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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Aug./Sept. 2011
12. Jahrgang
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1. Eine dissoziale Persönlichkeitsstörung unterfällt, auch wenn sie nicht die Voraussetzungen der §§ 20, 21 StGB erfüllt, dem Begriff der psychischen Störung im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 lit. e MRK, § 1 Abs. 1 Nr. 1 ThuG und kann bei aus konkreten Umständen in der Person oder dem Verhalten des Verurteilten ableitbarer hochgradiger Gefahr schwerster Gewalt- oder Sexualstraftaten die nachträgliche Sicherungsverwahrung nach § 66b Abs. 2 StGB aF rechtfertigen (im Anschluss an BVerfG, Urteil vom 4. Mai 2011, BGBl. I S. 1003). (BGHSt)
2. Die einschränkenden Maßgaben gemäß dem vorgenannten Urteil des Bundesverfassungsgerichts beanspruchen jedenfalls in „Altfällen“ auch für die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung nach § 66b Abs. 1 Satz 1 StGB aF Gültigkeit. (BGHSt)
1. Zur vergleichenden Strafzumessung bei Tatbeteiligten. (BGHSt)
2. Das Gebot, dass gegen Mittäter verhängte Strafen auch in einem gerechten Verhältnis zueinander stehen sollen, trifft zu, wenn Mittäter in einem Urteil abgeurteilt werden. Freilich müssen Unterschiede nur dann im angefochtenen Urteil erläutert werden, wenn sie sich nicht – was aber zumeist der Fall sein wird – aus der Sache selbst ergeben (vgl. u.a. BGH StV 2009, 244, 245; BGH StV 2009, 351; BGH NStZ-RR 1998, 50; BGHR StGB § 46 Abs. 2 Zumessungsfehler 1). Diese sachlich-rechtliche Begründungspflicht kann auch gegeben sein, wenn die Strafkammer in derselben Besetzung (einschließlich der Schöffen), z.B. in einem abgetrennten Verfahren gegen Mittäter, entscheidet und das oder die anderen Verfahren danach gerichtsbekannt sind. (Bearbeiter)
3. Auf die Strafpraxis anderer Gerichte und auch anderer Kammern desselben Gerichtes kommt es hingegen nicht an. Ein Grundsatz, dass Mittäter, wenngleich von verschiedenen Gerichten, bei vermeintlich gleicher Tatbeteiligung gleich hoch zu bestrafen seien, besteht nicht und kann in dieser Form auch nicht bestehen, weil die Vergleichsmöglichkeiten zwischen den in verschiedenen Verfahren gewonnenen Ergebnissen zu gering sind, ganz besonders zur inneren Tatseite und zum Maße der Schuld. Dies gilt auch bei vermeintlich abgestufter Beteiligung und demgemäß abgestufter Strafe. (Bearbeiter)
4. Der Tatrichter muss in jedem Einzelfall die angemessene Strafe unter Abwägung aller in Betracht kommenden Umstände aus der Sache selbst finden. Revisionen, die auf vergleichende Strafzumessung gerichtet sind, werden daher grundsätzlich als unbegründet angesehen. (Bearbeiter)
5. Das Gleichheitsgebot als formales Prinzip sagt nichts darüber aus, welches von mehreren Gerichten seine Zumessungsgrundsätze denen des anderen anzupassen habe. Die Entscheidung hierüber ist keine Frage der Rechtsgleichheit, sondern der Rechtsrichtigkeit, d.h. sie ist ausschließlich nach dem die Strafbemessung leitenden Grundsatz der gerechten Schuldstrafe zu beurteilen (vgl. BGHSt 28, 318, 324). (Bearbeiter)
6. Der Schweregrad der einem Angeklagten anzulastenden Schuld erhöht sich auch nicht allein dadurch, dass einem Mittäter ein geringerer Vorwurf zu machen ist. Als Konsequenz aus diesen Überlegungen hat die Rechtsprechung daher festgehalten, dass die in anderen Verfahren verhängten Strafen zu keiner, wie auch immer beschaffenen, rechtlichen Bindung des Gerichts bei der Strafzumessung führen. Es wäre rechtsfehlerhaft, wenn das Gericht die Strafe allein im Hinblick auf die Strafen bemessen würde, die in anderen Urteilen – sei es desselben Gerichts, sei es eines anderen Gerichts – verhängt wurden. (Bearbeiter)
7. Der Tatrichter ist danach grundsätzlich nicht gehalten, sich strafvergleichend mit anderen Urteilen zu befassen, mögen sie auch zum gleichen Tatkomplex ergangen sein. Eine entsprechende Aufklärungsverpflichtung besteht nicht. (Bearbeiter)
1. Die für den Anspruch auf Gewährung der besonderen Zuwendung für Haftopfer erforderliche besondere Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Lage beurteilt sich bei Berechtigten, die sich im Strafvollzug befinden, ausschließlich nach den Voraussetzungen des § 17a Abs. 2 StrRehaG. (BGHSt)
2. Der Anspruch auf Gewährung der besonderen Zuwendung für Haftopfer ist nicht davon abhängig, dass die gegenwärtige wirtschaftliche Beeinträchtigung des Berechtigten kausal mit der infolge der rechtsstaatswidrigen Entscheidung oder Maßnahme erlittenen Freiheitsentziehung verknüpft ist. Ein solches Kausalitätserfordernis lässt sich auch nicht daraus ableiten, dass die besondere Zuwendung für Haftopfer neben der Kapitalentschädigung, der Unterstützungsleistung nach § 18 StrRehaG und den in §§ 21 ff. StrRehaG vorgesehenen Versorgungsansprüchen gemäß § 16 Abs. 3 StrRehaG zu den sozialen Ausgleichsleistungen zählt, denen nach § 16 Abs. 1 StrRehaG eine auf die zu Unrecht erlittene Freiheitsentziehung bezogene Ausgleichsfunktion zukommt (vgl. BGHSt 55, 249 Rn. 17). (Bearbeiter)
1. Die Strafzumessung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Das Revisionsgericht kann nur eingreifen, wenn Rechtsfehler vorliegen, insbesondere wenn der Tatrichter von einem falschen Strafrahmen ausgegangen ist, seine Strafzumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind oder rechtlich anerkannte Strafzwecke außer Acht gelassen haben oder wenn sich die Strafe von ihrer Bestimmung, gerechter Schuldausgleich zu sein, so weit nach oben oder nach unten inhaltlich löst, dass ein grobes Missverhältnis von Schuld und Strafe offenkundig ist (BGHR StGB § 46 Abs. 1 Beurteilungsrahmen 1 mwN).
2. Zur Anwendung auf den Fall einer gefährlichen Körperverletzung zulasten eines „Plakatabreißers“ durch Angehörige der NPD und der Jungen Union.
1. Durch das Gesetz zur Neuordnung des Rechts der Sicherungsverwahrung und zu begleitenden Regelungen vom 22. Dezember 2010 (BGBl I 2300) ist u.a. die Bestimmung des § 66 StGB erheblich umgestaltet worden. Gemäß der Übergangsregelung des Art. 316e Abs. 1 EGStGB findet, sofern die für die Maßregelanordnung relevanten Anlasstaten vor dem 1. Januar 2011 begangen wurden, zwar grundsätzlich das bisherige Recht Anwendung. Anderes gilt indes dann, wenn nach neuem Recht die rechtlichen Voraussetzungen für eine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung nicht mehr gegeben sind. In diesen Fällen ist nach Art. 316e Abs. 2 EGStGB, der auch in der Revisionsinstanz zu beachten ist (§ 354a StPO), das neue Recht als das mildere Gesetz anzuwenden.
2. Nach § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB n.F. müssen die in formeller Hinsicht für die Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung erforderlichen Vorverurteilungen jeweils Straftaten zum Gegenstand haben, die in § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a bis c StGB n.F. bezeichnet sind („Katalogtaten“).
Die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung kann nach Art. 316e Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 EGStGB keinen Bestand mehr haben, wenn sie auf da Diebstahl, Betrug und Computerbetrug gestützt wurde. Das Revisionsgericht hat das gegenüber dem bisherigen Recht mildere neue Recht zu Gunsten des Angeklagten anzuwenden (§ 354a StPO).
1. Für die Voraussetzungen des § 213 Alternative 1 StGB ist unerheblich, ob sich die Tat als Spontantat darstellt. Es kommt vielmehr darauf an, ob die in Beleidigungen, Bedrohungen oder anderem Verhalten des später Geschädigten liegende Kränkung einen noch anhaltenden Zorn des Angeklagten hervorgerufen und ihn so zu seiner Tat hingerissen hat.
2. Räumt der Angeklagte ausschließlich zum Zwecke seiner Verteidigung (nämlich im Rahmen der Schilderung einer Notwehrlage sowie seines Verteidigungswillens) ein, er habe den Geschädigten erheblich verletzen wollen, und sieht der Tatrichter diese Einlassung gänzlich als widerlegt hat, so darf er auch im Rahmen der Beweiswürdigung zum Körperverletzungs- oder Tötungsvorsatz nicht von einem Geständnis hinsichtlich einer beabsichtigten Beibringung erheblicher Verletzungen ausgehen und dieses zum Nachteil des Angeklagten verwenden (Bekräftigung der Senatsbeschlüsse vom 4. und 24. Mai 2011 – 5 StR 65/11 und 161/11).
1. Es ist rechtsfehlerhaft, eine lediglich nicht „ausschließbare“ Vorstellung des Angeklagten bei einem Messereinsatz gegen die bereits kampfunfähigen und wehrlos am Boden liegenden Tatopfer – nämlich um jegliche Möglichkeit einer körperlichen Gegenwehr und eigene Verletzungen von vornherein zu verhindern – als bestimmenden, auf eine Milderung gerichteten Strafzumessungsgesichtspunkt zu berücksichtigen.
2. Ein „vorbeugender“ Messereinsatz kann auch mit Blick auf frühere gewalttätige Auseinandersetzungen, in die der Angeklagte verwickelt war und bei denen er selbst erheblich verletzt wurde, nicht zur Begründung einer Strafmilderung herangezogen werden. Im Übrigen ist jegliche strafmildernde Bewertung einer „Präventivnotwehr“ von der Rechtsordnung nicht anerkannt (vgl. BGH NJW 2003, 1955, 1958).
Auch wenn den Angeklagten nach seiner Einlassung eine strafrechtliche Verantwortung nicht getroffen hätte, kann für deren Beurteilung als Strafzumessungsgrund durchaus Berücksichtigung finden, dass er schon durch die von ihm eingeräumte faktische Unterstützung zweier Schleusungen die Situation der geschleusten Menschen und die hiermit verbundene Ausnutzung von deren Notlage in Wirklichkeit mit verschlimmert hat, wofür er offenbar aber jede Mitverantwortung ablehnte und auch nach der von ihm behaupteten späten Kenntnis der wahren Sachlage nichts zur Abwendung der Gefahren unternommen hatte. Der Grundsatz, dass von einem bestreitenden Angeklagten keine Reue verlangt werden kann, ist in so einem Fall nicht einschlägig (vgl. auch Senatsbeschluss vom 8. Mai 2007 – 1 StR 193/07).
1. Die Aufklärungshilfe nach § 31 Nr. 1 BtMG setzt voraus, dass der Täter sein Wissen über die Tat den Strafverfolgungsbehörden mitteilt. Diese Offenbarung muss einen Aufklärungserfolg in dem Sinne hervorgerufen haben, dass sie nach der Überzeugung des Tatgerichts wesentlich zur Aufdeckung der Tat über den eigenen Beitrag des Täters hinaus geführt hat.
2. Dieser Aufklärungserfolg und die ihm zugrunde liegende richterliche Überzeugung müssen im Urteil konkret und nachprüfbar dargestellt werden. Dazu gehört es, dass die Angaben des Angeklagten jedenfalls in ihrem tatsächlichen Kern, der Erkenntnisstand der Ermittlungsbehörden und etwaige durch die Angaben veranlasste Strafverfolgungsmaßnahmen dargelegt werden.
3. Der Anwendung des § 31 Nr. 1 BtMG steht es nicht entgegen, wenn ein Angeklagter sich zu seinem eigenen Tatbeitrag geschönt eingelassen hat. Denn eine Strafmilderung wegen Aufklärungshilfe setzt weder ein umfassendes Geständnis des Täters noch einen wesentlichen Beitrag zur Aufdeckung der eigenen Tatbeteiligung voraus. Sie ist vielmehr bereits möglich, wenn der Täter durch freiwillige Offenbarung seines Wissens wesentlich dazu beigetragen hat, dass die Tat über seinen eigenen Tatbeitrag hinaus aufgedeckt wird.
4. Macht der Täter Angaben über seinen Tatbeitrag hinaus, so schließt die zurückhaltende Schilderung des eigenen Tatbeitrags die Anwendung des § 31 Nr. 1 BtMG lediglich dann aus, wenn sie dazu führt, dass die Tat insgesamt nur unzureichend aufgeklärt werden kann.
1. Die Anordnung der Sicherungsverwahrung gemäß § 66 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 2 StGB liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Tatgerichts. Dessen Ausübung muss sich den Urteilsgründen auch entnehmen lassen.
2. Jedenfalls bei Angeklagten, die erstmals zu längerer Strafhaft verurteilt werden, erfordert die neben der Strafe angeordnete Unterbringung in der Sicherungsverwahrung zwingend eingehende Ausführungen des Tatrichters, warum sich der Angeklagte nicht bereits die Haftverbüßung hinreichend zur Warnung dienen lassen wird.
1. Anlass zur Erörterung einer Strafrahmenverschiebung nach § 46b Abs. 1 Nr. 1 StGB wegen eines wesentlichen Aufklärungserfolges besteht auch dann, wenn der Täter Taten offenbart, an denen er selbst nicht beteiligt war.
2. Ein Aussagenotstand im Sinne von § 157 Abs. 1 StGB ist auch dann zu prüfen, wenn die Beweisperson ein Aussage- bzw. Auskunftsverweigerungsrecht hatte.
Unabhängig von der verfahrensrechtlichen Vorschrift des § 267 Abs. 3 Satz 4 StPO sind aus materiellrechtlichen Gründen Ausführungen im Urteil zur Strafaussetzung zur Bewährung erforderlich, wenn eine Erörterung dieser Frage als Grundlage für die revisionsgerichtliche Nachprüfung geboten ist. Dies ist der Fall, wenn angesichts der konkreten Umstände des Falles eine Strafaussetzung zur Bewährung nicht so fern liegt, dass eine ausdrückliche Erörterung der Aussetzungsfrage entbehrlich erscheint.
1. Gemäß § 73d StGB können Gegenstände eines an der rechtswidrigen Tat Beteiligten für verfallen erklärt werden, wenn das Tatgericht nach Beweiserhebung und Beweiswürdigung davon überzeugt ist, dass die von der Verfallsanordnung erfassten Gegenstände für rechtswidrige Taten oder aus ihnen unmittelbar erlangt worden sind, ohne dass diese im Einzelnen festgestellt werden müssen.
2. Da seit dem 1. Januar 2007 sowohl § 73d Abs. 1 Satz 3 StGB als auch § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB die Möglichkeit einer Beeinträchtigung von Ersatzansprüchen Tatverletzter berücksichtigen, muss vor der Anwendung des § 73d StGB nicht mehr ausgeschlossen werden, dass der Gegenstand aus der Anknüpfungstat stammt. Vielmehr erfasst § 73d StGB – wenn auch gegenüber § 73 StGB subsidiär – zugleich aus der oder für die abgeurteilte Tat erlangte Gegenstände.
Der Verfall ist eine Maßnahme, die sich nach Gegenstand und Voraussetzungen von der Einziehung unterscheidet. Die Maßnahmen stehen daher jedenfalls grundsätzlich nicht in einem die Einziehung bevorzugenden Rangverhältnis zueinander (vgl. auch BGH wistra 2010, 264). Dies gilt auch für das Verhältnis zwischen dem lediglich einen Zahlungsanspruch begründenden Wertersatzverfall (§ 73a StGB) und der Einziehung eines bestimmten (sichergestellten) Geldbetrages, der mit Eintritt der Rechtskraft auf den Staat übergeht (§ 74e Abs. 1 StGB). Kommt die Anwendung der §§ 73 ff. StGB in Betracht, wird der Tatrichter wegen des bei Vorliegen der Voraussetzungen zwingend anzuordnenden Verfalls vielmehr regelmäßig zunächst prüfen, ob dieser – gegebenenfalls unter Berücksichtigung von § 73c StGB – anzuordnen ist. Liegen für einen anderen als den vom Verfall nach § 73 StGB betroffenen Gegenstand die Voraussetzungen der §§ 74 ff. StGB vor, kann er (ferner) für diesen eine Einziehungsanordnung treffen.
1. Die Strafzumessung ist grundsätzlich Sache des Tatgerichts. Es ist seine Aufgabe, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den es in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und hierbei gegeneinander abzuwägen.
2. Ein Eingriff des Revisionsgerichts in die Einzelakte der Strafzumessung ist in der Regel nur möglich, wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, wenn das Tatgericht gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstößt oder wenn sich die verhängte Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung löst, gerechter Schuldausgleich zu sein.
3. Der Tatrichter darf im Hinblick auf fehlende Deutschkenntnisse die Dauer der Untersuchungshaft gegen einen Angeklagten als belastend ansehen.
4. Kokain ist aufgrund seines Suchtpotenzials – ungeachtet minderer Gefährlichkeit im Vergleich zu Heroin – den so genannten harten Drogen zuzurechnen.
1. In zwei im Übrigen identisch erscheinenden Betrugsfällen (hier: gefälschte Überweisungen) darf das Tatgericht bei unterschiedlich hohen Schäden (5.000 € und 10.000 €) nicht erklärungslos eine gleich hohe Strafe verhängen.
2. Einzuziehende Gegenstände sind in der Urteilsformel so konkret zu bezeichnen, dass für die Beteiligten und die Vollstreckungsbehörde Klarheit über den Umfang der Einziehung besteht. Die Bezeichnung der einzuziehenden Gegenstände, ohne diese selbst näher zu benennen, macht es der Vollstreckungsbehörde unmöglich, den konkreten Einziehungsgegenstand festzustellen. Erst recht gilt dies, wenn darüber hinaus die Einziehungsanordnung schon deswegen nicht ausführbar ist, weil diese bezüglich der benannten Gegenstände nur gilt, „soweit sie dem Angeklagten zuzuordnen sind“.
1. Nach der ständigen Rechtsprechung ist ein symptomatischer Zusammenhang zu bejahen, wenn der Hang allein oder zusammen mit anderen Umständen dazu beigetragen hat, dass der Täter eine erhebliche rechtswidrige Tat begangen hat, und dies bei unverändertem Verhalten auch für die Zukunft zu besorgen ist.
2. Zwar kann der fehlende Wille zu einer Therapie ein gegen die Erfolgsaussicht der Entwöhnungsbehandlung sprechendes Indiz sein. Indes soll die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach dem Willen des Gesetzgebers regelmäßig nicht von der Therapiebereitschaft des Betroffenen abhängen. Ziel einer Behandlung im Maßregelvollzug kann es vielmehr gerade sein, die Therapiebereitschaft beim Angeklagten erst zu wecken (st. Rspr.; BGH NStZ-RR 2010, 141). Ob der Schluss von einem Mangel an Therapiebereitschaft auf das Fehlen einer hinreichend konkreten Erfolgsaussicht der Behandlung gerechtfertigt ist, lässt sich aber nur auf Grund einer Gesamtwürdigung der Täterpersönlichkeit und aller sonstigen maßgebenden Umstände beurteilen. Ein bloßer Hinweis auf eine vorhandene Therapieunwilligkeit in den Urteilsgründen belegt das Fehlen der Erfolgsaussicht nicht.
1. Die Anordnung der Sicherungsverwahrung nach § 66 Abs. 3 Satz 1 StGB aF liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Tatrichters, dessen Entscheidung einer revisionsgerichtlichen Kontrolle nur eingeschränkt zugänglich ist. Um eine Nachprüfung der Ermessensentscheidung auf Ermessensfehler durch das Revisionsgericht zu ermöglichen, müssen die Urteilsgründe sowohl erkennen lassen, dass sich der Tatrichter seiner Entscheidungsbefugnis bewusst war, als auch nachvollziehbar darlegen, aus welchen Gründen er von ihr in einer bestimmten Weise Gebrauch gemacht hat (vgl. BGH NStZ-RR 2010, 43; NStZ-RR 2004, 12; NStZ 1999, 473).
2. Das Merkmal „Hang“ im Sinne des § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB aF (§ 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB nF) verlangt einen eingeschliffenen inneren Zustand des Täters, der ihn immer wieder neue Straftaten begehen lässt. Hangtäter ist derjenige, der dauerhaft zu Straftaten entschlossen ist oder aufgrund einer fest eingewurzelten Neigung immer wieder straffällig wird, wenn sich die Gelegenheit bietet, ebenso wie derjenige, der willensschwach ist und aus innerer Haltlosigkeit Tatanreizen nicht zu widerstehen vermag (st. Rspr., vgl. nur BGH NStZ-RR 2011, 143, 145). Der Hang als „eingeschliffenes Verhaltensmuster“, bei dem es sich um einen Rechtsbegriff handelt, der als solcher dem Sachverständigenbeweis nicht zugänglich ist (BGH NStZ 2010, 586), bezeichnet einen aufgrund umfassender Vergangenheitsbetrachtung festgestellten gegenwärtigen Zustand. Seine Feststellung obliegt – nach sachverständiger Beratung – unter sorgfältiger Gesamtwürdigung aller für die Beurteilung der Persönlichkeit des Täters und seiner Taten maßgeblichen Umstände dem Richter in eigener Verantwortung.
3. Hangtätereigenschaft und Gefährlichkeit für die Allgemeinheit sind keine identischen Merkmale. Das Gesetz differenziert zwischen beiden Begriffen sowohl in § 66 Abs. 1 Nr. 3 aF (§ 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB nF) als auch in § 67d Abs. 3 StGB aF. Der Hang ist nur ein wesentliches Kriterium der Prognose. Während der Hang einen aufgrund umfassender Vergangenheitsbetrachtung festgestellten gegenwärtigen Zustand bezeichnet, schätzt die Gefährlichkeitsprognose die Wahrscheinlichkeit dafür ein, ob sich der Täter in Zukunft trotz seines Hanges erheblichen Straftaten enthalten kann oder nicht (BGHSt 50, 188, 196).
1. Schadensersatzleistungen der Angeklagten schmälern nach § 111i Abs. 5 StPO zugleich die Höhe des Verfallsbetrags (Nr. 1), selbst wenn diese nicht durch die Verwertung von beschlagnahmtem Vermögen erbracht wurden (Nr. 2). Zu welchem Zeitpunkt diese Leistungen erfolgt sind, ist dabei unerheblich.
2. Der verbindlichen Klärung, ob und in welchem Umfang die Ansprüche von Verletzten erfüllt sind, dient das Feststellungsverfahren nach § 111i Abs. 6 StPO. In diesem Verfahren wird zugleich der Umfang des staatlichen Rechtserwerbs bestimmt. Nur so kann verhindert werden, dass das Tatgericht einzelnen Vollstreckungsversuchen einer etwaigen Vielzahl von Gläubigern nachgehen muss, deren Erfolgsaussicht häufig unklar ist. Dies würde eine mit dem Beschleunigungsgebot in Strafsachen nicht zu vereinbarende Verzögerung des Hauptverfahrens nach sich ziehen.
1. Die auf § 66 Abs. 2, 3 Satz 2 StGB a.F. gestützte Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung, deren formelle Voraussetzungen im vorliegenden Fall erfüllt sind, liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Tatrichters. Die Urteilsgründe müssen nachvollziehbar erkennen lassen, dass und aus welchen Gründen von der Ermessensbefugnis Gebrauch gemacht wurde. Dabei müssen erkennbar auch diejenigen Umstände erwogen werden, die gegen die Anordnung der Maßregel sprechen können. Das gilt vor allem für den gesetzgeberischen Zweck der Vorschrift, wonach das Tatgericht die Möglichkeit haben soll, sich ungeachtet der festgestellten
Gefährlichkeit des Täters zum Zeitpunkt der Urteilsfällung auf die Verhängung einer Freiheitsstrafe zu beschränken, sofern erwartet werden kann, dass sich dieser die Strafe hinreichend zu Warnung dienen lässt. Damit soll dem Ausnahmecharakter der Vorschrift Rechnung getragen werden, der sich daraus ergibt, dass § 66 Abs. 2 StGB a.F. eine frühere Verurteilung und eine frühere Strafverbüßung nicht voraussetzt. Die Wirkungen eines langjährigen Strafvollzugs sowie die mit dem Fortschreiten des Lebensalters erfahrungsgemäß eintretenden Haltungsänderungen sind deshalb wichtige Kriterien, die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Rahmen der Ermessensentscheidung regelmäßig zu berücksichtigen sind (st. Rspr.). Dies gilt für § 66 Abs. 3 Satz 2 StGB a.F. entsprechend.
2. § 66 StGB ist vom Bundesverfassungsgericht mit Urteil vom 4. Mai 2011 (2 BVR 2365/09 u.a.) für mit Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 GG unvereinbar erklärt worden. Daher ist § 66 StGB bis zu einer Neuregelung durch den Gesetzgeber, längstens bis zum 31. Mai 2013, nur nach Maßgabe der vom Bundesverfassungsgericht erlassenen Weitergeltungsanordnung anzuwenden. Die weitere Anwendung des § 66 StGB in der Übergangszeit hat nach Maßgabe der Nummer III. 1. in Verbindung mit Nummer II. 1. b) des Tenors des angeführten Urteils zu erfolgen; für diesen Fall fordert das Bundesverfassungsgericht gemäß C. III. 2. a) der Gründe (Rn. 172) eine strikte Verhältnismäßigkeitsprüfung. Das gilt insbesondere im Hinblick auf die Anforderungen an die Gefahrprognose und die gefährdeten Rechtsgüter. In der Regel wird der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nur unter der Voraussetzung gewahrt sein, dass eine Gefahr schwerer Gewalt- oder Sexualstraftaten aus konkreten Umständen in der Person oder dem Verhalten des Betroffenen abzuleiten ist.
1. Für die Annahme einer Handlungseinheit/Tateinheit muss eine zumindest teilweise Identität der Ausführungshandlungen in einem für die verwirklichten Taten notwendigen Teile bestehen. Liegen zwei Würgevorgänge zeitlich weit auseinander und gibt es dazwischen wiederholt friedliche Phasen, ist bei Körperverletzungen von Tatmehrheit auszugehen.
2. Erweist sich nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung die Annahme von Tateinheit als offensichtlich fehlerhaft und ist eine der Taten nicht erwiesen, so ist jedenfalls aus Billigkeitsgründen ein Teilfreispruch geboten (BGH NStZ 1992, 398). Dies gilt auch für den Fall des Wegfalls einer Dauerstraftat, wenn dadurch der tateinheitliche Zusammenhang mit mehreren rechtlich selbständigen Taten, von denen eine nicht erwiesen werde konnte, verloren geht (vgl. BGH VRS 21, 341, 343).
Es entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass die Regelung des § 73c Abs. 1 StGB im Rahmen der nach § 111i Abs. 2 StPO zu treffenden Entscheidung zu beachten ist (vgl. BGH NJW 2011, 624). Wird in Anwendung des § 73c Abs. 1 StGB teilweise von der Anordnung des Verfalls abgesehen, hat dies zur Folge, dass der in der Urteilsformel allein zu bezeichnende Vermögensgegenstand bzw. Geldbetrag, den der Staat bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 111i Abs. 5 StPO unmittelbar oder als Zahlungsanspruch erwirbt, hinter dem Erlangten bzw. dessen Wert zurückbleibt.
Beim Zusammentreffen allgemeiner und vertypter Milderungsgründe ist zunächst zu prüfen ist, ob die allgemeinen Milderungsgründe allein zur Annahme eines minderschweren Falls führen, da die vertypten Milderungsgründe dann für eine Strafrahmenmilderung nach § 49 StGB nicht verbraucht sind (BGHR StGB vor § 1/minderschwerer Fall Gesamtwürdigung, unvollständige 11).
1. Einen Erfahrungssatz des Inhalts, dass bei einem Drogenabhängigen grundsätzlich die Gefahr neuer erheblicher Straftaten besteht, gibt es nicht. Soweit zu erwarten wäre, dass der Angeklagte künftig Rauschgift nur zum Eigenkonsum erwirbt, könnte dies für sich genommen eine Unterbringungsanordnung nach § 64 StGB nicht rechtfertigen (vgl. BGH NStZ 1994, 280; StV 1996, 880). Hat ein wegen des Handeltreibens verurteilter Angeklagter aber bisher nicht sicher im Berufsleben Fuß gefasst hat, ist eine künftige Beschaffungskriminalität nicht fernliegend.
2. Die Maßregelanordnung ist auch von abhängig von der (positiven) Entwicklung des Angeklagten. Seine Beteuerung, nicht mehr mit Betäubungsmittelkonsum und -handel zu tun haben zu wollen, erscheint aber nicht als (allein) zuverlässiger Prognosegesichtspunkt.
3. Das Tatgericht darf dem Angeklagten nicht strafschärfend anlasten, dass es sich bei der Tat nicht um ein „Augenblicksversagen“ gehandelt habe und er sich „erst nach reiflicher Überlegung bewusst“ zur Tatbegehung entschlossen habe. Dies lässt besorgen, dass das Tatgericht dem Angeklagten entgegen § 46 Abs. 3 StGB bei der Strafbemessung vorgeworfen hat, er habe die Tat vorsätzlich begangen.
1. Es ist nicht zulässig, Einzelstrafen (auch für sich genommen rechtskräftige), die schon zur Bildung einer Gesamtstrafe in einem nicht rechtskräftigen Urteil gedient hatten, in eine Gesamtstrafe einzubeziehen, da dies die Gefahr einer verbotenen Doppelbestrafung (Art. 103 Abs. 3 GG) begründen würde (BGHSt 50, 188 mwN).
2. Für die Entscheidung gemäß § 354 Abs. 1b StPO, den Tatrichter auf eine Entscheidung im Beschlusswege nach §§ 460, 462 StPO zu verweisen, ist kein entsprechender Antrag des Generalbundesanwalts erforderlich. Der Antrag auf Aufhebung des Gesamtstrafausspruchs und Zurückverweisung insoweit ist jedenfalls der Sache nach auf das gleiche Ziel gerichtet.