 StGB; Beschluss vom 19. Mai 2020 - 1 BvR 2397/19, NJW 2020, 2622 Rn. 12 ff. zu § 185 StGB; BGH, Urteil vom 20. September 2011 - 4 StR 129/11, juris Rn. 20 ff.; Beschluss vom 28. Juli 2016 - 3 StR 149/16, NJW 2016, 3795, Rn. 17 ff.; HansOLG Bremen, Urteil vom 23. Februar 2023 - 1 Ss 48/22, juris Rn. 35 ff.; OLG Hamm, Beschluss vom 28. Januar 2020 - III-3 RVs 1/20, juris Rn. 14 ff.; alle mwN).
Maßgeblich ist stets der objektive Sinn der Äußerung nach dem Verständnis eines unvoreingenommenen Publikums. Ausgangspunkt ist der konkrete Wortlaut. Daneben sind der sprachliche Kontext der Äußerung und ihre Begleitumstände zu beachten, soweit diese für den Rezipienten erkennbar sind. Ist ein Text mehrdeutig, so hat das Tatgericht, will es seiner rechtlichen Würdigung die zur Strafbarkeit führende Deutung zugrunde legen, andere Auslegungsvarianten mit nachvollziehbaren und tragfähigen Gründen auszuschließen (BGH, Urteil vom 3. April 2008 - 3 StR 394/07, juris Rn. 8; Beschluss vom 28. Juli 2016 - 3 StR 149/16, NJW 2016, 3795 Rn. 20 mwN).
bb) Nach diesen Maßstäben erfüllten die auf den Internetseiten der GdVuSt von der Angeklagten bereitgestellten Inhalte die Voraussetzungen von § 130 Abs. 1 Nr. 1 StGB. Das gilt sowohl für die Anordnung im „Postvertrag“, dass „Zuwanderer“ sowie „Rassen jüdischer und osmanischer Glaubensformen“ das Land binnen 90 Tagen zu verlassen hätten, als auch für die Aussagen, die genannten Bevölkerungsgruppen hätten keine Grundrechte und insbesondere kein Recht auf Eigentum.
Das Landgericht hat sich zwar nicht dazu verhalten, wie es diese Äußerungen verstanden und konkret rechtlich gewürdigt hat. Dies ist hier aber ausnahmsweise unbeachtlich. Denn die Aussagen erschöpfen sich in (falschen) Tatsachenbehauptungen und haben - selbst wenn dies anders zu beurteilen sein sollte - unzweifelhaft menschenverachtenden Charakter:
(1) Die Angeklagte kennzeichnete ihre Texte zunächst an keiner Stelle mit einer Angabe, die auf ein Dafürhalten oder Meinen schließen lässt. Vielmehr maß sie sich und den Anhängern ihrer Vereinigung das Recht an, über Juden, Muslime, Flüchtlinge und Freimaurer sowie deren Rechte zu bestimmen. Sie äußerte apodiktisch, dass diesen Bevölkerungsgruppen keine Grundbeziehungsweise Eigentumsrechte zustünden und sie auszureisen hätten. Damit beschrieb sie Tatsachen, keine Meinung. Der wörtlich im Urteil wiedergegebene Text ist auch unter Berücksichtigung seines Kontextes insoweit eindeutig.
Die von der Angeklagten behaupteten Tatsachen sind unwahr. Nach der allein maßgeblichen Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland treffen sie unzweifelhaft nicht zu, was die Angeklagte wusste. Ihr Verhalten unterfällt daher nicht dem Grundrecht der Meinungsfreiheit. Denn dieses umfasst nicht erwiesen oder bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen, zumal sie zu der verfassungsrechtlich gewährleisteten Meinungsbildung nichts beitragen können (s. etwa BVerfG, Beschlüsse vom 22. Juni 1982 - 1 BvR 1376/79, BVerfGE 61, 1, 8; vom 22. Juni 2018 - 1 BvR 673/18, NJW 2018, 2858 Rn. 28).
Darauf, dass Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG auch extremistische Meinungen schützt, die auf eine Änderung der politischen Ordnung zielen (BVerfG, Beschluss vom 4. November 2009 - 1 BvR 2150/08, BVerfGE 124, 300, 330; BGH, Urteil vom 20. September 2011 - 4 StR 129/11, juris Rn. 21 mwN), kommt es mithin vorliegend nicht an. Die ideologisch motivierten Aussagen der Angeklagten, die Bundesrepublik Deutschland und ihre Gesetze seien „illegitim“ und nur das „Höchste Gericht“ der GdVuSt zur Rechtssetzung befugt, ist keine rechtsextremistische Meinung, die das politische System in Frage stellt, sondern ein der Realität fundamental widersprechender Irrglaube.
(2) Selbst wenn die Aussagen der Angeklagten - auch - als Meinungsäußerung zu werten sein sollten, wäre es vorliegend kein durchgreifender Rechtsfehler, dass das Tatgericht der ihm zufallenden Aufgabe, die Äußerungen auszulegen und zu würdigen, nicht nachgekommen ist. Denn eine Abwägung zwischen der Bedeutung der Meinungsfreiheit einerseits und derjenigen der Menschenwürde sowie des öffentlichen Friedens andererseits fiele angesichts der Massivität der Inhalte hier zugunsten der letztgenannten Rechtsgüter aus. Der Rechtsfehler hätte sich somit nicht auf das Urteil ausgewirkt.
Denn die Äußerungen sprechen den genannten Bevölkerungsgruppen ihr Lebensrecht als gleichwertige Persönlichkeit in der staatlichen Gemeinschaft und damit ihr Existenzrecht ab. Juden, Muslime, Flüchtlinge und Freimaurer werden als minderwertig dargestellt, was den ihre menschliche Würde ausmachenden Kern ihrer Persönlichkeit angreift (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. Mai 2020 - 1 BvR 2397/19, NJW 2020, 2622 Rn. 22). Dies wird besonders deutlich im Kontext mit dem zugleich artikulierten völkischen Gedankengut, „hierzulande [seien] nur die Beheimatheten eigenthumsfähig“, was einen entsprechenden „Abstammungsnachweis“ erfordere. Darin steckt - der nationalsozialistischen Rassenideologie folgend - eine kategorische Abwertung von Menschen, die nicht (genetisch-) deutscher Herkunft sind. Hinzu kommt die abschätzige Bezeichnung der genannten Bevölkerungsgruppen als „Zugereiste“ und „unmoralische, unethische Wesen“, verbunden mit der Aussage, dass man von ihnen „unser Land zurück [holen müsse], bevor [sie] es ganz vernichten“. Dies impliziert neben der Minderwertigkeit der genannten Gruppen, dass sie das Land gestohlen und bereits mit seiner Zerstörung begonnen hätten.
(3) Die Äußerungen stachelten zum Hass an. Sie waren geeignet, die Erklärungsempfänger aufzuwiegeln, indem sie die genannten Bevölkerungsgruppen als solche darstellten, auf die sich Abscheu und Missgunst entladen kann und soll. Die Feststellung, Juden hätten binnen 90 Tagen auszureisen, knüpft an nationalsozialistische Vernichtungsrhetorik an und hat deshalb Drohpotential. Die Formulierungen „Holen wir unser Land zurück!“ und „ein Prozess der Enteignung nicht Grundrechtsfähiger beginnt“ haben appellativen und kämpferischen Charakter, der geistigen Nährboden für eine Gewaltbereitschaft gegenüber den genannten Bevölkerungsgruppen bereiten kann und implizit dazu auffordert, sie zu diskriminieren und zu schikanieren.
c) Vor diesem Hintergrund waren die Äußerungen zudem geeignet, den öffentlichen Frieden zu stören. Dieser umfasst sowohl einen objektiv feststellbaren Lebenszustand allgemeiner Rechtssicherheit und des frei von Furcht voreinander verlaufenden Zusammenlebens der Staatsbürger als auch das Bewusstsein der Bevölkerung, in Ruhe und Frieden zu leben (vgl. BGH, Urteil vom 22. Dezember 2004 - 2 StR 365/04, NJW 2005, 689, 691; LK/Krauß, StGB, 13. Aufl., § 130 Rn. 72). Der öffentliche Frieden wird erst bei Äußerungen tangiert, die in einen unfriedlichen Charakter umschlagen. Das setzt voraus, dass sie ihrem Inhalt nach erkennbar auf rechtsgutgefährdende Handlungen hin angelegt sind, bei den Angesprochenen Handlungsbereitschaft auslösen, Hemmschwellen herabsetzen oder Dritte einschüchtern und so unmittelbar rechtsgutgefährdende Folgen bewirken können (BVerfG, Beschluss vom 4. November 2009 - 1 BvR 2150/08, BVerfGE 124, 300, 335). Bei den Tathandlungen von § 130 Abs. 1 StGB liegt es in der Regel so, dass die Ebene der freien geistigen Auseinandersetzung verlassen und Friedlichkeit durch die Einschüchterung des Gegners oder die gewaltanreizende Enthemmung der eigenen Anhängerschaft nicht mehr gewährleistet ist (vgl. LK/Krauß, StGB, 13. Aufl., § 130 Rn. 77); bei einem öffentlich abgegebenen Bekenntnis zu antisemitischen Anschauungen unter gleichzeitiger Befürwortung der NS-Rassenideologie steht dies außer Frage (BGH, Urteil vom 15. Dezember 2005 - 4 StR 283/05, BGHR StGB § 130 Menschenwürde 4 Rn. 20; MüKoStGB/Schäfer/Anstötz, 4. Aufl., § 130 Rn. 24).
So liegt es hier. Den Äußerungen der Angeklagten kommt eine gesteigerte Eignung zur Friedensstörung zu. Der wesentliche Kreis der Erklärungsempfänger - Sympathisanten und Mitglieder der GdVuSt - stellte ein für die Verhetzung aufnahmebereites Publikum dar (vgl. LK/Krauß, StGB, 13. Aufl., § 130 Rn. 76). Dadurch, dass die Angeklagte die Texte für jedermann abrufbar im Internet hochlud, machte sie jene darüber hinaus einer breiten Öffentlichkeit bekannt (vgl. BGH, Urteil vom 12. Dezember 2000 - 1 StR 184/00, BGHSt 46, 212, 219), die zudem in Teilen im Tatzeitraum für eine fremdenfeindliche Aufwiegelung besonders empfänglich war.
d) Die Angeklagte verwirklichte durch die nämliche Tathandlung zugleich die Voraussetzungen von § 130 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a StGB. Dessen konkurrenzrechtliches Verhältnis zu § 130 Abs. 1 Nr. 1 StGB bedarf hier keiner Entscheidung. Denn die Angeklagte ist durch den Schuldspruch allein nach § 130 Abs. 1 Nr. 1 StGB jedenfalls nicht beschwert (zum konkurrenzrechtlichen Verhältnis mehrerer Tatbestandsvarianten desselben Absatzes von § 130 StGB sowie zwischen § 130 Abs. 1 und Abs. 3 StGB s. BGH, Beschluss vom 6. August 2019 - 3 StR 190/19, BGHR StGB § 130 Konkurrenzen 1 mwN; zwischen § 130 Abs. 1 und Abs. 2 StGB s. LK/Krauß, StGB, 13. Aufl., § 130 Rn. 177 mwN; MüKoStGB/Schäfer/Anstötz, 4. Aufl., § 130 Rn. 116 mwN).
4. Schließlich missbrauchte die Angeklagte Berufsbezeichnungen im Sinne des § 132a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 StGB. Die vom Landgericht getroffenen Feststellungen belegen insgesamt, dass sie sich in verschiedenen Zusammenhängen in der Öffentlichkeit in einer Weise und einem Ausmaß wahrheitswidrig als Rechtsanwältin (§ 132a Abs. 1 StGB) beziehungsweise Teil einer „Sozietät“ (§ 132a Abs. 2 StGB) ausgab, dass die Interessen der Allgemeinheit berührt sind (zu den tatbestandlichen Voraussetzungen des „Führens“ s. BGH, Beschlüsse vom 13. Mai 1982 - 3 StR 118/82, BGHSt 31, 61, 62 f.; vom 17. November 2011 - 3 StR 203/11, NStZ 2012, 700; vom 3. Mai 2016 - 3 StR 449/15, BGHR StGB § 132a Abs. 1 Führen 1 Rn. 33 f.; LK/Krauß, StGB, 13. Aufl., § 132a Rn. 59 ff. mwN).
5. Die konkurrenzrechtliche Würdigung des Landgerichts als eine Tat (§ 52 StGB) beschwert die Angeklagte nicht. Es bedarf deshalb weder einer Entscheidung darüber, ob der Verstoß gegen das Vereinigungsverbot als Rädelsführer als Dauerdelikt einzustufen ist, noch, ob ein solcher bejahendenfalls mehrere Delikte der Volksverhetzung nach § 130 Abs. 1 Nr. 1 StGB zu verklammern vermag (zu den Voraussetzungen der Klammerwirkung s. etwa BGH, Beschluss vom 28. Oktober 2021 - 4 StR 163/21, BGHR StGB § 267 Abs. 1 Konkurrenzen 6 Rn. 10). Der Missbrauch von Berufsbezeichnungen nach § 132a Abs. 1 StGB, der grundsätzlich eine Mehrheit natürlicher Betätigungen, die auf demselben Entschluss beruhen, zu einer einheitlichen Straftat zusammenfasst, könnte das mangels annähernder Wertgleichheit nicht (vgl. BGH, Urteil vom 1. Juni 2023 - 4 StR 225/22, juris Rn. 19 mwN).
6. Die Einziehung der „in (…) der Anklageschrift (…) aufgeführten (…) Gegenstände“ hat dagegen keinen Bestand.
Zum einen sind die einzuziehenden Objekte in der Urteilsformel nicht ausreichend bezeichnet, mithin so genau, dass für alle Beteiligten und die Vollstreckungsorgane aus dem Tenor selbst zweifelsfrei erkennbar ist, welche Gegenstände der Einziehung unterliegen (s. zu diesem Erfordernis die st. Rspr., etwa BGH, Beschluss vom 8. Februar 2023 - 3 StR 477/22, juris Rn. 5 mwN). Die Anordnung der Einziehung muss aus sich heraus und ohne Bezugnahme auf urteilsfremde Schriftstücke verständlich sein. Der Verweis auf die Anklageschrift genügt nicht (BGH, Beschluss vom 8. April 2020 - 3 StR 55/20, juris Rn. 3 f.).
Zum anderen wird aus dem Urteil nicht deutlich, dass und gegebenenfalls weshalb es sich bei den eingezogenen Gegenständen um Tatmittel im Sinne des § 74 Abs. 1 StGB handelt, die darüber hinaus der Angeklagten gehören oder zustehen (§ 74 Abs. 3 StGB).
Schließlich kommt hinzu, dass § 74 Abs. 1 StGB die Anordnung der Einziehung ins Ermessen des Tatgerichts stellt: Gegenstände, die zur Begehung oder Vorbereitung einer vorsätzlichen Tat gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind, „können“ als Tatmittel eingezogen werden. Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit darf die Einziehung nicht angeordnet werden, wenn sie zur begangenen Tat und zum Vorwurf, der den von der Einziehung Betroffenen trifft, außer Verhältnis stünde (§ 74f Abs. 1 Satz 1 StGB). Dem Urteil muss grundsätzlich zu entnehmen sein, dass sich das Tatgericht dessen bewusst war und welche Gründe es für die Ausübung seines Ermessens als ausschlaggebend angesehen hat (st. Rspr.; s. etwa BGH, Beschluss vom 11. Januar 2022 - 3 StR 415/21, juris Rn. 6 mwN). Weder zeigen die Urteilsgründe eine solche Ermessensausübung auf, noch ist mit Blick auf die konkreten Umstände eine nähere Begründung entbehrlich gewesen (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Mai 2020 - 2 StR 44/20, juris Rn. 11).
7. Hinsichtlich des Strafausspruchs hat der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift ausgeführt:
„Die fehlerhafte Einziehungsentscheidung führt vorliegend auch zum Wegfall des Strafausspruchs. Eine Maßnahme nach § 74 StGB hat den Charakter einer Nebenstrafe und stellt damit eine Strafzumessungsentscheidung dar (vgl. Senat, Beschluss vom 19. März 2019 - 3 StR 522/18 - juris Rn. 3 m.w.N). Wird dem Täter auf diese Weise ein ihm zustehender Gegenstand von nicht unerheblichem Wert entzogen, so ist dies deshalb ein bestimmender Gesichtspunkt für die Bemessung der daneben zu verhängenden Strafe und insoweit im Wege einer Gesamtbetrachtung der den Täter treffenden Rechtsfolgen angemessen zu berücksichtigen. Vorliegend lässt sich der Anklageschrift, welche von Amts wegen zur Kenntnis genommen werden kann, entnehmen, dass Gegenstand der Einziehung unter anderem auch mehrere Laptops, eine externe Festplatte, mehrere Card Printer und eine Prägemaschine sein sollten. Unabhängig davon, dass die Urteilsgründe nicht erkennen lassen, inwieweit diese Gegenstände als Tatmittel verwendet wurden, erfolgten jedenfalls keinerlei Feststellungen zu deren Wert. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass diese Gegenstände - jedenfalls in Summe - einen nicht ganz unerheblichen Wert haben, sodass die Einziehung innerhalb der Strafzumessung zu berücksichtigen gewesen wäre.“ Dem verschließt sich der Senat nicht.
Die Feststellungen sind von dem Rechtsfehler nicht betroffen und können deshalb bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO). Neue Feststellungen sind möglich, soweit sie den bisherigen nicht widersprechen.
HRRS-Nummer: HRRS 2024 Nr. 116
Bearbeiter: Fabian Afshar