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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
April 2016
17. Jahrgang
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1. Der Senat hält entgegen dem Anfragebeschluss des 2. Strafsenats daran fest, dass jedenfalls die Auslieferung nach Deutschland für die Anwendbarkeit deutschen Strafrechts auf Auslandstaten ausländischer Täter einen für die Begründung der Anwendbarkeit deutschen Strafrechts nach § 6 Nr. 5 StGB ausreichenden Bezugspunkt darstellt.
2. Er ist sogar der Auffassung, dass es eines über die Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen hinausgehenden legitimierenden Anknüpfungspunktes im Sinne einer Begrenzung der strafrechtlichen Regelungsgewalt nicht bedarf.
3. Für die Durchführung eines Strafverfahrens gegen ausländische Täter wegen Auslandstaten wird es jedoch regelmäßig aus rein praktischen Erwägungen Voraussetzung sein, dass der Täter sich entweder in Deutschland aufhält und hier ergriffen werden kann oder hierher ausgeliefert wird.
4. Eine Beschränkung des Anwendungsbereichs des § 6 Nr. 5 StGB ist auch nicht völkerrechtlich geboten. Insbesondere der Nichteinmischungsgrundsatz macht keinen über die Auslieferung nach Deutschland hinausgehenden Inlandsbezug erforderlich.
5. Zwar führt § 6 Nr. 5 StGB trotz der Beschränkung auf den Vertrieb der Betäubungsmittel zu einer großen Reichweite der deutschen Strafgewalt. Jedoch sind die deutschen Strafverfolgungsbehörden nicht dazu gezwungen, ohne Rücksicht auf die Umstände des Einzelfalls gegen den unbefugten Vertrieb von Betäubungsmitteln im Ausland einzuschreiten. Die Staatsanwaltschaft hat nach § 153c StPO ein Verfolgungsermessen, das auch Raum für Rücksichtnahme auf nationale Interessen des Auslands lässt (vgl. BGHSt 34, 334, 337). Vor diesem Hintergrund ist nicht abzusehen, dass der Verzicht auf einen besonderen, über die Auslieferung hinausgehenden Inlandsbezug dazu führen könnte, dass eine dem Gleichheitsgedanken verpflichtete funktionsfähige Strafrechtspflege nicht mehr gewährleistet wäre.
6. Anlass zu richterlicher Rechtsfortbildung besteht insbesondere dort, wo Programme ausgefüllt, Lücken geschlossen, Wertungswidersprüche aufgelöst werden oder besonderen Umständen des Einzelfalls Rechnung getragen wird (vgl. BVerfGE 126, 286, 306). Der Aufgabe und Befugnis zur „schöpferischen Rechtsfindung und Rechtsfortbildung“ sind allerdings mit Rücksicht auf den aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit unverzichtbaren Grundsatz der Gesetzesbindung der Rechtsprechung Grenzen gesetzt (vgl. BVerfGE 34, 269, 288). Richterliche Rechtsfortbildung darf nicht dazu führen, dass der Richter seine eigene materielle Gerechtigkeitsvorstellung an die Stelle derjenigen des Gesetzgebers setzt (vgl. BVerfGE 82, 6, 12).
1. Der hinsichtlich der qualifizierenden Tatfolge erforderlichen Vorhersehbarkeit steht für eine Strafbarkeit wegen Körperverletzung mit Todesfolge nicht entgegen, dass der Täter vor dem Beginn der Körperverletzungshandlungen nichts von dem Mitführen der späteren Tatwaffe gewusst hat. Denn es reicht für die Erfüllung der subjektiven Fahrlässigkeitskomponente aus, wenn der Täter die Möglichkeit des Todeserfolgs im Ergebnis hätte voraussehen können. Einer Voraussehbarkeit aller Einzelheiten des zum Tode führenden Geschehensablaufs bedarf es nicht (vgl. BGH NStZ-RR 2009, 309, 310).
2. Bei Beteiligung mehrerer Personen, von denen nicht jede sämtliche Tatbestandsmerkmale verwirklicht, ist Mittäter, wer seinen eigenen Tatbeitrag so in die Tat einfügt, dass er als Teil der Handlung eines anderen Beteiligten und umgekehrt dessen Handeln als Ergänzung des eigenen Tatanteils erscheint. Stets muss sich diese Mitwirkung aber nach der Willensrichtung des sich Beteiligenden als Teil der Tätigkeit aller darstellen (st. Rspr). Voraussetzung für die Zurechnung späteren fremden Handelns als eigenes mittäterschaftliches Tun ist ein zumindest konkludentes Einvernehmen der Mittäter.
3. Die bloße Anwesenheit am Tatort in Kenntnis einer Straftat reicht selbst bei deren Billigung für eine psychi-
sche Beihilfe nicht aus (vgl. dazu BGH NStZ 2002, 139, 140 mwN). Die Hilfeleistung im Sinne des § 27 Abs. 1 StGB kann zwar auch in der Billigung der Tat bestehen, wenn sie gegenüber dem Täter zum Ausdruck gebracht und dieser dadurch in seinem Tatentschluss bestärkt wird und der Gehilfe sich dessen bewusst ist. Das setzt aber voraus, dass der die Tat unmittelbar Ausführende den Angeklagten und dessen Billigung eines Tötungsdelikts wahrgenommen hat und dadurch in seinem Tatentschluss bestärkt oder ihm zumindest ein erhöhtes Sicherheitsgefühl vermittelt wurde.
1. Der hinsichtlich der qualifizierenden Tatfolge erforderlichen Vorhersehbarkeit steht für eine Strafbarkeit wegen Körperverletzung mit Todesfolge nicht entgegen, dass der Täter vor dem Beginn der Körperverletzungshandlungen nichts von dem Mitführen der späteren Tatwaffe gewusst hat. Denn es reicht für die Erfüllung der subjektiven Fahrlässigkeitskomponente aus, wenn der Täter die Möglichkeit des Todeserfolgs im Ergebnis hätte voraussehen können. Einer Voraussehbarkeit aller Einzelheiten des zum Tode führenden Geschehensablaufs bedarf es nicht (vgl. BGH NStZ-RR 2009, 309, 310).
2. Bei Beteiligung mehrerer Personen, von denen nicht jede sämtliche Tatbestandsmerkmale verwirklicht, ist Mittäter, wer seinen eigenen Tatbeitrag so in die Tat einfügt, dass er als Teil der Handlung eines anderen Beteiligten und umgekehrt dessen Handeln als Ergänzung des eigenen Tatanteils erscheint. Stets muss sich diese Mitwirkung aber nach der Willensrichtung des sich Beteiligenden als Teil der Tätigkeit aller darstellen (st. Rspr). Voraussetzung für die Zurechnung späteren fremden Handelns als eigenes mittäterschaftliches Tun ist ein zumindest konkludentes Einvernehmen der Mittäter.
3. Die bloße Anwesenheit am Tatort in Kenntnis einer Straftat reicht selbst bei deren Billigung für eine psychische Beihilfe nicht aus (vgl. dazu BGH NStZ 2002, 139, 140 mwN). Die Hilfeleistung im Sinne des § 27 Abs. 1 StGB kann zwar auch in der Billigung der Tat bestehen, wenn sie gegenüber dem Täter zum Ausdruck gebracht und dieser dadurch in seinem Tatentschluss bestärkt wird und der Gehilfe sich dessen bewusst ist. Das setzt aber voraus, dass der die Tat unmittelbar Ausführende den Angeklagten und dessen Billigung eines Tötungsdelikts wahrgenommen hat und dadurch in seinem Tatentschluss bestärkt oder ihm zumindest ein erhöhtes Sicherheitsgefühl vermittelt wurde.
Die Strafbarkeit wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln erfordert – entsprechend den anerkannten Grundsätzen zum Begriff des „Hilfeleisten“ i.S.d. § 27 StGB – zwar keine Kausalität des Gehilfen für den Taterfolg, wohl aber eine objektive Förderung oder Erleichterung von dessen Herbeiführung durch den Haupttäter. Daran fehlt es regelmäßig, wenn der Angeklagte lediglich seine Bereitschaft zum Ausdruck bringt, die Haupttäter bei vermeintlichen (in Wahrheit nicht bestehenden) Problemen bei der Abwicklung eines Betäubungsmittelgeschäfts zu unterstützen.
Bei einer Deliktsserie unter Beteiligung mehrerer Personen ist die Frage, ob die einzelnen Taten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen, für jeden einzelnen Beteiligten gesondert zu prüfen und dabei auf seinen individuellen Tatbeitrag abzustellen. Als rechtlich selbständige Taten können dem Mittäter - soweit keine natürliche Handlungseinheit vorliegt - nur solche Einzeltaten der Serie zugerechnet werden, für die er einen individuellen, nur je diese fördernden Tatbeitrag leistet. Wer daher andere Beteiligte mit einem Pkw zum Geldautomaten fährt, wo diese mit entwendeten EC-Karten mehrere Abhebungen tätigen, macht sich immer nur eines Computerbetruges schuldig, ohne dass es darauf ankommt, wie die einzelnen Abhebungen bei den anderen Beteiligten konkurrenzrechtlich beurteilt werden.
Bei der Entscheidung, ob Mittäterschaft oder Beihilfe vorliegt, steht dem Tatrichter ein Beurteilungsspielraum zu. Enthalten die Urteilsgründe eine hinreichende Darlegung aller maßgeblichen Gesichtspunkte, ist die Bejahung mittäterschaftlicher Tatbegehung durch den Tatrichter vom Revisionsgericht daher selbst dann hinzunehmen, wenn im Einzelfall eine andere Beurteilung möglich gewesen wäre (vgl. BGH NStZ-RR 2010, 236 mwN). Dabei werden für die „Darlegung aller maßgeblichen Gesichtspunkte“ zwar häufig schon die Urteilsfeststellungen ausreichen. Eine ausdrückliche Begründung zur (angenommenen) Mittäterschaft ist aber unverzichtbar, wenn sich diese Bewertung aus den tatsächlichen Feststellungen nicht ohne weiteres ergibt.
§ 30 Abs. 2 Var. 1 StGB ist auf den Verbrechenstatbestand der Beteiligung an einer (ausländischen) terroristischen Vereinigung als Mitglied nach § 129a Abs. 1 Nr. 1, § 129b Abs. 1 Satz 1 und 2 StGB anwendbar. Allerdings folgt aus dem im Rahmen des § 30 StGB zu stellenden Erfordernis des Zusammenwirkens mehrerer, dass die bloße Kundgabe, ein Verbrechen begehen zu wollen, den Tatbestand des § 30 Abs. 2 Var. 1 StGB nicht erfüllt. Die erforderliche Selbstbindung des Erklärenden kann vielmehr erst und nur dann angenommen werden, wenn die Erklärung gegenüber einem Repräsentanten der terroristischen Vereinigung abgegeben wurde (näher BGH HRRS 2015 Nr. 345).
1. Allein die Kenntnis und Billigung der Lagerung, der Aufbereitung oder des Vertriebs von Betäubungsmitteln in der eigenen Wohnung erfüllt ohne eine irgendwie geartete, die Handelstätigkeit objektiv fördernde Unterstützungshandlung nicht die Voraussetzungen der strafbaren aktiven Beihilfe (st. Rspr.).
2. Der Inhaber einer Wohnung hat grundsätzlich nicht rechtlich dafür einzustehen, dass in seinen Räumen durch Dritte keine Straftaten begangen werden und damit keine Garantenstellung (st. Rspr.).
Greift der Täter einzelne Menschen nacheinander an, um jeden von ihnen in seiner Individualität zu beeinträchtigen, so besteht sowohl bei natürlicher als auch bei rechtsethisch wertender Betrachtungsweise selbst bei einheitlichem Tatentschluss und engem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang regelmäßig kein Anlass, diese Vorgänge rechtlich als eine Tat zusammenzufassen (vgl. BGH NStZ 2006, 284, 286 mwN). Etwas anderes kann ausnahmsweise dann gelten, wenn eine Aufspaltung in Einzeltaten wegen eines außergewöhnlich engen zeitlichen und situativen Zusammenhangs, etwa bei Messerstichen innerhalb weniger Sekunden oder bei einem gegen eine aus der Sicht des Täters nicht individualisierte Personenmehrheit gerichteten Angriff, willkürlich und gekünstelt erschiene (vgl. BGH NStZ-RR 2001, 82).
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats erfordert eine Verurteilung nach § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB, dass die Körperverletzung durch ein von außen unmittelbar auf den Körper einwirkendes gefährliches Tatmittel eingetreten ist. Wird ein Kraftfahrzeug als Werkzeug eingesetzt, muss die körperliche Misshandlung also bereits durch den Anstoß selbst ausgelöst worden sein. Erst infolge eines anschließenden Sturzes erlittene Verletzungen sind dagegen nicht auf den unmittelbaren Kontakt zwischen Fahrzeug und Körper zurückzuführen.
2. Danach scheidet die gefährliche Körperverletzung aus, wenn sich der auf der Motorhaube sitzende Geschädigte am fortfahrenden Auto des Täters festhält und sich durch die Fahrt verletzt, weil er verrutscht.
Zur Erfüllung des Qualifikationstatbestands des § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB ist erforderlich, dass ein am Tatort anwesender Tatgenosse die Wirkung der Körperverletzungshandlung des Täters bewusst in einer Weise verstärkt, welche die Lage des Verletzten zu verschlechtern geeignet ist. Eine verstärkte Gefährlichkeit der Körperverletzung für das Tatopfer wird vor allem durch die Schwächung der Abwehrmöglichkeiten verwirklicht, wenn es durch das Zusammenwirken mehrerer in seiner Chance beeinträchtigt wird, dem Täter der Körperverlet-
zung Gegenwehr zu leisten, ihm auszuweichen oder zu flüchten (st. Rspr.).
1. Das Quälen, das rohe Misshandeln und die böswillige Fürsorgepflichtverletzung sind selbständige Begehungsformen der Misshandlung Schutzbefohlener gemäß § 225 Abs. 1 StGB. Quälen im Sinne dieser Vorschrift bedeutet das Verursachen länger dauernder oder sich wiederholender (erheblicher) Schmerzen oder Leiden körperlicher oder seelischer Art. Mehrere Körperverletzungshandlungen, die für sich genommen noch nicht den Tatbestand des § 225 Abs. 1 StGB erfüllen, können als ein Quälen zu beurteilen sein, wenn die ständige Wiederholung den gegenüber § 223 StGB gesteigerten Unrechtsgehalt ausmacht.
2. Rohes Misshandeln im Sinne des § 225 Abs. 1 StGB liegt dagegen vor, wenn der Täter einem anderen eine Körperverletzung aus gefühlloser Gesinnung zufügt, die sich in erheblichen Handlungsfolgen äußert (vgl. BGH NStZ-RR 2015, 369, 370 f). Anders als das Quälen bezieht sich diese Tatalternative des § 225 Abs. 1 StGB auf ein einzelnes Körperverletzungsgeschehen.
Der Tatbestand des § 225 Abs. 1 StGB kann in den Tatalternativen des Quälens und des rohen Misshandelns auch durch Unterlassen verwirklicht werden (vgl. BGH NStZ 1991, 234). In Fällen, in denen nicht festgestellt werden kann, wer von beiden Elternteilen die Misshandlung zum Nachteil des gemeinsamen Kindes vornahm, kommt in Anwendung des Zweifelssatzes eine Strafbarkeit wegen Unterlassungstäterschaft in Betracht (vgl. BGH NStZ 2004, 94).
Ein (schwerer) Bandendiebstahl liegt nicht vor, wenn zwei Bandenmitglieder Delikte außerhalb der eigentlichen Bandenabrede mit gegenüber den sonstigen Taten deutlich abweichendem Muster (hier: Auftragsdiebstähle gegen Entlohnung durch einen Dritten) begehen.
Für die Urteil zu treffenden Feststellungen zu den Vortaten der Geldwäsche reicht es aus, wenn sich aus den festgestellten Umständen in groben Zügen bei rechtlich richtiger Bewertung eine Katalogtat des Geldwäschetatbestandes als Vortat ergibt (vgl. BGH BGHSt 43, 158, 165). Zwar muss die Tat keinem bestimmten Katalogtatbestand zugeordnet werden. Es muss aber nicht nur ohne vernünftigen Zweifel ausgeschlossen werden können, dass das Geld legal erlangt wurde, sondern auch, dass es aus einer Nichtkatalogtat stammt, die keine taugliche Vortat der Geldwäsche darstellt. Täter und Teilnehmer der Vortat müssen hingegen nicht bekannt sein, ebenso wenig Tatort oder Tatmodalität.