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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Januar 2016
17. Jahrgang
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1. Auch bei einem Betrug durch ein Schneeballsystem gelten die allgemeinen Grundsätze der Schadensberechnung, also das Prinzip der Gesamtsaldierung, wonach der Vermögenswert unmittelbar vor der Vermögensverfügung mit dem unmittelbar nach ihr zu vergleichen ist (vgl. BGHSt 53, 199, 201 f. mwN). Spätere Entwicklungen, etwa in Gestalt der Erbringung der versprochenen Gegenleistung durch den Täter vor allem im Anfangsstadium eines auf Täuschung aufgebauten Geschäftsmodells, können lediglich einen Ausgleich für einen bereits eingetretenen tatbestandlichen Schaden darstellen. Dem Schneeballsystem ist immanent, dass zunächst eine gewisse Chance auf Erhalt der versprochenen Gegenleistung besteht. Da jedoch alles vom weiteren Erfolg des Systems und vom Eingang weiterer betrügerisch erlangter Gelder abhängt, ist die hierauf basierende Aussicht auf Erfüllung der vom Täter eingegangenen Verpflichtung nicht, auch nicht teilweise, die versprochene Gegenleistung, sondern stellt von vornherein keinen wirtschaftlichen Wert dar (vgl. BGHSt 53, 199, 205 mwN).
2. Die Urteilsgründe müssen in einer geschlossenen, aus sich selbst heraus verständlichen Darstellung die für erwiesen erachteten konkreten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden (§ 267 Abs. 1 Satz 1 StPO). Werden mehrere Angeklagte wegen mehrerer selbständiger Straftaten (§ 53 StGB) verurteilt, müssen die Gründe für jede Tat und in Bezug auf jeden deshalb verurteilten Angeklagten die erwiesenen Tatsachen so deutlich angeben, dass das Revisionsgericht nachprüfen kann, ob das Strafgesetz ohne Rechtsirrtum angewandt ist. Die Sachdarstellung darf nicht durch eine Tabelle mit pauschalen Angaben über die einzelnen Taten ersetzt werden, wenn daraus bei der einzelnen Tat weder die Modalitäten der jeweiligen Tatausführung und die Art des Tatbeitrags der einzelnen Mittäter noch die für die Strafzumessung erforderlichen Einzelheiten entnommen werden können (vgl. BGH NStZ-RR 2010, 54).
1. Beim Tatvorwurf der Steuerhinterziehung ist auch bei einem freisprechenden Urteil festzustellen und in den Urteilsgründen darzulegen, wann der Angeklagte welche
Steuererklärungen mit welchem Inhalt abgegeben hat. Die Urteilsgründe müssen zudem in einer für das Revisionsgericht nachprüfbaren Weise erkennen lassen, ob die in den verfahrensgegenständlichen Steuererklärungen enthaltenen Angaben unrichtig oder unvollständig waren und ob sie gegebenenfalls zu einer Steuerverkürzung oder einem nicht gerechtfertigten Steuervorteil geführt haben.
2. Dies beinhaltet, dass das Tatgericht nicht nur die in der Anklageschrift als Beleg für fehlerhafte Angaben angeführten Umstände in den Blick zu nehmen hat. Vielmehr muss es sich dann, wenn nach dem Gang der Hauptverhandlung hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für andere Geschehnisse bestehen, aus denen sich die Unrichtigkeit der verfahrensgegenständlichen Steuererklärungen ergeben kann, auch mit diesen Umständen auseinandersetzen.
3. Zwar können und müssen die Gründe auch eines freisprechenden Urteils nicht jeden irgendwie beweiserheblichen Umstand ausdrücklich würdigen. Das Maß der gebotenen Darlegung hängt vielmehr von der jeweiligen Beweislage und insoweit von den Umständen des Einzelfalls ab; dieser kann so beschaffen sein, dass sich die Erörterung bestimmter einzelner Beweisumstände erübrigt. Insbesondere dann, wenn das Tatgericht auf Freispruch erkennt, obwohl gegen den Angeklagten ein ganz erheblicher Tatverdacht besteht, muss es jedoch in seine Beweiswürdigung und deren Darlegung die ersichtlich möglicherweise gegen den Angeklagten sprechenden Umstände und Erwägungen einbeziehen und in einer Gesamtwürdigung betrachten (vgl. BGH wistra 2011, 465).
Die Strafvorschrift des § 31 Abs. 1 Nr. 2 Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes (ZAG), die die Erbringung von Zahlungsdiensten ohne die erforderliche Erlaubnis unter Strafe stellt, führt mit Blick auf § 1 Abs. 1 Nr. 5 ZAG nur dann zur Strafbarkeit einer natürlichen Person, wenn diese i.S.v. § 14 StGB für ein Unternehmen handelt, das in die Abwicklung der Zahlungsdienste eingebunden ist.
1. Der Grenzwert der nicht geringen Menge eines Betäubungsmittels ist stets in Abhängigkeit von dessen konkreter Wirkungsweise und -intensität festzulegen. Maßgeblich ist zunächst die äußerst gefährliche, gar tödliche Dosis des Wirkstoffs (vgl. BGHSt 35, 179). Fehlen hierzu gesicherte Erkenntnisse, so errechnet sich der Grenzwert als ein Vielfaches der durchschnittlichen Konsumeinheit eines nicht an den Genuss dieser Droge gewöhnten Konsumenten. Das Vielfache ist nach Maßgabe der Gefährlichkeit des Stoffes, insbesondere seines Abhängigkeiten auslösenden oder sonst die Gesundheit schädigenden Potentials zu bemessen (vgl. BGHSt 53, 89). Lassen sich auch zum Konsumverhalten keine ausreichenden Erkenntnisse gewinnen, so entscheidet ein Vergleich mit verwandten Wirkstoffen (vgl. BGHSt 51, 318, 322).
2. Danach setzt der Senat den Grenzwert der nicht geringen Menge für den Wirkstoff JWH-019 auf eine Wirkstoffmenge von 6 Gramm fest.
3. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Abgrenzung von bedingtem Vorsatz und bewusster Fahrlässigkeit handelt der Täter vorsätzlich, wenn er den Eintritt des tatbestandlichen Erfolges als möglich und nicht ganz fernliegend erkennt und damit in der Weise einverstanden ist, dass er die Tatbestandsverwirklichung billigend in Kauf nimmt oder sich um des erstrebten Zieles willen wenigstens mit ihr abfindet, mag ihm auch der Erfolgseintritt an sich unerwünscht sein. Bewusste Fahrlässigkeit liegt hingegen dann vor, wenn der Täter mit der als möglich erkannten Tatbestandsverwirklichung nicht einverstanden ist und ernsthaft – nicht nur vage – darauf vertraut, der tatbestandliche Erfolg werde nicht eintreten (vgl. BGHSt 36, 1, 9 f.). Vertraut der Täter darauf, die für möglich gehaltene Folge werde nicht eintreten, so kommt es auf die Umstände des Einzelfalles an, ob er das ernsthaft konnte.
4. Da beide Schuldformen im Grenzbereich eng beieinander liegen, ist bei der Prüfung, ob der Täter vorsätzlich gehandelt hat, eine Gesamtschau aller objektiven und subjektiven Tatumstände geboten (st. Rspr.); sowohl das Wissens- als auch das Willenselement muss grundsätzlich in jedem Einzelfall geprüft und durch tatsächliche Feststellungen belegt werden.
Erschöpft sich die Tätigkeit eines am Handeltreiben mit Betäubungsmitteln Beteiligten im bloßen Transport, besteht in der Regel auch dann keine täterschaftliche Gestaltungsmöglichkeit, wenn Handlungsspielräume hinsichtlich der Art und Weise des Transports verbleiben, sodass von einer Beihilfe auszugehen ist. Anderes kann nur gelten, wenn der Beteiligte erhebliche, über den reinen Transport hinausgehende Tätigkeiten entfaltet, am
An- und Verkauf des Rauschgifts unmittelbar beteiligt ist oder sonst ein eigenes Interesse am weiteren Schicksal des Gesamtgeschäfts hat, weil er eine Beteiligung am Umsatz oder dem zu erzielenden Gewinn erhalten soll.
1. Der unerlaubte Besitz von Betäubungsmitteln hat mangels Wertgleichheit nicht die Kraft, selbständige, die Voraussetzungen des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG erfüllende Taten des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge untereinander zur Tateinheit zu verbinden.
2. Besitzt der Täter Betäubungsmittel teils zum Eigenkonsum und teils zu Handelszwecken, geht lediglich der Besitz an der zum Handel bestimmten Betäubungsmittelmenge im Handeltreiben mit Betäubungsmitteln auf, während es für die Eigenbedarfsmenge bei der Strafbarkeit wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln verbleibt. Zwischen dem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln und dem gleichzeitigen Besitz der davon nicht betroffenen Betäubungsmittelmenge besteht Tateinheit (vgl. BGH StV 1998, 593).