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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
September 2013
14. Jahrgang
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1. Ein fehlgeschlagener Versuch liegt zwar vor, wenn der Täter nach anfänglichem Misslingen des vorgestellten Tatablaufs nicht mehr glaubt, mit den bereits eingesetzten oder anderen bereitstehenden Mitteln die Tat noch vollenden zu können (BGHSt GSSt 39, 221, 228). Zur Beurteilung eines möglichen Fehlschlags des Versuchs kommt es auf den Moment an, in dem dem Täter noch alle Handlungsoptionen, nämlich die weitere Durchführung der Tat oder ihr Aufgeben, zur Verfügung standen. Es kommt nicht auf den Zeitpunkt an, in der der Täter diese selbst bereits aufgegeben hatte.
2. Lässt sich der Täter von der möglichen Geschädigten ein zuvor zur Bedrohung eingesetztes Messer aufgrund des Verhaltens und der Äußerungen der Geschädigten aus der Hand nehmen ließ, begründet dies für sich allein kein Misslingen
seines Tatplanes im Sinne eines fehlgeschlagenen Versuchs, sondern ist allenfalls unter dem Gesichtspunkt der Freiwilligkeit des Rücktritts zu prüfen. Entscheidend ist insoweit, ob der Täter die Wegnahme des Nötigungsmittels aus autonomen Motiven duldet.
3. Voraussetzung für ein freiwilliges Handeln ist nach ständiger Rechtsprechung, dass der Täter die Ausführung seines Tatplans noch für möglich hält und nicht durch eine äußere Zwangslage an der Tatvollendung gehindert ist, die Tatvollendung aber gleichwohl aus selbstgesetzten Motiven nicht mehr erreichen will.
1. Freiwilligkeit liegt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vor, wenn der Täter „Herr seiner Entschlüsse“ geblieben ist und die Ausführung seines Verbrechensplans noch für möglich gehalten hat, er also weder aufgrund äußerer noch innerer Zwangslage unfähig geworden ist, die Tat zu vollbringen; maßgebliche Beurteilungsgrundlage ist die Vorstellung des Täters, wobei aber die äußeren Gegebenheiten insoweit von Bedeutung sind, als sie Rückschlüsse auf die innere Einstellung ermöglichen.
2. Eine für den Täter letztlich unvertretbare Erhöhung des Entdeckungsrisikos ist für die Beurteilung der Freiwilligkeit ein relevanter Gesichtspunkt. Indessen bedarf es auch in einem solchen Fall der genauem Darlegung der Umstände, aus denen die für den Täter nicht mehr hinnehmbare Risikosteigerung gefolgert wird.
Da die Freiwilligkeit des Rücktritts eine autonom getroffene Willensentscheidung des Täters voraussetzt, darf diese dem Täter zwar nicht durch die äußeren Umstände aufgezwungen worden sein. Die Tatsache aber, dass der Anstoß zum Umdenken von außen kommt oder die Abstandnahme von der Tat erst nach dem Einwirken eines Dritten erfolgt, stellt für sich genommen die Autonomie der Entscheidung des Täters ebenso wenig in Frage (vgl. BGH NStZ 1988, 69, 70; BGHSt 7, 296, 299) wie der Umstand, dass ein Täter zunächst von dem Tatopfer weggezogen werden muss (vgl. BGH NStZ 2008, 393). Maßgebend ist auch in diesen Fällen, ob der Täter trotz des Eingreifens oder der Anwesenheit Dritter noch „aus freien Stücken“ handelt oder aber ob Umstände vorliegen, die zu einer ihn an der Tatausführung hindernden äußeren Zwangslage oder inneren Unfähigkeit einer Tatvollendung führen (BGH NStZ-RR 2009, 366, 367).
1. Bedingten Tötungsvorsatz hat, wer den Eintritt des Todes als mögliche Folge seines Handelns erkennt (Wissenselement) und billigend in Kauf nimmt (Willenselement). Beide Elemente müssen durch tatsächliche Feststellungen belegt werden. Ihre Bejahung oder Verneinung kann nur auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung aller objektiven und subjektiven Umstände erfolgen (vgl. BGH NStZ 2012, 443, 444).
2. Dabei ist die auf der Grundlage der dem Täter bekannten Umstände zu bestimmende objektive Gefährlichkeit der Tathandlung ein wesentlicher Indikator. Bei äußerst gefährlichen Gewalthandlungen liegt die Annahme von zumindest bedingtem Tötungsvorsatz nahe (st. Rspr.; BGH NStZ 2011, 338 f.). Gleichwohl können das Wissens- oder Willenselement des Vorsatzes im Einzelfall fehlen, etwa wenn dem Täter, obwohl er alle Umstände kennt, die sein Vorgehen zu einer das Leben gefährdenden Behandlung machen, das Risiko einer Tötung infolge einer psychischen Beeinträchtigung oder alkoholischen Beeinflussung zur Tatzeit nicht bewusst ist (vgl. BGH NStZ 2012, 151).
1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bestimmt sich die Zahl der rechtlich selbständigen Handlungen im Sinne von § 53 Abs. 1 StGB für jeden Täter nach der Anzahl seiner Handlungen. Wird im Fall einer Organisation eines Unternehmens, das durch Mitarbeiter Kunden täuscht und hierdurch zu Vermögensverfügung veranlasst, ein einheitlicher Tatbeitrag des Hintermanns in seiner Organisationstätigkeit gesehen, dann gilt dies für alle Fälle, in denen dieser Täter nicht selbst eigenhändig gegenüber den Kunden Betrügereien begeht (vgl. BGH StV 2010, 363).
2. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB hindert eine Verfallsentscheidung, wenn der Täter oder Teilnehmer „aus der Tat“ einen Vermögensvorteil erlangt hat und Gegenansprüche eines Verletzten bestehen; nur das „für die Tat“ Erlangte unterliegt dem Verfall ohne Rücksicht auf Ansprüche Verletzter. „Aus der Tat“ sind diejenigen Vermögenswerte erlangt, die dem Täter oder Teilnehmer unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestandes selbst zugeflossen sind. Um Vorteile „für die Tat“ handelt es sich demgegenüber, wenn die Vermögenswerte als Gegenleistung für sein rechtswidriges Tun gewährt werden, etwa wenn ein Lohn für die Tatbegehung gezahlt wird (vgl. BGH NStZ 2011, 229).
Ein einheitliches Motiv, eine Gleichzeitigkeit von Geschehensabläufen oder eine Mittel-Zweck-Verknüpfung
vermögen eine Tateinheit nicht zu begründen (vgl. BGHSt 43, 317, 319). Mehrere strafbare Gesetzesverstöße stehen aber zueinander in Tateinheit (§ 52 StGB), wenn die jeweiligen Ausführungshandlungen in einem für sämtliche Tatbestandsverwirklichungen notwendigen Teil zumindest teilweise identisch sind. Begeht ein Täter, der Rauschgift zu Handelszwecken in einem Pkw befördert (Einfuhrfahrt, Transportfahrt vom Lieferanten zum Depot, Fahrt zu Abnehmern etc.) durch das Führen des Transportfahrzeuges weitere Gesetzesverstöße, so stehen diese nach den genannten Grundsätzen zu dem in der Beförderung liegenden Betäubungsmittelhandel im Verhältnis der Tateinheit (§ 52 StGB). Denn ihr Tatbestand wird durch dieselbe Ausführungshandlung verwirklicht (vgl. BGH NZV 2012, 250).
1. Ein Außenstehender unterstützt eine Vereinigung auch mit Tätigkeiten, die sich der Sache nach als Förderung des Werbens für die Vereinigung durch ein Organisationsmitglied darstellen. (BGHSt)
2. Die um Sympathie oder um Mitglieder oder Unterstützer werbende Tätigkeit eines Nichtmitglieds fällt dagegen dann nicht unter das Tatbestandsmerkmal des Unterstützens im Sinne des § 129a Abs. 5 Satz 1 StGB, wenn sie sich allgemein für die Organisation oder ihre Ziele einsetzt, ohne dabei die propagandistische Tätigkeit eines Vereinigungsmitglieds individuell zu fördern. (Bearbeiter)
3. Es ist nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber durch das Herausnehmen der Sympathiewerbung aus dem Kreis strafbarer Werbungs- und Unterstützungshandlungen auch die Hilfeleistung zu der propagandistischen mitgliedschaftlichen Betätigung eines Angehörigen der Organisation von der Strafbarkeit ausnehmen oder nicht als täterschaftliche Unterstützungshandlung, sondern lediglich als Beihilfe zur mitgliedschaftlichen Beteiligung pönalisieren wollte. (Bearbeiter)
4. Fördert der Außenstehende konkret die mitgliedschaftliche Beteiligung eines Mitglieds an der Vereinigung, so bedarf es für die Tathandlung des Unterstützens in der Regel nicht der Feststellung eines noch weitergehenden positiven Effekts der Handlungen des Nichtmitglieds für die Vereinigung. Da als Folge des Unterstützens ein irgendwie gearteter Vorteil für die Vereinigung ausreicht, liegt es nahe, dass bei einer Tätigkeit, die sich in der Sache als Beihilfe zur Beteiligung eines Mitglieds an der Vereinigung darstellt, regelmäßig bereits hierin ein ausreichender Nutzen für die Vereinigung zu sehen ist. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Täter ein Mitglied der Vereinigung bei der Erfüllung einer Aufgabe unterstützt, die diesem von der Vereinigung aufgetragen worden ist. (Bearbeiter)
Der Senat beabsichtigt, an der bisherigen ständigen Rechtsprechung zum Merkmal des „Absetzens“ (respektive der „Absatzhilfe“) i.S.v. § 259 StGB, wonach die Verwirklichung dieses Merkmals einen Absatzerfolg nicht voraussetzt, nicht festzuhalten. Er hält die Interpretation des Hehlereitatbestandes als Erfolgsdelikt in grammatikalischer, systematischer sowie teleologischer Hinsicht für überzeugender. Die Gesetzgebungsgeschichte stehe diesem Verständnis, das in der Literatur nahezu einhellig befürwortet wird, nicht entgegen. Der Senat fragt daher bei den anderen Strafsenaten an, ob an entgegenstehender Rechtsprechung festgehalten wird.
1. Der Senat stimmt im Grundsatz der Auffassung des anfragenden 3. Strafsenats zu, dass eine auf die Vornahme dieser Tathandlung gestützte Verurteilung wegen vollendeter Hehlerei die Feststellung eines Absatzerfolges voraussetzt.
2. Es bleibt offen, ob das Erfordernis eines Absatzerfolges für das Tatbestandsmerkmal „absetzen hilft“ in § 259 Abs. 1 StGB ebenfalls zu gelten hätte.
3. Der Senat weist im Hinblick auf den Gegenstand der Anfrage zudem klarstellend darauf hin, dass die Aufgabe früherer eigener, der Rechtsansicht des anfragenden 3. Strafsenats entgegenstehender Rechtsprechung lediglich zu dem Merkmal „absetzt“ in § 259 Abs. 1 StGB ergangene Entscheidungen nicht aber Rechtsprechung des
Senats zu dem Merkmal „absetzt“ in § 374 Abs. 1 AO (Steuerhehlerei) betrifft.
1. Der Computerbetrug (§ 263a StGB) erfordert aufgrund seiner Struktur- und Wertgleichheit mit dem allgemeinen Betrugstatbestand (§ 263 StGB) in Einschränkung seines Wortlauts eine Handlung, die, würden nicht lediglich maschinell gesteuerte Geschehensabläufe ausgelöst, als Betrug durch täuschungsbedingte Veranlassung der Vermögensverfügung eines – vom Täter zu unterscheidenden – anderen zu bewerten wäre (sog. betrugsspezifische Auslegung, st. Rspr.). Daran fehlt es, wenn ein zur Eröffnung von Konten mit unmittelbarer Wirkung für die kontoführende Bank befugter selbständiger Finanzierungsvermittler auf maschinellem Wege unter Verwendung unrichtiger (Identitäts-)Daten Konten eröffnet, bei denen in der Folgezeit durch Dritte die Kreditlinie ohne Aussicht auf Rückzahlung ausgeschöpft werden soll. Dies kann vielmehr den Tatbestand der Untreue verwirklichen (§ 266 StGB).
2. Veranlasst der Täter die Kontoeröffnung durch eine ihm gegenüber weisungsabhängige Person, so kommt es für die Frage eines Irrtums nicht auf deren Vorstellungen, sondern ausschließlich auf die des Täters selbst an. Daher liegt in diesen Fällen kein Betrug, sondern eine Untreue in mittelbarer Täterschaft vor.
1. Von einer durch die Rechtsordnung nicht missbilligten Dienstleistung, die typischerweise gegen Entgelt erbracht wird und deshalb im Rahmen einer entgeltlichen Vertragsbeziehung als Vermögensbestandteil anzusehen ist, kann allenfalls bei freiwillig erbrachten sexuellen Handlungen einer Prostituierten die Rede sein. Nichts anderes ergibt sich aus § 1 Satz 1 ProstG.
2. Die Erpressung einer Prostituierten in der Form, dass ihr der Verzicht auf das vereinbarte Entgelt abgenötigt werden soll, kommt demgemäß nur in Betracht, wenn die abgesprochene sexuelle Handlung zuvor einvernehmlich erbracht worden ist. Dem gegen den Willen der Prostituierten erzwungenen Geschlechtsverkehr kommt hiergegen kein Vermögenswert im Sinne des § 253 Abs. 1 StGB zu. Die Rechtsgutverletzung erschöpft sich in diesen Fällen vielmehr in einem Angriff auf die sexuelle Selbstbestimmung, deren Schutz vor Zwangseinwirkungen das geltende Strafrecht mit den Tatbeständen des § 177 StGB und § 240 Abs. 1, Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 StGB umfassend gewährleistet.
1. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts muss der Vermögensschaden, von einfach gelagerten und eindeutigen Fällen – etwa bei einem ohne weiteres greifbaren Mindestschaden – abgesehen, der Höhe nach beziffert und dies in wirtschaftlich nachvollziehbarer Weise in den Urteilsgründen dargelegt werden (vgl. BVerfGE 130, 1, 47).
2. Ob die Hingabe eines Darlehens einen Vermögensschaden bewirkt, ist daher durch einen für den Zeitpunkt der Darlehenshingabe anzustellenden Wertvergleich mit dem Rückzahlungsanspruch des Darlehensgläubigers zu ermitteln. Die Werthaltigkeit des Rückzahlungsanspruchs wird dabei durch die Bonität des Schuldners und den Wert der bestellten Sicherheiten bestimmt. Ein Schaden entsteht daher nur, wenn die vorgespiegelte Rückzahlungsmöglichkeit nicht besteht und auch gegebene Sicherheiten wertlos oder minderwertig sind.
3. Ein zivilrechtliches Prozessrisiko wegen eines gutgläubigen Eigentumserwerbs scheidet nach den Maßgaben der neueren verfassungsrechtlichen Rechtsprechung als Grundlage eines Vermögensschadens aus (vgl. BGH NStZ 2013, 37 f.).
4. Anvertraut im Sinne des § 246 Abs. 2 sind Sachen, deren Besitz oder Gewahrsam dem Täter in dem Vertrauen eingeräumt worden ist, er werde die Gewalt über sie nur im Sinne des Einräumenden ausüben. Hierfür genügt es, dass er Besitz oder Gewahrsam an einer Sache kraft eines Rechtsgeschäfts mit der Verpflichtung erlangt hat, sie zurückzugeben oder zu einem bestimmten Zweck zu verwenden (vgl. BGHSt 16, 280, 282). Hierbei handelt es sich um ein besonderes persönliches Merkmal im Sinne des § 28 Abs. 2 StGB, das nur bei demjenigen Täter oder Teilnehmer zur Strafschärfung führt, bei dem es vorliegt (vgl. BGH, StV 1995, 84).
5. Eine Urkunde ist unecht, wenn sie nicht von demjenigen stammt, der aus ihr als Aussteller hervorgeht, wenn also der Anschein erweckt wird, ihr Aussteller sei eine andere Person als diejenige, von der sie herrührt. Entscheidend ist dabei die Täuschung über die Identität des Ausstellers, nicht über seinen Namen (st. Rspr.). Ein unwahrer Inhalt berührt dagegen die Echtheit der Urkunde nicht; sog. schriftliche Lügen werden von § 267 Abs. 1 StGB nicht erfasst (st. Rspr.).
1. Ein vollendeter gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr gemäß § 315b Abs. 1 StGB liegt erst dann vor, wenn durch eine der in § 315b Abs. 1 Nr. 1 bis 3 StGB genannten Tathandlungen eine Beeinträchtigung der Sicherheit des Straßenverkehrs herbeigeführt worden ist und sich diese abstrakte Gefahrenlage zu einer konkreten Gefährdung von Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremder Sachen von bedeutendem Wert verdichtet hat (vgl. BGHSt 48, 119, 122). Hierfür sind konkrete einzelfallbezogene Feststellungen erforderlich. Es genügt nicht, dass das Gericht feststellt, eine nicht angeschnallter Beifahrer habe sich infolge des Anstoßes von hinten mit den Händen am Armaturenbrett abstützen müssen, um nicht gegen die Windschutzscheibe geschleudert zu werden, wenn dem andere Feststellungen entgegenstehen.
2. Die Strafbarkeit nach § 315b Abs. 1 StGB bei Verkehrsvorgängen im fließenden Verkehr (verkehrsfeindlicher Inneneingriff) setzt nach der Rechtsprechung des Senats voraus, dass zu dem bewusst zweckwidrigen Einsatz des Fahrzeugs in verkehrsfeindlicher Einstellung hinzukommt, dass das Fahrzeug mit mindestens bedingtem Schädigungsvorsatz – etwa als Waffe oder Schadenswerkzeug – missbraucht wird. Erst dann liegt eine verkehrsatypische „Pervertierung“ eines Verkehrsvorgangs zu einem gefährlichen „Eingriff“ in den Straßenverkehr im Sinne des § 315b Abs. 1 StGB vor (vgl. BGHSt 48, 233, 237).
3. Bei der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB handelt es sich um eine den Angeklagten beschwerende Maßregel (vgl. BGHSt 38, 4, 7), deren tatbestandliche Voraussetzungen bei einer Anordnung sicher feststehen müssen (vgl. BGH NStZ-RR 2001, 295). Für eine Anwendung des Zweifelssatzes ist insoweit kein Raum.
1. Heimtückisch handelt, wer die Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers bewusst zur Tötung ausnutzt. Das hierfür erforderliche Ausnutzungsbewusstsein kann zwar im Einzelfall ohne Weiteres aus dem objektiven Bild des Geschehens entnommen werden, wenn dessen gedankliche Erfassung durch den Täter auf der Hand liegt. Auf eine Gesamtwürdigung aller Umstände und auf die nähere Erläuterung der Feststellung eines Ausnutzungsbewusstseins kann aber dann nicht verzichtet werden, wenn gewichtige Umstände dagegen sprechen. Dazu zählen zum Beispiel eine hochgradige Erregung der Angeklagten, die Einnahme von Flunitrazepam vor der Tat und die Tatsache, dass sie dem Opfer schreiend mit einer Spritze in der Hand entgegentrat, so dass Arglosigkeit objektiv zweifelhaft erscheint und auch aus der Sicht der Angeklagten fern gelegen haben könnte.
2. Bei Motiven wie Wut und Erregung kommt es unter dem Gesichtspunkt der sonst niedrigen Beweggründe darauf an, ob diese Gefühlsregung jedes nachvollziehbaren Grundes entbehrt und das Handlungsmotiv in deutlich weiter reichendem Maß als bei einem Totschlag verachtenswert erscheint.
Die Wegnahme im Sinne des § 242 Abs. 1 StGB ist erst dann vollendet, wenn der Täter die Herrschaft über die Sache derart erlangt hat, dass er sie unbehindert durch den bisherigen Gewahrsamsinhaber ausüben und dieser seinerseits über die Sache nicht mehr verfügen kann. Im Selbstbedienungsladen liegt eine vollendete Wegnahme durch einen Täter, der die Kassenzone mit der Ware noch nicht passiert hat, insbesondere vor, wenn der Täter Sachen geringen Umfangs einsteckt oder sie sonst verbirgt (vgl. BGHR StGB § 242 Wegnahme 1). Das Wegtragen einer umfangreicheren Beute, die zwei Tüten umfasst, begründet innerhalb der Gewahrsamssphäre des Ladeninhabers noch keine Gewahrsamsenklave.
Wer ein Behältnis mit der nicht näher konkretisierten Vorstellung wegnimmt, darin befänden sich Gegenstände, die er entweder selbst verwenden oder gewinnbringend veräußern könne, begeht lediglich ein versuchtes Zueignungsdelikt, wenn dies tatsächlich nicht der Fall ist.
1. Der Tatbestand der Rechtsbeugung erfordert, dass sich der Richter bei der Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache bewusst und in schwerwiegender Weise von Recht und Gesetz entfernt und sein Handeln als Organ
des Staates statt an Recht und Gesetz an eigenen Maßstäben ausrichtet (st. Rspr.).
2. Unter „Rechtssache“ ist das gesamte streitige Verhältnis zu verstehen, über das der Richter zu „entscheiden“ hat; die „Leitung“ der Rechtssache ist der Inbegriff aller Maßnahmen, die auf die Erledigung der Sache abzielen. Ob die Leitung der Rechtssache mit dem Erlass einer Entscheidung, also der Anordnung einer Rechtsfolge, beendet ist, hängt von der Art des Verfahrens und dem Gegenstand der Entscheidung ab. Die Absetzung des schriftlichen Urteils in Strafsachen dient nicht allein der verwaltungsmäßigen Abwicklung des Strafverfahrens (vgl. BGHSt 38, 381, 385), dieses ist mit der mündlichen Urteilsverkündung nicht beendet. Die Abfassung der schriftlichen Urteilsgründe ist vielmehr originäre Aufgabe des erkennenden Richters und gehört zur Leitung und Entscheidung der Rechtssache. Dies gilt erst recht, wenn gegen die Entscheidung ein Rechtsmittel eingelegt ist.
3. Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften stellt nur dann einen Rechtsbruch im Sinne des § 339 StGB dar, wenn darin allein oder unter Berücksichtigung des Motivs des Täters ein elementarer Rechtsverstoß gesehen werden kann.
4. Die Tat muss zugunsten oder zum Nachteil einer Partei erfolgen. Zugunsten oder zum Nachteil einer Partei wirkt sich eine Beugung des Rechts aus, wenn sie die Partei besser oder schlechter stellt, als sie bei richtiger Rechtsanwendung stünde. Bei der Verletzung von Verfahrens- und Zuständigkeitsvorschriften ist erforderlich, dass durch die Verfahrensverletzung die konkrete Gefahr einer falschen Entscheidung zum Vor- oder Nachteil einer Partei begründet wurde, ohne dass allerdings ein Vor- oder Nachteil tatsächlich eingetreten sein muss. Für die Benachteiligung bei einem Verstoß gegen Verfahrensrecht kommt es nicht entscheidend auf die materielle Richtigkeit der „Endentscheidung“ oder des in der Berufungshauptverhandlung verkündeten Urteils.
5. Für den Tatbestand der Rechtsbeugung reicht der bewusste Rechtsverstoß, eine darüber hinausgehende absichtliche Begünstigung oder Benachteiligung der Prozessparteien ist nicht erforderlich.
Ohne dass es für die Entscheidung darauf ankommt, weist der Senat darauf hin, dass die Weisung, jegliche Tätigkeit zu unterlassen, durch welche der Angeklagte in Kontakt zu Kindern und Jugendlichen kommen kann, nicht hinreichend bestimmt sein dürfte, um ein nach § 145a Satz 1 StGB strafbares Verhalten zu bezeichnen.
Gewerbsmäßiges Handeln ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Täter – hier: einer Untreue – Teile der erlangten Gelder zugunsten von Dritten Personen einsetzt. Es kommt vielmehr allein darauf an, dass er auf alle Einzelbeträge unmittelbar selbst zugreifen und über die Verwendung des Geldes – ob für sich oder für andere, aus welchen Gründen auch immer – nach eigenen selbstbestimmten Vorstellungen verfügen kann (im Anschluss an BGH HRRS 2011 Nr. 1138).