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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
April 2025
26. Jahrgang
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1. Verwertbarkeit von Anom-Daten. (BGHSt)
2. Ob im Wege der Rechtshilfe erlangte Beweise verwertbar sind, richtet sich ausschließlich nach dem nationalen Recht des um Rechtshilfe ersuchenden Staates, soweit der um Rechtshilfe ersuchte Staat die unbeschränkte Verwendung der von ihm erhobenen und übermittelten Beweisergebnisse gestattet hat. Demgegenüber ist die Rechtmäßigkeit von Ermittlungshandlungen – jenseits etwaiger Vorgaben des ersuchenden Staates, also insbesondere im Rechtshilfeverkehr zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union nach dem Recht des ersuchten Staates zu bewerten. Die Gerichte des ersuchenden Staates dürfen die hoheitlichen Entscheidungen des ersuchten Staates grundsätzlich nicht am Maßstab von dessen Rechtsordnung überprüfen (vgl. BGHSt 67, 29 Rn. 26). Das bloße Nichteinhalten deutschen Rechts bei einer ausländischen Ermittlungsmaßnahme begründet daher nicht per se ein unselbständiges Beweisverwertungsverbot. (Bearbeiter)
3. Nach dem Grundsatz gegenseitigen Vertrauens ist zunächst von der Rechtmäßigkeit von im Ausland vorgenommenen Amts- und Ermittlungshandlungen auszugehen. Dieser Grundsatz gilt auch im Rechthilfeverkehr mit den USA. Die Rechtsordnung geht nämlich von der Eingliederung rechtsstaatlich verfasster Staaten in die Völkerrechtsordnung der Staatengemeinschaft aus. Erst und nur dann, wenn belastbare Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sich der ersuchte Staat nicht rechtstreu verhalten hat, kann die Vermutung rechtmäßigen Handelns widerlegt sein. (Bearbeiter)
4. Die Unverwertbarkeit von im Wege der Rechtshilfe erlangten Beweismitteln kann sich aus einem Verstoß gegen die Grundsätze des nationalen und europäischen ordre public (§ 73 Satz 1 IRG) oder aus einer Verletzung von Garantien des verbindlichen Völkerrechts mit Individualrechtsschutz – etwa Art. 3 EMRK – bei der Beweiserhebung ergeben (vgl. BGHSt 67, 29 Rn. 32). Beweise, die unter Außerachtlassen nationaler und europäischer rechtsstaatlicher Mindeststandards gewonnen wurden, sind im deutschen Strafverfahren unverwertbar. (Bearbeiter)
5. Dem ordre public unterfallen das unabdingbare Maß an Grundrechtsschutz und die nach Art. 25 GG in der Bundesrepublik Deutschland verbindlichen völkerrechtlichen Mindeststandards. Dabei sind auch die Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention und ihrer Zusatzprotokolle sowie die hierzu ergangenen Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Rahmen methodisch vertretbarer Auslegung zu berücksichtigen. Der deutsche ordre public umfasst damit insbesondere die Ächtung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung. Auch sonstige menschenwürderelevante Eingriffe in den Wesensgehalt des betreffenden Grundrechts können einen Verstoß gegen den ordre public begründen. Zu den unabdingbaren Grundsätzen gehört schließlich der Wesensgehalt der Verfahrensfairness sowie das Gebot der Verhältnismäßigkeit. (Bearbeiter)
6. Ein Rechtsverstoß bei der Beweiserhebung führt nicht ohne Weiteres zur Unverwertbarkeit der dadurch erlangten Erkenntnisse. Es bedarf in jedem Einzelfall einer Abwägung der für und gegen die Verwertung sprechenden Gesichtspunkte. Für die Verwertbarkeit spricht auf der einen Seite stets das staatliche Aufklärungsinteresse, dessen Gewicht im konkreten Fall vor allem unter Berücksichtigung der Verfügbarkeit weiterer Beweismittel, der Intensität des Tatverdachts und der Schwere der Straftat bestimmt wird. Auf der anderen Seite muss berücksichtigt werden, welches Gewicht der Rechtsverstoß hat. Dieses wird im konkreten Fall vor allem dadurch bestimmt, ob der Rechtsverstoß gutgläubig, fahrlässig oder vorsätzlich
begangen wurde, welchen Schutzzweck die verletzte Vorschrift hat, ob der Beweiswert beeinträchtigt wird, ob die Beweiserhebung hätte rechtmäßig durchgeführt werden können und wie schutzbedürftig der Betroffene ist. Verwertungsverbote hat der Bundesgerichtshof insbesondere bei grober Verkennung oder bewusster Missachtung der Rechtslage angenommen (st. Rspr.). (Bearbeiter)
7. Für die Prüfung der Verwertbarkeit von Beweismitteln kommt es auf den Erkenntnisstand und die Rechtslage zum Zeitpunkt der Verwertung der Beweisergebnisse an (vgl. BGHSt 67, 29 Rn. 70). (Bearbeiter)
1. Verweigert der Verfolgte im Auslieferungsverfahren nach dem Europäischen Auslieferungsübereinkommen vom 13. Dezember 1957 aus Gewissensgründen den Kriegsdienst mit der Waffe und ist nicht gewährleistet, dass er nach seiner Auslieferung nicht zum Kriegsdienst im ersuchenden Staat herangezogen wird und im Fall seiner Verweigerung keine Bestrafung zu erwarten hat, begründet dies jedenfalls dann kein Auslieferungshindernis, wenn sein um Auslieferung ersuchendes Heimatland völkerrechtswidrig mit Waffengewalt angegriffen wird und ein Recht zur Kriegsdienstverweigerung deshalb nicht gewährleistet. (BGHSt)
2. Die deutschen Gerichte unterliegen bei der Beurteilung der Zulässigkeit einer Auslieferung der verfassungsrechtlichen Pflicht, zu prüfen, ob die erbetene Auslieferung die gemäß Art. 79 Abs. 3 GG in Verbindung mit Art. 1 und Art. 20 GG unabdingbaren verfassungsrechtlichen Grundsätze beziehungsweise das unabdingbare Maß an Grundrechtsschutz verletzt. (Bearbeiter)
3. Der Schutz eines rechtsstaatlichen, von der Achtung der Würde des Menschen bestimmten Kernbereichs kann im völkerrechtlichen Verkehr nicht identisch sein mit den innerstaatlichen Rechtsauffassungen. Das Grundgesetz geht von der Eingliederung des von ihm verfassten Staates in die Völkerrechtsordnung der Staatengemeinschaft aus. Es gebietet damit, insbesondere im Rechtshilfeverkehr Strukturen und Inhalte fremder Rechtsordnungen und -anschauungen grundsätzlich zu achten, auch wenn sie im Einzelnen nicht mit den deutschen innerstaatlichen Auffassungen übereinstimmen. Sofern der in gegenseitigem Interesse bestehende zwischenstaatliche Auslieferungsverkehr erhalten und auch die außenpolitische Handlungsfreiheit der Bundesregierung unangetastet bleiben soll, dürfen deutsche Gerichte nur die Verletzung der unabdingbaren Grundsätze der deutschen verfassungsrechtlichen Ordnung als unüberwindbares Hindernis für eine Auslieferung zugrunde legen. (Bearbeiter)
3. Bei der Beurteilung der Zulässigkeit einer Auslieferung sind die deutschen Gerichte ferner − insbesondere im Auslieferungsverkehr mit Staaten, die nicht Mitgliedstaaten der Europäischen Union sind − verpflichtet, zu prüfen, ob die Auslieferung und die ihr zugrundeliegenden Akte den nach Art. 25 GG in der Bundesrepublik Deutschland verbindlichen völkerrechtlichen Mindeststandard wahren. (Bearbeiter)
4. Nicht nur im Rechtshilfeverkehr unter Mitgliedstaaten der Europäischen Union, sondern auch im allgemeinen völkerrechtlichen Auslieferungsverkehr gilt der Grundsatz, dass dem ersuchenden Staat im Hinblick auf die Einhaltung der Grundsätze der Rechtshilfe in Strafsachen sowie des Völkerrechts Vertrauen entgegenzubringen ist. Auch im allgemeinen Auslieferungsverkehr hat der ersuchende Staat ein erhebliches Interesse an der Aufrechterhaltung und Funktionsfähigkeit der gegenseitigen Rechtshilfe. Von der Begehung von Rechtsverletzungen, die die zukünftige Funktionsfähigkeit des Auslieferungsverkehrs zwangsläufig beeinträchtigen würden, wird ein ersuchender Staat schon deshalb regelmäßig Abstand nehmen. Dieser Grundsatz kann so lange Geltung beanspruchen, wie er nicht durch entgegenstehende Tatsachen, etwa systemische Defizite im Zielstaat, erschüttert wird. (Bearbeiter)
5. Nach der deutschen verfassungsrechtlichen Ordnung erfährt der Schutz, den das Grundgesetz dem freien Gewissen des Einzelnen mit Art. 4 GG einräumt, im Verteidigungsfall – mithin dem Fall, dass die Bundesrepublik Deutschland mit Waffengewalt angegriffen wird (Art. 115a Abs. 1 GG) – nicht unbeträchtliche Modifikationen sowohl auf der Ebene der Verfassung wie auf der Ebene des das Nähere nach Art. 4 Abs. 3 Satz 2 GG und Art. 12a Abs. 2 Satz 3 GG regelnden einfachen Rechts. Setzt das deutsche Verfassungsrecht der Pflicht, sich an der Sicherung der staatlichen Existenz zu beteiligen, mit Art. 4 Abs. 3 GG gleichwohl hohe Schranken entgegen, etabliert es zwar ein im Vergleich mit anderen demokratisch-rechtsstaatlichen Verfassungen besonders weitgehendes Schutzniveau. Soweit der Verteidigungsfall mit einer Gefährdungslage nicht nur für die Landesverteidigung, sondern für die Grundrechtsverwirklichung eines jeden einhergeht, gilt dies indes ebenso für Schutzgehalte, die Art. 4
GG für zur Landesverteidigung berufene Wehrpflichtige gewährleistet. Daher erscheint es auch nach deutschem Verfassungsrecht nicht von vornherein undenkbar, dass Wehrpflichtige in außerordentlicher Lage zusätzlichen Einschränkungen unterliegen und in letzter Konsequenz sogar gehindert sein könnten, den Kriegsdienst an der Waffe aus Gewissensgründen zu verweigern. (Bearbeiter)
6. Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte hat sich zu der Frage der Kriegsdienstverweigerung im Kontext des Auslieferungsrechts und zu einer etwaigen Pflichtenbindung des ausliefernden Vertragsstaats bislang nicht verhalten. Die Relevanz von Art. 9 EMRK im Auslieferungsverkehr auch nur unterstellt, gewährleistet die Norm nach der jüngeren Rechtsprechung des Gerichtshofs zwar ein Recht auf Verweigerung des Kriegsdienstes aus Gewissensgründen. Als Gewährleistung, die Einschränkungen nach Art. 9 Abs. 2 EMRK zugänglich ist, bleibt sie jedoch hinter dem Schutzniveau von Art. 4 GG zurück und unterliegt im Notstandsfall weitergehenden Einschränkungen. (Bearbeiter)
7. Soweit nach Art. 18 Abs. 1 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte vom 19. Dezember 1966 (IPbpR – BGBl. 1973 II S. 1533) jedermann das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit hat, fällt es nach der Auslegung des Ausschusses für Menschenrechte der Vereinten Nationen (nachfolgend: Menschenrechtsausschuss) auch in den Anwendungsbereich dieser Gewährleistung, eine Person nicht zur Anwendung tödlicher Gewalt zu zwingen, obwohl dies in ernsthaftem Widerspruch zu ihrer Gewissensfreiheit oder ihrer Religions- oder Glaubensfreiheit steht. Allerdings reicht das Art. 18 IPbpR entnommene Recht auf Kriegsdienstverweigerung in seinem Schutzniveau nicht über die Schutzgehalte des Art. 9 Abs. 1 EMRK hinaus. Zwar zählt Art. 4 Abs. 2 IPbpR die Gewährleistungen des Art. 18 Abs. 1 IPbpR zu den Rechten, die auch im Notstandsfall im Sinne von Art. 4 Abs. 1 IPbpR nicht außer Kraft gesetzt werden dürfen. Auch Art. 18 Abs. 3 IPbpR gestattet es jedoch, die Freiheit, seine Religion oder Weltanschauung zu bekunden, gesetzlich vorgesehenen Einschränkungen zu unterwerfen, die zum Schutz der öffentlichen Sicherheit, Ordnung, Gesundheit, Sittlichkeit oder der Grundrechte und -freiheiten anderer erforderlich sind. (Bearbeiter)
1. Innerhalb eines Unterbrechungszeitraumes konnte § 10 Abs. 1 Satz 1 EGStPO in der Fassung vom 27. März 2020 mehrfach greifen, ohne dass zwischen den Hemmungszeiträumen zur Sache verhandelt worden sein musste. (BGHSt)
2. § 10 Abs. 1 Satz 1 EGStPO trat als weiterer Hemmungstatbestand neben § 229 Abs. 3 Satz 1 StPO, so dass beide Vorschriften kumulativ zur Anwendung kommen konnten. (BGHSt)
3. Die Zeit der Hemmung ist entsprechend § 209 BGB zu bestimmen. Sie beginnt mit dem Tag, an dem der Hemmungsgrund eingetreten ist, und endet mit dem Tag seines Wegfalls. Beide Tage gehören zur Hemmungszeit und werden nicht in den Unterbrechungszeitraum eingerechnet. (Bearbeiter)
1. Irrtümlich nach § 154 StPO statt nach § 154a StPO vorgenommene Verfahrensbeschränkungen sind entsprechend dem tatsächlich Gewollten und rechtlich Zulässigen in Entscheidungen nach § 154a StPO umzudeuten. (BGHR)
2. Zwar ist eine Wiedereinbeziehung des nach § 154a StPO Ausgeschiedenen gemäß § 154a Abs. 3 Satz 1 StPO in jeder Lage des gerichtlichen Verfahrens zulässig. Doch ist die Entscheidung den Verfahrensbeteiligten bekannt zu geben, und zwar so zeitig, dass sie gegebenenfalls reagieren können und insbesondere der Angeklagte seine Verteidigung hierauf einrichten kann. Hierzu bedarf es keines förmlichen Gerichtsbeschlusses. Ein Hinweis des Vorsitzenden entsprechend § 265 Abs. 1 und 2 StPO kann insoweit genügen. (Bearbeiter)
3. Eine Verurteilung nach § 4 Satz 1 Nr. 2 GewSchG wegen Verstoßes gegen einen nach § 214a Satz 1 FamFG gerichtlich bestätigten Vergleich setzt voraus, dass das erkennende Gericht im Strafverfahren eigenständig und unabhängig von der vorangegangenen Beurteilung durch das Familiengericht die materielle Rechtmäßigkeit des Bestätigungsbeschlusses geprüft und bejaht hat. Diese Prüfung und ihr Ergebnis muss es in den Urteilsgründen für das Revisionsgericht nachvollziehbar darlegen. (BGHR)
1. Die Verständigung kommt nicht erst mit der Belehrung zustande, sondern bereits durch die Zustimmungserklärungen gemäß § 257c Abs. 3 Satz 4 StPO. Eine Verständigung ist regelmäßig nur dann mit dem Grundsatz des fairen Verfahrens zu vereinbaren, wenn der Angeklagte vor ihrem Zustandekommen nach § 257c Abs. 5 StPO über deren nur eingeschränkte Bindungswirkung für das Gericht belehrt worden ist.
2. Eine Heilung der unterbliebenen Belehrung setzt eine rechtsfehlerfreie Wiederholung des von dem Verfahrensfehler betroffenen Verfahrensabschnitts voraus. Dafür
bedarf es eines ausdrücklichen Hinweises auf den Fehler und auf die daraus folgende gänzliche Unverbindlichkeit der Zustimmung des Angeklagten sowie einer Nachholung der versäumten Belehrung nach § 257c Abs. 5 StPO und der erneuten Einholung einer nunmehr verbindlichen Zustimmungserklärung.
3. Bleibt die unter Verstoß gegen die Belehrungspflicht zustande gekommene Verständigung bestehen und fließt das darauf basierende Geständnis in das Urteil ein, beruht dieses regelmäßig auf dem Verstoß gegen das Recht des Angeklagten auf ein faires Verfahren und seine Selbstbelastungsfreiheit.
4. Ausnahmsweise kann auf Grund konkreter Feststellungen die Ursächlichkeit des Belehrungsfehlers für das Geständnis ausgeschlossen werden, wenn der Angeklagte dieses auch bei ordnungsgemäßer Belehrung abgegeben hätte, etwa wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Angeklagte vor Erklärung seiner Zustimmung und bei Abgabe seines Geständnisses anderweitig von den Voraussetzungen für den Wegfall der Bindungswirkung gemäß § 257c Abs. 4 StPO Kenntnis erlangt hat.
5. Allein der Umstand, dass die Belehrung nach § 257c Abs. 5 StPO nicht gänzlich unterblieben ist, sondern diese unmittelbar nach der allseitigen Zustimmung zum gerichtlichen Verständigungsvorschlag und noch vor Ablegung des Geständnisses durch den anwaltlich verteidigten Angeklagten erfolgte, rechtfertigt es aber jedenfalls nicht, einen solchen Ausnahmefall anzunehmen.
6. Auch die Belehrung eines Mitangeklagten im Beisein des Angeklagten ist nicht geeignet, die Ursächlichkeit des Belehrungsfehlers für das Geständnis ausnahmsweise auszuschließen, wenn im Rahmen dieser Belehrung nicht darauf hingewiesen wurde, welche Folgen sich aus der verspäteten Belehrung ableiten, und wenn die Zustimmung des Angeklagten zu der Verständigung nach der verspäteten Belehrung nicht erneut eingeholt wurde. In diesen Fällen kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Angeklagte davon ausgegangen ist, an seine erklärte Zustimmung gebunden zu sein.
1. Bei Artikel 31 RL EEA handelt es sich um eine rechtshilferechtliche Bestimmung, die neben der Achtung der Souveränität des zu unterrichtenden Zielstaats auch den Schutz der Zielperson u.a. vor einer Verwendung der Daten in diesem Mitgliedstaat bezweckt.
2. Nicht jeder Verstoß gegen Beweiserhebungsvorschriften zieht ein strafprozessuales Verwertungsverbot nach sich; darüber ist nach den Umständen im Einzelfall, insbesondere nach der Art der verletzten Vorschrift und dem Gewicht des Verstoßes unter Abwägen der widerstreitenden Interessen zu entscheiden. Nur ausnahmsweise ist ein Beweisverwertungsverbot aufgrund gesetzlicher Vorschrift wie etwa § 136a Abs. 3 Satz 2 StPO oder aus übergeordneten wichtigen Gründen anzunehmen.
3. Maßgeblich beeinflusst wird das Ergebnis der danach vorzunehmenden Abwägung einerseits durch das Ausmaß des staatlichen Aufklärungsinteresses, dessen Gewicht im konkreten Fall vor allem unter Berücksichtigung der Verfügbarkeit weiterer Beweismittel, der Intensität des Tatverdachts und der Schwere der Straftat bestimmt wird. Andererseits ist das Gewicht des in Rede stehenden Verfahrensverstoßes von Belang, das sich vor allem danach bemisst, ob das staatliche Ermittlungsorgan den Rechtsverstoß gutgläubig, fahrlässig oder vorsätzlich begangen hat.
4. Aus verfassungsrechtlicher Sicht ist ein Beweisverwertungsverbot geboten, wenn die Auswirkungen des Rechtsverstoßes dazu führen, dass dem Angeklagten keine hinreichenden Möglichkeiten zur Einflussnahme auf Gang und Ergebnis des Verfahrens verbleiben, die Mindestanforderungen an eine zuverlässige Wahrheitserforschung nicht mehr gewahrt sind oder die Informationsverwertung zu einem unverhältnismäßigen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht führen würde.
5. Zudem darf eine Verwertbarkeit von Informationen, die unter Verstoß gegen Rechtsvorschriften gewonnen wurden, nicht bejaht werden, wenn dies zu einer Begünstigung rechtswidriger Beweiserhebungen führen würde. Ein Beweisverwertungsverbot kann daher insbesondere nach schwerwiegenden, bewussten oder objektiv willkürlichen Rechtsverstößen, bei denen grundrechtliche Sicherungen planmäßig oder systematisch außer Acht gelassen worden sind, geboten sein.
Die Mitteilung über außerhalb der Hauptverhandlung geführte Verständigungsgespräche muss auch Angaben dazu enthalten, sich der Verteidiger des Angeklagten zu einem Verständigungsvorschlags des Gerichts und der Staatsanwaltschaft verhalten und welche Standpunkte er eingenommen hat. Teilt der Vorsitzende dies nicht in der Hauptverhandlung mit, beruht das Urteil regelmäßig auf dieser unvollständigen Mitteilung.
1. Zwar obliegt es dem Tatgericht, den Inhalt der verfahrensgegenständlichen Schriften festzustellen und rechtlich zu würdigen; hierbei ist auf deren Gesamtdarstellung und ihren Gesamtinhalt abzustellen. Es hat deshalb – bei Bilddateien naheliegend unter Bezugnahme nach § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO – darzulegen, auf Grund welcher Umstände die Darstellungen auf die Erregung sexueller Reize zielten. Jedenfalls aber, wenn es sich um eine große Menge von Video- und Bildaufnahmen handelt, reicht es aus, wenn das Tatgericht für eine exemplarische Auswahl der Aufnahmen konkrete Ausführungen zu den abgebildeten sexuellen Handlungen von, an oder vor Kindern bzw. Jugendlichen macht.
2. Das Tatgericht kann sich eines Augenscheinsgehilfen als Beweismittler bedienen und seine Überzeugungsbildung hinsichtlich der tatsächlichen Grundlagen, die es seiner rechtlichen Bewertung zugrundlegt, auf die Angaben Dritter stützen, namentlich einer erfahrenen oder geschulten Ermittlungsperson, gegebenenfalls auch eines Sachverständigen mit entsprechender Expertise. Deren Angaben sind dann allerdings für die Urteilsfindung wesentlich und deshalb in den Urteilsgründen – regelhaft ohne Einzelheiten straff zusammengefasst – so darzustellen und zu würdigen, dass nachvollziehbar wird, welche rationalen Gründe den Schluss erlauben, das vom Tatgericht festgestellte Geschehen stimme mit hoher Wahrscheinlichkeit mit der Wirklichkeit überein. Dem genügt allein der Hinweis darauf, dass die getroffenen Feststellungen „auf den Gutachten des Sachverständigen und dessen ergänzenden Ausführungen in der Hauptverhandlung beruhen“, nicht.
1. Für die Frage, ob ein Urteil auf einer unzulässigen Mitteilung des wesentlichen Ermittlungsergebnisses (§ 200 Abs. 2 StPO) statt der bloßen Verlesung des Anklagesatzes beruht, ist zwischen der dauernden Überlassung der Anklageschrift und deren einmaliger Verlesung zu unterscheiden. Durch ein einmaliges Verlesen werden die Schöffen regelmäßig nicht so stark beeindruckt, dass sie das wirkliche Ergebnis der Hauptverhandlung nicht mehr unbefangen aufnehmen können.
2. Schöffen sind gleichberechtigte Richter, von denen in der heutigen Informationsgesellschaft, gegebenenfalls mit Unterstützung der Berufsrichter, erwartet wird, sowohl die Berichterstattung als auch die Wertungen der Verfahrensbeteiligten sachgerecht einzuordnen.
3. Nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit des Schmerzensgeldes werden von dem in einer Adhäsionsentscheidung zugesprochenen Schmerzensgeldanspruch alle Schadensfolgen erfasst, die entweder bereits eingetreten und objektiv erkennbar sind oder deren Eintritt jedenfalls vorhergesehen und bei der Entscheidung berücksichtigt werden kann.
1. Das Rechtsmittelgericht nimmt bei einer Entscheidung über die sofortige Beschwerde gegen die Ablehnung der Bestellung eines zusätzlichen Pflichtverteidigers durch das erkennende Gericht keine eigenständige Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 144 Abs. 1 StPO vor und übt kein eigenes Ermessen auf der Rechtsfolgenseite aus, sondern kontrolliert die angefochtene Entscheidung lediglich im Rahmen einer Vertretbarkeitsprüfung dahin, ob der Vorsitzende seinen Beurteilungsspielraum und die Grenzen seines Entscheidungsermessens überschritten hat.
2. Danach kann im Fall voraussichtlich besonders lang dauernder Hauptverhandlungen die Bestellung eines zweiten Pflichtverteidigers angezeigt sein, weil mit der Verfahrensdauer das Risiko eines längerfristigen Ausfalls des Verteidigers und damit der Notwendigkeit einer Aussetzung der Hauptverhandlung steigt. In Fällen einer absehbar außergewöhnlich langen Hauptverhandlung rechtfertigt sich die Beiordnung eines zusätzlichen Pflichtverteidigers zur Verfahrenssicherung aus der Erfahrung, dass sich bei einer derartigen Dauer der Hauptverhandlung die Wahrscheinlichkeit erhöht, ein Verteidiger könnte durch Erkrankung für einen längeren Zeitraum als durch Unterbrechungen nach § 229 StPO überbrückbar ausfallen.
3. Jedoch gibt die bloß abstrakt theoretische Möglichkeit eines späteren Ausfalls des Pflichtverteidigers – außer in Fällen voraussichtlich ganz besonders langer Hauptverhandlungen – regelmäßig keinen Anlass zur Bestellung eines weiteren Pflichtverteidigers. Dabei kann auch in Rechnung gestellt werden, ob im Zuge eines längerfristigen Ausfalls eines Pflichtverteidigers die Möglichkeit besteht, diesen gemäß § 143a Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Alt. 2 StPO zu entpflichten und statt seiner einen anderen Verteidiger – namentlich einen bereits als Wahlverteidiger tätigen
weiteren Verteidiger des betreffenden Angeklagten – zum Pflichtverteidiger zu bestellen.
4. Einzelne bereits absehbare terminliche Verhinderungen der bestellten Pflichtverteidiger gebieten keine Bestellung eines zweiten Pflichtverteidigers. Sofern absehbar ist, dass der bestellte Pflichtverteidiger in größerem Umfang gehindert ist, an der Hauptverhandlung teilzunehmen, ist dem grundsätzlich nicht mit der Bestellung eines weiteren Pflichtverteidigers zu begegnen. Vielmehr ist der bisherige Verteidiger zu entpflichten und durch einen anderen, terminlich nicht verhinderten Pflichtverteidiger zu ersetzen.
5. Bei einer Verhinderung des Pflichtverteidigers an einzelnen wenigen Sitzungstagen kommt die gerichtliche Bestellung eines sogenannten Terminvertreters für einzelne Hauptverhandlungstage in Betracht, gegebenenfalls zur Wahrung der Verfahrensfairness unter Änderung des vorgesehenen Beweisprogramms. Bei dem Beweisprogramm an einem solchen Sitzungstag ist in besonderem Maße Rücksicht darauf zu nehmen, dass ein bloßer Terminvertreter nur eingeschränkt mit dem Verfahrensstoff vertraut ist und an der vorangegangenen Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung nicht mitgewirkt hat.
6. Wegen der unterschiedlichen Aufgaben von Gericht und Verteidigung in der Hauptverhandlung kann nicht schon aus einer Besetzung des Spruchkörpers mit fünf Richtern gemäß § 122 Abs. 2 Satz 2 GVG der Schluss gezogen werden, dass die Verteidigung in der Hauptverhandlung von einem Pflichtverteidiger allein nicht leistbar wäre. Entsprechendes gilt, wenn ein Ergänzungsrichter an der Hauptverhandlung teilnehmen wird.
1. In Fällen, in denen sich die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen die Eröffnung des Hauptverfahrens vor einem Gericht niedrigerer Ordnung richtet, kann sich das Beschwerdegericht nicht auf die Prüfung der Anträge der Staatsanwaltschaft und die von ihr geltend gemachten Beschwerdepunkte beschränken. Es hat die vom Anklagevorwurf umfassten Taten vielmehr in ihrer Gesamtheit zu würdigen und ist dabei an den Eröffnungsbeschluss weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht gebunden.
2. Hat der Bundesgerichtshof als Beschwerdegericht in der Sache selbst über die Eröffnung zu entscheiden, so hat er das in der Eröffnungsentscheidung liegende Wahrscheinlichkeitsurteil eines Oberlandesgerichts über den Tatnachweis und dessen rechtliche Bewertung des Tatvorwurfs in vollem Umfang nachzuprüfen und die Voraussetzungen der Eröffnung selbstständig zu untersuchen.
3. Eine besondere Bedeutung des Falles gemäß § 120 Abs. 2 GVG besteht, wenn es sich bei der Tat unter Beachtung der Zielrichtung der Vereinigung und deren objektiver Gefährlichkeit um ein staatsgefährdendes Delikt von erheblichem Gewicht handelt, welches den Gesamtstaat in einer
derart spezifischen Weise angreift, dass ein Einschreiten des Generalbundesanwalts und eine Aburteilung durch ein Bundesgerichtsbarkeit ausübendes Gericht geboten ist.
4. Auch wenn mit Blick auf die in der Übernahmeerklärung durch den Generalbundesanwalt liegenden Bestimmung des gesetzlichen Richters (Art. 101 GG) und des Eingriffs in die verfassungsrechtliche Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern (vgl. Art. 96 Abs. 5 GG) strenge Anforderungen zu stellen sind, ist stets aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände und Auswirkungen der Tat zu entscheiden, ob ein ausreichend gewichtiger Angriff auf gesamtstaatliche Interessen vorliegt. Hierbei sind neben dem individuellen Schuld- und Unrechtsgehalt auch die konkreten Auswirkungen für die innere Sicherheit der Bundesrepublik und ihr Erscheinungsbild gegenüber Staaten mit gleichen Wertvorstellungen in den Blick zu nehmen. Auch ist zu beachten, welche Signalwirkung von der Tat für potentielle Nachahmer ausgeht. Die innere Sicherheit kann insbesondere beeinträchtigt sein, wenn durch die Tat zwar nicht die Funktionsfähigkeit des Staates und seiner Einrichtungen in Mitleidenschaft gezogen wird, aber die Tat durch den ihr innewohnenden Verstoß gegen Verfassungsgrundsätze ihren besonderen Charakter gewinnt.
1. In Fällen, in denen sich die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen die Eröffnung des Hauptverfahrens vor einem Gericht niedrigerer Ordnung richtet, kann sich das Beschwerdegericht nicht auf die Prüfung der Anträge der Staatsanwaltschaft und die von ihr geltend gemachten Beschwerdepunkte beschränken. Es hat die vom Anklagevorwurf umfassten Taten vielmehr in ihrer Gesamtheit zu würdigen und ist dabei an den Eröffnungsbeschluss weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht gebunden.
2. Hat der Bundesgerichtshof als Beschwerdegericht in der Sache selbst über die Eröffnung zu entscheiden, so hat er das in der Eröffnungsentscheidung liegende Wahrscheinlichkeitsurteil eines Oberlandesgerichts über den Tatnachweis und dessen rechtliche Bewertung des Tatvorwurfs in vollem Umfang nachzuprüfen und die Voraussetzungen der Eröffnung selbstständig zu untersuchen.
3. Eine besondere Bedeutung des Falles gemäß § 120 Abs. 2 GVG besteht, wenn es sich bei der Tat unter Beachtung der Zielrichtung der Vereinigung und deren objektiver Gefährlichkeit um ein staatsgefährdendes Delikt von erheblichem Gewicht handelt, welches den Gesamtstaat in einer derart spezifischen Weise angreift, dass ein Einschreiten des Generalbundesanwalts und eine Aburteilung durch ein Bundesgerichtsbarkeit ausübendes Gericht geboten ist.
4. Auch wenn mit Blick auf die in der Übernahmeerklärung durch den Generalbundesanwalt liegenden Bestimmung des gesetzlichen Richters (Art. 101 GG) und des Eingriffs in die verfassungsrechtliche Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern (vgl. Art. 96 Abs. 5 GG) strenge Anforderungen zu stellen sind, ist stets aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände und Auswirkungen der Tat zu entscheiden, ob ein ausreichend gewichtiger Angriff auf gesamtstaatliche Interessen vorliegt. Hierbei sind neben dem individuellen Schuld- und Unrechtsgehalt auch die konkreten Auswirkungen für die innere Sicherheit der Bundesrepublik und ihr Erscheinungsbild gegenüber Staaten mit gleichen Wertvorstellungen in den Blick zu nehmen. Auch ist zu beachten, welche Signalwirkung von der Tat für potentielle Nachahmer ausgeht. Die innere Sicherheit kann insbesondere beeinträchtigt sein, wenn durch die Tat zwar nicht die Funktionsfähigkeit des Staates und seiner Einrichtungen in Mitleidenschaft gezogen wird, aber die Tat durch den ihr innewohnenden Verstoß gegen Verfassungsgrundsätze ihren besonderen Charakter gewinnt.
1. Bei DNA-Mischspuren ist grundsätzlich darzulegen, wie viele Systeme untersucht wurden, ob und inwieweit sich Übereinstimmungen in den untersuchten Systemen ergeben haben und mit welcher Wahrscheinlichkeit die festgestellten Merkmalskombinationen bei einer anderen Person zu erwarten ist. Lediglich in Fällen, in denen Mischspuren eine eindeutige Hauptkomponente aufweisen, gelten für die Darstellung der DNA-Vergleichsuntersuchung die für Einzelspuren entwickelten Grundsätze.
2. Sowohl für die Strafzumessung als auch für die Einziehung des Wertes von Taterträgen ist der objektive Verkehrswert der Beutegegenstände maßgeblich, nicht der Anschaffungspreis.
1. § 145a Abs. 1 StPO hindert eine Zustellung eines Verwerfungsbeschlusses an den Angeklagten nicht, denn diese Vorschrift begründet keine Rechtspflicht, Zustellungen an den Verteidiger zu bewirken.
2. Der Wirksamkeit der Zustellung eines Verwerfungsbeschlusses steht nicht entgegen, dass die Zustellungsurkunde fehlt, da eine hierdurch bewirkte Beurkundung des Zustellungsvorgangs keine Wirksamkeitsvoraussetzung für die Zustellung ist, sondern lediglich eine Möglichkeit ihres Nachweises. Den Nachweis einer Zustellung und ihres Zeitpunkts kann der Zustellende durch die in den einzelnen Vorschriften hierfür vorgesehenen Beurkundungen, aber auch in anderer Weise führen.
3. Die Führung der Verteidigung ist Sache des Angeklagten und seines Verteidigers. Das Gericht ist nicht verpflichtet, die Kommunikation zwischen Verteidiger und Mandanten zu überwachen. Eine Verpflichtung zum Eingreifen besteht nur, wenn das Versagen eines Verteidigers für die Justiz offenkundig ist oder sie davon unterrichtet wird. Allein der Umstand, dass das Gericht das Urteil nicht an den Verteidiger zustellen konnte, genügt hierfür nicht.
Das bloße Ersuchen, das angegriffene Urteil „auf rechtliche Fehler hin“ zu überprüfen, stellt keine auslegungsfähige Revisionsbegründung dar.
1. Ausgehend vom abgestuften System in § 187 Abs. 2 GVG ist eine schriftliche Übersetzung der schriftlichen Urteilsgründe regelmäßig dann nicht notwendig, wenn die Angeklagte verteidigt ist (§ 187 Abs. 2 Satz 5 GVG) und ihr die mündlichen Urteilsgründe übersetzt werden.
2. Das gilt auch, wenn eine Angeklagte aufgrund eigenen Verschuldens nach Maßgabe des § 231b Abs. 1 StPO nach der Verkündung der Urteilsformel für die Zeit der mündlichen Urteilsverkündung aus der Hauptverhandlung entfernt werden muss.
1. In Fällen, in denen „Aussage gegen Aussage“ steht, müssen die Urteilsgründe erkennen lassen, dass das Tatgericht alle Umstände, welche die Entscheidung zugunsten oder zuungunsten des Angeklagten beeinflussen können, in seine Überlegungen einbezogen und in einer Gesamtschau gewürdigt hat. Erforderlich sind vor allem eine sorgfältige Inhaltsanalyse, eine möglichst genaue Prüfung der Entstehungsgeschichte der belastenden Aussage, eine Bewertung des feststellbaren Aussagemotivs sowie eine Prüfung von Konstanz, Detailliertheit und Plausibilität der Angaben. Eine gravierende Inkonstanz in den Bekundungen eines Zeugen kann ein Indiz für mangelnde Glaubhaftigkeit darstellen, wenn es hierfür keine plausible Erklärung gibt.
2. Stellt das Gericht in Fällen von Aussage gegen Aussage einen Teil der angeklagten Tatvorwürfe nach § 154 Abs. 2 StPO ein, bedarf es der Mitteilung der Gründe hierfür, weil diese im Rahmen der gebotenen umfassenden Glaubhaftigkeitsprüfung von Bedeutung sein können.
1. Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatgerichts, dem es obliegt, das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen und zu würdigen. Der revisionsgerichtlichen Überprüfung unterliegt nur, ob ihm dabei Rechtsfehler unterlaufen sind. Dies ist in sachlichrechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen ein Denkgesetz oder gesicherten Erfahrungssatz verstößt.
2. Eine Beweiswürdigung kann lückenhaft sein, wenn es an einer geschlossenen Darstellung der Einlassung des Angeklagten und deren Würdigung unter Berücksichtigung aller Umstände fehlt. Dabei muss das Tatgericht im Rahmen der erforderlichen Beweiswürdigung regelmäßig von der Einlassung des Angeklagten ausgehen und diese so vollständig und genau wiedergeben, wie es erforderlich ist, damit das Revisionsgericht prüfen kann, ob der Tatrichter unter Berücksichtigung der erhobenen Beweise zu Recht die Einlassung seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat. Es bedarf somit grundsätzlich einer geschlossenen und zusammenhängenden Wiedergabe wenigstens der wesentlichen Grundzüge der Einlassung des Angeklagten, um diese einer umfassenden Würdigung unterziehen zu können.
1. Nach § 189 GVG ist jeder Dolmetscher in der Hauptverhandlung zwingend vor seinem Einsatz zu vereidigen. Ein Verzicht auf die Vereidigung ist aufgrund ihrer Bedeutung in Strafsachen nicht statthaft. Die Eidesleistung kann nach § 189 Abs. 1 GVG durch individuellen Eid oder durch Berufung auf den Eid nach § 189 Abs. 2 GVG erfolgen, sofern der Dolmetscher für Übertragungen der betreffenden Art nach dem Gerichtsdolmetschergesetz oder in einem Land nach den landesrechtlichen Vorschriften allgemein beeidigt ist. Die Beachtung dieser Förmlichkeit kann nach § 274 StPO nur durch das Protokoll bewiesen werden.
2. Der Verstoß gegen § 189 GVG ist ein relativer Revisionsgrund. Mit Blick auf den Zweck der Eidesleistung, dem Dolmetscher seine besondere Verantwortung für die Wahrheitsfindung im konkreten Fall zu verdeutlichen und bewusst zu machen, beruht ein Urteil in der Regel auf einem Verstoß gegen § 189 GVG. Zumeist kann nicht ausgeschlossen werden, dass ein vom Gericht einzelfallbezogen vereidigter oder ein allgemein beeidigter Dolmetscher, der sich zudem unmittelbar vor seinem Tätigwerden in der Hauptverhandlung auf die allgemeine Beeidigung berufen und sich damit seine Eidespflicht noch einmal vergegenwärtigt hat, sorgfältiger als ein nicht vereidigter Dolmetscher übersetzt hätte.
3. In Ausnahmefällen kann das Beruhen zwar ausgeschlossen werden. Ausgehend vom Schutzzweck des § 189 GVG hat die Rechtsprechung insoweit zahlreiche „Gegenindizien“ und Ausnahmefälle benannt. Kennzeichnend für diese Fallgestaltungen ist aber, dass die Zuverlässigkeit des Dolmetschers auf andere Weise als durch den in der Hauptverhandlung unterbliebenen Eid sichergestellt werden kann, so dass lediglich ein formaler, den Zweck des § 189 GVG nicht berührender Verstoß vorliegt.
1. Als ein Termin, der zur fristwahrenden Fortsetzung der Hauptverhandlung nach Maßgabe von § 229 Abs. 1 und 4 Satz 1 StPO geeignet ist, gilt nur ein solcher, in dem zur Sache verhandelt, mithin das Verfahren inhaltlich auf den abschließenden Urteilsspruch hin gefördert worden ist. Dies kann etwa durch Vernehmung des Angeklagten, durch Beweisaufnahme oder sonst durch Erörterung des Prozessstoffs geschehen. Es genügt jede Förderung des Verfahrens, selbst wenn weitere verfahrensfördernde Handlungen möglich gewesen wären und der Fortsetzungstermin auch der Einhaltung der Unterbrechungsfrist diente. Nicht ausreichend sind hingegen sogenannte (reine) „Schiebetermine“, welche die Unterbrechungsfrist lediglich formal wahren, in denen aber tatsächlich keine Prozesshandlungen oder Erörterungen zu Sach- oder
Verfahrensfragen vorgenommen werden, die geeignet sind, das Strafverfahren seinem Abschluss substanziell näher zu bringen.
2. Nach § 144 Abs. 1 StPO können dem Beschuldigten zu seinem gewählten oder einem gemäß § 141 StPO bestellten Verteidiger bis zu zwei Pflichtverteidiger zusätzlich bestellt werden, wenn dies zur Sicherung der zügigen Durchführung des Verfahrens, insbesondere wegen dessen Umfang oder Schwierigkeit, erforderlich ist. Ein solches Vorgehen kann dazu dienen, ein Weiterverhandeln auch bei dem vorübergehenden Ausfall eines Verteidigers sicherzustellen. Eine Bestellung ist vom Willen des Beschuldigten unabhängig.
Ein Adhäsionsantrag hat inhaltlich den Anforderungen an eine Zivilklage (§ 253 ZPO) zu genügen (§ 404 Abs. 1 Satz 2 StPO). Der Antrag muss den Gegenstand und Grund (Lebenssachverhalt) des Anspruchs genau bezeichnen. Pauschale Verweisungen zur Begründung des Antrags – etwa auf „die Anklageschrift“ – genügen nach den Umständen des Einzelfalls allenfalls bei einfachen und überschaubaren Sachverhalten.
Der Tod des Adhäsionsklägers während des Revisionsverfahrens führt nicht zur Unzulässigkeit des Antrags mit der Folge, dass die Adhäsionsentscheidung aufzuheben und von einer Entscheidung abzusehen wäre.