HRRS-Nummer: HRRS 2010 Nr. 555
Bearbeiter: Ulf Buermeyer
Zitiervorschlag: BGH, 3 StR 314/09, Urteil v. 29.04.2010, HRRS 2010 Nr. 555
I. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Kiel vom 19. Januar 2009 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. II. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das vorgenannte Urteil wird verworfen.
Die Staatskasse hat die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen vorsätzlichen Bankrotts in drei Fällen zur Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten - gebildet aus Freiheitsstrafen von einem Jahr (Tat 1), neun Monaten (Tat 2) und einem Jahr und drei Monaten (Tat 3) - verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Außerdem hat es ausgesprochen, dass wegen einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung von ca. zwei Jahren fünf Monate der Strafe als verbüßt gelten.
Gegen die Verurteilung wendet sich der Angeklagte mit seiner auf Verfahrensrügen und die Sachrüge gestützten Revision. Er ist der Auffassung, sein Verhalten erfülle nicht den Tatbestand des Bankrotts. Mit ihrer wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkten, zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten Revision rügt die Staatsanwaltschaft die Verletzung materiellen Rechts. Sie ist der Ansicht, die Strafkammer habe rechtsfehlerhaft besonders schwere Fälle des Bankrotts gemäß § 283a StGB verneint, die verhängten Strafen seien unvertretbar milde und die Kompensation für die rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung weise Rechtsfehler auf.
Das Rechtsmittel des Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg, so dass es auf die Verfahrensrügen nicht mehr ankommt. Das vom Generalbundesanwalt nicht vertretene Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft ist unbegründet.
A. Feststellungen und rechtliche Würdigung des Landgerichts:
Nach den Urteilsfeststellungen nahm der Angeklagte zur Finanzierung eines Bauvorhabens, das er im Bereich des Germaniahafens in Kiel-Hörn ausführen ließ, bei der Sachsen LB - Landesbank Sachsen Girozentrale (im Folgenden: Sachsen LB) einen Kredit in Höhe von ca. 200 Mio. DM (= 102.258.376,24 €) auf. Bestandteil des Darlehensvertrages waren neben den "Allgemeinen Geschäftsbedingungen" der Sachsen LB deren "Bedingungen für private Finanzierungen", die eine Regelung zur fristlosen Kündigung (Ziff. 10.2) enthielten.
Als Sicherheit für den Darlehensrückzahlungsanspruch verpfändete der Angeklagte an die Sachsen LB ein ihm gehörendes Depot mit Aktien des Mobilfunkbetreibers MobilCom AG. Zu diesem Zeitpunkt betrug der amtliche Kurs 83 € je Aktie. Weitere 16.552.340 Stück Aktien der MobilCom AG hatte der Angeklagte an drei andere Geldinstitute für ausgereichte Kredite in der Gesamthöhe von ca. 143,9 Mio. € verpfändet. Das Darlehen der Sachsen LB wurde an den Angeklagten ausbezahlt, der von der ihm eingeräumten Möglichkeit einer Zwischenanlage in Aktien der MobilCom AG Gebrauch machte, um deren Kurs zu stützen.
Da in der Folgezeit der Kurs der Aktien der MobilCom AG immer mehr verfiel, trafen die Sachsen LB und der Angeklagte eine neue Vereinbarung über die zu stellenden Sicherheiten und deren Berechnung, die in einem Nachtrag zum Darlehensvertrag schriftlich niedergelegt wurde. Vereinbarungsgemäß bestellte der Angeklagte der Sachsen LB zunächst eine Grundschuld über 39 Mio. DM an dem Gesamtgrundstück in Kiel-Hörn, die nach einer Teilung in drei Teilflächen (Bauteile A, B und C) auf diese mit jeweils 13 Mio. DM nebst Zinsen aufgeteilt wurde.
In den folgenden Monaten verlangte die Sachsen LB vom Angeklagten in einer Vielzahl von Schreiben entsprechend dem jeweiligen Aktienkurs erfolglos eine Erhöhung der Sicherheiten durch die Nachlieferung weiterer Aktien. Zu dieser Zeit befanden sich in dem an die Sachsen LB verpfändeten Wertpapierdepot 5.675.000 Stück Aktien. Ein Gutachter der Sachsen LB errechnete den der Bank durch die Grundschulden tatsächlich erwachsenen Wert an zusätzlicher Sicherheit mit 3.070.000 € für das Grundstück Bauteil A, mit 6.646.794,45 € für das Grundstück Bauteil B und mit 3.470.000 € für das Grundstück Bauteil C. Für das Grundstück Bauteil A setzte er wegen eines Fehlers bei der Zuordnung der Flurstücke den Wert der Sicherheit um 1.760.000 € niedriger fest, als er tatsächlich zu bemessen gewesen wäre. Beim Grundstück Bauteil B, auf dem bereits mit den Bauarbeiten begonnen worden war, hielt der Gutachter den tatsächlichen Beleihungswert für wesentlich höher als den Nominalwert der Grundschuld.
Mit Schreiben vom 25. Februar 2002 forderte die Sachsen LB vom Angeklagten eine Verstärkung der Sicherheiten durch die Einlieferung weiterer 3.188.810 Stück Aktien der MobilCom AG. Dieser gab an, keine freien Aktien in der geforderten Anzahl zur Verfügung zu haben, und lehnte die Bestellung weiterer Grundschulden ab. Wegen fehlender Barmittel des Angeklagten und der Nichtzahlung einer Abschlagsrechnung hatte zuvor die ARGE Umbau Germaniahafen die Bauarbeiten auf dem Grundstück Bauteil B eingestellt. Mit Schreiben vom 7. März 2002 kündigte sie den Generalunternehmervertrag.
Die Sachsen LB forderte den Angeklagten mit Schreiben vom 1. März 2002 mit Fristsetzung zum 15. März 2002 und unter Androhung der fristlosen Kündigung auf, entweder zu ihren Gunsten auf dem Grundstück Bauteil B weitere Grundschulden in Höhe von 20 Mio. € zu bestellen und zusätzlich 1.293.747 Aktien der MobilCom AG nachzuliefern oder weitere 3.188.810 Stück Aktien in das verpfändete Wertpapierdepot einzubringen. Der Berechnung des Nachsicherungsverlangens lagen die fehlerhafte Ermittlung des Wertes der auf dem Grundstück Bauteil A bestellten Grundschuld und ein fehlerhafter Mindestsicherungswert durch Aktien unter Berücksichtigung zusätzlich bestellter Grundschulden über 20 Mio. € (77.074.339,32 € statt richtigerweise 76.033.739,97 €) zugrunde.
Spätestens am 4. März 2002 erkannten die Vertreter der Sachsen LB den Fehler bei der Ermittlung des Beleihungswertes für das Grundstück Bauteil A. Ihnen wurde daher bewusst, dass das Nachsicherungsverlangen um 175.045 Stück Aktien im Wert von 1,76 Mio. € überhöht war. Den Angeklagten informierte sie darüber nicht. Nach einer Verlängerung der gesetzten Frist erklärte die Sachsen LB mit Schreiben vom 19. März 2002 die fristlose Kündigung des Darlehensvertrages, stellte am 19. April 2002 das Darlehen zur Zahlung fällig und kündigte die Verwertung der Sicherheiten sowie die Einleitung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen an.
Am 14. August 2002 erließ das Amtsgericht Leipzig einen Mahnbescheid über 5 Mio. € nebst Zinsen, gegen den der Angeklagte Widerspruch einlegte. Mit Klageschrift vom 19. September 2002 erhob die Sachsen LB gegen den Angeklagten beim Landgericht Flensburg Klage auf Zahlung von 20 Mio. €. Kurz darauf kam es zu Handlungen des Angeklagten, in denen das Landgericht drei Bankrotttaten sieht:
Am 24. September 2002 wies der Angeklagte die I.-Bank an, von seinem bei ihr geführten Konto 500.000 € auf sein Konto bei der V.P.bank Vaduz in Liechtenstein (im Folgenden: VPBank) zu überweisen (Tat 1). Am 2. Oktober 2002 beauftragte er dieselbe Bank, weitere 240.000 € auf sein Konto in Liechtenstein zu transferieren (Tat 2) und - wie im Urteil festgestellt ist - alle in seinem Depot vorhandenen Aktien der MobilCom AG auf das bei derselben Bank in Vaduz geführte Wertpapierdepot zu übertragen.
Hinsichtlich des in Liechtenstein geführten Depots gibt es eine Vereinbarung mit Datum vom 24. September 2002, mit der der Angeklagte die Wertpapiere an seine Ehefrau abtrat. Am 12. und 13. November 2002 erwarb der Angeklagte mit Geld von seinem Konto bei der VPBank für etwa 660.000 € Aktien der MobilCom AG, die er in das bei dieser Bank geführte Wertpapierdepot einbuchen ließ. Der Kurs der Aktie der MobilCom AG betrug Ende September/Anfang Oktober 2002 nur noch zwischen 1,12 € und 2,01 €.
Durch ein gegen Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil des Landgerichts Flensburg vom 5. November 2002 wurde der Angeklagte verurteilt, an die Sachsen LB 20 Mio. € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit 20. April 2002 zu zahlen. Gegen dieses Urteil legte der Angeklagte Berufung ein.
Am 19. November 2002 übertrug der Angeklagte seine Geschäftsanteile an drei Handelsgesellschaften auf den B. Trust Reg. aus Vaduz, dessen Gesellschafterin die Ehefrau des Angeklagten war, zum Kaufpreis von 500.000 €, wobei zumindest die Anteile an der M. GmbH in Höhe des Kaufpreises werthaltig waren. Als Gegenleistung hatte die Ehefrau mit Wertstellung vom 14. November 2002 die 500.000 € auf das Konto eines Rechtsanwalts und Notars überwiesen, die dieser auf das Konto des Angeklagten bei der VPBank in Vaduz transferierte (Tat 3). Zu dieser Zeit betrug der Kurs der Aktie der MobilCom AG ca. 6,35 €.
In der Folgezeit kam es zu einer Vielzahl von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen seitens der Sachsen LB gegen den Angeklagten, die zu einem erheblichen Teil erfolglos blieben. Die Versuche der Sachsen LB, im Wege der Zwangsvollstreckung auf das Konto des Angeklagten bei der VPBank in Liechtenstein zuzugreifen, scheiterten. Die VPBank teilte der Sachsen LB mit, sie müsse vor der Durchführung der Zwangsvollstreckung zunächst den ordentlichen Rechtsweg über das fürstliche Landgericht in Liechtenstein beschreiten. Am 11. Februar 2003 stellte der Angeklagte beim Amtsgericht einen Eigeninsolvenzantrag, den er mit drohender Zahlungsunfähigkeit begründete. Am 2. März 2003 wurde das Insolvenzverfahren über sein Vermögen eröffnet.
Das Landgericht hat in seiner rechtlichen Beurteilung im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Der Angeklagte habe in drei Fällen Vermögensbestandteile, die für den Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Insolvenzmasse gehörten, im Sinne des § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB beiseite geschafft. Zwar sei der Angeklagte nicht zahlungsunfähig gewesen; denn die fristlose Kündigung der Sachsen LB sei wegen des verschwiegenen gravierenden Fehlers bei der Ermittlung des Grundschuldwertes für den Bauteil A und der nicht nachvollziehbaren Berechnung des Mindestsicherungswertes durch Aktien unwirksam gewesen, sodass der Darlehensrückzahlungsanspruch nicht fällig geworden sei. Jedoch habe der Angeklagte wegen seiner äußerst kritischen wirtschaftlichen Lage die Taten im Stadium drohender Zahlungsunfähigkeit begangen, weil die Sachsen LB zur fristlosen Kündigung berechtigt und entschlossen gewesen sei, durch die der Darlehensrückzahlungsanspruch sofort fällig geworden wäre. Da er nicht über ausreichende liquide Mittel zu dessen Befriedigung verfügt habe und nicht in der Lage gewesen sei, sich solche kurzfristig zu verschaffen, habe es sich nicht um eine bloße Zahlungsstockung von wenigen Wochen gehandelt. Der Angeklagte habe alle Umstände, welche die Tatbestandsmerkmale des Bankrotts (§ 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB) erfüllten, gekannt und deshalb zumindest mit bedingtem Vorsatz gehandelt. Ein Verbotsirrtum liege nicht vor.
B. Revision des Angeklagten:
Aus der Anklageschrift vom 21. September 2007 und den Urteilsgründen ergibt sich, dass Gegenstand der Verurteilung hinsichtlich der Tat 2 lediglich die am 2. Oktober 2002 veranlasste Überweisung der 240.000 € auf das Konto bei der VPBank in Vaduz ist. Soweit das Landgericht festgestellt hat, der Angeklagte habe an diesem Tag die I.-Bank auch angewiesen, alle in seinem dortigen Depot vorhandenen Aktien der MobilCom AG auf das Konto bei der VPBank in Liechtenstein zu übertragen, erschließt sich die Bedeutung dieser Feststellung für den Schuldspruch nicht. Einen entsprechenden ausdrücklichen Tatvorwurf enthält die Anklageschrift nicht. Einzelheiten zu einer Aktienübertragung vom 2. Oktober 2002, insbesondere zur Anzahl und zum Wert der übertragenen Aktien, teilen die Urteilsgründe nicht mit. Die Ausführungen zur Beweiswürdigung und zur rechtlichen Würdigung machen deutlich, dass das Landgericht die Übertragung von Aktien nicht als Teil der zweiten von ihm angenommenen Bankrotthandlung gesehen hat und sich der Schuldspruch hierauf nicht stützt.
Allerdings wird die neu zur Entscheidung berufene Strafkammer darüber zu befinden haben, ob der Transfer der Aktien - sollte er tatsächlich stattgefunden haben - als mögliche Bankrotthandlung eventuell deswegen von der Anklage mitumfasst wird, weil der Angeklagte die I.-Bank in einem einheitlichen Vorgang mit der Überweisung der 240.000 € und der Übertragung der Aktien beauftragte, sodass ein tateinheitliches Geschehen im Sinne natürlicher Handlungseinheit vorlag (§ 52 Abs. 1 StGB), das insgesamt dem prozessualen Begriff der angeklagten Tat im Sinne des § 264 Abs. 1 StPO unterfällt (Meyer-Goßner, StPO 52. Aufl. § 264 Rdn. 6 m. w. N.).
Die Verurteilung des Angeklagten hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Landgericht zwar angenommen, dass der Bankrotttatbestand des § 283 StGB auch Privatinsolvenzen erfasst (BGHR StGB § 283 Abs. 1 Anwendungsbereich 1). Seine Auffassung, der Angeklagte habe in drei Fällen Vermögensgegenstände, die im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Insolvenzmasse gehören, im Sinne des § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB beiseite geschafft, begegnet auf der Grundlage der Feststellungen jedoch durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
1. Zum Tatbestandsmerkmal Beiseiteschaffen hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt:
Durch die zwei Überweisungen auf das Konto bei der VPBank in Liechtenstein, das den Gläubigern nicht ohne weiteres habe bekannt sein können, sei deren Zugriff auf das Geld wesentlich erschwert worden. Da der Kaufpreis für die an den B. Trust Reg. verkauften und abgetretenen Geschäftsanteile ebenfalls auf dieses Konto überwiesen worden sei, sei dem Vermögen des Angeklagten insoweit auch kein alsbald greifbarer Vermögenswert als Gegenleistung für die Gesellschaftsanteile der M. GmbH zugeflossen. Zum einen sei zu berücksichtigen, dass die Sachsen LB von der Existenz des Kontos in Vaduz bei ihren Versuchen, die Zwangsvollstreckung zu betreiben, erst durch die Staatsanwaltschaft informiert worden sei. Zum anderen habe der konkrete weitere Geschehensablauf die durch den Vermögenstransfer nach Liechtenstein eingetretene Erschwerung des Gläubigerzugriffs deutlich gemacht, wie der erfolglose Versuch der Sachsen LB zeige, im Wege der Zwangsvollstreckung auf das Konto bei der VPBank zuzugreifen. Dies reiche für die Annahme des Merkmals des Beiseiteschaffens im Bankrotttatbestand aus. Unerheblich sei, ob der Insolvenzverwalter nach der späteren Eröffnung des Insolvenzverfahrens rechtlich und tatsächlich in der Lage gewesen sei, den Vermögenstransfer rückgängig zu machen und auf die in Liechtenstein befindlichen Vermögensbestandteile zuzugreifen. Ein ungeschmälerter und unmittelbarer Zugriff auf das überwiesene Geld sei im Rahmen des Insolvenzverfahrens ohnehin nicht mehr möglich gewesen, weil der Angeklagte mit einem erheblichen Teil des Geldes Aktien gekauft und diese in das an die Ehefrau abgetretene Wertpapierdepot habe übertragen lassen. Durch die Geldüberweisungen auf sein eigenes Konto habe er eine Befreiung von der aus einer eventuellen Vereinbarung anlässlich der Eheschließung möglicherweise gegenüber seiner Ehefrau bestehenden Verpflichtung zur Übertragung von Aktien der Mobilcom AG nicht unmittelbar herbeiführen können, sodass schon aus diesem Grund auch der privilegierende Tatbestand der Gläubigerbegünstigung (§ 283c StGB) nicht gegeben sei.
2. Diese Begründung trägt die Annahme des Tatbestandsmerkmals des Beiseiteschaffens in § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB nicht. Sie befasst sich mit der Zugriffserschwerung bei der Einzelzwangsvollstreckung durch die Sachsen LB und verhält sich nicht zu der für die Auslegung der Bestimmung entscheidenden Frage, ob infolge der Vermögenstransfers auf das Konto in Liechtenstein eine wesentliche Erschwernis des Gläubigerzugriffs auf die überwiesenen Geldbeträge bei einer Gesamtvollstreckung (Insolvenz) eingetreten ist. Im Einzelnen:
a) Ein Beiseiteschaffen im Sinne des § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB liegt vor, wenn ein Schuldner einen zu seinem Vermögen gehörenden Gegenstand dem alsbaldigen Gläubigerzugriff entzieht oder den Zugriff zumindest wesentlich erschwert. Dies kann entweder durch eine Änderung der rechtlichen Zuordnung des Vermögensgegenstands oder eine Zugriffserschwerung aufgrund tatsächlicher Umstände geschehen (BGHSt 34, 309, 310; RGSt 66, 130, 131; OLG Frankfurt NStZ 1997, 551; Tiedemann in LK 12. Aufl. § 283 Rdn. 25; Hoyer in SKStGB § 283 Rdn. 30 f.; Stree/Heine in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. § 283 Rdn. 49; Fischer, StGB 57. Aufl. § 283 Rdn. 4).
aa) Eine Vereitelung des Gläubigerzugriffs durch eine Änderung der rechtlichen Zuordnung ist etwa zu bejahen bei der Übereignung eines Gegenstandes, der Abtretung einer Forderung oder einer Verpfändung, wenn dies ohne adäquate Gegenleistung geschieht. Dasselbe gilt für die Überweisung eines Geldbetrages auf ein fremdes Konto mit der Folge, dass der überwiesene Geldbetrag nicht mehr zum Vermögen des Schuldners gehört (Tiedemann aaO Rdn. 25; Hoyer aaO Rdn. 30; Fischer aaO Rdn. 4). Die Rechtsprechung hat daher Fälle, in denen der Schuldner eine ihm zustehende Forderung von einer anderen Person über deren Konto, über das er nicht verfügungsberechtigt war, einziehen ließ (BGHSt 34, 309, 310 f.) oder Geld auf Konten von ihm beherrschter, aber rechtlich selbständiger Gesellschaften übertrug (OLG Frankfurt NStZ 1997, 551), als ein Beiseiteschaffen eines Vermögensbestandteils aus rechtlichen Gründen angesehen.
bb) Ein Beiseiteschaffen in tatsächlicher Hinsicht ist gegeben, wenn der Schuldner einen Vermögensgegenstand an einen anderen Ort verbringt oder verbringen lässt und dadurch - ohne eine Änderung der rechtlichen Zuordnung - den Zugriff der Gläubiger auf diesen objektiv unmöglich macht oder zumindest wesentlich erschwert, etwa indem er ihn verbirgt oder in eine Lage bringt, die ein Zugreifen der Gläubiger zumindest deutlich schwieriger macht, als dies zuvor der Fall war. Dies gilt selbst bei einer späteren Kenntniserlangung des Insolvenzverwalters von der Vermögensverlagerung. Daher kann ein Beiseiteschaffen aus tatsächlichen Gründen vorliegen, wenn der Schuldner in der wirtschaftlichen Krise Geld von einem Girokonto in bar abhebt und auf ein eigenes, nur ihm bekanntes Konto im In- oder Ausland einzahlt (vgl. Pelz, Strafrecht in Krise und Insolvenz Rdn. 242; Dannecker/Knierim/Hagemeier, Insolvenzstrafrecht Rdn. 956).
b) Schon nach diesen Maßstäben ist hier ein Beiseiteschaffen von Vermögensgegenständen durch den dreimaligen Geldtransfer nach Liechtenstein nicht belegt; es kommt daher nicht darauf an, dass nach allgemeiner Ansicht das Tatbestandsmerkmal des Beiseiteschaffens in teleologischer Reduktion des § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB nur solche Vermögensverschiebungen erfasst, die den Anforderungen eines ordnungsgemäßen Wirtschaftens grob widersprechen (BGHSt 34, 309, 310; BGHR StGB § 283 Abs. 1 Nr. 1 Beiseiteschaffen 2; BGH NJW 1952, 898; Tiedemann aaO § 283 Rdn. 27 m. w. N.; Hoyer aaO Rdn. 30 f.; Stree/Heine aaO Rdn. 4; Fischer aaO Rdn. 4 a) und eine weitergehende Ansicht zusätzlich voraussetzt, dass das Vorgehen des Täters subjektiv auf eine Benachteiligung seiner Gläubiger ausgerichtet ist (Tiedemann aaO Rdn. 28 f.). Die Auffassung des Landgerichts beruht auf einer Verkennung namentlich des Schutzzwecks des § 283 StGB mit der Folge, dass es den festgestellten Sachverhalt nach unzutreffenden rechtlichen Maßstäben unter das Tatbestandsmerkmal des Beiseiteschaffens subsumiert hat.
aa) Nach dem Wortlaut des § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB sind Tatobjekt Bestandteile des Schuldnervermögens, die im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Insolvenzmasse gehören. Außerdem ist gemäß § 283 Abs. 6 StGB eine Bankrotthandlung nur strafbar, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat oder über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist. Rechtsgut des § 283 StGB ist neben dem Schutz des gesamtwirtschaftlichen Systems vor allem der Schutz der etwaigen Insolvenzmasse vor einer unwirtschaftlichen Verringerung zum Nachteil der Gesamtheit der Gläubiger (BGHSt 28, 371, 373; BGH NStZ 2008, 401, 402; Tiedemann aaO Vor § 283 Rdn. 45 ff.; Hoyer aaO Vor § 283 Rdn. 3; Fischer aaO Vor § 283 Rdn. 3). Im Gegensatz zu § 288 StGB (Vereitelung der Zwangsvollstreckung), der das Recht des einzelnen Gläubigers auf Einzelbefriedigung aus dem Schuldnervermögen (BGHSt 16, 330, 334; Fischer aaO § 288 Rdn. 1) schützt, dient § 283 StGB somit dem Schutz der Gesamtvollstreckung (Insolvenz). Da im Falle der Insolvenz der Insolvenzverwalter die Interessen der Gläubigergesamtheit wahrnimmt, ist daher die Prüfung bezogen auf die rechtlichen und tatsächlichen Zugriffsmöglichkeiten eines (gedachten) Insolvenzverwalters unter Berücksichtigung seiner Auskunftsrechte gegenüber dem Schuldner (§ 97 InsO) unmittelbar nach der Tathandlung durchzuführen. Ob für einen einzelnen Gläubiger die Zwangsvollstreckung schwieriger geworden ist als vor dem Vermögenstransfer ist demgegenüber nur für § 288 StGB relevant, dessen Anwendung hier jedoch infolge der Zurücknahme des Strafantrags durch die Sachsen LB ausscheidet. Ebenso ist ohne Bedeutung, ob der Insolvenzverwalter nach der tatsächlichen Insolvenzeröffnung den Transfer durch eine Insolvenzanfechtung rückgängig machen kann.
bb) Entgegen der Meinung des Landgerichts ist daher das Tatbestandsmerkmal Beiseiteschaffen nicht schon dann erfüllt, wenn einzelne oder alle Gläubiger ein Konto des Schuldners im In- oder Ausland, auf das dieser Geld überwiesen hat, nicht kannten oder nicht kennen konnten. Zum einen besteht für den Schuldner keine generelle Pflicht, während der wirtschaftlichen Krise den Gläubigern alle seine Konten offen zu legen. Zum anderen verschlechtert sich durch eine solche Überweisung objektiv die Vollstreckungssituation für die Gläubigergesamtheit nicht wesentlich, wenn - wie hier - der Vermögenstransfer anhand der Kontounterlagen nachzuvollziehen ist, die dem Insolvenzverwalter regelmäßig zur Verfügung stehen. Die Überprüfung von Überweisungen anhand der Kontounterlagen gehört zu den üblichen Aufgaben eines Insolvenzverwalters, dem der Schuldner bei Unklarheiten gemäß § 97 InsO Auskunft erteilen muss.
Jedenfalls bei einer aus den Kontounterlagen nachvollziehbaren Überweisung auf ein ausländisches Konto - unabhängig davon, ob sich dieses auf dem Gebiet der Europäischen Union befindet oder nicht (aA Bittmann, Insolvenzstrafrecht § 12 Rdn. 103 Fn. 212) - kann das Tatbestandsmerkmal des Beiseiteschaffens nur bejaht werden, wenn für einen (gedachten) Insolvenzverwalter Schwierigkeiten von Gewicht bestehen, auf den überwiesenen Geldbetrag in angemessener Zeit zum Zwecke der Befriedigung der Gläubigergesamtheit zuzugreifen (RGSt 35, 62, 63; 61, 107, 109). Dass nicht jede Erschwerung des Zugriffs ausreichend ist, sondern diese erheblich sein muss, ergibt sich aus dem Begriff des Beiseiteschaffens, der Gleichstellung der Zugriffserschwernis mit der Zugriffsvereitelung, dem Schutzzweck des § 283 StGB und dem Grundsatz der "ultima ratio" des Strafrechts. Außerdem besteht für eine Einschränkung der wirtschaftlichen Handlungsfreiheit des Schuldners in der Krise nur insoweit ein Bedürfnis, als dies im Befriedigungsinteresse der Gläubigergesamtheit erforderlich ist. Deshalb führt nicht bereits die Überweisung auf ein ausländisches Konto für sich schon zu einer wesentlichen zukünftigen Erschwerung. Vielmehr ist darauf abzustellen, welche rechtlichen Hindernisse oder tatsächlichen Schwierigkeiten im Einzelfall beim Zugriff auf das ausländische Konto für einen Insolvenzverwalter zu überwinden sind. Eine wesentliche Erschwerung kann sich insbesondere ergeben aus erheblichen zeitlichen Verzögerungen oder der Notwendigkeit hoher finanzieller Aufwendungen für die Rechtsverfolgung im Ausland.
Die Frage, ob für den Insolvenzverwalter der Zugriff auf vom Schuldner ins Ausland transferiertes Geld wesentlich erschwert worden ist, richtet sich - außerhalb des Anwendungsbereichs der Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 des Rates vom 29. Mai 2000 über Insolvenzverfahren (EuInsVO; ABl. L 160 S. 1) oder bilateraler Abkommen - allein nach dem Insolvenz-(Konkurs-)recht sowohl des ausländischen Staates, in dessen Hoheitsgebiet das Konto geführt wird, und den daraus resultierenden rechtlichen und tatsächlichen Erschwernissen, als auch nach deutschem Insolvenzrecht. Dabei ist in den Blick zu nehmen, dass für den Schuldner die nach § 98 InsO erzwingbaren Auskunfts- und Mitwirkungspflichten gemäß § 97 InsO die Erteilung einer so genannten Auslandsvollmacht umfassen, wenn Anhaltspunkte für Vermögen des Schuldners im Ausland bestehen und die Befugnisse des Insolvenzverwalters im Ausland nicht ohne weiteres anerkannt werden (BGH NJWRR 2004, 134, 135).
cc) Nach diesen Maßstäben ist hier nicht belegt, dass der Angeklagte das auf sein Konto bei der VPBank in Liechtenstein überwiesene Geld im Sinne des § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB beiseite geschafft hat.
Durch die Vermögenstransfers auf das unter dem Namen des Angeklagten geführte Konto in Liechtenstein wurde objektiv dessen Vermögen nicht zum Nachteil der Gesamtheit der Gläubiger verringert. Bei den zwei Überweisungen in Höhe von 500.000 € und 240.000 € wurden lediglich die Ansprüche gegen die I.-Bank durch Forderungen in gleicher Höhe gegen die VPBank ersetzt, so dass der Wert des Vermögens unverändert blieb. Durch die Übertragung der Geschäftsanteile auf den B. Trust Reg. wurde das Vermögen des Angeklagten zwar einerseits um deren objektiven Wert verringert, aber andererseits um den auf das Konto bei der VPBank geflossenen Kaufpreis in Höhe von 500.000 € erhöht. Fließt als Gegenleistung für die Weggabe eines Vermögensbestandteils ein wirtschaftlich äquivalenter Wert in das Vermögen des Schuldners, entspricht dies den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft, weil das Vermögen insgesamt nicht verringert, sondern lediglich in seiner Zusammensetzung verändert wird (RGSt 66, 130, 132; BGHR StGB § 283 Abs. 1 Zahlungsunfähigkeit 3; Tiedemann aaO § 283 Rdn. 30; Hoyer aaO § 283 Rdn. 33; Pelz, Strafrecht in Krise und Insolvenz Rdn. 255). Da nach den Feststellungen der Kaufpreis dem tatsächlichen Wert der Geschäftsanteile entsprach, lag ein wirtschaftlich neutraler Austausch von Vermögensbestandteilen ohne nachteilige Auswirkungen auf das Vermögen des Angeklagten vor.
Wie oben dargestellt, ergab sich eine wesentliche Erschwernis des Zugriffs in tatsächlicher Hinsicht nicht schon daraus, dass der Sachsen LB und zunächst auch dem Insolvenzverwalter das Konto des Angeklagten bei der VPBank nicht bekannt war und nicht ohne weiteres bekannt sein konnte. Die Überweisungen vom 24. September 2002 und vom 2. Oktober 2002 wurden offen von einem Girokonto vorgenommen, das der Angeklagte nach den Feststellungen regelmäßig für Zahlungen an seine Gläubiger nutzte. Daher ergaben sich sowohl die Existenz des ausländischen Kontos als auch die Überweisungen bei der Durchsicht der Kontounterlagen, die einem Insolvenzverwalter zur Verfügung stehen. Die Überweisung der 500.000 € auf das Konto in Liechtenstein als Gegenleistung für die Übertragung der Geschäftsanteile auf den B. Trust Reg. war für einen Insolvenzverwalter aus dem Inhalt des notariellen Kaufund Abtretungsvertrages in Verbindung mit den Unterlagen betreffend die Konten bei der I. -Bank und der VPBank ebenfalls nachvollziehbar.
Zu der für das Tatbestandsmerkmal des Beiseiteschaffens entscheidenden Frage, ob der Angeklagte durch den Vermögenstransfer nach Liechtenstein den Zugriff eines (gedachten) Insolvenzverwalters auf die überwiesenen Geldbeträge aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen wesentlich erschwerte, verhalten sich die Urteilsgründe nicht. Diese stellen lediglich darauf ab, dass sich der Zugriff auf das Konto bei der VPBank für die Sachsen LB bei der versuchten Einzelvollstreckung wesentlich schwieriger gestaltete als bei einer Kontenpfändung in Deutschland. Auch mit der nach der Insolvenzordnung einem Insolvenzverwalter eingeräumten Möglichkeit, vom Schuldner eine Auslandsvollmacht zu verlangen, befassen sich die Urteilsgründe nicht.
Die Urteilsgründe bieten daher keine ausreichende Grundlage, um das Tatbestandsmerkmal des Beiseiteschaffens im Sinne des § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB mit der notwendigen Sicherheit bejahen oder verneinen zu können. Eine abschließende rechtliche Beurteilung ist dem Senat auch unabhängig hiervon nicht möglich. Im Einzelnen:
1. Zwar gilt im Verhältnis zwischen Deutschland und Liechtenstein weder die Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 über Insolvenzverfahren noch ein bilaterales Abkommen über die gegenseitige Anerkennung von Insolvenzentscheidungen einschließlich der Ausfolgung von Vermögenswerten. Doch auch nach dem autonomen Internationalen Insolvenzrecht beider Länder stellt sich ein Zugriff des deutschen Insolvenzverwalters auf ein bei einer Liechtensteiner Bank geführtes Konto nicht von vorneherein als so schwierig dar, dass ein Beiseiteschaffen sicher bejaht werden könnte.
In rechtlicher Hinsicht ist sowohl das Internationale Insolvenzrecht Deutschlands als auch dasjenige Liechtensteins jeweils vom Universalitätsprinzip beherrscht. Das bedeutet, dass die Reichweite des deutschen Insolvenzverfahrens sich auch auf das in Liechtenstein belegene Vermögen eines Gemeinschuldners erstreckt und damit rechtlich zur Insolvenzmasse des deutschen Insolvenzverfahrens gehört (BGHZ 88, 147, 156; Lwowski/Peters in MünchKommInsO 2. Aufl. § 35 Rdn. 36; Frege/Keller/Riedel, Insolvenzrecht 7. Aufl. Rdn. 1036 b). Damit korrespondierend erkennt das liechtensteinische Internationale Insolvenzrecht in Art. 5 Abs. 2 der liechtensteinischen Konkursordnung (liKO) an, dass das in Liechtenstein befindliche bewegliche Vermögen eines Gemeinschuldners, über dessen Vermögen der Konkurs im Ausland eröffnet wurde, unter den dort genannten Voraussetzungen der ausländischen Konkursbehörde auf deren Verlangen auszufolgen ist. Es spricht viel dafür, dass zum Zeitpunkt der Tathandlungen im Herbst 2002 die gegenseitige Anerkennung zwischen Liechtenstein und Deutschland gewährleistet gewesen war (siehe OGH, Beschl. vom 6. Mai 2003 - 2 Cg 2001.68 - www.gerichtsentscheide.li; bereits zuvor anerkennungsfreundlich insbesondere in Bezug auf Deutschland Obergericht, Beschl. vom 18. Oktober 1990 - Ne 14/89 - LES 1991, 179; Beschl. vom 9. Juni 1988 - GA 1/87 - LES 1992, 133; OGH, Beschl. vom 1. April 1981 - 4 C 213/77-15 - ZIP 1981, 881, anders noch OGH, Beschl. vom 17. Dezember 1980 - 4 C 461/78-15 - LES 1982, 25, 28; zur Literatur s. Mähr, Das Internationale Zivilprozeßrecht Liechtensteins 2002, S. 227 f.; Gasser, Internationales Insolvenzrecht in Liechtenstein, in: Grenzüberschreitendes Insolvenzrecht 2004, S. 115 ff.).
2. In der Praxis ist das Ausfolgungsbegehren im Sinne des Art. 5 Abs. 2 liKO, bei dem es sich nach herrschender (liechtensteinischer) Ansicht um ein Rechtshilfeersuchen handelt (Obergericht, Beschl. vom 25. Juni 1992 - Rz 790/90 - LES 1992, 157; Gasser aaO S. 132), an das nach Art. 1 Abs. 1 liKO i. V. m. Art. 27 liechtensteinische Jurisdiktionsnorm (liJN) zuständige Landgericht in Vaduz zu richten. Wer als ausländische Konkursbehörde für das Ausfolgungsverlangen zuständig ist, bestimmt sich nach deutschem Recht (Obergericht, Beschl. vom 18. Oktober 1990 - Ne 14/89 - LES 1991, 179), das diese ; BGH ZInsO 2006, Aufgabe dem Insolvenzverwalter nach § 80 Abs. 1 InsO kraft Amtes zuschreibt (BGHZ 88, 331, 334260 ff.; ZIP 1999, 75, 76; NJW 1995, 1484; Braun, InsO 3. Aufl. § 80 Rdn. 26). Das Ausfolgungsbegehren ist darauf gerichtet, den deutschen Beschluss über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Liechtenstein anzuerkennen und für vollstreckbar zu erklären (Obergericht, Beschl. vom 25. Juni 1992 - Rz 790/90 - LES 1992, 157; Gasser aaO S. 132). Im Anschluss an die im so genannten Exequaturverfahren - nach Prüfung der Anerkennungsvoraussetzungen gemäß Art. 5 Abs. 2 liKO - ergangenen Anerkennungs- und Vollstreckbarerklärung kann sodann das bei der liechtensteinischen Bank befindliche Guthaben des Gemeinschuldners für die Insolvenzmasse eingezogen werden, weil der Gemeinschuldner durch die Anerkennung der Wirkungen des deutschen Insolvenzverfahrens seine Verfügungsmacht auch hinsichtlich seines liechtensteinischen Vermögens verliert und diese dem Insolvenzverwalter zukommt (§ 80 Abs. 1 InsO; zur Wirkungserstreckung auf Liechtenstein vgl. Stotter ZIP 1981, 885). Der Einziehung des Guthabens auf dem liechtensteinischen Konto wie auch dem vorbereitenden Auskunftsersuchen stehen nach der Anerkennungs- und Vollstreckbarerklärung auch nicht das als Berufsgeheimnis des Bankiers ausgestaltete Bankgeheimnis (Wagner, Bankenplatz Liechtenstein 3. Aufl. S. 161) der liechtensteinischen Banken entgegen. Denn der Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis vom Gemeinschuldner auf den Insolvenzverwalter bewirkt auch den Übergang der Geheimnisherrschaft an die Insolvenzmasse (Wagner aaO S. 263).
3. Im Ergebnis ist daher für die Prüfung des Tatbestandmerkmals des Beiseiteschaffens entscheidend, ob im Herbst 2002 die Anerkennungsvoraussetzungen gemäß Art. 5 Abs. 2 liKO vorlagen und wie schwierig sich damals das Verfahren über die Anerkennung und die Vollstreckbarkeitserklärung eines deutschen Beschlusses über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Liechtenstein aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen gestaltete. Dies kann der Senat auf der Grundlage der Feststellungen nicht abschließend und zweifelsfrei beurteilen. Dasselbe gilt für die Anerkennung einer vom Schuldner dem Insolvenzverwalter erteilten Auslandsvollmacht in Liechtenstein. Die Sache bedarf daher neuer Verhandlung und Entscheidung.
C. Revision der Staatsanwaltschaft:
Die Angriffe der Staatsanwaltschaft gegen den Rechtsfolgenausspruch bleiben ohne Erfolg.
1. Die Strafzumessung ist grundsätzlich Aufgabe des Tatrichters, dem es obliegt, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den er in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Angeklagten gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und gegeneinander abzuwägen. Eine ins Einzelne gehende Richtigkeitskontrolle des Revisionsgerichts ist ausgeschlossen; dieses darf nur nachprüfen, ob dem Tatrichter bei seiner Entscheidung ein Rechtsfehler unterlaufen ist. In Zweifelsfällen hat es die Bewertung durch das Tatgericht hinzunehmen (BGHSt 29, 319, 320; 34, 345, 349; BGHR StGB § 46 Abs. 1 Beurteilungsrahmen 1).
2. Einen Rechtsfehler enthält die Strafzumessung des Landgerichts nach diesen Maßstäben nicht. Ein solcher liegt insbesondere nicht darin, dass es die Annahme besonders schwerer Fälle des Bankrotts abgelehnt hat. Rechtsfehlerfrei hat es ein Handeln des Angeklagten aus einem überzogenen rücksichtslosen Eigeninteresse und damit aus Gewinnsucht (§ 283a Satz 2 Nr. 1 StGB) sowie das Vorliegen eines unbenannten besonders schweren Falles verneint. Bei der Bemessung der Einzelstrafen und der Gesamtstrafe hat es die wesentlichen für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände aufgeführt und rechtsfehlerfrei gegeneinander abgewogen. In Anbetracht des hohen Wertes der Vermögensbestandteile, die das Landgericht als beiseite geschafft angesehen hat, sind die Einzelstrafen und die Gesamtstrafe zwar als milde anzusehen. Sie unterschreiten jedoch nicht den Rahmen schuldangemessenen Strafens, sondern halten sich noch innerhalb des allein dem Tatrichter zustehenden Strafzumessungsspielraums.
Entgegen der Meinung der Staatsanwaltschaft hat das Landgericht die Grundsätze über die Kompensation einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung nach der Vollstreckungslösung (BGHSt 52, 124 ff.) nicht verletzt. Bei der festgestellten Verfahrensverzögerung von ca. zwei Jahren musste es in den Urteilsgründen nicht ausdrücklich darlegen, ob zur Kompensation bereits die Feststellung der rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung ausgereicht hätte (BGHSt aaO S. 138 f.). Der als vollstreckt bestimmte Teil der Strafe von fünf Monaten erscheint angesichts des nicht unerheblichen Verzögerungszeitraums noch nicht unvertretbar hoch. Insgesamt ist die Höhe der vorgenommenen Kompensation ausreichend begründet (vgl. BGH NStZ-RR 2008, 368).
D. Hinweise:
Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
1. Zur Feststellung einer tatsächlichen oder drohenden Zahlungsunfähigkeit empfiehlt es sich, einen Liquiditätsstatus zu erstellen oder durch einen Sachverständigen erstellen zu lassen, in dem übersichtlich die Barmittel sowie die kurzfristig liquidierbaren Vermögenswerte allen bestehenden und zu erwartenden Verbindlichkeiten entsprechend ihrer jeweiligen Fälligkeit gegenübergestellt werden (vgl. Tiedemann aaO Vor § 283 Rdn. 130 ff.; Hoyer aaO § 283 Rdn. 20 ff.). Die für einen umfassenden Liquiditätsstatus erforderlichen Informationen dürften sich aus der Insolvenzakte, insbesondere dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens sowie den Berichten des Insolvenzverwalters zu den von den Gläubigern zur Insolvenztabelle angemeldeten Forderungen und den verwertbaren Vermögenswerten ergeben.
2. In der neuen Hauptverhandlung wird zu klären sein, ob sich der Fehler bei der Ermittlung des Beleihungswertes für das Grundstück Bauteil A auf die Sicherheiten durch die Grundschulden ausgewirkt hat. Dies wäre nur der Fall, wenn die Flurstücke irrtümlich dem Grundstück Bauteil B zugeordnet worden wären, weil nach den Feststellungen der Wert der für dieses Grundstück bestellten Grundschuld voll ausgeschöpft war. Sollten die Flurstücke jedoch dem Grundstück Bauteil C zugeordnet worden sein, hätte sich der Sicherungswert der für dieses Grundstück bestellten Grundschuld entsprechend erhöht.
3. Auch bei einem überhöhten Sicherungsverlangen wird sich der neue Tatrichter mit der Rechtsfrage befassen müssen, ob die fristlose Kündigung vom 19. März 2002 wirksam war und deshalb von einer Zahlungsunfähigkeit des Angeklagten auszugehen ist. Bei der rechtlichen Würdigung ist nicht nur das Verhalten der Sachsen LB, sondern auch das des Angeklagten in den Blick zu nehmen. In der Rechtsprechung ist anerkannt (vgl. BGHR BGB § 648a Sicherungsverlangen 1), dass ein überhöhtes Sicherungsverlangen wirksam sein kann, wenn anzunehmen ist, dass der Schuldner auch auf ein auf den berechtigten Teil beschränktes Nachsicherungsverlangen nicht geleistet hätte.
4. Um drohende Zahlungsunfähigkeit festzustellen, ist nach der auch für das Strafrecht geltenden (Tiedemann aaO Vor § 283 Rdn. 126; Hoyer aaO § 283 Rdn. 8 ff.) Definition des § 18 Abs. 2 InsO eine Prognose erforderlich, die sich zunächst auf alle fälligen Verbindlichkeiten des Angeklagten zu den Tatzeitpunkten beziehen muss (Tiedemann aaO Vor § 283 Rdn. 133; Hoyer aaO § 283 Rdn. 23). Ob daneben auch die zu erwartenden, aber noch nicht fälligen Verbindlichkeiten zu berücksichtigen sind, ist streitig (vgl. einerseits Stree/Heine aaO § 283 Rdn. 53 m. w. N.; Radtke in MünchKommStGB Vor § 283 Rdn. 84, 87 ff.; andererseits Tiedemann aaO Vor § 283 Rdn. 139; Hoyer aaO § 283 Rdn. 23). Jedenfalls können nur mit überwiegender Wahrscheinlichkeit fällig werdende Verbindlichkeiten in die Betrachtung einbezogen werden. Bei der Prognose ist die drohende Zahlungsunfähigkeit von einer nur vorübergehenden Zahlungsstockung abzugrenzen (BGHZ 163, 134).
5. Der objektive Wert der Geschäftsanteile, die der Angeklagte an den B. Trust Reg. verkauft und auf diesen übertragen hat, sollte durch ein Sachverständigengutachten ermittelt werden. Da die Ehefrau des Angeklagten die Inhaberin des B. Trust Reg. war, kann vom Kaufpreis nicht auf den tatsächlichen Wert geschlossen werden. Einerseits ist es - entsprechend der Behauptung des Angeklagten - denkbar, dass die Ehefrau bereit war, einen überhöhten Kaufpreis zu bezahlen. Andererseits kann der Angeklagte im Hinblick auf die persönlichen Beziehungen auch einen nicht adäquaten Kaufpreis akzeptiert haben.
6. Es empfiehlt sich, zu der Frage, wie schwierig für einen deutschen Insolvenzverwalter im Herbst 2002 der Zugriff auf ein Konto in Liechtenstein war, ein Gutachten einzuholen. Sollte der neue Tatrichter zum Ergebnis kommen, dass das Tatbestandsmerkmal des Beiseiteschaffens zu verneinen ist, wird wegen der zeitlichen Nähe zwischen den Vollstreckungsversuchen der Sachsen LB und den Vermögensverlagerungen nach Liechtenstein vor einem Freispruch zu prüfen sein, ob sich der Angeklagte wegen versuchten Bankrotts strafbar gemacht hat.
HRRS-Nummer: HRRS 2010 Nr. 555
Externe Fundstellen: BGHSt 55, 107; NJW 2010, 2894; NStZ 2010, 637; StV 2011, 94
Bearbeiter: Ulf Buermeyer