Alle Ausgaben der HRRS, Aufsätze und Anmerkungen ab dem Jahr 2000.
HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Februar 2014
15. Jahrgang
PDF-Download
1. Ein tatprovozierendes Verhalten ist bei Abwägung aller Umstände insbesondere dann „unvertretbar übergewichtig“ – und damit rechtsstaatswidrig – wenn es sich über einen außergewöhnlich langen Zeitraum erstreckt und währenddessen in vielfältiger, einen hohen Tatanreiz schaffender Weise – auch mit gewissem Druck – auf den späteren Täter eingewirkt wird. Weiterhin kann eine Rolle spielen, dass die staatlich veranlassten Maßnahmen die Tatbegehung erheblich erleichtert haben und dass der Umfang der Tat um ein Vielfaches über das Ausmaß des ursprünglichen Anfangsverdachtes hinausgeht sowie dass weitere Ermittlungen keinerlei belastende Momente ergeben haben.
2. Eine rechtsstaatswidrige Beeinflussung durch eine staatliche Tatprovokation kann auch mittelbar gegenüber Personen erfolgen, die mit den verdeckt im Auftrag des Staates tätigen Personen keinen direkten Kontakt haben. Das kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die Ermittler schon aufgrund des Umfangs der initiierten Tat – hier eines Betäubungsmittelgeschäfts – davon ausgehen müssen, dass seitens des Täters weitere Personen hinzugezogen werden.
3. Eine rechtsstaatswidrige Tatprovokation führt grundsätzlich nicht zu einem Verfahrenshindernis, sondern ist auf der Ebene der Strafzumessung zu berücksichtigen (st. Rspr.). Das gilt auch für Fälle einer besonders schwerwiegenden Beeinflussung. Gegenteiliges ergibt sich nach Ansicht des Senats auch nicht aus der neu eingeführten Regelung in § 20g Abs. 2 Nr. 4 BKAG.
4. Es steht nicht im Belieben der Ermittlungsbehörden, ob sie strafprozessuale Ermittlungsmaßnahmen in den Akten vermerken und zu welchem Zeitpunkt sie dies tun. Das Tatgericht muss den Gang des Verfahrens ohne Abstriche nachvollziehen können. Dies ist kein Selbstzweck, sondern soll die ordnungsgemäße Vorbereitung der Hauptverhandlung durch das Gericht und die übrigen Verfahrensbeteiligten gewährleisten. Zudem muss in einem Rechtsstaat schon der bloße Anschein, die Ermittlungsbehörden wollten etwas verbergen, vermieden werden. Deshalb sollte in den Akten ebenfalls vermerkt sein, ob eine Vertrauensperson für ihre Tätigkeit eine Entlohnung zugesagt bekommen oder gar erhalten hat.
5. Der Senat weist darauf hin, dass Höhe und Erfolgsbezogenheit des jeweiligen Honorars im Rahmen der gebotenen umfassenden Beweiswürdigung für die Bewertung des Motivs der Vertrauensperson, mit den Ermittlungsbehörden zusammenzuarbeiten, relevant sein und entscheidungserhebliche Bedeutung erlangen kann.
6. Rechtsstaatliche Belange sind namentlich auch durch ein etwaiges Strafverfahren gegen die VP zu gewährleisten. In Fällen einer Tatprovokation der hier vorliegenden Art besteht für die Staatsanwaltschaft Anlass, bei Verdacht eines zielstrebig und unbedingt auf einen großen Betäubungsmittelumsatz gerichteten, grob rechtswidrigen Verhaltens einer VP deren strafrechtliche Verantwortlichkeit zu überprüfen.
7. Die Polizei ist verpflichtet, eine von ihr beauftragte Vertrauensperson bestmöglich zu überwachen (vgl. BGHSt 45, 321, 336). Es muss der Gefahr begegnet werden, dass diese den ihr staatlicherseits erteilten Auftrag missbraucht (vgl. BGHSt 32, 345, 353). Dies gilt besonders dann, wenn die Vertrauensperson – wie häufig und auch vorliegend offenbar in erheblichem Ausmaß – selbst aus dem kriminellen Milieu stammt.
1. Eine nachträgliche Änderung der Geschäftsverteilung (§ 21e Abs. 3 GVG) kann ausnahmsweise geboten sein, wenn nur auf diese Weise eine hinreichend zügige Behandlung von Strafsachen erreicht werden kann. Das Gebot zügiger Verfahrensgestaltung lässt indes das Recht auf den gesetzlichen Richter nicht vollständig zurücktreten. Vielmehr besteht Anspruch auf eine zügige Entscheidung gerade durch diesen. Daher muss in derartigen Fällen das Recht des Angeklagten auf den gesetzlichen Richter mit dem rechtsstaatlichen Gebot einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege und dem verfassungsrechtlichen Grundsatz zügiger Verfahrensgestaltung zu einem angemessenen Ausgleich gebracht werden (vgl. bereits BGH HRRS 2009 Nr. 530).
2. Die Überlastung eines Spruchkörpers i.S.v. § 21e Abs. 3 GVG liegt vor, wenn über einen längeren Zeitraum ein erheblicher Überhang der Eingänge über die Erledigun-
gen zu verzeichnen ist, so dass mit einer Bearbeitung der Sachen innerhalb eines angemessenen Zeitraumes nicht zu rechnen ist.
3. Zu den grundsätzlich zulässigen Maßnahmen im Sinne des § 21e Abs. 3 GVG zählt die Einrichtung einer Hilfsstrafkammer für eine begrenzte Zeit. Die Regelung der mit der Errichtung einer Hilfsstrafkammer verbundenen Übertragung von Aufgaben der ordentlichen Strafkammer hat denselben Grundsätzen zu folgen, wie sonstige Änderungen im Sinne von § 21e Abs. 3 GVG; insbesondere ist auch insoweit das Abstraktionsprinzip zu beachten. Danach ist namentlich die Zuweisung bestimmter einzelner Verfahren regelmäßig unzulässig.
4. Nach diesen Maßstäben steht Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG einer Änderung der (funktionellen) Zuständigkeit für bereits anhängige Verfahren dann nicht entgegen, wenn die Neuregelung generell gilt, also etwa außer mehreren anhängigen Verfahren auch eine unbestimmte Vielzahl künftiger, gleichartiger Fälle erfasst, und nicht aus sachwidrigen Gründen erfolgt.
5. In Ausnahmefällen kann aber auch eine Änderung der Geschäftsverteilung zulässig sein, die der Hilfsstrafkammer ausschließlich bereits anhängige Verfahren überträgt, wenn nur so dem verfassungs- und konventionsrechtlichen Zügigkeitsgebot insbesondere in Haftsachen (siehe Art. 5 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2, Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK) angemessen Rechnung getragen werden kann. Jede Umverteilung, die bereits anhängige Verfahren erfasst, muss zudem geeignet sein, die Effizienz des Geschäftsablaufs zu erhalten oder wiederherzustellen. Denn Änderungen der Geschäftsverteilung, die diesen Anforderungen nicht genügen, sind nicht im Sinne des § 21e Abs. 3 Satz 1 GVG nötig und können vor allem vor Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG keinen Bestand haben.
1. Auch bei dem letztendlichen Scheitern von Verständigungsgesprächen über das bloße Ergebnis hinaus ist deren Inhalt ähnlich wie der Inhalt nicht gescheiterter Gespräche bekannt zu geben und zu protokollieren. Dies folgt aus dem Grundsatz der Transparenz, der das Recht der Verfahrensverständigung insgesamt beherrscht.
2. Die Auswirkung unzulässiger Protokollierung von Verständigungsgesprächen betreffen im Kern Auswirkungen auf das Aussageverhalten des Angeklagten, das von einer Verständigung regelhaft tangiert sein wird (vgl. § 257c Abs. 2 Satz 2 StPO). Der Angeklagte soll autonom und daher nur auf der Grundlage umfassender (und angesichts ihrer Bedeutung auch umfassend protokollierter) Unterrichtung durch das Gericht über die regelmäßig in seiner Abwesenheit durchgeführten Gespräche darüber entscheiden, ob er den Schutz der Selbstbelastungsfreiheit aufgibt und sich mit einem Geständnis des Schweigerechts begibt.
3. Die aufgezeigten Gesichtspunkte gelten nicht nur für die Überprüfung verständigungsbasierter Urteile, sondern auch bei Urteilen, denen zwar keine Verständigung i.S.d. § 257c StPO zu Grunde liegt, bei denen aber nicht auszuschließen ist, dass sie auf eine gesetzwidrige informelle Absprache oder diesbezügliche Gesprächsbemühungen zurückgehen.
4. Zu einem Einzelfall des mangelnden Beruhens auf einer unzureichenden Protokollierung.
5. Der Revisionsführer muss die sog. Angriffsrichtung seiner Rüge eindeutig bestimmen. Eine Rüge ist vom Revisionsgericht nur insoweit zu prüfen, wie diese Bestimmung reicht. Das Revisionsgericht überprüft nämlich nicht von sich aus die Ordnungsgemäßheit des Verfahrens, sondern nur form- und fristgerecht geltend gemachte konkrete Verfahrensrügen.
1. In Fällen, in denen sich die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen die Eröffnung des Hauptverfahrens vor einem Gericht niedrigerer Ordnung richtet, kann sich das Beschwerdegericht nicht auf die Prüfung der Anträge der Staatsanwaltschaft und die von ihr geltend gemachten Beschwerdepunkte beschränken. Es hat die vom Anklagevorwurf umfassten Taten vielmehr in ihrer Gesamtheit zu würdigen und ist dabei an den Eröffnungsbeschluss weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht gebunden.
2. Hat der Bundesgerichtshof als Beschwerdegericht in der Sache selbst über die Eröffnung zu entscheiden, so hat er das in der Eröffnungsentscheidung liegende Wahrscheinlichkeitsurteil eines Oberlandesgerichts über den Tatnachweis und dessen rechtliche Bewertung des Tatvorwurfs in vollem Umfang nachzuprüfen und die Voraussetzungen der Eröffnung selbstständig zu prüfen. Insoweit gilt, dass gemäß § 203 StPO die Eröffnung des Hauptverfahrens zu beschließen ist, wenn nach den Ergebnissen des vorbereitenden Verfahrens der Angeschuldigte einer Straftat hinreichend verdächtig ist, wenn also bei vorläufiger Tatbewertung auf Grundlage des Ermitt-
lungsergebnisses die Verurteilung in einer Hauptverhandlung mit vollgültigen Beweismitteln wahrscheinlich ist. Der gleiche Maßstab gilt hinsichtlich solcher Merkmale der Tat, die die besondere Bedeutung des Falles und damit das Evokationsrecht des Generalbundesanwalts zu begründen vermögen.
3. Die Darlegung von insoweit bedeutsamen Umständen kann die Staatsanwaltschaft noch im Beschwerdeverfahren nachholen; das Beschwerdegericht hat auch im Zeitpunkt der Eröffnungsentscheidung noch nicht bekannte Tatsachen oder Beweismittel bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen.
4. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats sind an die Bejahung der besonderen Bedeutung im Sinne des § 120 GVG mit Blick auf die in der Übernahmeerklärung durch den Generalbundesanwalt liegenden Bestimmung des gesetzlichen Richters (Art. 101 GG) und des Eingriffs in die verfassungsrechtliche Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern (vgl. Art. 96 Abs. 5 GG) strenge Anforderungen zu stellen. Eine Katalogtat des § 120 Abs. 2 Satz 1 GVG kann selbst dann, wenn sie nach Schwere oder Umfang erhebliches Unrecht verwirklicht und daher staatliche Sicherheitsinteressen in besonderer Weise beeinträchtigt, nicht allein aus diesem Grund das Evokationsrecht des Generalbundesanwalts begründen.
5. Eine besondere Bedeutung wird jedoch regelmäßig vorliegen, wenn Technologie, hinsichtlich deren militärischer Nutzung – hier Motoren, die zur Verwendung in Drohnen geeignet sind – eine hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, ohne die erforderliche Genehmigung in den Iran geliefert werden. Denn mit dem Bekanntwerden des Umstandes, dass die für den Antrieb militärisch genutzter Drohnen wesentliche Technologie aus Deutschland geliefert worden ist, werden sämtliche Bemühungen, Bedrohungen durch den Iran mittels einer besonders strikten Exportkontrollpolitik zu verhindern, in einem Maße konterkariert, das geeignet ist, die Bundesrepublik Deutschland als Gesamtstaat in ihrem Ansehen insbesondere mit Blick auf den Staat Israel zu schädigen.
1. Zwar ist der Ansatz zutreffend, dass eine Hilfstatsache in tatsächlicher Hinsicht (auch) dann bedeutungslos ist, wenn nicht erkennbar ist, warum die Beweisbehauptung den behaupteten Schluss zulässt, wenn also letztlich ein Zusammenhang zwischen der Beweisbehauptung einerseits und dem Anklagevorwurf andererseits fehlt (vgl. BGH NStZ 2013, 352, 353). Allgemeinabstrakte Grundsätze darüber, in welcher Beziehung die Beweistatsache zu dem Verfahrensgegenstand stehen muss, wenn sie für seine Beurteilung Bedeutung haben soll, lassen sich aber kaum aufstellen. Im Kern kommt es darauf an, ob im konkreten Fall nach allgemeiner – oder jedenfalls richterlicher – Erfahrung der aufgezeigte Zusammenhang erkennbar ohne Weiteres sicher zu verneinen ist (vgl. BGH, aaO).
2. In einem Beschluss, durch den ein Beweisantrag als aus tatsächlichen Gründen bedeutungslos abgelehnt wird, sind die hierfür maßgeblichen Erwägungen aber zumindest in ihrem Kern konkret darzulegen, um dem Antragsteller zu ermöglichen, sein weiteres Prozessverhalten entsprechend einzurichten (st. Rspr.).
1. Alle berufsrichterlichen Mitglieder des Spruchkörpers sind für die Einhaltung der Frist nach § 275 Abs. 1 StPO verantwortlich. Beim Ausfall des Berichterstatters muss notfalls ein anderer erkennender Berufsrichter das Urteil abfassen, sofern ihm dies möglich und zumutbar ist (vgl. BGHSt 26, 247, 249).
2. Der Umstand, dass bis zum Ablauf der Urteilsabsetzungsfrist nicht geklärt worden ist, ob und in welchem Umfang ein Vorsitzender Richter bereits einen Urteilsentwurf gefertigt hatte, ist für eine gerechtfertigte Überschreitung der Frist ungeeignet.
1. Rügt die Verteidigung in der Revision die mangelnde Anwesenheit des Angeklagten bei der Verhandlung über die Vereidigung eines Zeugen, muss sie nicht zuvor die Anordnung über die Entlassung des Vorsitzenden gemäß § 238 Abs. 2 StPO beanstandet haben.
2. Die Verhandlung über die Entlassung eines in Abwesenheit des Angeklagten vernommenen Zeugen gehört nicht mehr zu seiner Vernehmung im Sinne des § 247 StPO, sondern bildet einen selbständigen Verfahrensabschnitt und regelmäßig einen wesentlichen Teil der Hauptverhandlung, weil der von ihr ausgeschlossene Angeklagte die Möglichkeit verliert, Fragen an den Zeugen zu stellen und das Gericht einem Antrag auf erneute Vernehmung nur nach Maßgabe der Aufklärungspflicht nachkommen müsste (BGHSt 55, 87).
Sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, weshalb ein allgemein vereidigter und erprobter Dolmetscher nicht treu und gewissenhaft übertragen haben sollen, fehlt es am Beruhen auf einer ausgebliebenen Bezugnahme auf die Vereidigung. Es ist unter diesen Umständen fernliegend, dass ein allgemein vereidigter Dolmetscher sich seiner Verpflichtung nicht bewusst war. Im Übrigen ist ein Dolmetscher schon deshalb zu treuer und gewissenhafter Übersetzung veranlasst, wenn er aus der englischen Sprache überträgt und die Übersetzung durch Verfahrensbeteiligte leicht kontrollierbar war.
1. Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters (§ 261 StPO). Ihm obliegt es, sich unter dem umfassenden Eindruck der Hauptverhandlung ein Urteil über die Schuld oder Unschuld des Angeklagten zu bilden. Die revisionsgerichtliche Prüfung beschränkt sich darauf, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt. Zudem muss das Urteil erkennen lassen, dass der Tatrichter solche Umstände, die geeignet sind, die Entscheidung zu Gunsten oder zu Ungunsten des Angeklagten zu beeinflussen, erkannt und in seine Überlegungen einbezogen hat. Dabei dürfen die einzelnen Beweisergebnisse nicht nur isoliert gewertet werden, sondern müssen in eine umfassende Gesamtwürdigung eingestellt worden sein (st. Rspr.).
2. Schließlich unterliegt der revisionsgerichtlichen Überprüfung auch, ob der Tatrichter überspannte Anforderungen an die für die Verurteilung erforderliche Gewissheit gestellt hat (st. Rspr.). Jedoch ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Bundesgerichtshof als Maßstab seiner revisionsrechtlichen Kontrolle darauf abstellt, ob die vom Tatgericht gezogenen Schlussfolgerungen möglich sind- Das Revisionsgericht hat die tatrichterliche Überzeugungsbildung sogar dann hinzunehmen, wenn eine abweichende Würdigung der Beweise näher liegend gewesen wäre (vgl. BGH NStZ-RR 2013, 89). Dies gilt unabhängig von der Bedeutung und dem Gewicht des strafrechtlichen Vorwurfs des jeweiligen Verfahrens; denn diese vermögen eine unterschiedliche Handhabung der Grundsätze revisionsgerichtlicher Rechtsprüfung nicht zu rechtfertigen (vgl. BGH NStZ-RR 2008, 146).
3. Der Tatrichter ist nicht verpflichtet, einer Einlassung zu folgen, nur weil es für das Gegenteil keine unmittelbaren Beweise gibt, mittels derer die Behauptung sicher widerlegt werden kann. Denn es ist weder im Hinblick auf den Zweifelssatz noch sonst geboten, zugunsten eines Angeklagten Sachverhalte zu unterstellen, für deren Vorliegen keine zureichenden Anhaltspunkte vorhanden sind (vgl. BGH NStZ 2010, 102).
4. Auch im Fall eines Freispruchs muss der Tatrichter die wesentlichen Gründe seiner Entscheidung in den schriftlichen Urteilsgründen darlegen. Indes kann eine Beweiswürdigung ihrer Natur nach nicht erschöpfend in dem Sinne sein, dass alle irgendwie denkbaren Gesichtspunkte und Würdigungsvarianten in den Urteilsgründen ausdrücklich abgehandelt werden. Dies ist von Rechts wegen auch nicht zu verlangen. Aus einzelnen Lücken kann daher nicht ohne Weiteres abgeleitet werden, der Tatrichter habe nach den sonstigen Urteilsfeststellungen auf der Hand liegende Wertungsgesichtspunkte nicht bedacht (vgl. BGH NStZ-RR 2011, 50).
5. Lückenhaft ist eine Beweiswürdigung namentlich dann, wenn sie wesentliche Feststellungen nicht erörtert. Bei der Prüfung, ob dies der Fall ist, ist es jedoch nicht Sache des Revisionsgerichts, Mutmaßungen darüber anzustellen, ob nicht naheliegend weitere Beweismittel zur Aufklärung der Tatvorwürfe zur Verfügung gestanden hätten oder weitere Beweise erhoben und im Urteil lediglich nicht gewürdigt worden sind. Schon gar nicht kann das Revisionsgericht aufgrund derartiger Mutmaßungen das Urteil auf die Sachrüge hin aufheben. Vielmehr ist es in solchen Fällen Sache der Staatsanwaltschaft, entweder durch Erhebung einer Aufklärungsrüge geltend zu machen, dass das Landgericht weitere mögliche Beweise zur Erforschung des Sachverhalts unter Verstoß gegen § 244 Abs. 2 StPO nicht erhoben hat, oder zu beanstanden, dass es hierzu erhobene Beweise nicht in seine Würdigung einbezogen und daher zu seiner Überzeugungsbildung den Inbegriff der Hauptverhandlung nicht ausgeschöpft hat (§ 261 StPO; vgl. BGH NStZ-RR 2011, 88 f.).
6. Bei ambivalenten Beweisanzeichen, die dem Tatrichter im Einzelfall rechtlich zulässige Schlüsse sowohl zu Gunsten als auch zu Lasten des Angeklagten ermöglichen, ist eine rechtlich vertretbare tatrichterliche Entscheidung darüber, welche indizielle Bedeutung ein solcher Umstand im konkreten Fall entfaltet, vom Revisionsgericht hinzunehmen (vgl. BGH NStZ-RR 2013, 89).
Bei einer Einstellung nach § 154 Abs. 2 StPO darf kein Zweifel daran bestehen, auf welche Taten sie sich bezieht. Daher sind sowohl bei der Beschränkung nach § 154 Abs. 1 bzw. § 154a Abs. 1 StPO durch die Staatsanwaltschaft, als auch bei solchen Einstellungen durch das Gericht die ausgeschiedenen Taten, Tatteile oder Strafbestimmungen konkret („positiv“) zu bezeichnen.
1. Soll festgestellt werden, dass der Angeklagte verpflichtet ist, den Adhäsionsklägern die weiteren, bereits ent-
standenen materiellen und immateriellen Schäden zu erstatten, muss ersichtlich sein, welche Schäden bereits entstanden sein könnten und warum sie nicht in der Lage sind, diese Schäden schon jetzt zu beziffern. Für die Feststellungsklage mangelt es anderenfalls am Feststellungsinteresse.
2. Die Schadensersatzverbindlichkeiten desjenigen, der vorsätzlich im Straßenverkehr ein Fahrzeug geführt hat, obwohl er infolge des Genusses alkoholischer Getränke nicht in der Lage war, das Fahrzeug sicher zu führen, und dadurch fahrlässig Leib oder Leben eines anderen Menschen gefährdet hat, beruhen nicht auf Schadensersatz wegen einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung im Sinne des § 302 Nr. 1, § 174 Abs. 1 InsO (BGH NJW 2007, 2854, 2855).