Alle Ausgaben der HRRS, Aufsätze und Anmerkungen ab dem Jahr 2000.
HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
November 2024
25. Jahrgang
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1. Die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sieben Monaten wegen Besitzes kinderpornographischer Schriften verletzt den Verurteilten möglicherweise in seinem Recht auf den gesetzlichen Richter und ist daher einstweilen auszusetzen, wenn das Revisionsgericht den einschlägigen Strafrahmen aus § 184b Abs. 3 StGB in der bis zum 27. Juni 2024 geltenden Fassung für verfassungswidrig erachtet hat, auf eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht jedoch verzichtet hat, weil es davon ausgegangen ist, dass das Tatgericht auch unter Zugrundelegung des Strafrahmens der alten Fassung des Gesetzes (§ 184b Abs. 3 StGB in der bis zum 30. Juni 2021 geltenden Fassung), die eine niedrigere Mindeststrafe vorsah, zu demselben Strafausspruch gelangt wäre.
2. Das Unterlassen einer Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG kann eine Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter begründen. Allerdings ist nicht jede irrtümliche
Überschreitung der den Fachgerichten gezogenen Grenzen als solcher Verstoß zu bewerten. Die Grenze zur Verfassungswidrigkeit ist vielmehr erst dann überschritten, wenn die fehlerhafte Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts willkürlich oder offensichtlich unhaltbar ist.
3. Der gesetzliche Strafrahmen ist Grundlage und Ausgangspunkt der Strafzumessung. Der Strafrahmen bringt die gesetzgeberische Wertung, wie schwer das Unrecht der Tat zu bemessen ist, zum Ausdruck. Das Ergebnis der nach § 46 Abs. 2 StGB vorzunehmenden Abwägung ist notwendigerweise abhängig von dem konkret anwendbaren Strafrahmen. Es erscheint fernliegend, dass die Anwendung eines anderen Strafrahmens zum exakt gleichen Strafausspruch führt.
1. Das strafrechtliche Ermittlungsverfahren gehört im Verhältnis zu dem nachfolgenden vollstreckungsrechtlichen Führungsaufsichtsverfahren nicht zu „derselben Sache“ im Sinne der Ausschlussregelung des § 18 Abs. 1 Nr. 2 BVerfGG, die als Ausnahmevorschrift konstruiert und deshalb eng auszulegen ist.
2. Aus der früheren Tätigkeit eines Richters des Bundesverfassungsgerichts als Generalbundesanwalt lässt sich eine Besorgnis der Befangenheit nicht herleiten, soweit nicht im Einzelfall besondere Umstände dargelegt sind, die Zweifel an der Unparteilichkeit des Richters rechtfertigen.
Ein Oberlandesgericht verletzt nicht das Recht eines Anzeigenerstatters auf effektiven Rechtsschutz, wenn es einen Klageerzwingungsantrag als formwidrig zurückweist, in welchem sich die Sachdarstellung ganz überwiegend aus eingescannten oder wörtlich wiedergegebenen Dokumenten sowie Ausführungen zusammensetzt, auf die es für die Beurteilung einer Strafbarkeit nicht ankommt.
Es begegnet im Grundsatz keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn ein Oberlandesgericht in einem Staatsschutzverfahren einem aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig entpflichteten Verteidiger, der zuvor im Wesentlichen dieses Verfahren bearbeitet hatte und nun in eine prekäre finanzielle Situation geraten ist, die Zahlung einer Pauschgebühr oder eines Vorschusses hierauf vor Abschluss des Verfahrens mit der Erwägung versagt, dass noch nicht feststehe, wer Kostenschuldner sei und wie letztlich abgerechnet werden könne.