HRRS

Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht

Jul./Aug. 2010
11. Jahrgang
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V. Wirtschaftsstrafrecht und Nebengebiete


Entscheidung

555. BGH 3 StR 314/09 – Urteil vom 29. April 2010 (LG Kiel)

BGHSt; Bankrott (Beiseiteschaffen von Vermögenswerten; teleologische Reduktion; Zugriffserschwerung von erheblichem Gewicht; ultima-ratio-Charakter des Strafrechts; Fall Mobilcom); Vollstreckungsvereitelung; Zugriff auf Vermögenswerte in Liechtenstein; drohende Zahlungsunfähigkeit.

§ 283 Abs. 1 StGB; § 288 StGB; § 18 Abs. 2 InsO; § 97 InsO; § 98 InsO

1. Ein Beiseiteschaffen im Sinne des § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB liegt nur dann vor, wenn der Zugriff auf den weggegebenen Vermögensbestandteil für einen Insolvenzverwalter im Rahmen der Gesamtvollstreckung (Insolvenz) wesentlich erschwert wird. (BGHSt)

2. Der Bankrotttatbestand des § 283 StGB erfasst auch Privatinsolvenzen. (Bearbeiter)

3. Ein Beiseiteschaffen im Sinne des § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB liegt vor, wenn ein Schuldner einen zu seinem Vermögen gehörenden Gegenstand dem alsbaldigen Gläubigerzugriff entzieht oder den Zugriff zumindest wesentlich erschwert. Dies kann entweder durch eine Änderung der rechtlichen Zuordnung des Vermögensgegenstands oder eine Zugriffserschwerung aufgrund tatsächlicher Umstände geschehen. (Bearbeiter)

4. Das Tatbestandsmerkmal des Beiseiteschaffens erfasst aufgrund teleologischer Reduktion des § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB nur solche Vermögensverschiebungen, die den Anforderungen eines ordnungsgemäßen Wirtschaftens grob widersprechen. (Bearbeiter)

5. Rechtsgut des § 283 StGB ist vor allem der Schutz der etwaigen Insolvenzmasse vor einer unwirtschaftlichen Verringerung zum Nachteil der Gesamtheit der Gläubiger. § 283 StGB dient somit dem Schutz der Gesamtvollstreckung (Insolvenz). Da im Falle der Insolvenz der Insolvenzverwalter die Interessen der Gläubigergesamtheit wahrnimmt, ist die Prüfung einer Zugriffserschwerung auf die rechtlichen und tatsächlichen Zugriffsmöglichkeiten eines (gedachten) Insolvenzverwalters unter Berücksichtigung seiner Auskunftsrechte gegenüber dem Schuldner unmittelbar nach der Tathandlung zu beziehen. Ob für einen einzelnen Gläubiger die Zwangsvollstreckung schwieriger geworden ist als vor dem Vermögenstransfer ist demgegenüber für § 283 StGB irrelevant. (Bearbeiter)

6. Jedenfalls bei einer aus den Kontounterlagen nachvollziehbaren Überweisung auf ein ausländisches Konto kann das Tatbestandsmerkmal des Beiseiteschaffens nur bejaht werden, wenn für einen (gedachten) Insolvenzverwalter Schwierigkeiten von Gewicht bestehen, auf den überwiesenen Geldbetrag in angemessener Zeit zum Zwecke der Befriedigung der Gläubigergesamtheit zuzugreifen. (Bearbeiter)

7. Die Frage, ob für den Insolvenzverwalter der Zugriff auf vom Schuldner ins Ausland transferiertes Geld wesentlich erschwert worden ist, richtet sich – außerhalb des Anwendungsbereichs der Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 des Rates vom 29. Mai 2000 über Insolvenzverfahren (EuInsVO; ABl. L 160 S. 1) oder bilateraler Abkommen – allein nach dem Insolvenz-(Konkurs)recht sowohl des ausländischen Staates, in dessen Hoheitsgebiet das Konto geführt wird, und den daraus resultierenden rechtlichen und tatsächlichen Erschwernissen, als auch nach deutschem Insolvenzrecht. Dabei ist in den Blick zu nehmen, dass für den Schuldner die nach § 98 InsO erzwingbaren Auskunfts- und Mitwirkungspflichten gemäß § 97 InsO die Erteilung einer so genannten Auslandsvollmacht umfassen, wenn Anhaltspunkte für Vermögen des Schuldners im Ausland bestehen und die Befugnisse des Insolvenzverwalters im Ausland nicht ohne weiteres anerkannt werden (BGH NJW-RR 2004, 134, 135). (Bearbeiter)

8. Um drohende Zahlungsunfähigkeit festzustellen, ist nach der auch für das Strafrecht geltenden Definition des § 18 Abs. 2 InsO eine Prognose erforderlich, die sich zunächst auf alle fälligen Verbindlichkeiten des Angeklagten zu den Tatzeitpunkten beziehen muss. Zusätzlich können nur mit überwiegender Wahrscheinlichkeit fällig werdende Verbindlichkeiten in die Betrachtung einbezogen werden. Bei der Prognose ist die drohende Zahlungsunfähigkeit von einer nur vorübergehenden Zahlungsstockung abzugrenzen (BGHZ 163, 134). (Bearbeiter)


Entscheidung

630. BGH 4 StR 126/10 – Urteil vom 17. Juni 2010 (LG Bochum)

BGHSt; Anordnung des Verfalls oder des Verfalls des Wertersatzes gegen Jugendliche oder Heranwachsende (Ausschluss der Geldstrafe; Entreicherung; Bruttoprinzip; Härtefälle); Beschränkung der Revision.

§ 73 StGB; § 73a StGB; § 73c StGB; § 2 Abs. 2 JGG; § 6 JGG; § 8 Abs. 3 JGG; § 344 Abs. 1 StPO

1. Die Anordnung des Verfalls oder des Verfalls des Wertersatzes gegen Jugendliche oder Heranwachsende, auf die Jugendstrafrecht angewendet wird, ist zulässig; das gilt auch, wenn der Wert des Erlangten nicht mehr im Vermögen des Täters vorhanden ist. (BGHSt)

2. Eine isolierte Anfechtung der unterbliebenen Anordnung des Verfalls oder des Wertersatzverfalls ist grundsätzlich zulässig. Das gilt auch im Jugendstrafrecht. (Bearbeiter)

3. Nach der ständigen Rechtsprechung des Reichsgerichts und des Bundesgerichtshofs sind Hilfserwägungen zur Rechtsfolgenentscheidung unzulässig. Dies gilt auch im Jugendstrafrecht. (Bearbeiter)


Entscheidung

579. BGH 1 StR 111/10 – Beschluss vom 18. Mai 2010 (LG München II)

Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt (Tenorierung; Konkurrenzen; Bruttolohn; milderes Gesetz); Betrug (Täuschung durch Unterlassen; Irrtum).

§ 266a StGB; § 263 StGB; § 13 StGB; § 28a SGB IV; § 2 Abs. 3 StGB

1. Beim Unterlassen der Meldung von Arbeitnehmern an die zuständigen Sozialversicherungsträger durch den Arbeitgeber kommt eine Verurteilung wegen Betruges zwar grundsätzlich in Betracht. Den Arbeitgeber trifft nach § 28a SGB IV eine Meldepflicht, wonach er die für die Bemessung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags maßgeblichen Anknüpfungstatsachen hinsichtlich aller bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer der Einzugsstelle mitzuteilen hat. Verletzt der Arbeitgeber diese Verpflichtung, indem er bewusst unwahre oder unvollständige Angaben macht, die zu einem geringeren Gesamtsozialversicherungsbeitrag führen, kann dies eine Täuschung im Sinne des § 263 StGB darstellen.

2. Eine Täuschung kann in solchen Fällen jedoch nur angenommen werden, wenn durch das Unterlassen der Meldung der Arbeitnehmer gegenüber einem Mitarbeiter einer Einzugsstelle zumindest konkludent zum Ausdruck gebracht wird, dass keine oder lediglich die gemeldeten Arbeitnehmer tatsächlich bei dem fraglichen Arbeitgeber beschäftigt sind. „Täuschungen und korrespondierende Irrtümer von Mitarbeitern einer Einzugsstelle durch unrichtige Meldungen über die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung von Arbeitnehmern kommen nur in Betracht, wenn und soweit hinsichtlich der beschäftigten Arbeitnehmer Meldungen an diese Einzugsstelle hätten erfolgen müssen (vgl. § 28f, 28i SGB IV). Darauf beschränkt sich der Erklärungswert der Meldungen und die Mitarbeiter der Einzugsstelle machen sich nur insoweit Gedanken über die Geltendmachung von Sozialversicherungsbeiträgen.

3. Falls gegenüber den für beschäftigte Arbeitnehmer zuständigen Einzugsstellen keine Erklärungen über die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung von Arbeitnehmern erfolgen, kann bei den Mitarbeitern der zuständigen Einzugsstellen ein Irrtum nur vorliegen, wenn der Arbeitgeber dort erfasst ist (vgl. BGHR StGB § 266a Arbeitgeber 1; BGHR StGB § 263 Abs. 1 Irrtum 5 und 8).

4. Die neben § 266a Abs. 1 StGB erfolgende Anwendung des § 266a Abs. 2 StGB wirkt sich lediglich auf den Schuldumfang aus und führt nicht zu einer tateinheitlichen Verwirklichung verschiedener Tatbestände (vgl. BGH NStZ 2007, 527; wistra 2008, 180; StraFo 2008, 219).

5. Bis zur Einführung des § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV konnte in Fällen illegaler Beschäftigung eine Nettolohnabrede nicht angenommen werden (vgl. BGHSt 53, 71 m.w.N.). Demnach war der Berechnung der vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge der tatsächlich an die illegal beschäftigten Arbeitnehmer gezahlte Lohn zu Grunde zu legen. (Bearbeiter)


Entscheidung

566. BGH 3 StR 561/08 – Beschluss vom 13. Januar 2009 (LG Kleve)

Aufklärungshilfe (Erörterung einer Strafmilderung; eigenständige Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Aussage).

§ 31 Abs. 1 BtMG

1. Die strafmildernde Berücksichtigung einer Aufklärungshilfe gemäß § 31 Nr. 1 BtMG kommt nur in Betracht, wenn der Tatrichter die Überzeugung gewinnt, dass die Darstellung des Täters über die Beteiligung Anderer an der Tat zutrifft, wobei der Zweifelsgrundsatz dem Täter hier nicht zugutekommt.

2. Die Entscheidung über die Anwendung des § 31 Abs. 1 BtMG erfordert eine eigene Überzeugungsbildung des Tatrichters. Hierbei darf er sich nicht an die Bewertung der Aussage des Angeklagten durch andere Gerichte in Verfahren gegen die vom Angeklagten belasteten Dritten gebunden fühlen, sondern hat eine eigenständige Würdigung der für und gegen die Glaubhaftigkeit der Aussage des Angeklagten sprechenden Umstände vorzunehmen.

3. Gelingt es – etwa wegen des Zweifelssatzes – letztlich nicht, einen von einem Angeklagten benannten Mittäter zu überführen, so steht dies der Annahme eines Aufklärungserfolgs im Sinne des § 31 Abs. 1 BtMG nicht entgegen.


Entscheidung

596. BGH 2 StR 102/10 – Urteil vom 19. Mai 2010 (LG Darmstadt)

Strafmilderung infolge einer Aufklärungshilfe (sichere Grundlage für den Tatnachweis; Aufklärungsmotivation); Strafzumessung (Milderung infolge erlittener Untersuchungshaft; erhöhte Haftempfindlichkeit wegen Trennung von der in Deutschland lebenden Familie).

§ 31 BtMG aF; § 46 StGB

1. Für die Milderung gemäß § 31 BtMG ist es nicht erforderlich, dass die Tat ohne die Angaben des Angeklagten nicht oder nicht vollständig aufgeklärt worden wäre. Vielmehr reicht es für die Annahme eines Aufklärungserfolges aus, wenn die Angaben eines Angeklagten eine sichere Grundlage für den Nachweis der betreffenden Taten der belasteten Person schaffen (BGH StV 2000, 623; 1991, 66, 67).

2. § 31 Nr. 1 BtMG setzt keine bestimmte Aufklärungsmotivation voraus, sondern stellt nach seinem Sinn und Zweck allein auf das Vorliegen eines objektiven Aufklärungserfolges ab (vgl. BGHR BtMG § 31 Nr. 1 Aufdeckung 5; BGH StV 1991, 67; OLG Düsseldorf NStZ-RR 2001, 149). Insbesondere schließt ein mögliches Motiv, das Gewicht eigener Tatbeiträge herunterzuspielen, keinen Ausschlussgrund dar.

3. Die Trennung des Angeklagten von seiner in Deutschland lebenden Familie infolge einer unbedingten Freiheitsstrafe ist kein die Strafe mildernder Gesichtspunkt.

4. Der Vollzug der Untersuchungshaft an sich darf nicht mildernd berücksichtigt werden. Dass der Täter in der zur Verhandlung anstehenden Sache Untersuchungshaft erlitten hat, ist bei der Verhängung der Freiheitsstrafe regelmäßig ohne Bedeutung, da die Untersuchungshaft nach § 51 Abs. 1 Satz 1 StGB grundsätzlich auf die zu vollstreckende Strafe angerechnet wird. Anderes kann nur gelten, wenn das Gericht zusätzliche, den Angeklagten besonders beschwerende Umstände im Zusammenhang mit der Untersuchungshaft feststellt.


Entscheidung

584. BGH 1 StR 59/10 – Beschluss vom 25. Mai 2010 (LG Bayreuth)

Unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge; bewaffnetes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Messer; minder schwerer Fall; mögliche Bewertungseinheit: Entscheidungskompetenz des Tatrichters, erforderliche Feststellungen).

§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG; § 30a Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 BtMG; § 52 StGB; § 354 StPO

1. Mehrere Rauschgiftgeschäfte sind dann im Sinne von Tateinheit in einer Bewertungseinheit verbunden, wenn sie in ein und demselben Güterumsatz in einem Handlungsteil, etwa bei Erwerb, Lieferung oder Bezahlung des Kaufpreises in einer Gesamtmenge oder in einem Geldbetrag zusammentreffen (st. Rspr.). Zu den erforderlichen Feststellungen für eine Schuldspruchänderung durch das Revisionsgericht.

2. Eine Bestrafung gemäß § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG setzt voraus, dass der Täter bei der Tat eine Schusswaffe oder einen Gegenstand mit sich führt, der seiner Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt ist. Bei einem Messer muss hierfür eine subjektive Zweckbestimmung durch denjenigen festgestellt werden, der den Gewahrsam an dem Gegenstand hat. Diese Zweckbestimmung, die von dem Bewusstsein, den Gegenstand gebrauchsbereit mit sich zu führen, zu unterscheiden ist, braucht nicht im Hinblick auf die konkret beabsichtigte Straftat getroffen worden zu sein, da § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG insoweit keine Verwendungsabsicht erfordert; es reicht aus, wenn die genannte Zweckbestimmung zu irgendeinem Zeitpunkt vor der Tatbegehung erfolgt ist (st. Rspr.). Vielfach ergibt sich diese Zweckbestimmung ohne weiteres aus den äußeren Umständen; hierzu können etwa die Beschaffenheit des Gegenstandes ebenso zählen, wie seine sonstigen Verwendungsmöglichkeiten oder Ort und Art seiner Aufbewahrung. Fehlt ein nachvollziehbarer Grund dafür, dass der Täter einen objektiv gefährlichen Gegenstand griffbereit mit sich führt, ohne dass er ihn je zur Verletzung von Menschen bestimmt hätte, bedarf die Annahme einer entsprechenden Zweckbestimmung durch ihn regelmäßig keiner besonderen Begründung (vgl. BGHSt 43, 266, 269; BGHR BtMG § 30a Abs. 2 Gegenstand 5). Kommt dagegen bei einem gängigen Gebrauchsgegenstand nach den Umständen des Falles die Möglichkeit in Betracht, dass ihn der Täter aus sonstigen Gründen mit sich führte, so ist die Annahme, er habe ihn zur Verletzung von Menschen bestimmt, konkret zu begründen; der Hinweis, dass dieser Gegenstand nach seiner objektiven Beschaffenheit zur Verletzung von Menschen geeignet sei, genügt dann nicht (st. Rspr.).

3. Der zugleich erfüllte § 29a Abs. 1 BtMG tritt hinter § 30a BtMG zurück. Der Strafrahmen des § 29a Abs. 1 BtMG entfaltet auch im minder schweren Fall des § 30a Abs. 3 BtMG auch hinsichtlich der Mindeststrafe keine Sperrwirkung (vgl. schon BGH NJW 2003, 1679, 1680). An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest.


Entscheidung

616. BGH 2 StR 246/10 – Beschluss vom 10. Juni 2010 (LG Marburg)

Voraussetzungen des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln (Eigenbesitzer; Fremdbesitzer).

§ 29 Abs. 1 Nr. 3 BtMG

Besitzen im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes setzt ein bewusstes tatsächliches Innehaben, ein tatsächliches Herrschaftsverhältnis sowie Besitzwillen und Besitzbewusstsein voraus, die darauf gerichtet sind, sich die Möglichkeit ungehinderter Einwirkung auf das Betäubungsmittel zu erhalten (vgl. BGH NStZ-RR 2008, 54, 55; BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 3 Besitz 2, 4 m.w.N.; BGHSt 26, 117; 27, 380, 381). Besitzer im betäubungsrechtlichen Sinne ist aber nicht nur der Eigenbesitzer. Auch der Fremdbesitzer, der die tatsächliche Verfügungsgewalt für einen anderen ausübt und keine eigene Verfügungsgewalt in Anspruch nehmen will, ist Besitzer.


Entscheidung

562. BGH 3 StR 500/09 – Beschluss vom 13. Januar 2010 (LG Oldenburg)

Betrug (Irrtum und Täuschung bei einer Tat in einem arbeitsteilig tätigen Unternehmen).

§ 263 Abs. 1 StGB

Im Falle einer Verurteilung wegen Betruges durch Täuschung von Mitarbeitern eines arbeitsteilig tätigen Unternehmens müssen die Urteilsgründe regelmäßig darlegen, wer im konkreten Fall auf welcher Grundlage und mit welchen Vorstellungen die Entscheidung über die Erbringung der vom Täter erstrebten Leistung getroffen und damit die Verfügung vorgenommen hat.


Entscheidung

643. BGH 4 StR 208/10 – Beschluss vom 1. Juni 2010 (LG Rostock)

Voraussetzung der Einheitsjugendstrafe (Einbeziehung früherer Verurteilungen).

§ 31 Abs. 2, Abs. 3 JGG

Gemäß § 31 Abs. 2 Satz 1 JGG ist bei der Ahndung von Straftaten nach Jugendstrafrecht, wenn eine anderweitig bereits rechtskräftig verhängte Jugendstrafe noch nicht erledigt ist, grundsätzlich auf eine einheitliche Rechtsfolge zu erkennen. Von der Einbeziehung der früheren Verurteilung darf nur ausnahmsweise abgesehen werden, wenn dies aus erzieherischen Gründen zweckmäßig ist (§ 31 Abs. 3 Satz 1 JGG). Ein Absehen von der Einbeziehung erfordert Gründe, die unter dem Gesichtspunkt der Erziehung von ganz besonderem Gewicht sind und zur Verfolgung dieses Zwecks über die üblichen Strafzumessungsgesichtspunkte hinaus das Nebeneinander zweier Jugendstrafen notwendig erscheinen lassen (vgl. BGHSt 36, 37, 42 ff.; BGH StraFo 2004, 394 m.w.N.).