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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Februar 2023
24. Jahrgang
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1. Für die Tat i.S. des § 73 Abs. 1 StGB ist etwas erlangt, wenn sich der Vermögensvorteil als Entgelt oder Lohn und somit als Gegenleistung für eine vergangene, vom Anklagesatz erfasste und tatrichterlich festgestellte Straftat darstellt. Maßgeblich für die Annahme einer Gegenleistung ist ein synallagmatischer Charakter. Wesentlich ist, dass das Entgelt für etwas gegeben bzw. verlangt wird.
2. Im Fall von strafbaren ärztlichen Behandlungsfehlern zahlen Geschädigte das Arzthonorar in der Regel nicht für die Vornahme einer rechtswidrigen Tat, sondern gerade in der Erwartung einer rechtmäßigen Behandlung, weshalb das Honorar nicht für die Tat erlangt wurde.
Bei der Ausübung des Ermessens im Sinne des § 66 Abs 2 StGB, § 66 Abs. 3 Satz 2 StGB, ist das Tatgericht „strikt an die Wert- und Zweckvorstellungen des Gesetzes“ gebunden. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers soll der Tatrichter die Möglichkeit haben, sich ungeachtet der festgestellten Gefährlichkeit des Täters zum Zeitpunkt der Urteilsfällung auf die Verhängung einer Freiheitsstrafe zu beschränken, sofern erwartet werden kann, dass sich dieser die Strafe hinreichend zur Warnung dienen lässt. Damit kann der Tatrichter dem Ausnahmecharakter der Vorschriften des § 66 Abs. 2 StGB und § 66 Abs. 3 Satz 2 StGB Rechnung tragen, der sich daraus ergibt, dass eine frühere Verurteilung und eine frühere Strafverbüßung des Täters nicht vorausgesetzt wird. Die Wirkungen eines langjährigen Strafvollzugs sowie die mit dem Fortschreiten des Lebensalters erfahrungsgemäß eintretenden Haltungsänderungen sind wichtige Kriterien, die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Rahmen der Ermessensentscheidung zu berücksichtigen sind.
1. Das Tatgericht hat die der Unterbringungsanordnung nach § 63 StGB zugrundeliegenden Umstände in den Urteilsgründen so umfassend darzustellen, dass das Revisionsgericht in die Lage versetzt wird, die Entscheidung nachzuvollziehen. Schließt es sich der Beurteilung eines Sachverständigen an, muss es dessen wesentliche Anknüpfungspunkte und Darlegungen im Urteil so wiedergeben, wie dies zum Verständnis des Gutachtens und zur Beurteilung seiner Schlüssigkeit erforderlich ist, damit das Rechtsmittelgericht prüfen kann, ob die Beweiswürdigung auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruht und die Ergebnisse nach den Gesetzen der Logik, den Erfahrungssätzen des täglichen Lebens und den Erkenntnissen der Wissenschaft möglich sind.
2. Ob eine Persönlichkeitsstörung eine schwere seelische Störung (vgl. § 20 StGB) darstellt, ist danach zu beurteilen, ob es im Alltag außerhalb des Delikts zu Einschränkungen des sozialen Handlungsvermögens gekommen ist und sich die defekten Muster im Denken, Fühlen und Verhalten als zeitstabil erwiesen haben.
1. Für einen Hang i.S.d. § 64 StGB genügt eine eingewurzelte, auf psychische Disposition zurückgehende oder durch Übung erworbene Neigung, immer wieder Rauschmittel zu konsumieren, wobei diese Neigung noch nicht den Grad einer physischen Abhängigkeit erreicht haben muss. Ein übermäßiger Genuss von Rauschmitteln im Sinne des § 64 StGB ist jedenfalls dann gegeben, wenn der Betreffende auf Grund seiner psychischen Abhängigkeit sozial gefährdet oder gefährlich erscheint.
2. Dass ein Angeklagter kurzzeitig in der Lage ist, seinen Rauschmittelkonsum zu verringern oder einzustellen, steht dem Vorliegen eines Hanges ebenso wenig entgegen wie zwischenzeitliche Abstinenzphasen oder das Ausbleiben ausgeprägter Entzugssymptome. Überdies kann die Finanzierung von Eigenkonsum mit durch Betäubungsmittelhandel eingenommenem Geld für eine soziale Gefährdung bzw. Gefährlichkeit sprechen.
Die Art der Tatausführung darf einem Angeklagten nur dann ohne Abstriche strafschärfend zur Last gelegt werden, wenn sie in vollem Umfang vorwerfbar ist, nicht aber, wenn ihre Ursache in einer von ihm nicht oder nur eingeschränkt zu vertretenen geistig-seelischen Beeinträchtigung liegt.
Dass ein Täter trotz eines bestehenden psychischen Defekts über Jahre hinweg keine Straftaten begangen hat oder sogar gänzlich unbelastet ist, ist grundsätzlich ein gewichtiges Indiz gegen die Wahrscheinlichkeit künftiger gefährlicher Straftaten. Bei der Gefährlichkeitsprognose im Rahmen der Prüfung einer Anordnung gem. § 63 StGB ist dieser Umstand daher stets zu erörtern.
Das Absehen von der fakultativen Strafmilderung nach den §§ 21, 49 Abs. 1 StGB ist zwar nicht allein deshalb rechtsfehlerhaft, wenn das Tatgericht im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtwürdigung maßgeblich darauf abstellt, dass der Angeklagte aufgrund vorhandener Fähigkeit, der Versuchung zum übermäßigen Alkoholkonsum zu widerstehen, die Trunkenheit selbst verschuldete. Es muss jedoch beweiswürdigend belegt sein, dass der Angeklagte mit seinem Verhalten unter Alkoholeinfluss – hier: aggressivem Verhalten – rechnen musste.