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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Januar 2015
16. Jahrgang
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1. Der Senat hält an seiner bisherigen Rechtsprechung zur ungleichartigen Wahlfeststellung fest.
2. Die Rechtsfigur der ungleichartigen (echten) Wahlfeststellung verstößt nicht gegen Art. 103 Abs. 2 GG. Auch die aus dem Rechtsstaatsgebot folgenden Grundsätze des Schuldprinzips und der Unschuldsvermutung sind nicht betroffen.
Bei der Zusammenarbeit mehrerer Beteiligter im Rahmen einer Betrugsserie bestimmt sich die Zahl der rechtlich selbständigen Handlungen im Sinne von § 53 Abs. 1 StGB für jeden Täter grundsätzlich nach der Anzahl seiner eigenen Handlungen zur Verwirklichung der Einzeldelikte. Wirkt ein Täter an einzelnen Taten anderer Beteiligter selbst nicht unmittelbar mit, sondern erschöpfen sich seine Tatbeiträge hierzu im Aufbau und in der Aufrechterhaltung des auf die Straftaten ausgerichteten „Geschäftsbetriebes“, sind diese Tathandlungen nach st. Rspr. als – uneigentliches – Organisationsdelikt zu einer einheitlichen Tat im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB zusammenzufassen. Von dieser Handlungseinheit sind nur die Fälle ausgenommen, in denen der Täter selbst einen individuellen Tatbeitrag erbringt.
Sind an einer Deliktserie mehrere Personen als Mittäter, mittelbare Täter, Anstifter oder Gehilfen beteiligt, ist die Frage, ob die einzelnen Straftaten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen, nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für jeden der Beteiligten gesondert zu prüfen und zu entscheiden (vgl. BGH StV 2009, 130). Hat ein Gehilfe, der an der unmittelbaren Tatausführung nicht beteiligt war, einen mehrere Einzeldelikte fördernden einheitlichen Tatbeitrag erbracht, werden ihm insoweit die jeweiligen Taten des Haupttäters nur als tateinheitlich begangen zugerechnet,
weil sie in seiner Person durch den einheitlichen Tatbeitrag zu einer Handlung im Sinne von § 52 Abs. 1 StGB verknüpft werden. Ob der Haupttäter die ihm zurechenbaren Taten tatmehrheitlich begangen hat, ist demgegenüber ohne Belang.
Lässt sich nicht feststellen, durch wieviele Handlungen im Sinne der §§ 52, 53 StGB der Angeklagte die festgestellten Taten gefördert hat, so ist im Zweifel zu seinen Gunsten davon auszugehen, dass er nur eine Handlung begangen hat.
1. Heimtückisch handelt, wer in feindseliger Willensrichtung die Arg- und Wehrlosigkeit des Tatopfers bewusst zur Tötung ausnutzt. Wesentlich ist, dass der Mörder sein Opfer, das keinen Angriff erwartet, also arglos ist, in einer hilflosen Lage überrascht und dadurch daran hindert, dem Anschlag auf sein Leben zu begegnen oder ihn wenigstens zu erschweren. Maßgebend für die Beurteilung ist die Lage bei Beginn des ersten mit Tötungsvorsatz geführten Angriffs (st. Rspr).
2. Für das bewusste Ausnutzen von Arg- und Wehrlosigkeit ist es erforderlich, dass der Täter diese in ihrer Bedeutung für die hilflose Lage des Angegriffenen und die Ausführung der Tat in dem Sinne erfasst, dass er sich bewusst ist, einen durch seine Ahnungslosigkeit gegenüber einem Angriff schutzlosen Menschen zu überraschen.
3. Grundsätzlich setzt Heimtücke Arglosigkeit des Angegriffenen bei Tatbeginn voraus. Eine Ausnahme davon liegt aber etwa vor, wenn der Täter das Opfer mit Tötungsvorsatz planmäßig in einen Hinterhalt lockt, um eine günstige Gelegenheit zur Tötung zu schaffen, und die entsprechenden Vorkehrungen und Maßnahmen bei Ausführung der Tat noch fortwirken (vgl. BGH NStZ 1989, 364).
1. Ein gefährliches Werkzeug im Sinne des § 177 Abs. 4 Nr. 1 StGB wird nicht nur dann benutzt, wenn der Täter ein generell gefährliches Tatmittel einsetzt, sondern auch, wenn sich die objektive Gefährlichkeit des eingesetzten Gegenstandes erst aus der konkreten Art seiner Verwendung ergibt, die geeignet ist, erhebliche Verletzungen herbeizuführen. Werkzeug ist dabei jeder bewegliche Gegenstand, mit dem gleich auf welche Weise auf den Körper des Opfers eingewirkt werden kann. Die Gefährlichkeit des Tatmittels kann sich gerade daraus ergeben, dass ein Gegenstand bestimmungswidrig gebraucht wird. Damit ist gefährliches Werkzeug im Sinne von § 177 Abs. 4 Nr. 1 StGB ein beliebiger Gegenstand immer schon dann, wenn er – etwa beim Einsatz eines Kissens als Erstickungswerkzeug – seine objektive Gefährlichkeit durch die konkrete Art und Weise seiner (zweckwidrigen) Verwendung erhält (st. Rspr.).
2. Der Unrechtsgehalt des potentiellen Gefährdungsdelikts in § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB geht nicht in dem Unrechtsgehalt von § 177 Abs. 4 Nr. 1, Nr. 2a StGB auf, so dass die Klarstellungsfunktion der Idealkonkurrenz für die Annahme von Tateinheit zwischen der gefährlichen Körperverletzung und der besonders schweren Vergewaltigung.
Wer zu im fremden Eigentum stehenden, sich in einer Lagerhalle befindlichen beweglichen Sachen allein deshalb Zugang hat, weil er bei einer Firma arbeitet, die in derselben Lagerhalle ansässig ist, hat nicht ohne Weiteres (Allein-)Gewahrsam an diesen Sachen. Nimmt er diese in Zueignungsabsicht weg, kommt mithin eine Strafbarkeit wegen Diebstahls in Betracht.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann Opfer einer Tat nach § 179 StGB nur sein, wer aufgrund einzelner, im Tatbestand des Absatzes 1 näher beschriebener Gegebenheiten unfähig ist, einen ausreichenden Widerstandswillen gegen das sexuelle Ansinnen des Täters zu bilden, zu äußern oder durchzusetzen (vgl. BGHSt 36, 145, 147). Die Feststellung der Widerstandsunfähigkeit ist eine normative Entscheidung; sie erfordert die Überzeugung des Tatrichters, dass das Opfer zum Widerstand gänzlich unfähig war (vgl. BGH NStZ 2012, 150 f.).