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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Februar 2023
24. Jahrgang
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1. Unter einem Vorteil i.S. der §§ 108e, 332, 334 StGB ist grundsätzlich jede Leistung des Zuwendenden zu verstehen, die das Mitglied oder einen Dritten materiell oder immateriell in seiner wirtschaftlichen, rechtlichen oder persönlichen Lage objektiv besser stellt und auf die das Mitglied beziehungsweise der Dritte keinen Anspruch hat. Ein solcher Vorteil kann auch in dem Abschluss eines Vertrages und der dadurch begründeten Forderung bestehen.
2. Es bedarf der Abgrenzung des unlauteren korruptiven Kaufs einer Diensthandlung im formellen Gewande eines gegenseitigen Vertrages von den vielfältigen Fällen, in denen die öffentliche Verwaltung zur Erfüllung ihrer Aufgaben rechtmäßig öffentlich-rechtliche oder zivilrechtliche Verträge schließt. Als taugliches Abgrenzungskriterium kann hierbei die verwaltungsrechtliche Rechtmäßigkeit des Vertragsschlusses herangezogen und dabei insbesondere die Frage gestellt werden, ob die Diensthandlung in rechtlich zulässiger Weise von einer Vergütung abhängig gemacht werden darf.
3. Das Tatbestandsmerkmal der „Gegenleistung“ verlangt eine qualifizierte Unrechtsvereinbarung im Sinne einer engen Kausalbeziehung zwischen dem ungerechtfertigten Vorteil und der Handlung. Ob sich das Mitglied innerlich vorbehält, sein Verhalten nicht durch den ungerechtfertigten Vorteil beeinflussen zu lassen, ist für die Strafbarkeit nach § 108e StGB unerheblich. Insoweit sind nicht innere Vorbehalte, sondern der vom Vorsatz erfasste äußere Erklärungswert des Verhaltens entscheidend. Wer nach außen seine Stimme für eine Wahl oder Abstimmung gegen Vorteilszuwendungen „verkauft“, kann sich nicht darauf berufen, er habe sowieso im Sinne des Zuwendenden stimmen oder überhaupt nicht an der Stimmabgabe teilnehmen wollen, sich schließlich der Stimme enthalten oder sogar dagegen gestimmt.
4. Die Tatbestandsmerkmale Auftrag und Weisung i.S. des § 108e StGB sind weit und im Sinne eines allgemeinen Sprachgebrauchs zu verstehen; sie erfassen jede Handlung, die den Abgeordneten dazu bewegen soll, sich dem Interesse des Auftrags- oder Weisungsgebers zu unterwerfen. Der Ausnutzung einer besonderen Überlegenheit bedarf es nicht.
1. Maßgeblich für den Beginn der Strafbarkeit wegen versuchten Hilfeleistens nach § 96 Abs. 1 und 3 AufenthG ist, dass der Täter eine Handlung vornimmt, mit der er nach seiner Vorstellung von der Tat unmittelbar zu einer Förderung der in Aussicht genommenen Bezugstat ansetzt; insofern kommt es entscheidend darauf an, wie weit sich der Täter bereits dem von ihm anvisierten Unterstützungserfolg angenähert und durch sein Handeln eine Gefahr für das betroffene Rechtsgut begründet hat.
2. Die Strafbarkeitserweiterung des § 96 Abs. 4 AufenthG erfasst Fälle der (versuchten) Hilfeleistung bei einer unerlaubten Einreise oder einem unerlaubten Aufenthalt grundsätzlich nur, wenn der Täter ein Schleusermerkmal nach § 96 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a AufenthG erfüllt, er also für seine Tat einen Vorteil erhält oder sich versprechen lässt, der überdies bei der Hilfeleistung zu einem unerlaubten Aufenthalt nach § 95 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG ein Vermögensvorteil sein muss. Bei Vorliegen allein eines der Schleusermerkmale des § 96 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b AufenthG ist eine Strafbarkeit nach § 96 Abs. 4 AufenthG wegen (versuchter) Hilfeleistung bei einer unerlaubten Einreise allerdings möglich, wenn der Täter eines der Qualifikationsmerkmale des § 96 Abs. 2 Nr. 1, 2 oder 5 AufenthG verwirklicht.
1. Besitz im Sinne des Betäubungsmittelrechts setzt ein tatsächliches Herrschaftsverhältnis und einen Besitzwillen voraus, der darauf gerichtet ist, sich die Möglichkeit ungehinderter Einwirkung auf die Sache zu erhalten. Besitzer im betäubungsmittelrechtlichen Sinne ist dabei
nicht nur ein Eigenbesitzer. Auch ein Fremdbesitzer, der die tatsächliche Verfügungsgewalt für einen anderen ausübt und keine eigene Verfügungsgewalt in Anspruch nehmen will, besitzt die Betäubungsmittel; das gilt insbesondere für den Verwahrer.
2. Indes trägt allein die bloße Billigung der kurzzeitigen Lagerung in der Wohnung des Angeklagten nicht ohne Weiteres die die rechtliche Wertung, er sei Besitzer der Betäubungsmittel gewesen (vgl. bereits BGH HRRS 2022 Nr. 658). Das gilt insbesondere dann, wenn die Betäubungsmittel durch einen Dritten ohne Mitwirkung und Kenntnis des Angeklagten in die Wohnung verbracht und der Angeklagte sie dort zu keinem Zeitpunkt inspizierte oder anderweitig anfasste sowie den Dritten dazu aufforderte, die Betäubungsmittel wegzuschaffen.
3. Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln durch die Billigung der kurzzeitigen Lagerung in der Wohnung des Angeklagten setzt eine die Handelstätigkeit objektiv fördernde Unterstützungshandlung durch positives Tun oder eine Garantenstellung voraus. Mit Blick auf die Voraussetzungen einer Garantenstellung ist insoweit zu bedenken, dass ein Wohnungsinhaber hat grundsätzlich nicht die Rechtspflicht hat, gegen ein von ihm bemerktes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln durch Dritte in seiner Wohnung einzuschreiten (vgl. BGH HRRS 2021 Nr. 1236 m.w.N.).