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HRRS-Nummer: HRRS 2024 Nr. 1287

Bearbeiter: Holger Mann

Zitiervorschlag: BVerfG, 2 BvR 965/24, Beschluss v. 02.08.2024, HRRS 2024 Nr. 1287


BVerfG 2 BvR 965/24 (2. Kammer des Zweiten Senats) - Beschluss vom 2. August 2024 (OLG Düsseldorf)

Kein Ausschluss eines Richters im Führungsaufsichtsverfahren wegen Vorbefassung im vorangegangenen Ermittlungsverfahren (Ausnahmecharakter der Ausschluss- und Befangenheitsvorschriften; frühere Tätigkeit eines Richters des Bundesverfassungsgerichts als Generalbundesanwalt; Zweifel an der Unparteilichkeit nur bei besonderen Umständen).

§ 18 Abs. 1 Nr. 2 BVerfGG; § 19 BVerfGG

Leitsätze des Bearbeiters

1. Das strafrechtliche Ermittlungsverfahren gehört im Verhältnis zu dem nachfolgenden vollstreckungsrechtlichen Führungsaufsichtsverfahren nicht zu „derselben Sache“ im Sinne der Ausschlussregelung des § 18 Abs. 1 Nr. 2 BVerfGG, die als Ausnahmevorschrift konstruiert und deshalb eng auszulegen ist.

2. Aus der früheren Tätigkeit eines Richters des Bundesverfassungsgerichts als Generalbundesanwalt lässt sich eine Besorgnis der Befangenheit nicht herleiten, soweit nicht im Einzelfall besondere Umstände dargelegt sind, die Zweifel an der Unparteilichkeit des Richters rechtfertigen.

Entscheidungstenor

Das Ablehnungsgesuch gegen den Richter Frank wird als unzulässig verworfen.

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Mit der Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegenstandslos (§ 40 Abs. 3 GOBVerfG).

Gründe

1. Der Richter Frank ist nicht wegen seiner Tätigkeit als Generalbundesanwalt im Ermittlungsverfahren gegen den Beschwerdeführer von der Ausübung seines Richteramtes gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 2 BVerfGG ausgeschlossen. Die Ausschlussregelung des § 18 Abs. 1 Nr. 2 BVerfGG ist als Ausnahmetatbestand konstruiert und deshalb eng auszulegen (vgl. BVerfGE 155, 357 <368 Rn. 18>). Das Ermittlungsverfahren gehört im Verhältnis zum Führungsaufsichtsverfahren, das hier das Ausgangsverfahren der Verfassungsbeschwerde ist, nicht zu „derselben Sache“ im Sinne von § 18 Abs. 1 Nr. 2 BVerfGG.

2. Das Ablehnungsgesuch ist offensichtlich unzulässig. Es enthält lediglich Ausführungen, die zur Begründung der Besorgnis der Befangenheit gänzlich ungeeignet sind (vgl. BVerfGE 159, 26 <30 Rn. 13> m.w.N.).

Die vom Beschwerdeführer monierte öffentliche Äußerung des Richters Frank rechtfertigt grundsätzlich nicht seine Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit (vgl. BVerfGE 99, 51 <56 f.>; 142, 9 <14 Rn. 17>; 142, 18 <21 Rn. 14>). Der Beschwerdeführer hat keine besonderen Umstände dargelegt, die Zweifel an der Unparteilichkeit des Richters rechtfertigen würden.

Aus der vorhergehenden Tätigkeit des Richters Frank als Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof allein lässt sich ebenfalls keine Besorgnis der Befangenheit ableiten (vgl. BVerfGE 42, 88 <90>; 43, 126 <128 f.>). Der Beschwerdeführer hat keine zusätzlichen Umstände dargelegt, die die Besorgnis der Befangenheit begründen würden.

Bei offensichtlicher Unzulässigkeit des Ablehnungsgesuchs bedarf es auch keiner dienstlichen Stellungnahme des abgelehnten Richters und ist dieser nicht an der Mitwirkung bei der Entscheidung über das Ablehnungsgesuch gehindert (vgl. BVerfGE 142, 1 <4 Rn. 12> m.w.N.).

3. Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

HRRS-Nummer: HRRS 2024 Nr. 1287

Bearbeiter: Holger Mann