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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Januar 2015
16. Jahrgang
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Von Prof. Dr. Christoph Sowada, Greifswald
Das verfassungsrechtlich in Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG verankerte Prinzip des gesetzlichen Richters gehört zu den Grundpfeilern des Rechtsstaats. Es zählt zu den "schützenden Formen" des Strafprozesses[1] und dient der Vermeidung jeglicher manipulativer Einflussnahme, indem die zur Entscheidung einer Rechtssache berufenen Personen gleichsam "blindlings"[2], d.h. anhand eines im Voraus festgelegten Systems abstrakt-genereller Normen bestimmt werden. Der tatsächliche Wert dieses Verfassungsprinzips (bildhaft gesprochen: die Höhe und die Festigkeit des Schutzwalls) ergibt sich vor allem aus dem Zusammenwirken von Gesetzgeber, Rechtsprechung und Wissenschaft bei der Ausgestaltung und Interpretation der dieses Postulat ausfüllenden Regelungen. Insoweit haben Rechtsprechungsänderungen, die in diesem Bereich über eine bloße Einzelfallentscheidung hinausgehen, zugleich eine die Verfassungswirklichkeit mitgestaltende Wirkung. Vor diesem Hintergrund verdienen zwei aktuelle Entscheidungen des 5.[3] und des 2. Strafsenats[4] des BGH Aufmerksamkeit, die als Konsolidierung einer neuen Feinjustierung erscheinen. Zusätzliches Interesse beanspruchen die Judikate deshalb, weil in ihnen das Spannungsverhältnis zwischen dem Justizgrundrecht des gesetzlichen Richters und dem überwiegend auch verfassungsrechtlich abgeleiteten Beschleunigungsgebot in Strafverfahren[5] (insbesondere in Haftsachen) zum Ausdruck kommt.
Für die Bestimmung des Entscheidungsträgers bildet die gerichtsinterne Geschäftsverteilung einen besonders sensiblen Bereich. Das formelle Gesetz als klassisches Instrument einer abstrakt-generellen Regelung vermag die Richter-Fall-Zuordnung nur bis zum Eingang der sachlich und örtlich zuständigen Gerichtsanstalt (ggf. unter Angabe einer funktionellen Spruchkörperbezeichnung, z.B. das Schwurgericht des Landgerichts X) zu steuern. Das letzte Teilstück des Zuweisungsvorgangs, die funktionelle Zuständigkeit, liegt innerhalb des Gerichts und ist prinzipiell besonders manipulationsanfällig, weil hier die einzelnen Fälle und die konkreten Entscheidungspersonen zusammengeführt werden. Ein prozedurales Element zur Minimierung der Manipulationsgefahren besteht darin, dass die gerichtsinterne Verteilung der zu erledigenden Aufgaben nicht durch einen Akt der Exekutive erfolgt, sondern dem Präsidium als einem in richterlicher Unabhängigkeit handelnden Kollegialorgan übertragen ist (§ 21e Abs. 1 GVG). Daneben sollen inhaltliche Gestaltungsgrundsätze[6] gewährleisten, dass auch der (im Vergleich zu einem starren förmlichen Gesetz "geschmeidigere") Geschäftsverteilungsplan dem von Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG geforderten Maß an Abstraktheit und Bestimmtheit entspricht. Eine wesentliche Stabilisierungsfunktion kommt hierbei auch dem Stetigkeitsgrundsatz mit den flankierenden Aspekten des Jährlichkeits- und des Vorauswirkungsprinzips zu. Mittels dieser Vorkehrungen soll sichergestellt werden, dass zu Beginn eines Kalenderjahres alle während dieses Zeitraums anfallenden Rechtsgeschäfte im Vorhinein nach allgemeinen abstrakt-generellen Regelungen ("blindlings") auf die einzelnen in ihrer personellen Zusammen-
setzung feststehenden Spruchkörper verteilt werden.[7] Um auf die immer wieder eintretenden nicht vorhersehbaren Ereignisse und Entwicklungen im Geschäftsbetrieb eines Gerichts angemessen reagieren zu können, gestattet § 21e Abs. 3 GVG unter den dort genannten eng begrenzten vier Voraussetzungen (Überlastung, ungenügende Auslastung, Richterwechsel oder dauernde Verhinderung einzelner Richter) eine Ausnahme von der mit dem Jährlichkeits- und Stetigkeitsprinzip statuierten Veränderungssperre.[8] Mit dieser Option verbinden sich – gerade auch im Hinblick auf den Beschleunigungsgrundsatz – unterschiedliche Fragen: Wann berechtigen die Probleme einer zeitnahen Terminierung überhaupt zu einer Änderung des Geschäftsverteilungsplanes? Wie frei ist das Präsidium bezüglich der Umverteilung der Geschäfte? Anhand welchen Maßstabes überprüft das Revisionsgericht die vorgenommenen Änderungen?
Im Fall des 5. Strafsenats hatte das Präsidium des LG Kiel am 13. Dezember 2012 im Geschäftsverteilungsplan für das Jahr 2013 die mit Schwurgerichtssachen befasste 8. große Strafkammer um die Zuständigkeit für Jugendschutzsachen entlastet. Als Reaktion auf die Überlastungsanzeige des Vorsitzenden dieser Strafkammer vom 28. Dezember 2012 bildete das Präsidium durch Beschluss vom 22. Januar 2013 die 33. große Hilfsstrafkammer, der sämtliche im Januar 2013 bei der 8. großen Strafkammer eingegangenen oder noch eingehenden erstinstanzlichen Schwurgerichtssachen zugewiesen wurden. Von dieser Maßnahme war – da keine weiteren Anklagen bis zum Monatsende eingingen – nur die eine (am 2. Januar 2013 anhängig gewordene) Strafsache betroffen, die Gegenstand der Revision wurde; in diesem Verfahren hatte die zehntägige Hauptverhandlung am 25. April 2013 begonnen. Nachdem der Besetzungseinwand gemäß § 222b Abs. 1 StPO erfolglos geblieben war, führte die auf § 338 Nr. 1 lit. b StPO gestützte Revision zur Aufhebung und Zurückverweisung.
Zum Prozessgeschehen in diesem Fall teilt der 2. Strafsenat mit, dass der Vorsitzende Richter der nach dem Geschäftsverteilungsplan zuständigen 6. großen Strafkammer des LG Aachen mit Verfügung vom 12. Juli 2012 die Zustellung der am 2. Juli 2012 erhobenen Anklage veranlasst hatte. Sechs Tage später stellte das Präsidium unter näherer Darlegung der Terminlage in einem Vermerk fest, dass die 6. große Strafkammer Probleme habe, alle bei ihr anhängigen Haftsachen zeitnah zu verhandeln. Zugleich beschloss das Präsidium, dass die in der Zeit vom 1. Juli 2012 bis zum Ablauf des Beschlusstages eingegangenen oder eingehenden Anklagen (und Anträge in Sicherheitsverfahren gemäß § 413 StPO) in die Zuständigkeit der 1. großen Strafkammer fallen, soweit die Strafsachen nicht bis zum Vortag eröffnet oder durch eine verfahrensbeendende Entscheidung erledigt worden waren. Daraufhin wurde – beginnend am 4. September 2012 – die auf fünf Verhandlungstage terminierte Hauptverhandlung vor der 1. großen Strafkammer durchgeführt. Die Besetzungsrüge der Verteidigung wies die Strafkammer unter Hinweis auf den Vermerk des Präsidiums mit der Begründung zurück, dass die 1. große Strafkammer als einzige Kammer in der Lage gewesen sei, innerhalb des § 121 StPO mit der Hauptverhandlung zu beginnen. Auch in diesem Verfahren war die auf die Besetzungsrüge (§ 338 Nr. 1 StPO) gestützte Revision erfolgreich.
Die Bedeutung der beiden Beschlüsse liegt vor allem darin, dass der 2. und der 5. Strafsenat hiermit auf einen Kurs einschwenken, den der 3. Strafsenat des BGH[9] im Jahre 2009 in Anlehnung an die (Kammer-)Rechtsprechung des BVerfG[10] eingeschlagen hat.
aa) Die praktisch bedeutsamste Änderung liegt darin, dass der BGH die revisionsgerichtliche Kontrolle bezüglich der Änderungen des Geschäftsverteilungsplans verschärft hat. So hatte der 3. Strafsenat des BGH[11] in einem Urteil aus dem Jahr 1999 noch hervorgehoben, dass der Nachprüfung des Revisionsgerichts bezüglich der Aufstellung und Abänderung der Geschäftsverteilung Grenzen gezogen seien, die aus der eigenverantwortlichen Stellung des Präsidiums und der Notwendigkeit flexibler, an die konkrete Situation angepasster Regelungen resultierten. Deshalb sei dem Präsidium ein weiter Beurteilungsspielraum bei der Feststellung einer vorübergehenden Überlastung zuzubilligen, der mit der Einrichtung einer Hilfsstrafkammer abgeholfen werden dürfe. Ein durchgreifender Rechtsmangel sei allenfalls dann gegeben, wenn offen zu Tage liege, dass die Mehrbelastung
dauerhaft sei und daher die Entscheidung über die Bildung der Hilfsstrafkammer als objektiv willkürlich erscheine.[12] Diese höchstrichterliche Zurückhaltung führte dazu, dass in der Praxis solche Präsidiumsbeschlüsse vielfach nicht weiter begründet worden sind.[13]
Diese Sichtweise erfuhr eine Änderung durch einen Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des BVerfG im Jahre 2005[14]. In dem mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Strafverfahren hatte das Präsidium des Landgerichts durch Beschluss vom 20.6.2002 die Überlastung der nach dem Geschäftsverteilungsplan an sich zuständigen 13. großen Strafkammer festgestellt und beschlossen, dass alle bei ihr in der Zeit vom 1. bis zum 14. Juni 2002 eingegangenen Strafsachen auf die 10. große Strafkammer übertragen werden. Von dieser Entscheidung war ausschließlich das angegriffene Verfahren betroffen. Während der BGH die Revision noch als offensichtlich unbegründet gemäß § 349 Abs. 2 StPO verworfen hatte, beurteilte das BVerfG die Verfassungsbeschwerde wegen Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter als offensichtlich begründet. Zwar beanstande das BVerfG die Auslegung und Anwendung von Zuständigkeitsnormen nur, wenn sie bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz bestimmenden Gedanken nicht mehr verständlich erscheinen und offensichtlich unhaltbar sind.[15] Vorliegend gehe es aber nicht um die fehlerhafte Auslegung oder Anwendung einer Zuständigkeitsregel, sondern um die Verfassungsmäßigkeit der der Rechtsanwendung zugrunde liegenden Regelung im Geschäftsverteilungsplan. Insoweit gelte ein jede Rechtswidrigkeit umfassender Kontrollmaßstab des BVerfG. Konkret sei weder nachvollziehbar, ob eine zur Änderung des Geschäftsverteilungsplans berechtigende Überlastung tatsächlich bestand noch warum es sachgerecht gewesen sein könnte, gerade nur dieses eine (auch ohne Geständnis nach dreitägiger Hauptverhandlung erledigte) Verfahren nachträglich einer anderen Kammer zuzuweisen. Bei dieser Ausgangslage komme es auf die weitere Frage, ob die verdeckte Einzelzuweisung zudem wegen des Verstoßes gegen das Abstraktionsprinzip unzulässig gewesen sei, nicht mehr an (vgl. zu diesem Problemaspekt unten zu 5.b).
Im Anschluss hieran hat der 3. Strafsenat des BGH im Jahr 2009 diese Änderung in den strafprozessualen Kontext übertragen: Die Umverteilung bereits anhängiger Verfahren richte sich – über eine reine Willkürprüfung hinausgehend – auf jegliche Rechtswidrigkeit der nachträglichen Zuständigkeitsänderung; denn es liege auf der Hand, dass der fachgerichtliche Kontrollmaßstab nicht hinter dem vom BVerfG angelegten zurückbleiben könne.[16]
bb) Dieser nun auch von dem 2. und dem 5. Strafsenat übernommene Kurswechsel hat im Schrifttum zu Recht Beifall gefunden.[17] Zwar betreffen die einschlägigen Entscheidungen nur Fälle, in denen die Änderung des Geschäftsverteilungsplans (auch) zur Umverteilung bereits anhängiger Strafsachen führte.[18] Dennoch ist die gleiche Kontrolldichte auch angezeigt, wenn das Präsidium auf eine Überlastung ausschließlich mit in die Zukunft wirkenden Zuständigkeitsverschiebungen reagiert. Denn jede Änderung des Geschäftsverteilungsplans bedeutet eine prinzipiell erhöhte Manipulationsgefahr, weil die stabilisierende Wirkung des Jährlichkeitsprinzips wegfällt. Naturgemäß erhöht sich die Gefahrenlage beträchtlich, wenn eine Änderung der Zuweisung in Kenntnis konkret davon betroffener Einzelverfahren erfolgt. Doch schon die Unterschreitung des normalen Schutzniveaus sollte ein hinreichender Anlass sein, die Überprüfung nicht nur auf den Evidenzmaßstab der objektiven Willkür zu reduzieren.
Dass dieser Aspekt vom BGH nicht näher thematisiert wird, dürfte daran liegen, dass die Triebfeder für den eingeschlagenen Kurswechsel in der funktionalen Überlegung liegt, den Anschluss an den Prüfungsmaßstab des BVerfG zu wahren. In der Tat wäre es erkennbar sinnwidrig, im fachgerichtlichen Rechtszug Prüfungspunkte auszublenden, die dann erst auf verfassungsgerichtlicher Ebene zur Urteilsaufhebung führen würden. Ist insoweit ein Gleichziehen der Revisionsgerichte geboten, so ist darüber hinaus aber umgekehrt kritisch zu hinterfragen, ob die Revisionsgerichte überhaupt die Willkürformel als Instrument zur Prüfungsverengung für sich reklamieren dürfen. Das entspricht zwar (zumindest grundsätzlich) der herrschenden Meinung,[19] ist aber äußerst zweifelhaft. Denn die Verengung auf eine bloße Willkürkontrolle ist bereits für sich genommen problematisch. Der Willkürmaßstab lässt sich nicht aus dem materiell-rechtlichen Gehalt des Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG ableiten, sondern allenfalls mit der Überlegung rechtfertigen, das BVerfG dürfe nicht zum "Superrevisionsgericht" werden, das jede Gerichtsentscheidung vollumfänglich auf ihre einfachgesetzliche Richtigkeit überprüft.[20] Den Revisionsgerichten obliegt nun aber gerade nicht nur die Einhaltung der Verfassung, sondern die Befolgung des einfachen Gesetzesrechts.[21] Die Vollkontrolle, die aus Sicht des BVerfG funktionswidrig erschiene, ist für das Revisionsgericht somit gerade funktionsgemäß.[22] Diese rechtsdogmatische Argumentation lässt sich auch rechtspolitisch abstützen:
Wenn der BGH den vom BVerfG vorgenommenen Kontrollabbau übernimmt, wird der von Rechtsmitteln ausgehende "heilsame Druck" geschwächt und es besteht tendenziell sogar die Gefahr kalkulierter Rechtsverstöße, bei denen die Akteure darauf vertrauen, dass ihr Handeln vom Revisionsgericht zumindest als nicht objektiv willkürlich "gehalten" wird. Umgekehrt ist die Einschränkung der verfassungsgerichtlichen Prüfung umso eher akzeptabel, wenn die entsprechende strengere Kontrolle auf einer vorgelagerten Ebene vorgenommen wird.
Mit der Ausweitung des Prüfungsmaßstabes geht auch eine Verschärfung der Dokumentationspflichten einher. Der zur Änderung der Geschäftsverteilung führende Beschluss des Präsidiums muss grundsätzlich bereits zum Zeitpunkt der Präsidiumsentscheidung, spätestens aber bis zum Zeitpunkt eines Besetzungseinwands nach § 222b Abs. 2 StPO[23] so detailliert begründet sein, dass dem Revisionsgericht eine vollständige Rechtmäßigkeitsprüfung möglich ist.[24] Zur Erfüllung dieser Pflicht zur umfassenden, nachvollziehbaren Dokumentation empfiehlt es sich, bereits die Überlastungsanzeige schriftlich und detailliert zu begründen[25] und diese Gründe den Verfahrensbeteiligten (jedenfalls auf Verlangen) bekanntzumachen.[26] Insoweit handelt es sich nicht bloß um eine technische Notwendigkeit zur Durchsetzung der revisionsgerichtlichen Kontrolle, sondern zugleich um eine präventive Sicherung und um eine "vertrauensbildende Maßnahme", bereits dem Anschein einer willkürlichen Zuständigkeitsverschiebung entgegenzuwirken.[27] Dass die höchstrichterlichen Judikate die erhöhte Dokumentationspflicht stets im Zusammenhang mit einer (zumindest auch) bereits anhängig gewordene Strafsachen betreffenden Umverteilung thematisieren,[28] sollte wiederum nicht als Beschränkung auf solche Konstellationen verstanden werden.[29] Abgesehen davon, dass die Durchbrechung des Jährlichkeitsprinzips schon für sich genommen einen hinreichenden Anlass für ein genaues Hinsehen im Sinne eines "verfassungs- und einfachrechtlich problembewussten Entscheidungsprozesses"[30] bietet, lässt sich im Zeitpunkt der Überlastungsanzeige die hierauf folgende Reaktion des Präsidiums noch gar nicht absehen. Es wäre auch nicht plausibel, dass der Erfolg einer Revision in einer nach dem Änderungsbeschluss eingehenden Strafsache davon abhängen sollte, ob wegen der gleichzeitigen Umverteilung von "Altfällen" strengere Dokumentationspflichten gelten sollen oder nicht.
Abgesehen von Fällen des vollständigen Fehlens einer rechtzeitigen Dokumentation kommen im Rahmen des § 21e Abs. 3 GVG zwei Anknüpfungspunkte für eine erfolgreiche Besetzungsrüge in Betracht: Zum einen kann es an einem hinreichenden Grund für eine nachträgliche Änderung des Geschäftsverteilungsplans fehlen, zum anderen kann die vom Präsidium konkret gewählte Maßnahme zu beanstanden sein (s. dazu 5.).
In den hier interessierenden Fällen einer Kollision mit dem Beschleunigungsgrundsatz ist für eine Planänderung im laufenden Geschäftsjahr das Merkmal der "Überlastung" eines Spruchkörpers einschlägig. Eine solche ist gegeben, "wenn über einen längeren Zeitraum ein erheblicher Überhang der Eingänge über die Erledigungen zu verzeichnen ist, sodass mit einer Bearbeitung der Sachen innerhalb eines angemessenen Zeitraums nicht zu rechnen ist[31] und sich die Überlastung daher als so erheblich darstellt, dass der Ausgleich nicht bis zum Ende des Geschäftsjahrs zurückgestellt werden kann"[32]. In Übereinstimmung mit der Kammerrechtsprechung des BVerfG ist ferner anerkannt, dass eine Änderung des Geschäftsverteilungsplans während des laufenden Geschäftsjahres insbesondere dann (nicht nur zulässig, sondern sogar) geboten sein kann, wenn nur auf diese Weise dem Verfassungsgebot der beschleunigten Behandlung von Strafsachen entsprochen werden kann.[33] Allerdings trete das Recht auf den gesetzlichen Richter nicht vollständig hinter das Beschleunigungsgebot zurück; vielmehr beste-
he ein Anspruch auf zügige Entscheidung gerade durch den gesetzlichen Richter.[34]
Auch wenn dieser "hehre Anspruch" auf eine "zügige Entscheidung durch den gesetzlichen Richter" in Zeiten knapper Justizressourcen wie die "Quadratur des Kreises" anmuten mag,[35] verdient die mit dieser Grundaussage erkennbar verbundene Botschaft Zustimmung. Zunächst geht es darum, dass das grundrechtsgleiche Recht auf den gesetzlichen Richter nicht in der Weise gegen den Beschleunigungsgrundsatz ausgespielt werden darf, dass bei sich bereits vor der Terminierung abzeichnender Überlänge des Verfahrens im Wege einer ad-hoc-Zuweisung ein geeignet erscheinender Spruchkörper gesucht und für zuständig erklärt werden dürfte. Dieser Aspekt betrifft die Frage, wie (nicht) reagiert werden darf. Darüber hinaus wird das Prinzip des gesetzlichen Richters tendenziell aber auch insoweit gestärkt, als nicht jeder (ggf. anderweitig zu kompensierende)[36] Verstoß gegen das Beschleunigungsgebot zwingend eine Neuverteilung der Geschäfte auslöst. Denn zum Grundsatz des gesetzlichen Richters gehört der Gedanke der Stetigkeit, der – überdies mit Ausstrahlungswirkung auf zahlreiche weitere Fälle – preisgegeben würde, wenn permanent einzelfallbezogene Verzögerungen Zuständigkeitsveränderungen nach sich zögen. Nach einer zulässigen Änderung des Geschäftsverteilungsplanes sind die dann berufenen Entscheidungspersonen zwar die gesetzlichen Richter[37] (sodass also Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG durch die Änderung nicht verletzt wird), doch eröffnet § 21e Abs. 3 GVG diesen Weg nur als Ausnahme unter der Voraussetzung, dass die (erhebliche) Überlastung diesen Schritt "nötig" macht.
Damit sind die Schwierigkeiten freilich nicht behoben. Denn es bleibt die Frage, unter welchen Umständen eine Änderung der Geschäftsverteilung zulässig oder sogar geboten ist. An dieser Stelle ist von Interesse, dass manche Kommentatoren aus der richterlichen Praxis ungeachtet der Entscheidung BGHSt 53, 268 die Position des Präsidiums zu stärken trachten, indem sie auf Ermessens- und Beurteilungsspielräume verweisen.[38] Demgegenüber lassen die aktuellen Entscheidungen des BGH erkennen, dass mit dem Abrücken vom Willkürmaßstab durchaus eine Intensivierung der Kontrolle intendiert ist. Sowohl der 2. als auch der 5. Strafsenat nehmen (wie zuvor auch schon die Kammer des BVerfG)[39] die Verfahrenslage des als überlastet angesehenen Spruchkörpers eingehend unter die Lupe und gelangen schließlich zu dem Ergebnis, dass eine solche Überlastung in concreto nicht hinreichend belegt sei.[40] Diese strengere Nachprüfung mag aus der Sicht der Präsidien lästig sein, weil sie ihr Tun von dem redlichen Bemühen getragen sehen, "den Laden überhaupt am Laufen zu halten" und der normative Aspekt der vorbeugenden Manipulationsvermeidung dem beruflichen Selbstbild der handelnden Personen ohnehin eher fremd ist (da sie sich nicht als – sei es auch nur potenzielle – "Manipulateure" sehen)[41]. Dennoch ist die Entscheidungsgrundlage durch eine detaillierte Dokumentation vermittelbar und damit auch einer Überprüfung durch das Revisionsgericht zugänglich, ob eine Überlastung gegeben war, die eine Änderung der Geschäftsverteilung nötig gemacht hat. Größere Entscheidungsspielräume aufgrund einer besonderen Nähe zu den jeweiligen Gegebenheiten sind erst hinsichtlich der Frage anzuerkennen, welche Maßnahmen zur Abwendung der Überlastung zu ergreifen sind. Insoweit erscheint es durchaus angemessen, das Aufbrechen des Jährlichkeitsprinzips (= den Änderungsanlass) einem strengeren Kontrollregime zu unterwerfen als den Änderungsumfang. In diesem Zusammenhang kommt der Dauer und dem Umfang der Entlastungsmaßnahme eine indizielle Bedeutung für die Frage zu, ob es eines Eingreifens des Präsidiums tatsächlich bedurfte. Dies berührt sich mit dem (ebenfalls umfassender revisionsgerichtlicher Prüfung unterliegenden) Erfordernis, dass die Entlastungsmaßnahme geeignet sein muss, die Effizienz des Geschäftsablaufs zu erhalten oder wiederherzustellen.[42] Im "Kieler Fall" berücksichtigt der 5. Strafsenat zudem, dass der Änderungsbeschluss bereits ca. drei Wochen nach dem Inkrafttreten des regulären Geschäftsverteilungsplans gefasst wurde und es deshalb einer "besonderen Begründung" für eine "besonders dringlichen Notlage" bedurft hätte.[43] Hierzu ist kritisch angemerkt worden, es sei kein rechtlicher Ansatzpunkt erkennbar, für "frühzeitige" Änderungen verschärfte Maßstäbe aufzustellen, zumal eine überzeugende zeitliche Grenze kaum anzugeben sei.[44] Hieran ist richtig, dass allein die Tatsache, dass eine Überlastung bereits bei Aufstellung des regulären Geschäftsverteilungsplans hätte berücksichtigt werden können, eine spätere Änderung nicht ausschließt.[45] Dennoch kommt dem Umstand einer bereits erkannten (und insoweit bei Aufstellung der Geschäftsverteilung "eingepreisten") Terminlage eine indizielle Bedeutung dafür zu, dass ohne eine nachhaltige Veränderung der Situation eine partielle Neuverteilung der Geschäfte nicht notwendig erscheint.
Einen wunden Punkt berühren die aktuellen Beschlüsse des BGH mit dem Spannungsverhältnis des § 21e Abs. 3
GVG zur oberlandesgerichtlichen Haftprüfung nach § 121 StPO. Nach Ansicht des 5. Strafsenats ist es "auch mit Blick auf das Gebot zügiger Verfahrensgestaltung grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn mit einer Verhandlung nicht vor Ablauf von vier Monaten nach ihrem Eingang bei einer großen Strafkammer begonnen wird",[46] und für den 2. Strafsenat liegt es auf der Hand, dass die zwölftägige Überschreitung des Beginns der Hauptverhandlung (nach der Berechnung des für die Haftprüfung zuständigen Oberlandesgerichts) keine den Eingriff in Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG rechtfertigende Verzögerung darstelle.[47] Es ist absehbar, dass diese Äußerungen an der Basis der Strafjustiz auf Unmut stoßen werden. Die Tatgerichte geraten hierdurch – gleichsam vor die Wahl zwischen "Pest" und "Cholera" gestellt – zwischen die Fronten; sie können sich aussuchen, ob Strafverfahren "platzen", weil das Oberlandesgericht die Angeklagten auf freien Fuß setzt, oder ob sie zwar durchgeführt, die Urteile aber anschließend vom BGH aufgehoben werden, weil die sich an den Vorgaben des Oberlandesgerichts orientierende Änderung der Geschäftsverteilung beanstandet wird. Auch das zu "vorauseilendem Gehorsam" bereite, um minutiöse Umsetzung der von den Kontrollinstanzen gemachten Vorgaben bemühte Präsidium gerät in einen Zangengriff, wenn die Kautelen nicht aufeinander abgestimmt sind; und der mehr oder weniger unverhohlene Rat des einen Kontrolleurs, die vom anderen vorgegebene Leitlinie "nicht so eng zu sehen",[48] wird wohl kaum als hilfreich empfunden werden.[49] Den Präsidien der Instanzgerichte mag das "121er-Hemd" näher sein als der (zeitlich und räumlich entferntere) "Revisions-Rock". Aus ihrer Sicht wäre es gewiss einfacher, wenn der BGH die Orientierung an eine gefestigte Rechtsprechung des jeweiligen Oberlandesgerichts als hinreichende Grundlage für eine Änderung des Geschäftsverteilungsplans akzeptieren würde. Eine derartige Angleichung ließe sich sogar mit dem Grundanliegen des § 21e Abs. 3 GVG in Einklang bringen, etwaige Manipulationsgefahren von vornherein zu minimieren. Denn die jeweilige OLG-Leitlinie böte einen vom konkreten Einzelfall abstrahierenden Maßstab. Dennoch spricht nicht nur der psychologische Aspekt des Selbstbewusstseins von Bundesrichtern dagegen, sich in die Abhängigkeit von einer oberlandesgerichtlichen Entscheidungspraxis zu begeben. Wichtiger ist, dass es sich im Rahmen des § 121 StPO stets um Einzelfallentscheidungen handelt, sodass die aus der Rechtsprechung des jeweiligen OLG-Senats herauszudestillierenden Maßstäbe lediglich den Charakter von Faustformeln und Orientierungshilfen haben.[50] Es ist auch keineswegs anzunehmen, dass alle Präsidien die Vorgaben in jedem Fall zum Anlass für Änderungen des Geschäftsverteilungsplans nehmen wollen (sie wollen nur nicht dafür "gerüffelt" werden, wenn sie es tun). Letztlich geht es darum, das Recht auf den gesetzlichen Richter mit dem rechtsstaatlichen Gebot einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege und dem verfassungsrechtlichen Beschleunigungsgrundsatz zu einem angemessenen Ausgleich zu bringen.[51] Diese Aufgabe ist zuvörderst dem Präsidium übertragen.[52] Dass es sich hierbei unterschiedlichen Kontrolleuren ausgesetzt sieht, ist – zumal bei Binnenkonflikten innerhalb der Justiz – misslich, vermag aber an der Pflicht zur eigenverantwortlichen Abwägung nichts zu ändern. Dabei unterscheidet sich auch die Perspektive: Während das Präsidium im Rahmen des § 21e Abs. 3 GVG vorrangig die Belange des Gerichts (wenn auch unter Berücksichtigung der durch die Einzelverfahren gebildeten Geschäftslage) im Blick hat, steht für das Oberlandesgericht der (mit zunehmender Haftdauer an Bedeutung gewinnende) individuelle Freiheitsanspruch des Beschuldigten im Fokus.[53] Auch wenn dies von den Tatgerichten kaum als Trost empfunden werden wird: Vor der Möglichkeit, dass – wie auch immer man entscheidet – am Ende eine Kammer des BVerfG im Widerstreit zwischen Beschleunigungsinteresse und gesetzlichem Richter anders wertet, sind die Instanzen der Strafjustiz ohnehin nicht gefeit.[54] Der BGH würde seine Kompetenzen allenfalls dann überschreiten, wenn er seinerseits in Konkurrenz zu den Oberlandesgerichten Zeitvorgaben nennen würde, innerhalb derer Fristüberschreitungen unschädlich sein sollen. Der bloße Hinweis darauf, dass es keinen Grundsatz gebe, es müsste in jedem Fall binnen eines Monats nach Eingang des Verfahrens über dessen Eröffnung entschieden werden,[55] ist hiernach legitim. Die positiv formulierte Aussage, ein Beginn der Hauptverhandlung binnen vier Monaten nach ihrem Eingang sei "grundsätzlich nicht zu beanstanden"[56], ist demgegenüber (zumindest in stilistischer Hinsicht) problematischer. Immerhin lässt sie sich so interpretieren, dass der 4-Monats-Zeitraum als solcher aus BGH-Sicht nicht zu einer Änderung des Geschäftsverteilungsplans zwinge. Bedenklicher wäre hingegen die "härtere" (weil ggf. in eine offene Kollision zur OLG-Rechtsprechung führende) Lesart, eine derartige Verzögerung sei zur Begründung einer "Überlastung" im Sinne des § 21e Abs. 3 GVG schlechterdings nicht geeignet (dieser Deutung baut freilich das Wort "grundsätzlich" vor). Doch ungeachtet solcher feinsinniger Nuancen ist festzuhalten, dass sich erst in Zukunft herauskristallisieren muss, wie die scheinbare Großzügigkeit der BGH-Senate mit der strengeren Beurteilung der
Oberlandesgerichte in Haftprüfungsentscheidungen[57] in Einklang zu bringen ist.[58]
Ein weiterer Problembereich betrifft die Frage, welche Maßnahmen das Präsidium zur Behebung der Überlastung eines Spruchkörpers gemäß § 21e Abs. 3 GVG beschließen darf. Soweit die aktuellen Entscheidungen des BGH bereits die hinreichende Darlegung eines Änderungsgrundes verneinten, war die Rechtsfolgenseite des Präsidiumsbeschlusses nicht mehr entscheidungserheblich. Gleichwohl lässt sich in Rechtsprechung und Schrifttum ein breites Meinungsspektrum zu diesem Fragenkreis aufzeigen.
Zu den Abhilfemaßnahmen gehört – neben der Zuweisung weiterer Richter an den überlasteten Spruchkörper oder einer Veränderung der Geschäftsverteilung – insbesondere die Einrichtung von Hilfsspruchkörpern für eine zeitlich begrenzte Dauer.[59] Zwar hat die prinzipielle Kritik an dieser Erscheinungsform in den letzten Jahren Anhänger gefunden,[60] und in der Tat ist das Fehlen einer gesetzlichen Grundlage für diese Spruchkörper misslich. Andererseits ist ein praktisches Bedürfnis für die Errichtung von Hilfsspruchkörpern anzuerkennen, und die Konstruktion als analog § 21e Abs. 3 GVG gebildete Sonderform der (Gruppen-)Vertretung erscheint zumindest möglich.[61] Für die Aufgabenverteilung zwischen Haupt- und Hilfsspruchkörper gelten die allgemeinen Grundsätze,[62] insbesondere also das Abstraktions- und das Bestimmtheitsprinzip. Soweit die Entlastung des Hauptspruchkörpers in der Weise erfolgt, dass künftig eingehende Strafsachen (nach allgemein festgelegten Kriterien) dem Hilfsspruchkörper zugewiesen werden, ergeben sich mit Blick auf Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG keine Probleme. Schwierigkeiten bereitet die (nicht nur, aber vor allem bei der Aufgabenzuweisung an die Hilfsstrafkammer auftretende) Frage, ob und inwieweit auch bereits beim überlasteten Spruchkörper anhängige (und damit dem Präsidium bekannte) Strafsachen auf einen anderen (Hilfs-)Spruchkörper abgeleitet werden dürfen.
aa) Die zur Umverteilung bereits anhängig gewordener Strafverfahren vertretenen Ansichten gehen weit auseinander. Während einige Stimmen im Schrifttum die Ableitung solcher Strafsachen ausnahmslos für unzulässig erachten,[63] betonen andere das Verbot der Einzelzuweisung, lassen aber die Umverteilung derartiger Verfahren zu, sofern die Regelung in dem Sinne generell gilt, als sie zugleich (jedenfalls möglicherweise) auch künftig eingehende Strafsachen erfasst.[64] Nach wiederum anderer Auffassung ist zur Wahrung des Beschleunigungsgrundsatzes im Ausnahmefall auch die ausschließliche Zuweisung bereits anhängiger Verfahren zulässig.[65] Auch die Rechtsprechung zu dieser Frage bietet ein uneinheitliches Bild. So sieht die 3. Kammer des Zweiten Senats des BVerfG die Anforderungen des Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG jedenfalls dann als gewahrt an, wenn die nicht auf sachwidrigen Gründen beruhende Neuregelung generell gilt, indem neben mehreren anhängigen Verfahren auch eine unbestimmte Vielzahl künftiger Fälle erfasst wird.[66] Ob auch die Ableitung ausschließlich bereits anhängiger Verfahren als "ultima ratio" zu akzeptieren ist, wird hierbei ausdrücklich offengelassen, von der 2. Kammer desselben Senats hingegen bejaht.[67] Auf der Ebene des BGH hatte der 5. Strafsenat bereits im Jahre 1999 die Überleitung allein des mit der Revision angegriffenen Verfahrens als Entlastungsmaßnahme des Präsidiums gebilligt.[68] Das sich hierin spiegelnde grundsätzliche Vertrauen in die Tätigkeit des Präsidiums, dem keine allzu engen Fesseln angelegt werden sollten,[69] dürfte weiterhin die Grundeinstellung des Senats bilden, wenngleich im aktuellen Beschluss[70] die Zulässigkeit der Ableitung von ausschließlich bereits anhängigen Strafsachen an die Beachtung der vom 3. Strafsenat[71] für derartige "Ausnahmefälle" eingezogenen Sicherheitslinien (detaillierte Dokumentation, vollständige Rechtskontrolle und Geeignetheit zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Effizienz des Geschäftsablaufs) gebunden wird. Deutlich zurückhaltender formuliert demgegenüber der 2. Strafsenat[72], dass die Umverteilung unter den genannten Kautelen "jedenfalls"
dann zulässig ist, wenn die Neuregelung generell (also auch für künftige Fälle) gilt; ob es sich um eine "bedenkliche Zuweisung eines einzigen Verfahrens" handelt, bleibt in concreto dahingestellt.[73]
bb) Die zumindest zwischen den Zeilen erkennbaren Bewertungsunterschiede resultieren aus dem zunehmenden Grad der dem Prinzip des gesetzlichen Richters drohenden Gefährdung. Eben weil das Rechtssystem sich nicht von der Lauterkeit der handelnden Personen abhängig machen (und mit einem bloßen Manipulationsverbot begnügen) will, statuiert Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG für Justitias Augenbinde Anlegezwang[74]: Die "blindlings" erfolgende Richterzuweisung bildet das verfassungsrechtliche Leitbild, weil sie manipulative Einflussnahmen von vornherein ausschließt. Ohne Frage erleidet dieses Sicherungssystem eine bedeutende Einbuße, wenn denjenigen, die die Verteilungsregel festlegen, zu diesem Zeitpunkt der Beschuldigte und der Verfahrensgegenstand bekannt sind. Diese Kenntnis kann – wie sich auch anhand konkreter Beispiele belegen lässt –[75] durchaus einen Anreiz bieten, nach Wegen zu suchen, dass der betreffende Fall bei den "richtigen" Richtern landet. Die nachträgliche Zuweisung bereits anhängiger Verfahren unterschreitet mangels Vorauswirkung denknotwendig den "Blindlings-Standard".[76] Dass die Zuteilung nach abstrakten Kriterien vorzunehmen ist, bewirkt keinen effektiven Schutz, weil eine etwaige Steuerungsabsicht leicht hinter scheingenerellen Merkmalen versteckt werden kann.[77] Die Sicherungswirkung, die von einer Erstreckung auch in die Zukunft ausgeht, ist ebenfalls gering, wenn es sich insoweit nur um einen vergleichsweise unbedeutenden "Beifang" zu einer eigentlich intendierten Steuerung handelt.[78] Wie niedrig der durch die Zukunftswirkung errichtete Schutzwall ist, tritt auch in der Argumentation deutlich zutage, eine Erstreckung der Entlastungsmaßnahme auf künftig eingehende Fälle sei entbehrlich, weil sie wohl im Wesentlichen nur dazu gedient hätte, die Abstraktheit der neuen Geschäftsverteilung zu dokumentieren; man solle die Gerichte aber nicht zu derartigen übermäßigen und teilweise sinnlosen Entlastungsmaßnahmen zwingen.[79] Schließlich sollte auch der unbestreitbare Wert der Pflicht zur detaillierten Dokumentation angesichts der Möglichkeit apokrypher Begründungen nicht überschätzt werden.[80] Bei alldem geht es nicht darum, den Präsidien eine generelle Manipulationsabsicht zu unterstellen. Vielmehr ist ganz nüchtern zu konstatieren, dass das Postulat des gesetzlichen Richters darauf gerichtet ist, möglichst alle Ad-hoc-Zuweisungen durch ein normatives Zusammenwirken von Abstraktions- und Vorauswirkungsgrundsatz zu vermeiden. Dieses Schutzniveau wird bei der Umverteilung anhängig gewordener Sachen nicht erreicht.
Damit scheint die Auffassung Zustimmung zu verdienen, die jegliche Umverteilung anhängig gewordener Sachen als unzulässig ansieht. Diese Position besticht durch ihre Klarheit. Sie verhindert, dass das Postulat des gesetzlichen Richters in diesem Problembereich auf das Verbot einer (wenngleich hinter abstrakten Merkmalen versteckten) Einzelzuweisung reduziert wird und beharrt darauf, das strukturelle Element der Vorauswirkung im Interesse präventiver Manipulationsvermeidung zum Einsatz zu bringen. Überdies vermeidet sie eine weitere dogmatische Inkonsistenz der "großzügigeren" Gegenansicht: Diese erhebt die Geeignetheit der Entlastungsmaßnahme zur (vom Revisions- und Verfassungsgericht vollumfänglich nachzuprüfenden) Voraussetzung für die Zulässigkeit einer sich (auch) auf anhängige Strafsachen erstreckenden Umverteilung.[81] Damit wird der Umfang dieser Verfahren nicht nur gewürdigt, sondern praktisch zur maßgeblichen Bezugsgröße für die Umverteilung gemacht.[82] Dies steht in einem (nirgends thematisierten) deutlichen Spannungsverhältnis dazu, dass in früheren Entscheidungen das Aussuchen bestimmter Sachen anhand ihres Umfangs als Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG angesehen wurde.[83]
cc) Andererseits ist die Vorschrift des § 21e Abs. 4 GVG zu bedenken. Hiernach "kann" das Präsidium anordnen, dass ein Richter oder Spruchkörper, der in einer Sache tätig geworden ist, für diese nach der Änderung der Geschäftsverteilung zuständig bleibt. Diese Regelung ist praktisch sinnvoll (weil sie Doppelbearbeitungen verhindert) und im Lichte des Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG unbedenklich, weil die Entscheider bereits vor der Änderung die gesetzlichen Richter waren.[84] Indem das Gesetz diese in das Ermessen des Präsidiums gestellte Möglichkeit eröffnet und überdies (jedenfalls nach seinem Wortlaut) an die einschränkende Voraussetzung der Tätigkeit in dieser Sache bindet, gibt es eindeutig zu erkennen, dass es prinzipiell auch einen Zuständigkeitswechsel für zulässig hält. Dieses Argument[85] ist im Schrifttum mit dem Hinweis zurückgewiesen worden, es sei "zu sehr dem
Wortlaut verhaftet, der vielmehr verfassungsrechtlich zu reduzieren" sei.[86] Eine solche Vorgehensweise, die gesetzgeberische Wertungen mit scheinbar leichter Hand vom Tisch zu wischen, weil sie eigenen, strengeren verfassungsrechtlichen Anschauungen widersprechen, verdient keinen Beifall. Grundsätzlich ist der Gesetzgeber zur Ausgestaltung des sich aus Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG ergebenden Verfassungspostulats berufen. Hierbei darf er in gewissen Grenzen auch widerstreitende Interessen (wie z.B. die Funktionstüchtigkeit der Strafrechtspflege) mit der Folge berücksichtigen, dass eine Vorschrift nicht bereits deshalb gegen Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG verstößt, weil eine Regelung denkbar ist, die dem Ziel der präventiven Manipulationsvermeidung besser entspräche. Beispielhaft: Eine zwei- oder dreijährige Geltungsdauer des Geschäftsverteilungsplans würde dem Gedanken der Stetigkeit stärker Rechnung tragen als der Jährlichkeitsgrundsatz; dennoch wird wohl niemand aus diesem Grunde das Jährlichkeitsprinzip für verfassungswidrig erklären. Auch die Bildung von fakultativen, d.h. nicht bereits vom Gesetz vorgeschriebenen Spezialspruchkörpern eröffnet prinzipiell die Möglichkeit einer gezielten Steuerung von Rechtsprechungsinhalten, ohne dass sich hieraus die Unzulässigkeit solcher Spruchkörper ableiten ließe. Wer also gegenüber gesetzlich normierten Regelungen oder bewusst zugelassenen Freiräumen den unmittelbaren Durchgriff auf das Verfassungsprinzip des gesetzlichen Richters vornehmen will, muss darlegen, dass die betreffende Frage entweder von der gesetzlichen Regelung nicht erfasst (oder diese einer verfassungskonformen Auslegung zugänglich) ist oder dass der Gesetzgeber mit dieser Regelung seinen Gestaltungsspielraum in verfassungswidriger Weise überschritten hat. Dies bedeutet einen engeren Maßstab als die Feststellung, dass eine andere Regelung im Lichte des Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG vorzugswürdig erscheint. Insoweit ist zuzugeben, dass im Gesetz die Zulässigkeit der Umverteilung be-
reits anhängiger Strafsachen nicht explizit ausgesprochen ist. Allerdings ergibt sich diese Schlussfolgerung wenn auch nur indirekt, so aber doch recht eindeutig aus dem Regelungsgehalt des § 21e Abs. 4 GVG. Ist es wirklich noch eine verfassungskonforme Interpretation des Gesetzes oder doch schon eine Korrektur des Gesetzgebers, wenn man das "kann" in dieser Vorschrift durch ein "muss" ersetzt?
Dass sich die pauschale Berufung auf Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG schlecht als "Holzhammer" eignet, zeigt sich für die hier interessierende Problematik auch daran, dass die Reichweite der "puristischen" Linie nicht so recht klar ist. Die betreffenden Autoren[87] äußern sich konkret jeweils zu Änderungsbeschlüssen gemäß § 21e Abs. 3 GVG. Damit bleibt die Frage unbeantwortet, ob das Verbot der Umverteilung anhängiger Verfahren auch für die reguläre Jahresgeschäftsverteilung (§ 21e Abs. 1 GVG) gelten soll oder ob das Präsidium insoweit freier ist.[88] Diese Frage ist insofern brisant, als einerseits eine auch anhängige Strafsachen erfassende Neuverteilung am Jahresbeginn bislang als unstreitig angesehen wurde.[89] Andererseits gelten die Defizite bezüglich der Abstraktheit und der Vorauswirkung auch gegenüber der regulären Geschäftsverteilung; denn auch hier ließe sich sagen, dass "Manipulationen Tür und Tor geöffnet werde", wenn die Verteilung in Ansehung der konkret bekannten Fälle erfolgt und die wahren (manipulativen) Absichten durch scheingenerelle Merkmale geschickt kaschiert werden können.[90] Damit stehen die Anhänger eines Umverteilungsverbots allerdings vor der Alternative, entweder den Handlungsspielraum des Präsidiums auch bei der Aufstellung des Jahresgeschäftsverteilungsplanes deutlich einschränken oder erklären zu müssen, warum im Wesentlichen vergleichbare[91] Gefährdungslagen zum Jahresbeginn hingenommen werden sollen, während sie im Rahmen eines Änderungsbeschlusses von Verfassungswegen (und in einer die Wertungen des einfachen Gesetzesrechts beiseite schiebenden Weise) strikt zu untersagen sind. Bevor man sich allzu leicht für die konsequente Strenge entscheidet, sollte man sich zumindest klar machen, dass man damit die Grundkonzeption des Jährlichkeitsprinzips modifiziert: Dass Geschäftsverteilungspläne auf die Dauer eines Jahres angelegt sind, bedeutet zum einen, dass sie nur unter eng begrenzten Ausnahmen vorzeitig abgeändert werden können. Zum anderen besagt dieser Grundsatz aber auch, dass die dort getroffenen Regelungen nur für ein Jahr gelten und das Präsidium somit einer zeitlich beschränkten Selbstbindung unterliegt.[92] Ob ein zeitlich umfassendes, ausnahmslos geltendes Umverteilungsverbot wirklich zu überzeugen vermag (und überdies verfassungsrechtlich zwingend geboten erscheint), ist zu bezweifeln. Denn es lassen sich durchaus Konstellationen denken, in denen eine derartige Umverteilung unvermeidbar oder sachlich sinnvoll erscheint.[93] Wenn beispielsweise bei einem Gericht ein Spruchkörper wegfällt, wird man die bislang dort anhängigen Sachen notgedrungen umverteilen müssen. Aber auch wenn ein Spezialspruchkörper (z.B. für Verkehrs- oder BtM-Sachen) eingerichtet werden soll, erscheint es sinnvoll, wenn im Rahmen der Jahresgeschäftsverteilung die bei den übrigen Abteilungen oder Kammern anhängigen (jedenfalls noch nicht terminierten) Sachen bei dem neu eingerichteten Spruchkörper konzentriert werden. Der apodiktische Ausschluss jeglicher Umverteilung dürfte also zu weit greifen.
dd) Vor diesem Hintergrund lässt sich die eigene Position wie folgt umreißen: Der strengeren Position ist in ihrem Grundanliegen zuzustimmen, auf die ernsten Bedenken hinzuweisen, die gegenüber jeglicher Umverteilung bereits anhängiger Strafverfahren im Lichte des Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG bestehen. Eine solche Umverteilung ist nicht deshalb (mit begleitenden Rahmenbedingungen: Dokumentation und Nachprüfung) zulässig, weil sie (im Vertrauen auf die Lauterkeit der Präsidien) doch relativ "harmlos" ist, sondern sie ist allenfalls ausnahmsweise trotz der diesbezüglichen Gefahren für das Prinzip des gesetzlichen Richters hinzunehmen. Dies erfordert eine detaillierte Dokumentation und eine revisionsgerichtliche Kontrolle zu der Frage, ob eine für den Verfassungsgrundsatz des gesetzlichen Richters "schonendere" Geschäftsverteilung möglich gewesen wäre. Hierbei sind die Prüfungsanforderungen umso strenger, je stärker sich die betreffende Regelung einer Einzelzuweisung annähert. Bezüglich der regulären Jahresgeschäftsverteilung erscheint es mit Blick auf das gesetzlich verankerte Jährlichkeitsprinzip vertretbar, dem Präsidium im Rahmen der Ausübung der revisionsgerichtlichen Kontrolle einen größeren Gestaltungsspielraum zuzubilligen, wenn die Regelung generell gefasst ist und auch in die Zukunft wirkt.[94] Das Verbot der (verkappten) Einzelzuweisung gilt aber ohne Frage auch hier.[95]
Speziell zur Situation überlasteter Spruchkörper ist zu berücksichtigen, dass als Alternative zur Abnahme anhängiger Verfahren die Umverteilung künftiger Strafsachen in Betracht kommt. Der Umstand, dass die ausschließlich zukunftsgerichtete Entlastung nicht so schnell und effektiv greift wie die Ableitung von bereits anhängigen Strafsachen, ist unter Berücksichtigung der Belange des gesetzlichen Richters für sich allein (zumindest im Rahmen von Änderungsbeschlüssen) kein hinreichender Grund für eine Umverteilung bereits anhängiger Verfahren.[96] Immerhin sind Konstellationen denkbar, in denen es nicht allein um einen Ausgleich der Arbeitsbelastung zwischen den einzelnen Spruchkörpern geht. Es ist insbesondere nicht ausgeschlossen, dass in wenigen Ausnahmesituationen bei einer zugespitzten Überlastung die durch die "langsame Variante" erzielbare Entlastung nicht ausreicht, um dem Beschleunigungsgebot mehrerer inhaftierter Beschuldigter angemessen Rechnung zu tragen. In derartigen (seltenen) Situationen ist die Ableitung anhängiger Verfahren (bei hinreichender Dokumentation und revisionsgerichtlicher Kontrolle) auch im Rahmen eines Änderungsbeschlusses ausnahmsweise zu akzeptieren.
Eine noch rigorosere Beurteilung ist hingegen bezüglich der Geschäftsverteilung zwischen dem überlasteten und einem neu eingerichteten Hilfsspruchkörper angezeigt. Hier ist das Gefahrenpotenzial zusätzlich erhöht, weil die Aufgabenzuweisung mit der personellen Zusammensetzung des für die betreffenden Fälle zuständigen, nur vorübergehend gebildeten Entscheidungsgremiums zusammenfällt (und überdies nach überwiegend vertretener Ansicht[97] jedem auf Lebenszeit ernannten Richter der Vorsitz übertragen werden kann). Umgekehrt schlagen die gegen ein allgemeines Umverteilungsverbot sprechenden Gründe hier nicht nennenswert zu Buche, weil die Hilfsspruchkörper ohnehin nur in einer Analogie zu § 21e Abs. 3 GVG konstruiert werden können. Dann erscheint es aber durchaus als legitime verfassungskonforme Auslegung, wenn der Gegenschluss aus § 21e Abs. 4 GVG für dieses Gebilde angesichts der erhöhten Gefahrenlage nicht gezogen wird. Die aus dem Jährlichkeitsprinzip ableitbaren Freiräume betreffen ohnehin nur die reguläre Geschäftsverteilung. Aus diesen Gründen erscheint es geboten, im Verhältnis zum Hilfsspruchkörper von jeglicher Übertragung anhängiger Verfahren abzusehen und dem neu gebildeten Hilfsspruchkörper ausschließlich neu eingehende Sachen zuzuweisen.[98] Das gilt unabhängig davon, ob die Hilfsstrafkammer im Rahmen des Jahresgeschäftsverteilungsplans oder durch einen Änderungsbeschluss installiert wird.
Als Ertrag der vorstehenden Überlegungen ist festzuhalten, dass die vom BGH nunmehr auf breiter Front vorgenommene Intensivierung der revisionsgerichtlichen Kontrolle von Änderungen des Geschäftsverteilungsplans und die damit verbundene Anhebung der Dokumentationspflichten Zustimmung verdienen. Auch das hiermit einhergehende partielle Abrücken von der Willkürformel ist als Schritt in die richtige Richtung zu begrüßen. Obwohl die einschlägigen Judikate nur Fälle zum Gegenstand hatten, in denen es (zumindest auch) um die Umverteilung bereits anhängiger Strafsachen geht, sollte der neue Kurs nicht auf diese Konstellation beschränkt werden. Die Ableitung bereits anhängiger Strafverfahren auf einen anderen, bereits bestehenden Spruchkörper (nicht aber auf eine erst neu zur Entlastung eingerichtete Hilfsstrafkammer) ist unter engen Voraussetzungen (als "ultima ratio") zulässig. Abzuwarten bleibt, wie unterschiedliche Maßstäbe zwischen der revisionsgerichtlichen Rechtsprechung des BGH und der oberlandesgerichtlichen Haftprüfung gemäß § 121 StPO miteinander harmonisiert werden können.
[1] Vgl. Eb. Schmidt ZStW 65 (1953), 161, 170 ff.
[2] Zur sog. "Blindlingstheorie" vgl. näher Sowada, Der gesetzliche Richter im Strafverfahren (2002), S. 198 ff.
[3] Beschluss v. 7. Januar 2014 – 5 StR 613/13 = HRRS 2014 Nr. 178 = NStZ 2014, 287 = StV 2014, 267 = StraFo 2014, 121 mit Anm. Grube. Eine weitere Anmerkung zu dieser Entscheidung liefert Sättele FD-Strafrecht 2014, 355208.
[4] Beschluss v. 10. Juli 2013 – 2 StR 116/13 = HRRS 2013 Nr. 934 = NStZ 2014, 226 = StV 2014, 6 = StraFo 2013, 470.
[5] Vgl. hierzu den Überblick bei Beulke, in: Satzger/Schluckebier/Widmaier, StPO (2014), Einl. Rn. 65 ff.; ferner Krehl/Eidam NStZ 2006, 1 ff. Vgl. ferner zum Grundsätzlichen Degener, FS Dencker (2012), S. 23 ff.; Paeffgen GA 2014, 275 ff. und Pfeiffer, FS Baumann (1992), S. 329 ff. sowie monografisch Baumanns, Der Beschleunigungsgrundsatz im Strafverfahren (2011).
[6] Vgl. zu den Grundsätzen der innergerichtlichen Geschäftsverteilung Kissel/Mayer, GVG, 7. Aufl. (2013), § 21e GVG Rn. 78 ff. (92, 94 ff.); SSW-StPO/Spiess (Fn. 5), § 21e GVG Rn. 6; Zimmermann, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 4. Aufl. (2013), § 21e GVG Rn. 10 ff.
[7] Remus, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, 5. Aufl. (2013), § 21e GVG Rn. 34. Dieses Regelungsmodell wird durch die spruchkörperinterne Geschäftsverteilung (§ 21g GVG) ergänzt.
[8] BGHSt 44, 161, 168 ff.; Kissel/Mayer (Fn. 6), § 21e GVG Rn. 108 f.; Velten, in: Systematischer Kommentar zur StPO, Bd. IX (GVG), 4. Aufl. (2013), § 21e GVG Rn. 36; s. auch BVerfGE 95, 322, 331 f.
[9] Urteil v. 9. April 2009 – 3 StR 376/08 = BGHSt 53, 268 =HRRS 2009 Nr. 530 = NStZ 2009, 651 = StV 2010, 290; s. zu dieser Entscheidung auch Gubitz/Bock NStZ 2010, 190 ff.; Winkler jurisPR-StrafR 21/2009 Anm. 1. Vgl. ferner BGH, Beschluss v. 4. August 2009 – 3 StR 174/09 = HRRS 2009 Nr. 983 = StV 2010, 294 und Beschluss v. 13. Januar 2010 – 3 StR 507/09 = HRRS 2011 Nr. 22 = StV 2010, 296 (in NStZ 2011, 157 ist der gerichtsverfassungsrechtlich relevante Teil der Entscheidung nicht abgedruckt).
[10] BVerfG (3. Kammer des Zweiten Senats), Beschluss v. 16. Februar 2005 – 2 BvR 581/03 = NJW 2005, 2689 ff.; zu den abstrakten Rechtsausführungen nahezu wortgleich BVerfG (2. Kammer des Zweiten Senats), Beschluss v. 18. März 2009 – 2 BvR 229/09 = HRRS 2009 Nr. 552 = NJW 2009, 1734 f.
[11] BGH NJW 2000, 1580, 1581 mit Anm. Katholnigg NStZ 2000, 443 f.
[12] BGH NJW 2000, 1580, 1581 m.w.N.
[13] Winkler jurisPR-StrafR 21/2009 Anm. 1.
[14] BVerfG (K) NJW 2005, 2689 ff.
[15] BVerfG (K) NJW 2005, 2689, 2690.
[16] BGHSt 53, 268, 275 f.
[17] Gubitz/Bock NStZ 2010, 190, 192; Meyer-Goßner, StPO, 57. Aufl. (2014), § 21e GVG Rn. 25; SK-StPO/Velten (Fn. 8), § 21e GVG Rn. 42. Weiterhin dem engeren Prüfungsmaßstab folgend (freilich ohne inhaltliche Auseinandersetzung mit der neueren Judikatur) Franke, in: Löwe/Rosenberg, StPO, Bd. 7 / Teil 2, 26. Aufl. (2013), § 338 Rn. 22; SSW-StPO/Spiess (Fn. 5), § 21e GVG Rn. 21.
[18] Der 3. Strafsenat hat diesen Konnex auch relativ deutlich akzentuiert (BGHSt 53, 268, 275 f.; StV 2010, 294, 295; s. auch BGH, Beschluss v. 7. Februar 2007 – 2 StR 370/06 = HRRS 2007 Nr. 331 = NStZ 2007, 537 f.); die aktuellen Entscheidungen des 2. und des 5. Senats sind insoweit offener formuliert.
[19] Vgl. zur Willkürformel in der strafgerichtlichen Rechtsprechung auch Böttcher, in: Löwe/Rosenberg, StPO, Bd. 10 (GVG), 26. Aufl. (2010), § 16 GVG Rn. 26 ff.; Meyer-Goßner (Fn. 17), § 16 GVG Rn. 6; s. auch einschränkend Frisch, in: Systematischer Kommentar zur StPO, Bd. VII, 4. Aufl. (2014), § 338 Rn. 16 ff., 28.
[20] Näher hierzu Roth, Das Grundrecht auf den gesetzlichen Richter (2000), S. 214 ff.; Sowada (Fn. 2), S. 206 ff., 213 ff.
[21] Renzikowski JR 1999, 166, 167.
[22] Sowada (Fn. 2), S. 232 f.
[23] SK-StPO/Velten (Fn. 8), § 21e GVG Rn. 42. In BGHSt 53, 268, 281 ff. wird ein Nachschieben von Gründen nach diesem Zeitpunkt "jedenfalls dann, wenn jede Dokumentation der Gründe für die Errichtung einer Hilfsstrafkammer und die Übertragung bereits anderweit anhängiger Verfahren in deren Zuständigkeit unterblieben ist", als unbeachtlich angesehen; ob eine nur punktuelle Ergänzung im Freibeweisverfahren möglich ist, lässt der Senat offen. Zur Einordnung dieser Entscheidung in den Kontext der Beweislast für Verfahrenstatsachen vgl. Schwabenbauer NStZ 2014, 495, 497.
[24] BGHSt 53, 268, 276 ff.; BGH StV 2014, 6, 7 (Rn. 17); BGH NStZ 2014, 287, 288 (Rn. 9).
[25] Winkler jurisPR-StrafR 21/2009 Anm. 1 (zu C.). Zum Umfang der Dokumentation vgl. Grube StraFo 2014, 123, 124 f.; SK-StPO/Velten (Fn. 8), § 21e GVG Rn. 42.
[26] BGH StV 2010, 294, 295; Meyer-Goßner (Fn. 17), § 21e GVG Rn. 16b. Zu praktischen Schwierigkeiten aus Verteidigersicht Sättele FD-StrafR 2014, 355208.
[27] BGHSt 53, 268, 273; BGH StV 2010, 294, 295 im Anschluss an BVerfG (K) NJW 2005, 2689, 2690; 2009, 1734, 1735.
[28] Vgl. die in der vorigen Fn. angegebenen Nachweise; ferner BGH NStZ 2007, 537 f. S. auch oben zu Fn. 18.
[29] Dem neuen Kurs grundsätzlich zustimmend, aber eine Umverteilung bereits anhängiger Verfahren ablehnend Gubitz/Bock NStZ 2010, 190, 192; SK-StPO/Velten (Fn. 8), § 21e GVG Rn. 40, 42 (s. auch a.a.O. Rn. 58). Ohne eine solche Einengung auch Diemer, in: Karlsruher Kommentar zur StPO, 7. Aufl. (2013), § 21e GVG, Rn. 15; Kissel/Mayer (Fn. 6), § 21e Rn. 115; vgl. ferner LR/Breidling (Fn. 19), § 21e GVG Rn. 45.
[30] Gubitz/Bock NStZ 2010, 190, 191.
[31] Allein hierauf abstellend BGH NStZ 2014, 287, 288; SK-StPO/Velten (Fn. 8), § 21e GVG Rn. 38 (die den nachfolgend im Text genannten Aspekt aber a.a.O. Rn. 39 unter dem Gesichtspunkt der Notwendigkeit einer Planänderung einbezieht).
[32] BGHSt 53, 268, 271; BGH StV 2010, 294; 2014, 6, 7; KK-StPO/Diemer (Fn. 29), § 21e GVG Rn. 14; Meyer-Goßner (Fn. 17), § 21e GVG Rn. 14; vgl. auch Kissel/Mayer (Fn.6), § 21e GVG Rn. 112.
[33] BVerfG (K) NJW 2005, 2689, 2690; 2009, 1734 f.; ebenso BGHSt 53, 268, 271; BGH StV 2010, 294, 295 (3. Senat); BGH StV 2014, 6, 7 (2. Senat) und BGH NStZ 2014, 287, 288 (5. Senat).
[34] Vgl. auch insoweit die in der vorigen Fn. angegebenen Nachweise.
[35] So Grube StraFo 2014, 123, 124.
[36] Vgl. SSW-StPO/Beulke (Fn. 5), Einl. Rn. 65 ff. (67 ff.); KK-StPO/Fischer (Fn. 29), Einl. Rn. 33 ff. (41 ff.).
[37] Deshalb (und im Interesse der Stetigkeit) besteht auch keine Pflicht zur Rückübertragung auf den ursprünglich zuständigen Spruchkörper nach Wegfall der Überlastung; BGH, Beschluss v. 3. August 2004 = (b. Becker) NStZ-RR 2006, 67 = HRRS 2004 Nr. 866; Meyer-Goßner (Fn. 17), § 21e GVG Rn. 14.
[38] Deutliche Distanz zu BGHSt 53, 268 bei LR/Breidling (Fn. 19), § 21e GVG Rn. 45 und LR/Siolek (Fn. 19), § 60 GVG Rn. 9 f.; s. auch Kissel/Mayer (Fn. 6), § 21e GVG Rn. 111 (krit. hierzu Gubitz/Bock NStZ 2010, 190, 191). Vgl. ferner Niemöller StV 1987, 311, 316 f.
[39] BVerfG (K) NJW 2005, 2689, 2690 f.
[40] BGH NStZ 2014, 287, 288 f.; BGH StV 2014, 6, 17 (Rn. 19 f.).
[41] Vgl. zur "Manipulierung" als Reizwort Sowada (Fn. 2), S. 87 f., 814 f.
[42] Vgl. BGHSt 53, 268, 272; BGH NStZ 2014, 287, 288; BGH StV 2014, 6, 7; ebenso bereits BVerfG (K) NJW 2005, 2689, 2690; 2009, 1734.
[43] BGH NStZ 2014, 287, 289 (Rn. 12 f.).
[44] Grube StraFo 2014, 123, 124.
[45] BGH NJW 2004, 865 = HRRS 2004 Nr. 105 (in BGHSt 49, 29 nicht abgedruckt); SK-StPO/Frisch (Fn. 19), § 338 Rn. 23.
[46] BGH NStZ 2014, 287, 289 im Anschluss an BGH StV 2014, 6, 7 f.
[47] BGH StV 2014, 6, 8.
[48] Vgl. auch kritisch zu einem "Ungehorsamsaufruf" des BGH (freilich in einer anderen Konstellation) Strate NJW 2006, 1480 ff.
[49] Vgl. auch Grube StraFo 2014, 123, 124.
[50] Paeffgen, in: Systematischer Kommentar zur StPO, Bd. II, 4. Aufl. (2010), § 121 Rn. 17d.
[51] BVerfG (K) NJW 2005, 2689, 2690; 2009, 1734 f.; BGHSt 53, 268, 271; BGH StV 2014, 6, 7; BGH NStZ 2014, 287, 288.
[52] Vgl. auch BGH StV 2014, 6, 8.
[53] Gegen einen strikten Gleichlauf von § 121 Abs. 1 StPO und § 21e Abs. 3 GVG lassen sich auch die Entscheidungen BGHSt 38, 43 ff. und BGH NJW 2000, 1580, 1582 anführen.
[54] Gerade zum Beschleunigungsgrundsatz gibt es "atmosphärische Störungen" zwischen der Fachgerichtsbarkeit und der Kammerrechtsprechung des BVerfG; vgl. hierzu Jahn NJW 2006, 652 ff.; U. Schmidt NStZ 2006, 313 ff.; s. auch Gaede HRRS 2005, 409, 412 f. (jeweils zu Beschlüssen der 3. Kammer des Zweiten Senats, die wenige Monate zuvor mit der in NJW 2005, 2689 abgedruckten Entscheidung den Prozess zur Stärkung des Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG angestoßen hat). Zur Kammerrechtsprechung des BVerfG zum Beschleunigungsgrundsatz vgl. auch SK-StPO/Paeffgen (Fn. 50), § 121 Rn. 15a.
[55] BGH StV 2014, 6, 8.
[56] S. oben (zu) Fn. 46.
[57] Zur Kasuistik vgl. SSW-StPO/Herrmann (Fn. 5), § 121 Rn. 21 ff.; SK-StPO/Paeffgen (Fn. 50), § 121 Rn. 15b ff.; s. auch Hilger, in: Löwe/Rosenberg, StPO, Bd. 4, 26. Aufl. (2007), § 121 Rn. 42 ff. und Schlothauer/Weider, Untersuchungshaft, 4. Aufl. (2010), Rn. 932 ff.
[58] Kritisch insoweit Grube StraFo 2014, 123, 124.
[59] LR/Breidling (Fn. 19), § 21e GVG Rn. 47; KK-StPO/Diemer (Fn. 29), § 21e GVG Rn. 7, 14; Meyer-Goßner (Fn. 17), § 21e GVG Rn. 16, 16a. Ausführlich zu Hilfsspruchkörpern Sowada (Fn. 2), S. 342 ff.
[60] Die Bildung von Hilfsstrafkammern wird de lege lata als unzulässig angesehen von SK-StPO/Degener (Fn. 8), § 60 GVG Rn. 10 f. und SK-StPO/Velten (Fn. 8), § 21e GVG Rn. 57 f.; s. auch Gubitz/Bock NStZ 2010, 190, 192. Vgl. zur Kritik bereits Frisch NStZ 1987, 265 ff., 304 ff.
[61] Vgl. BGHSt 31, 389, 394; 33, 303; Katholnigg, Strafgerichtsverfassungsrecht, 3. Aufl. (1999), § 16 Rn. 2; Kissel/Mayer (Fn. 6), § 60 GVG Rn. 10 f.; Sowada (Fn. 2), S. 343 (m.w.N.).
[62] BGHSt 15, 116, 117; LR/Breidling (Fn. 19), § 21e GVG Rn. 47 (m.w.N.).
[63] Gubitz/Bock NStZ 2010, 190, 191 f.; SK-StPO/Velten (Fn. 8), § 21e GVG Rn. 40. Ebenso bereits Feiber MDR 1984, 676, 677 und Frisch NStZ 1987, 265, 267 (Fn. 27); s. aber auch ders. in SK-StPO (Fn. 19), § 338 Rn. 24.
[64] Katholnigg (Fn. 61), § 21e Rn. 9 a.E.; Reichl, Probleme des gesetzlichen Richters in der Verwaltungsgerichtsbarkeit (1994), S. 99 f. Ebenso wohl auch SK-StPO/Frisch (Fn. 19), § 338 Rn. 24.
[65] So SSW-StPO/Werner (Fn. 5), § 60 GVG Rn. 10. In der Sache ebenso Böttcher, in: Dölling/Duttge/Rössner, Handkommentar Gesamtes Strafrecht, 3. Aufl. (2013), § 21e GVG Rn. 7; LR/Breidling (Fn. 19), § 21e GVG Rn. 47; Meyer-Goßner (Fn. 17), § 21e GVG Rn. 16a; Rappert, in: Radtke/Hohmann, StPO (2011), § 21e GVG Rn. 25; SSW-StPO/Spiess (Fn. 5), § 21e GVG Rn. 13.
[66] BVerfG NJW 2003, 345; 2005, 2689, 2690 (jeweils m.w.N.).
[67] BVerfG NJW 2009, 1734, 1735.
[68] BGHSt 44, 161, 165 ff. Vgl. ferner BGH, Beschluss v. 22. Mai 2007 – 5 StR 94/07 (juris-Rn. 8) = HRRS 2007 Nr. 764 (Rn. 11 f.).
[69] Vgl. auch unten (zu) Fn. 79.
[70] BGH NStZ 2014, 287, 288 f.
[71] BGHSt 53, 268, 272 f., 275. S. auch BGH StV 2010, 294, 295 und StV 2010, 296.
[72] BGH StV 2014, 6, 7; s. auch BGH NStZ 2007, 537 f.
[73] Vgl. insoweit auch BGH (3. Strafsenat) StV 2010, 294, 296.
[74] Niemöller StV 1987, 311, 315.
[75] Grundsätzlich besonders manipulationsanfällig sind die erkennbar auf ein Gericht zulaufenden Großprozesse. Ein weiteres Beispiel bildet der seinerzeit heftig diskutierte Bestechungsprozess gegen den persönlichen Referenten des damaligen Bundeskanzlers, den Ministerialrat Dr. Kilb. Vgl. Kellermann, Probleme des gesetzlichen Richters (1971), S. 41 ff.; Sowada (Fn. 2), S. 257 ff.
[76] Theile, FS Heinz (2012), S. 892, 905.
[77] Gubitz/Bock NStZ 2010, 190, 192; Sowada (Fn. 2), S. 258 f., 360 f. Vgl. auch BGH NStZ 2007, 537, 538 = HRRS 2007 Nr. 331: "Die scheinbar abstrakte Bestimmung der auf die Hilfs-StrK übertragenen Sachen … hatte ersichtlich allein die Funktion, nach außen den Eindruck zu vermeiden, es sei nur ein bestimmtes bereits anhängiges Verfahren übertragen worden." In jenem Fall war der den Zuständigkeitswechsel begrenzende Eingangszeitraum im Zeitpunkt der Beschlussfassung bereits abgelaufen. S. ferner BGHSt 44, 161, 166.
[78] Im Fall BGH NStZ 2014, 267 war im Beschlusszeitpunkt ebenfalls nur ein Verfahren aktuell betroffen; der Entlastungszeitraum reichte hier acht Tage in die Zukunft. Vgl. auch LR/Breidling (Fn. 19), § 21e GVG Rn. 46 (a.E.).
[79] BVerfG (K) NJW 2009, 1734, 1735. Zuvor hatte der 4. Strafsenat die Revision durch einen Beschluss (vom 18. März 2009 – 4 StR 331/08 = HRRS 2009 Nr. 204) gemäß § 349 Abs. 2 StPO verworfen. Der im Text wiedergegebene Gedanke findet sich bereits in BGHSt 44, 161, 167 f.
[80] Theile, FS Heinz (2012), S. 892, 905.
[81] Vgl. hierzu die oben in Fn. 42 angegebenen Nachweise.
[82] Vgl. BGHSt 44, 161, 168 sowie kritisch Sowada (Fn. 2), S. 361.
[83] BGHSt 7, 23, 25; KG StV 1981, 14.
[84] Kissel/Mayer (Fn. 6), § 21e GVG Rn. 149.
[85] Lückemann, in: Zöller, ZPO, 29. Aufl. (2012), § 21e GVG Rn. 44; Sowada (Fn. 2), S. 259.
[86] Gubitz/Bock NStZ 2010, 190, 192; in der Sache entsprechend SK-StPO/Velten (Fn. 8), § 21e GVG Rn. 40.
[87] Vgl. die oben in Fn. 63 angegebenen Nachweise.
[88] Ferner ließe sich die (hier nicht näher zu erörternde) Frage aufwerfen, ob das rigorose Rückgriffsverbot in gleicher Strenge auch für Änderungen der spruchkörperinternen Geschäftsverteilung gelten soll; vgl. hierzu BayObLG NStZ-RR 2001, 49, 50.
[89] Zöller/Lückemann (Fn. 85), § 21e GVG Rn. 44; s. auch BVerwG DÖV 1979, 299.
[90] Vgl. Gubitz/Bock NStZ 2010, 190, 192.
[91] Zwar tritt bezüglich § 21e Abs. 3 GVG die Durchbrechung des Jährlichkeitsprinzips hinzu. Es erscheint jedoch fraglich, ob dieser zusätzliche Aspekt gegenüber dem Abstraktions- und dem Vorauswirkungsprinzip wirklich so schwer ins Gewicht fällt, dass er ein rigoroses Umverteilungsverbot für anhängige Sachen trägt. Dies gilt vor allem dann, wenn man den Änderungsanlass einer umfassenden Dokumentationspflicht und einer vollständigen Nachprüfbarkeit unterwirft.
[92] Vgl. BVerwG DVBl. 1985, 574 ff.
[93] Vgl. Kissel/Mayer (Fn. 6), § 21e GVG Rn. 99.
[94] Vgl. Kissel/Mayer (Fn. 6), § 21e GVG Rn. 99; s. auch BVerwG NJW 1991, 1370, 1371; BVerwG, Beschluss vom 21. Dezember 2011 – 4 BN 13/11 (juris) Rn. 16.
[95] BVerwG NJW 1984, 2961.
[96] Anders insoweit BGHSt 30, 371, 374; 44, 161, 165 f.
[97] BGHSt 31, 389; Meyer-Goßner (Fn. 17), § 21f GVG Rn. 12; a.A. Kissel/Mayer (Fn. 6), § 21f GVG Rn. 7; ausführlich und einschränkend Sowada (Fn. 2), S. 351 ff., 362.
[98] So bereits Sowada (Fn. 2), S. 361 f. m.w.N.