Alle Ausgaben der HRRS, Aufsätze und Anmerkungen ab dem Jahr 2000.
HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Oktober 2025
26. Jahrgang
PDF-Download
1. Gegen Herausgabeverlangen eines Untersuchungsausschusses des Deutschen Bundestages gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 PUAG ist ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach Art. 44 Abs. 2 Satz 1 GG in Verbindung mit § 98 Abs. 2 Satz 2 analog StPO statthaft. Zuständig für die Entscheidung über den Rechtsbehelf ist der Bundesgerichtshof. (BGHSt)
2. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist nicht durch § 30 PUAG ausgeschlossen. Diese Vorschrift bestimmt lediglich ein besonderes Prozedere, um bei vorzulegenden Unterlagen, die der Betroffene eines – hinsichtlich des Anordnungsgehalts nicht in Frage gestellten – Herausgabeverlangens für besonders schutzwürdig – insbesondere geheimhaltungsbedürftig – oder als für die Untersuchung nicht bedeutsam erachtet, dem geltend gemachten Interesse daran Genüge zu tun, dass die betreffenden Informationen (zunächst) nicht an die Öffentlichkeit gelangen. Fallkonstellationen, in denen Zweifel inmitten stehen, welche Gegenstände überhaupt von einem Herausgabeverlangen erfasst sind, betrifft § 30 PUAG dagegen nicht. (Bearbeiter)
3. Beweisbeschlüsse eines Untersuchungsausschusses, die ein Herausgabeersuchen nach § 29 Abs. 1 Satz 1 PUAG formulieren, haben dem Bestimmtheitsgebot zu genügen. Zwar müssen die herausverlangten Objekte nicht individuell bezeichnet werden, der Beweisbeschluss muss aber so konkret gefasst sein, dass der Adressat bei verständiger Würdigung unschwer erkennen kann, welche Gegenstände er herauszugeben hat. (BGHSt)
4. Bei der Beurteilung der Bestimmtheit eines Herausgabeverlangens kann auch der im Einzelfall betroffene Adressatenkreis berücksichtigt werden. Insoweit kann es eine Rolle spielen, ob der Adressat im politischen Raum agiert, mit den Gepflogenheiten parlamentarischer Arbeit vertraut ist oder bereits wiederholt mit Beweiserhebungen durch Untersuchungsausschüsse konfrontiert wird. Ferner kann berücksichtigt werden, wenn gleichlautende Beweisbeschlüsse mit Herausgabeersuchen an andere Adressaten ergingen und nur wenige dieser weiteren Adressaten Schwierigkeiten geltend machen, den genauen Umfang des Herausgabeverlangens zu erkennen. (Bearbeiter)
5. Herausverlangte Gegenstände müssen potentielle Untersuchungsrelevanz haben. Insofern ist allerdings ausreichend, wenn ein erkennbarer Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand vorliegt und die nicht fernliegende Möglichkeit besteht, dass der Gegenstand für die Untersuchung von Bedeutung sein kann. (Bearbeiter)
1. Die Verteidigung hat keinen Anspruch auf Aushändigung eines amtlich verwahrten Beweisstücks, um unter dessen Nutzung mit dem Angeklagten unbeaufsichtigt eigene Ermittlungen durchzuführen. (BGHR)
2. Entscheidungen über die Form der Gewährung von Akteneinsicht sind nach § 32f Abs. 3 StPO der Anfechtung entzogen. Entsprechendes gilt für die Besichtigung von amtlich verwahrten Beweisstücken; auch hier sind die Modalitäten der gewährten Beschau nicht anfechtbar. Es spricht viel dafür, den in den Vorschriften zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers nicht durch die Statthaftigkeit einer gegen die Nichtaussetzung der Hauptverhandlung gerichteten Rüge zu umgehen und Beanstandungen der Form der Gewährung von Akteneinsicht oder Beweismittelbesichtigung auf diese Weise gleichwohl zur Überprüfung des Revisionsgerichts zu stellen. (Bearbeiter)
3. Eigene Ermittlungen bleiben der Verteidigung zwar unbenommen. Ein Anspruch auf staatliche Hilfestellung für solche eigenen Ermittlungen der Verteidigung besteht indes im Regelfall nicht. Danach besteht grundsätzlich auch kein Anspruch des Angeklagten auf Überlassung des sichergestellten Gegenstands zwecks Vornahme eigener Ermittlungen. Sieht die Verteidigung Aufklärungsbedarf, dem sie mit eigenen Mitteln nicht nachkommen kann, steht es ihr vielmehr offen, die begehrten Ermittlungen durch Strafverfolgungsbehörden oder Gerichte anzuregen oder zu beantragen und eine etwaige Verletzung der Pflicht aus § 244 Abs. 2 StPO in der Revision geltend zu machen. (Bearbeiter)
1. Die für Verteidigungsunterlagen geltenden Erwägungen, wonach eine Durchsicht vorläufig sichergestellter Gegenstände zulässig ist, wenn nicht offensichtlich ist, dass es sich um Verteidigungsunterlagen handelt, sind auf den Umgang mit konsularischen Archiven und Schriftstücken zu übertragen. (BGHR)
2. Ergibt die Durchsicht, dass es sich bei den vorläufig sichergestellten Gegenständen um konsularische Archive handelt oder sich auf ihnen – etwa bei sichergestellten Datenträgern – konsularische Archive befinden, so ist das von diesem gesetzlichen Merkmal Erfasste daher ohne weitere Kenntnisnahme herauszugeben beziehungsweise bei angefertigten Datenkopien unverzüglich zu löschen. Anderes gilt, soweit sich auf den sichergestellten Gegenständen – vor allem den elektronischen Datenträgern – neben konsularischen Archiven weitere Inhalte befinden; diese bleiben beschlagnahmefähig. (Bearbeiter)
1. Ist die Vernehmung eines Zeugen, für welche die Entfernung des Angeklagten angeordnet worden ist, abgeschlossen und wird der Zeuge zu einem späteren Zeitpunkt abermals vernommen, bedarf es für die Entfernung grundsätzlich eines erneuten Anordnungsbeschlusses. (BGHR)
2. Eine Bezugnahme des Vorsitzenden auf einen früheren Kammerbeschluss genügt hierfür grundsätzlich nicht und macht eine neue Entscheidung der Kammer nicht entbehrlich. (Bearbeiter)
Bei Serienstraftaten sind an die Sachverhaltsdarstellung in einem Europäischen Haftbefehl regelmäßig geringere Anforderungen zu stellen als bei einem inländischen Haftbefehl oder einer Anklageschrift. Bei einer Vielzahl gleichgelagerter Taten genügt es, wenn der Europäische Haftbefehl eine Darstellung des Gesamttatzeitraums, der Tatörtlichkeiten, der Strukturen des personellen Zusammenschlusses und der Einbindung des Betroffenen in diese, des modus operandi und der Anzahl der Serienstraftaten nebst jedenfalls aussagekräftiger exemplarischer Beschreibung einzelner Taten enthält. (BGHR)
Für die Wirksamkeit der Teilaufhebung eines Haftbefehls genügt die schriftliche Bekanntgabe des betreffenden Beschlusses, wenn dieser ohne Änderung des angenommenen Haftgrundes lediglich den Wegfall einzelner Tatvorwürfe bestimmt. Der mündlichen Verkündung eines neugefassten Haftbefehls beziehungsweise des Änderungsbeschlusses in entsprechender Anwendung des § 115 StPO bedarf es in einem solchen Fall nicht. (BGH LM)
1. Gemäß § 1 Abs. 6 Satz 2 StrRehaG in der seit dem 1. Juli 2025 geltenden Fassung ist ein erneuter Rehabilitierungsantrag nicht nach § 1 Abs. 6 Satz 1 StrRehaG unzulässig, soweit dargelegt wird, dass der frühere Antrag nach den Vorschriften des Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes in der zum Zeitpunkt der Entscheidung über den erneuten Antrag geltenden Fassung Erfolg gehabt hätte.
2. Die Neufassung von § 1 Abs. 6 Satz 2 StrRehaG ist in strafrechtlichen Rehabilitierungsverfahren auch dann anzuwenden, wenn der Betroffene den erneuten Antrag vor dem 1. Juli 2025 gestellt hat und das Verfahren am 1. Juli 2025 noch nicht rechtskräftig abgeschlossen war.
3. Nach allgemein anerkannten Grundsätzen des Strafverfahrensrechts ist neues Verfahrensrecht, soweit nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, auch auf bereits anhängige Verfahren anzuwenden. Es erfasst die Verfahren in der Lage, in der sie sich beim Inkrafttreten der neuen Vorschriften befinden; laufende Verfahren sind nach den neuen Vorschriften weiterzuführen. Dies gilt auch für Bestimmungen, welche die Stellung von Verfahrensbeteiligten im Prozess, ihre Befugnisse und ihre Pflichten betreffen, sowie für Vorschriften über die Vornahme und Wirkungen von Prozesshandlungen Beteiligter, soweit nichts Abweichendes geregelt ist und es sich nicht um ein bereits beendetes prozessuales Geschehen handelt.
1. Eine Verurteilung auf alternativer Tatsachengrundlage (sogenannte unechte Wahlfeststellung) setzt voraus, dass innerhalb des durch § 264 StPO gezogenen Rahmens nicht eindeutig aufzuklären ist, ob der Angeklagte denselben Straftatbestand durch das eine oder andere Verhalten erfüllt hat, aber sicher ist, dass er die Tat verwirklicht hat und andere, straflose Handlungen ausgeschlossen sind (st. Rspr.). Eine wahldeutige Verurteilung ist damit nur zulässig, wenn das Tatgericht zwar die Überzeugung von einem bestimmten Geschehensablauf trotz Ausschöpfung aller Beweismittel nicht zu gewinnen vermag, jedoch die Gewissheit erlangt hat, dass von zwei oder mehreren tatbestandsmäßigen Sachverhaltsvarianten (die jede für sich den Erfolg herbeigeführt haben können) eine mit Sicherheit vorliegt.
2. Es müssen sich die in Betracht kommenden Geschehensabläufe derart zueinander verhalten, dass das Tatgericht bei gedanklicher Ausschaltung der einen Möglichkeit von der anderen überzeugt ist. Diesbezüglich müssen die Urteilsfeststellungen die mehreren Tatmodalitäten im Einzelnen darlegen, andere Möglichkeiten sicher ausschließen und sämtliche für erwiesen erachtete Tatsachen, in denen die objektiven und subjektiven Merkmale der zur Überzeugung des Gerichts allein in Betracht kommenden strafbaren Verhaltensweisen gesehen werden, ausweisen. Dabei bestehen umso strengere Anforderungen, je mehr Geschehensabläufe in Betracht kommen. Diese Voraussetzungen müssen durch eine rechtsfehlerfreie Beweiswürdigung in den Urteilsgründen belegt sein.
3. Es ist rechtsfehlerhaft, wenn die Jugendgerichtshilfe nicht vom Hauptverhandlungstermin unterrichtet wird. Der Beitrag der Jugendgerichtshilfe soll es ermöglichen, ein möglichst vollständiges Bild der persönlichen Verhältnisse und des sozialen Umfelds des Täters zu erlangen (§ 38 Abs. 2 JGG). Dies hat nicht nur für Anwendbarkeit des Jugendstrafrechts Bedeutung, sondern auch für die Aufklärung von für den Schuldumfang bedeutsamen Tatsachen, die sich auf die Strafzumessung auswirken können. Die Pflicht zur Heranziehung der Jugendgerichtshilfe entfällt deshalb nicht dadurch, dass der Angeklagte zur Zeit der Hauptverhandlung bereits Erwachsener ist. Um einen Fall des § 338 Nr. 5 StPO handelt es sich insoweit allerdings nicht.
1. § 261 StPO ist verletzt, wenn der Tatrichter seiner Entscheidung über die Schuld- und Straffrage Erkenntnisse zugrunde legt, die er nicht in der Hauptverhandlung nach den Regeln des Strengbeweises gewonnen hat. Dies schließt es grundsätzlich aus, außerhalb der Hauptverhandlung erlangtes Wissen ohne förmliche Beweiserhebung zum Nachteil des Angeklagten zu verwerten.
2. Eine Ausnahme gilt für gerichtskundige Tatsachen, wenn in der Hauptverhandlung darauf hingewiesen wurde, dass sie der Entscheidung als offenkundig zugrunde gelegt werden könnten, und es sich nicht um eine auf den Einzelfall bezogene Wahrnehmung über Tatsachen handelt, die unmittelbar für Merkmale des äußeren und inneren Tatbestandes erheblich oder mittelbar für die Überführung des Angeklagten von wesentlicher Bedeutung sind wie etwa mittelbar beweiserhebliche Indiztatsachen, die sich auf den Inhalt einer Zeugenaussage und das Aussageverhalten eines Zeugen beziehen.
3. Soll beanstandet werden, die Überzeugungsbildung des Tatgerichts sei unter Verstoß gegen den Unmittelbarkeitsgrundsatz gewonnen worden, so erfordert § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO den vollständigen Vortrag der entsprechenden Verfahrensvorgänge . Bei Umständen, die der Behandlung als gerichts- oder offenkundig grundsätzlich zugänglich sind, gehört dazu der Vortrag, ob und gegebenenfalls mit welchem Inhalt ein Hinweis durch das Gericht erteilt wurde, dass und in welchem Umfang es bestimmte Umstände als gerichtskundig behandeln will. Da sich dies aus den schriftlichen Urteilsgründen regelmäßig nicht ergibt, kann der Senat anderenfalls nicht allein anhand des Revisionsvorbringens prüfen, ob der geltend gemachte Verstoß tatsächlich vorliegt.
4. Die Annahme der Gerichtskundigkeit auf Gebieten, die im Hintergrund des Geschehens stehen und gleichsam den Boden für die Verübung einer größeren Zahl gleichgearteter Verbrechen abgeben und Tatsachen betreffen, die in einer im Wesentlichen unveränderten Weise immer wieder mit bestimmten strafrechtlich zu beurteilenden Vorgängen verknüpft sind, ist unbedenklich. Hat der Richter durch die Erhebung zahlreicher Beweise, die er gegebenenfalls in einer ganzen Reihe von Verfahren durchgeführt hat, ein sicheres Bild von solchen gleichbleibenden tatsächlichen Ereignissen oder Zuständen gewonnen, so steht es ihm frei, dieses Wissen in späteren Verfahren zu verwerten. Hier bleibt die tatsächliche Grundlage stets unverändert und die Besonderheiten der jeweiligen Tatausführung können insoweit keine ausschlaggebende Rolle spielen (vgl. BGHSt 6, 292, 295).
1. Die Benennung einer konkreten medizinischen Diagnose enthält eine schlagwortartige Tatsachenbehauptung, die über bloße Schlussfolgerungen hinausgeht. Dass die Erstellung der Diagnose ihrerseits eine wertende Einordnung des Sachverständigen erfordert, nimmt der Beweisbehauptung nicht den Charakter einer konkreten Tatsache i.S. des § 244 Abs. 3 Satz 1 StPO.
2. Zwar ist die Beurteilung der Aussagetüchtigkeit eines Zeugen und der Glaubhaftigkeit der Aussage ureigene Aufgabe des Tatgerichts, das diese grundsätzlich aufgrund eigener Sachkunde bewältigen kann und muss. Anderes gilt aber, wenn besondere Umstände vorliegen, deren Würdigung eine spezielle Sachkunde erfordert, die dem Gericht nicht zur Verfügung steht. Hierzu können deutliche Anhaltspunkte für eine Persönlichkeitsstörung gehören, da deren Diagnose und die Beurteilung von deren Auswirkungen auf die Aussagetüchtigkeit spezifisches Fachwissen erfordern, das nicht Allgemeingut von Richtern ist.
Bei einer auf § 244 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 StPO gestützten Ablehnung einer Mehrzahl von Beweisanträgen, die das gemeinsame Ziel verfolgen, die Überzeugung des Tatgerichts in Frage zu stellen, kann es im Einzelfall erforderlich werden, eine über die isolierte Bewertung der einzelnen Beweistatsachen hinausgehende Gesamtwürdigung vorzunehmen. Verfolgen mehrere Beweisanträge das gemeinsame Ziel, die Glaubwürdigkeit eines Zeugen in Frage zu stellen, ist dies etwa der Fall, wenn nach den konkreten Umständen nicht nur den einzeln unter Beweis gestellten möglichen unwahren Angaben des Zeugen, sondern auch deren Vielzahl eine entscheidungserhebliche Bedeutung zukommen kann.
1. Die Protokollverlesung zur Gedächtnisunterstützung (§ 253 Abs. 1 StPO) ist lediglich bei der originären Beweisperson, nicht bei der Verhörsperson zulässig. Es kann jedoch am Beruhenszusammenhang fehlen, wenn das Tatgericht seine Überzeugung, welche Angaben die Beweisperson bei der polizeilichen Vernehmung gemacht hat, ausweislich der Ausführungen im Urteil auf die Zeugenaussage des Vernehmungsbeamten gestützt, der den Inhalt der verlesenen Urkunde auf Vorhalt bestätigt hat. Ferner kann der Beruhenszusammenhang dadurch ausgeschlossen sein, dass das Vernehmungsprotokoll ohne Weiteres rechtmäßig in Ergänzung der erfolgten Vernehmung der originären Beweisperson nach § 249 Abs. 1 StPO hätte verlesen werden können.
2. Das Rekonstruktionsverbot kann dem Erfolg einer Inbegriffsrüge entgegenstehen, wenn mit dieser geltend gemacht wird, der in der Hauptverhandlung als Zeuge gehörte Vernehmungsbeamte habe sogleich zu Beginn seiner Aussage erklärt, er könne sich an den Inhalt der von ihm durchgeführten Vernehmung nicht erinnern, und er habe im Anschluss an die sodann erfolgte Verlesung des Vernehmungsprotokolls nicht mehr zur Sache ausgesagt und sei als Zeuge entlassen worden. Ein solcher Vorhalt ist formlos möglich und bedarf ebenso wenig wie seine Beantwortung durch die Beweisperson der Protokollierung. Die im Anschluss an die Urkundenverlesung protokollierte Entlassung des Zeugen schließt es daher nicht aus, dass er die in den Urteilsgründen dargelegten Angaben auf Vorhalt gemacht hat. Dem steht auch eine anfänglich fehlende Erinnerung nicht entgegen.
Das Inkrafttreten des KCanG wirkt sich auf die Verwertbarkeit der EncroChat-Daten nicht aus; diese können auch nach Inkrafttreten des KCanG zur Strafverfolgung verwendet werden.
1. Macht der Revisionsführer eine Verletzung des Verfahrensrechts geltend, muss er die Tatsachen, die den behaupteten Verfahrensmangel begründen, so vollständig und genau mitteilen, dass das Revisionsgericht aufgrund der Rechtfertigungsschrift prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, wenn die behaupteten Tatsachen bewiesen werden.
2. Für den absoluten Revisionsgrund des § 338 Nr. 3 StPO bedarf es insoweit des Vortrages eines Sachverhalts, der tatsächlich die Besorgnis der Befangenheit des abgelehnten Richters rechtfertigen konnte und das Ablehnungsgesuch deshalb zu Unrecht verworfen wurde.
3. Das Verhalten eines Richters im Verlauf der Hauptverhandlung begründet die Ablehnung, wenn es besorgen lässt, dass er nicht mehr unvoreingenommen an die Sache herangeht, insbesondere von der Schuld des Angeklagten bereits endgültig überzeugt ist. Hierbei kommt es maßgeblich auf die Umstände des Einzelfalls an, weshalb ein bestimmtes Verhalten nicht isoliert betrachtet werden
darf, sondern stets im Gesamtzusammenhang des Verfahrensgeschehens gesehen werden muss und deshalb in der Revision entsprechend vorzutragen ist.
In den Urteilsgründen ist regelmäßig eine Wiedergabe der Einlassung des Angeklagten erforderlich, damit das Revisionsgericht nachprüfen kann, ob sich der Tatrichter unter Berücksichtigung der erhobenen Beweise eine tragfähige Grundlage für seine Überzeugungsbildung verschafft und das materielle Recht richtig angewendet. Es bedarf somit einer geschlossenen und zusammenhängenden Wiedergabe wenigstens der wesentlichen Grundzüge der Einlassung des Angeklagten, um die Beweiswürdigung des Tatrichters auf sachlichrechtliche Fehler hin überprüfen zu können.
Die Anordnung der Vernehmung der Beschuldigten, die in der gleichen Verfügung vorläufig zurückgestellt wird, genügt für die Verjährungsunterbrechung nach § 78c Abs. 1 Nr. 1 StGB nicht, weil sie zunächst ausdrücklich nicht durchgeführt werden und damit keine Außenwirkung erzeugen soll.
1. Die Verjährung bestimmt sich bei tateinheitlichem Zusammentreffen für jede Gesetzesverletzung gesondert.
2. Eine Einzelstrafe und die daraus gebildete Gesamtstrafe können trotz Verurteilung wegen einer verjährten Tat und diesbezüglicher Änderung des Schuldspruchs Bestand haben. Die strafschärfende Berücksichtigung verjährter Taten ist zulässig.
3. Das Verbot des § 308 Abs. 1 ZPO gilt auch im Adhäsionsverfahren. Ein Verstoß hiergegen ist von Amts wegen zu beachten.
Zwar unterliegen nach Art. 43 Abs. 1 WÜK Konsularbeamte und Bedienstete des Verwaltungs- oder technischen Personals wegen Handlungen, die in Wahrnehmung konsularischer Aufgaben vorgenommen worden sind, weder der Gerichtsbarkeit des Empfangsstaats noch Eingriffen seiner Verwaltungsbehörden. Dies gilt aber nicht für Mitglieder der konsularischen Vertretungen – zu denen nach Art. 1 Abs. 1 Buchst. g WÜK auch die Bediensteten des Verwaltungs- oder technischen Personals zählen –, die Angehörige des Empfangsstaats oder dort ständig ansässig sind. Diesen kommt nach den Regelungen des WÜK eine Sonderstellung zu, weshalb auf sie nicht Art. 43 Abs. 1 WÜK, sondern gemäß Art. 1 Abs. 3 WÜK die Regelung des Art. 71 WÜK Anwendung findet. Ständig ansässig in diesem Sinne ist eine Person insbesondere, wenn sie zu dem Zeitpunkt, zu dem sie angestellt wird, bereits längere Zeit im Empfangsstaat ihren Wohnsitz hat.
Ein Beruhen des Urteils auf der unzulänglichen Ablehnung eines Beweisantrags kann ausgeschlossen werden, wenn die Gründe der Bedeutungslosigkeit der Beweisbehauptung auf der Hand lagen, so dass der Antragsteller im Bilde war und in seiner Prozessführung nicht beeinträchtigt wurde.
1. Gemäß § 258 Abs. 2 Halbsatz 2 StPO gebührt dem Angeklagten nach dem Schluss der Beweisaufnahme und den Schlussvorträgen das letzte Wort. Nach einem Wiedereintritt in die Verhandlung, selbst wenn dieser nur einen unwesentlichen Aspekt oder einen Teil der Anklagevorwürfe betrifft, muss das Gericht dem Angeklagten das letzte Wort erneut gewähren, weil jeder Wiedereintritt den vorangegangenen Ausführungen ihre rechtliche Bedeutung als letztes Wort nimmt.
2. Ein Wiedereintritt in die Verhandlung kann durch eine ausdrückliche Erklärung des Vorsitzenden beziehungsweise des Gerichts oder stillschweigend geschehen. Für letzteres genügt jede Betätigung, in welcher der Wille des Gerichts, mit der Untersuchung und der Aburteilung fortzufahren, erkennbar zutage tritt, auch wenn das Gericht
darin keine Wiedereröffnung der Verhandlung erblickt oder diese nicht beabsichtigt. Dies ist der Fall bei jedem Vorgang, der die gerichtliche Sachentscheidung auch nur mittelbar beeinflussen könnte, indem er eine tatsächliche oder rechtliche Bewertung des bisherigen Verfahrensergebnisses zum Ausdruck bringt. Auf Umfang und Bedeutung der nochmaligen Verhandlungen kommt es dabei nicht an. Ob ein Wiedereintritt vorliegt, richtet sich nach den konkreten Umständen des Einzelfalls.
Gemäß § 258 Abs. 2 Hs. 2, Abs. 3 StPO gebührt dem Angeklagten nach dem Schluss der Beweisaufnahme und den Schlussvorträgen das letzte Wort. Tritt das Gericht darauf erneut in die Beweisaufnahme ein, ist er auf dieses Recht hinzuweisen und zu befragen, ob er noch etwas zu seiner Verteidigung anzuführen habe; denn mit dem Wiedereintritt in die Verhandlung haben die früheren Ausführungen des Angeklagten ihre Bedeutung als abschließende Äußerungen im Sinne des § 258 StPO verloren. Das gilt selbst dann, wenn der Wiedereintritt in die Verhandlung nur zur Erteilung eines rechtlichen Hinweises nach § 265 StPO und auch nur hinsichtlich eines von mehreren verfahrensgegenständlichen Tatvorwürfen erfolgt.
1. Die örtliche Zuständigkeit einer Strafvollstreckungskammer für die Ausgestaltung der Führungsaufsicht bestimmt sich gemäß § 462a Abs. 1 iVm § 453, § 463 Abs. 2 und Abs. 7 StPO danach, in welchem Bezirk die Anstalt liegt, in der sich der Verurteilte zu dem Zeitpunkt befindet oder zuletzt befand, zu dem eine erstmalige Befassung mit der konkreten Angelegenheit gegeben war. Befasst im Sinne von § 462a Abs. 1 Satz 1 StPO ist ein Gericht mit der Sache schon dann, wenn Tatsachen aktenkundig werden, die den Erlass einer Entscheidung rechtfertigen können. Das Befasstsein endet erst, wenn in der Sache abschließend entschieden worden ist.
2. Stellt eine Strafvollstreckungskammer den Eintritt der Führungsaufsicht nach § 67d Abs. 5 Satz 2 StGB fest und befindet über deren konkrete Ausgestaltung noch nicht, da sich der Verurteilte noch in Strafhaft befindet, bringt sie damit ersichtlich zum Ausdruck gebracht, dass über das Ob und den Gegenstand von Weisungen gemäß § 68b StGB erst im Zeitpunkt der Haftentlassung entschieden werden solle. Dieser Vorbehalt führt dazu, dass die einmal begründete Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer fortbesteht.
3. Dies gilt auch dann, wenn die Strafvollstreckungskammer zu Unrecht die Entscheidung der dann für den Haftort zuständigen Strafvollstreckungskammer vorbehalten hat. Eine Übertragung der Zuständigkeit für eine noch nicht abschließend getroffene Sachfrage an eine andere Strafvollstreckungskammer durch richterliche Anordnung sieht das Gesetz nicht vor.
1. Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatgerichts (§ 261 StPO). Ihm obliegt es, sich unter dem umfassenden Eindruck der Hauptverhandlung ein Urteil über die Schuld oder Unschuld des Angeklagten zu bilden. Die revisionsgerichtliche Prüfung beschränkt sich darauf, ob dem Tatgericht Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt. Dabei hat das Tatgericht den gesamten beigebrachten Verfahrensstoff erschöpfend zu würdigen. Dies muss es in den schriftlichen Urteilsgründen erkennen lassen. Umstände, die geeignet sind, die gerichtliche Entscheidung wesentlich zu beeinflussen, dürfen nicht stillschweigend übergangen werden, sondern müssen in eine umfassende Gesamtwürdigung einbezogen werden.
2. Grundsätzlich liegt Tateinheit zwischen Besitz von und Handeltreiben mit Betäubungsmitteln vor, wenn eine Teilmenge zum Eigenverbrauch und eine andere zum Verkauf vorgesehen ist. Dies gilt jedoch nicht, wenn der Besitz der Gesamtmenge den Verbrechenstatbestand des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG verwirklicht, die zum Weiterverkauf vorgesehene Menge die Grenze zur nicht geringen Menge aber nicht überschreitet. In diesen Fällen verdrängt die Tatvariante des Handeltreibens diejenige des ‒ wegen des Verbrechenscharakters das schwerere Unrecht verwirklichenden ‒ Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nicht.
Zwar ist die Beweiswürdigung Sache des Tatgerichts (§ 261 StPO). Ihm allein obliegt es, sich unter dem umfassenden Eindruck der Hauptverhandlung ein Urteil über die Schuld oder Unschuld des Angeklagten zu bilden. Dabei hat es jedoch den gesamten beigebrachten Verfahrensstoff erschöpfend zu würdigen. In den schriftlichen Urteilsgründen muss es dies erkennen lassen. Umstände, die geeignet sind, die gerichtliche Entscheidung wesentlich zu beeinflussen, dürfen nicht stillschweigend übergangen werden, sondern müssen in eine umfassende Gesamtwürdigung einbezogen werden. Naheliegende Schlussfolgerungen sind zu erörtern. Bei alldem ist das Tatgericht – über den Wortlaut des § 267 Abs. 1 Satz 2 StPO hinaus – verpflichtet, die wesentlichen Beweiserwägungen in den Urteilsgründen so darzulegen, dass seine Überzeugungsbildung für das Revisionsgericht nachzuvollziehen und auf Rechtsfehler zu überprüfen ist.
1. Die Zustellung eines Urteils ist grundsätzlich nicht ordnungsgemäß bewirkt, wenn anstelle des Pflichtverteidigers eine andere Person das Empfangsbekenntnis unterschreibt.
2. Die Monatsfrist des § 345 Abs. 1 Satz 1 StPO zur Begründung der Revision beginnt nach Aufhebung eines die Revision wegen Fristversäumnisses verwerfenden Beschlusses erst mit der Zustellung des Aufhebungsbeschlusses zu laufen. Dem Revisionsführer kann nicht zugemutet werden, die Revisionsbegründung in Kenntnis der negativen Entscheidung des Tatgerichts vorsorglich innerhalb der noch verbleibenden Frist einzureichen. Ihm ist vielmehr Gelegenheit zu geben, binnen eines Monats nach Zustellung der Aufhebungsentscheidung seine Revision (weiter) zu begründen.
Führt die Revision nur teilweise zur Urteilsaufhebung, erwächst der bestehenbleibende Teil in Rechtskraft. Der neue Tatrichter, an den das Verfahren nach der Zurückverweisung gelangt, hat lediglich den noch offenen Verfahrensgegenstand neu zu verhandeln und zu entscheiden und ist im Übrigen durch die Teilrechtskraft des Urteils im ersten Rechtsgang an einer (erneuten) Entscheidung gehindert. Maßgebend für den Umfang der Aufhebung ist die Formulierung im Tenor der revisionsgerichtlichen Entscheidung.
In der Revisionsinstanz wird eine effektive Verteidigung des sprachunkundigen Angeklagten ausreichend dadurch gewährleistet, dass der anwaltliche Beistand des Angeklagten den schriftlichen Antrag des Generalbundesanwalts kennt (§ 349 Abs. 3 Satz 1 StPO), denn zur Prüfung und Fertigung einer etwaigen schriftlichen Gegenerklärung ist der Verteidiger berufen. Auf rechtliche Hinweise des Angeklagten ist er dabei ebenso wenig angewiesen, wie bei der Revisionsbegründung. Es bedarf deshalb regelmäßig keiner Übersetzung der Antragsschrift, wenn der Angeklagte verteidigt ist (§ 187 Abs. 2 Satz 5 GVG), soweit nicht Gründe vorgetragen werden oder ersichtlich sind, die es in der gegebenen Verfahrenslage ausnahmsweise rechtfertigen könnten, dem Angeklagten den vollständigen Wortlaut des Antrags des Generalbundesanwalts in seiner Muttersprache zugänglich zu machen.
Das Tatgericht ist durch das Verbot der reformatio in peius nicht gehindert, erstmals nach einer auf die Revision des Angeklagten erfolgten Aufhebung und Zurückverweisung der Sache dem Verletzten im Adhäsionsverfahren Schmerzensgeld dem Grunde nach zuzusprechen. Da der Ersatzanspruch zivilrechtlicher Natur ist, handelt es sich dabei nicht um eine Rechtsfolge der Tat im Sinne von § 358 Abs. 2 StPO.
Der Anschluss als Nebenkläger kann, da er in jeder Lage des Verfahrens zulässig ist (§ 395 Abs. 4 Satz 1 StPO), auch noch im Revisionsverfahren erfolgen. Er ist unabhängig davon, ob noch eine Rechtsmittelbefugnis des Nebenklägers besteht.
Ist der Verteidiger nicht mehr als Rechtsanwalt zugelassen, erfüllt er nicht mehr die Voraussetzungen des § 138 Abs. 1 StPO. Entsprechend ist seine Bestellung aufzuheben (§ 143a Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Alt. 2 StPO).
Ist eine Revision fristgerecht eingelegt, ist ein unbedingt gestellter Wiedereinsetzungsantrag nicht gegenstandslos, sondern – weil auf eine unmögliche Rechtsfolge gerichtet – unzulässig.
Nach § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO sind im Rahmen einer Verfahrensrüge die den geltend gemachten Verstoß enthaltenden Tatsachen so vollständig und genau darzulegen, dass das Revisionsgericht allein anhand der Revisionsbegründung in die Lage versetzt wird, über den geltend gemachten Mangel endgültig zu entscheiden. Für den Revisionsvortrag wesentliche Schriftstücke oder Aktenstellen sind im Einzelnen zu bezeichnen und – in der Regel durch wörtliche Zitate beziehungsweise eingefügte Abschriften oder Ablichtungen – zum Bestandteil der Revisionsbegründung zu machen.