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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Oktober 2020
21. Jahrgang
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Der Senat schließt sich der Rechtsprechung an, wonach ausschließlich die Strafrahmenuntergrenze des § 29a Abs. 1 BtMG eine Sperrwirkung entfaltet, die Strafrahmenobergrenze jedoch dem § 30a Abs. 3 BtMG zu entnehmen ist, wenn zwar ein minder schwerer Fall gemäß § 30a Abs. 3 BtMG, nicht aber ein solcher gemäß § 29a Abs. 1 BtMG vorliegt; an seiner abweichenden Auffassung hält er nicht mehr fest (Aufgabe BGH, Beschlüsse vom 25. Juli 2013 – 3 StR 143/13; vom 3. Februar 2015 – 3 StR 632/14; Urteil vom 7. September 2017 – 3 StR 278/17). (BGHR)
Für die Qualifikation des § 18 Abs. 7 Nr. 1 AWG ist nicht zu verlangen, dass das Tun des Täters zu einer funktionellen Eingliederung in die Ausforschungsbemühungen des Geheimdienstes einer fremden Macht führt. Ausreichend ist jedenfalls, wenn sich die Tat als Ausfluss der Einbindung des Täters lediglich in die geheimdienstliche Beschaffungsstruktur darstellt. (BGHR)
Der Straftatbestand des Subventionsbetrugs (§ 264 StGB) geht demjenigen des Betrugs (§ 263 StGB) als lex specialis vor und stellt diesem gegenüber im Rahmen seines Anwendungsbereichs eine abschließende Sonderregelung dar; eine Strafbarkeit nach § 263 StGB lebt bei Vorliegen der Voraussetzungen eines versuchten oder vollendeten Betrugs nur bei Unanwendbarkeit des § 264 StGB wieder auf (vgl. BGHSt 44, 233, 243).
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gehört zum Vorsatz der Steuerhinterziehung, dass der Täter den Steueranspruch dem Grunde und der Höhe nach kennt oder zumindest für möglich hält und ihn auch verkürzen will bzw. dessen Verkürzung billigend in Kauf nimmt; bedingter Vorsatz genügt. Nimmt der Steuerpflichtige irrtümlich an, dass ein Steueranspruch nicht entstanden ist, liegt nach dieser Rechtsprechung ein Tatumstandsirrtum vor, der den Vorsatz ausschließt.
1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt eine Schätzung im Steuerstrafverfahren dann in Betracht, wenn zwar feststeht, dass der Steuerpflichtige einen Besteuerungstatbestand erfüllt hat, aber ungewiss ist, welches Ausmaß die Besteuerungsgrundlagen haben (st. Rspr.) Das Gericht kann die Höhe der hinterzogenen Steuerbeträge auch auf Grundlage der Richtwerte für Rohgewinnaufschlagsätze aus der Richtsatzsammlung des Bundesministeriums der Finanzen pauschal schätzen. Dies ist nur zulässig, wenn sich eine konkrete Ermittlung als nicht möglich erweist und ausgehend von der vorhandenen Tatsachenbasis andere Schätzungsmethoden nicht in Betracht kommen.
2. Für die Frage, wer von mehreren Personen, die an einer gewerblichen Tätigkeit beteiligt sind, ertragsteuerlich als Unternehmer anzusehen ist, kommt es dabei weder auf die von den Beteiligten ausdrücklich gewählte Bezeichnung ihrer Rechtsbeziehungen noch auf den Rechtsschein, der nach außen etwa durch die gewerbepolizeiliche Anmeldung gesetzt wird, an; (Mit-)Unternehmer im Sinne von § 15 EStG ist vielmehr, wer nach dem Gesamtbild der Verhältnisse eine (Mit-)Unternehmerinitiative entfalten kann und das (Mit-)Unternehmerrisiko trägt. Die Merkmale der (Mit-)Unternehmerinitiative und des (Mit-)Unternehmerrisikos können im Einzelfall mehr oder weniger ausgeprägt sein, müssen jedoch beide vorliegen. Dies ist unter Berücksichtigung aller die rechtliche und wirtschaftliche Stellung einer Person insgesamt bestimmenden Umstände durch das Tatgericht zu würdigen. Nach diesen Grundsätzen ist regelmäßig von einer Mitunternehmerschaft zwischen dem das Einzelunternehmen faktisch Beherrschenden und den eingesetzten Strohleuten auszugehen, die auf Rechnung des Hintermanns den Betrieb führen, weil deren Vertretungsmacht unbeschränkt ist (Mitunternehmerinitiative) bzw. weil diese das Risiko der vollen persönlichen Haftung im Außenverhältnis tragen (Mitunternehmerrisiko).
1. Zur Berücksichtigung von an sich gesamtstrafenfähigen EU-ausländischen Strafen bei Verhängung einer lebenslangen Freiheitsstrafe mit Feststellung der besonderen Schwere der Schuld. (BGHSt)
2. Bei der Strafzumessung sind etwaige Härten in den Blick zu nehmen, die durch die zusätzliche Vollstreckung von Strafen drohen, die von Gerichten anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union verhängt wurden, wenn diesbezüglich in zeitlicher Hinsicht die Voraussetzungen für eine Gesamtstrafenbildung nach § 55 StGB erfüllt wären. (Bearbeiter)
3. Grundsätzlich erscheint es geboten, diesem Rechtsgedanken auch dann Rechnung zu tragen, wenn eine im Ausland und eine im Inland begangene Straftat jedenfalls vom zeitlichen Ablauf her gleichzeitig hätten abgeurteilt werden können. Für die Frage der Berücksichtigung EU-ausländischer Verurteilungen kann es nicht darauf ankommen, ob für die im Ausland begangenen und abgeurteilten Taten auch ein Gerichtsstand in Deutschland eröffnet gewesen wäre. (Bearbeiter)
4. Im Hinblick auf die Art und Weise des zu gewährenden Nachteilsausgleichs gilt im Falle der Verhängung lebenslanger Freiheitsstrafen, dass die sich aus der fehlenden Möglichkeit einer Gesamtstrafenbildung ergebende Härte jedenfalls auf der Strafvollstreckungsebene zu berücksichtigen ist. Wenn eine besondere Schuldschwere festgestellt wurde, ist dabei je nach Vollstreckungsreihenfolge wie folgt zu unterscheiden. (Bearbeiter)
5. Soweit zunächst die ausländische und im Anschluss daran die deutsche Strafe – in Deutschland – vollstreckt werden, ist der Nachteil bei der Entscheidung des Vollstreckungsgerichts über die Verlängerung der Mindestverbüßungsdauer nach § 57a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB auszugleichen. (Bearbeiter)
6. Wird dagegen zuerst die deutsche Strafe – in Deutschland – vollstreckt und soll sodann die ausländische Strafe
im Wege der Vollstreckungshilfe vollstreckt werden, bietet sich eine Berücksichtigung im Rahmen der Entscheidung gemäß § 57a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB nur an, wenn in diesem Zeitpunkt die eintretende Härte bereits konkret und sicher absehbar ist. Andernfalls kommt jedoch eine Anpassung der ausländischen Strafe im Rahmen des Exequaturverfahrens ebenfalls nicht in Betracht. Dem Nachteil kann daher nur im Vollstreckungshilfeverfahren dadurch begegnet werden, dass eine Vollstreckungsübernahme der ausländischen Strafe gegebenenfalls wegen Unverhältnismäßigkeit oder Widerspruchs zum Ordre public abgelehnt wird. (Bearbeiter)
7. Soll die ausländische Strafe nach Auslieferung im EU-Ausland vollstreckt werden, bedarf es einer Berücksichtigung im Rahmen der Entscheidung über die Bewilligung der Auslieferung nicht, da sämtliche EU-Mitgliedstaaten an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs gebunden sind und daher ihrerseits einen entsprechenden Nachteilsausgleich sicherzustellen haben. Hierauf kann grundsätzlich – abgesehen von außergewöhnlichen Umständen – vertraut werden, soweit dem europäischen Grundkonsens über eine rechtsstaatliche Verfahrensgestaltung Rechnung getragen ist. (Bearbeiter)
8. Gleiches gilt schließlich, sofern die deutsche Strafe im Wege der Vollstreckungshilfe im Ausland vollstreckt wird. Die sich aus der fehlenden Möglichkeit einer Einbeziehung der ausländischen Strafen nach § 55 StGB ergebende Härte ist dann durch den vollstreckenden Staat zu berücksichtigen. Zudem können die entsprechenden Überlegungen bei der Frage, ob dieser Vollstreckungsweg überhaupt zu wählen ist, in den Blick genommen werden. (Bearbeiter)
1. Dem Begriff des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln unterfallen nicht nur Handlungen, die unmittelbar der Beschaffung und der Überlassung von Betäubungsmitteln an Abnehmer dienen, sondern auch dem eigentlichen Betäubungsmittelumsatz vorangehende (ernsthafte) Verkaufsverhandlungen. Vollendetes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln liegt damit bereits vor, wenn der Verkäufer dem Kaufinteressenten ein verbindliches und ernsthaftes Verkaufsangebot unterbreitet (st. Rspr).
2. Auch Anbau zum Zweck der gewinnbringenden Veräußerung ist Handeltreiben, wobei gesonderte Anbauvorgänge, die auf die gewinnbringende Veräußerung der dadurch erzeugten Betäubungsmittel abzielen, grundsätzlich als für sich selbständige, zueinander in Tatmehrheit stehende Taten des Handeltreibens zu bewerten sind. Anderes gilt indes, soweit der Täter mehrere der durch die einzelnen Anbauvorgänge erzielten Erträge in einem einheitlichen Umsatzgeschäft veräußert. Dies führt zu einer Teilidentität der jeweiligen tatbestandlichen Ausführungshandlungen und verknüpft so die einzelnen Fälle des Handeltreibens zur Tateinheit nach § 52 Abs. 1 Alternative 2 StGB. Bei Ansammlung der Ernten zu einem Gesamtvorrat vor Abverkauf ist eine Bewertungseinheit anzunehmen.
1. Eine zeitgleiche Aufbewahrung von Waffen und Betäubungsmitteln kann die Annahme einer Handlungseinheit regelmäßig nur dann rechtfertigen, wenn darüber hinaus – wie etwa beim bewaffneten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln – ein funktionaler Zusammenhang zwischen beiden Besitzlagen besteht. Die – durch Identität der Ausführung begründete – Annahme von Tateinheit (§ 52 Abs. 1 StGB) setzt voraus, dass der Täter die maßgeblichen Tatbestände wenigstens teilweise durch ein und dieselbe Handlung verwirklicht. Bloße Gleichzeitigkeit voneinander unabhängiger Handlungen reicht dazu grundsätzlich nicht aus.
2. Die wegen Verstoßes gegen die in § 37 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WaffG normierte Anzeigepflicht in Betracht zu ziehende Ordnungswidrigkeit (§ 53 Abs. 1 Nr. 5 WaffG) sperrt die gewichtigere Strafvorschrift des unerlaubten Besitzes von Waffen nach § 52 WaffG nicht (§ 21 OWiG). Nach § 37 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WaffG hat derjenige, der Waffen oder Munition, deren Erwerb der Erlaubnis bedarf, beim Tode eines Waffenbesitzers als Finder oder in ähnlicher Weise in Besitz nimmt, dies der zuständigen Behörde unverzüglich anzuzeigen. Eine solche Privilegierung des den Besitz nach Versäumen der Anzeigefrist weiterhin Ausübenden ist sachlich nicht zu rechtfertigen.
Besitz im Sinne der § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BtMG setzt ein tatsächliches Innehaben, ein tatsächliches Herrschaftsverhältnis und einen Besitzwillen voraus, der darauf gerichtet ist, sich die Möglichkeit ungehinderter Einwirkung auf die Sache zu erhalten (st. Rspr.). Allein eine „freie Zugänglichkeit“ des Rauschgifts genügt nicht.
1. Beim Aufbau und Betrieb einer Cannabis-Plantage ist sowohl für die Abgrenzung zur nicht geringen Menge als auch für den Schuldumfang bei der Strafzumessung die Menge an Wirkstoff maßgeblich, die mit dem Anbau letztlich erzielt und gewinnbringend veräußert werden soll.
2. Folgt der Tatrichter dem Gutachten eines Sachverständigen, so ist er, sofern es sich nicht um ein weithin standardisiertes Verfahren handelt, sachlich-rechtlich verpflichtet, die wesentlichen Anknüpfungstatsachen und Ausführungen des Gutachtens so darzulegen, dass das Revisionsgericht prüfen kann, ob die Beweiswürdigung auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruht und die Schlussfolgerung nach den Gesetzen der Logik, den Erfahrungssätzen des täglichen Lebens und den Erkenntnissen der Wissenschaft möglich sind. Der Umfang der Darlegungspflicht richtet sich dabei nach der jeweiligen Beweislage und der Bedeutung, die der Beweisfrage für die Entscheidung zukommt.
1. Wurden die zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmten Betäubungsmittel sichergestellt, handelt es sich nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wegen des damit verbundenen Wegfalls der von Betäubungsmitteln ausgehenden Gefahr für die Allgemeinheit um einen sowohl bei der Strafrahmenwahl als auch bei der konkreten Strafzumessung zu beachtenden, bestimmenden Strafzumessungsgrund im Sinne des § 267 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 StPO.
2. Einer polizeiliche Observation kann bei der Strafzumessung Bedeutung zukommen. Hat eine so engmaschige Überwachung stattgefunden, dass eine tatsächliche Gefährdung durch das Rauschgift ausgeschlossen war, ist dies neben der (späteren) Sicherstellung des Rauschgiftes ein bestimmender Strafzumessungsgesichtspunkt, der im Rahmen der Strafzumessung zu erörtern ist.