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HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Januar 2013
14. Jahrgang
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1. Einer Einwilligung, gleich ob ausdrücklich oder konkludent erklärt, kommt nur dann rechtfertigende Wirkung zu, wenn die über das betroffene Rechtsgut dispositionsbefugte Person mit voller Kenntnis der Sachlage der Rechtsgutsbeeinträchtigung zustimmt. Der Einwilligende muss auch in der „SM-Szene“ eine zutreffende Vorstellung von dem voraussichtlichen Verlauf und den zu erwartenden Folgen des Angriffs und damit die erforderliche Kenntnis des Einwilligenden über Art und Intensität der bevorstehenden Rechtsgutsbeeinträchtigung haben.
2. Wenn der Angeklagte irrtümlich annimmt, seine Tat könnte auf die Einwilligung des Opfers treffen, weil dieses der „SM-Szene“ angehöre, steht dies einer vorsätzlichen Tat nicht entgegen. Ohne eine vorherige Verständigung mit dem Opfer (hier: hinsichtlich des Zuziehens einer Kette) kann keine rechtfertigende Einwilligung vorliegen.
Pathologisches Spielen stellt für sich genommen noch keine die Schuldfähigkeit erheblich einschränkende oder ausschließende krankhafte seelische Störung oder schwere andere seelische Abartigkeit dar (vgl. BGH NStZ 2005, 207 f.). Maßgeblich ist insoweit vielmehr, ob der Betroffene durch seine Spielsucht gravierende Änderungen in seiner Persönlichkeit erfährt, die in ihrem Schweregrad einer krankhaften seelischen Störung gleichwertig sind. Nur wenn die Spielsucht zu schwersten Persönlichkeitsveränderungen führt oder der Täter bei Geldbeschaffungstaten unter starken Entzugserscheinungen gelitten hat, kann ausnahmsweise eine erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit anzunehmen sein.
1. Im Falle des sexuellen Missbrauchs von Kindern durch Vornahme sexueller Handlungen vor einem Kind ist insoweit eine einschränkende Auslegung erforderlich, als für die Annahme einer sexuellen Handlung vor einem anderen – über deren Wahrnehmung durch das Tatopfer hinaus – erforderlich ist, dass der Täter den anderen in der Weise in das sexuelle Geschehen einbezieht, dass für ihn gerade die Wahrnehmung der sexuellen Handlung durch das Tatopfer von Bedeutung ist (BGH HRRS 2005 Nr. 121; BGH NStZ 2011, 633 f.).
2. Der Senat hat allerdings – entgegen BGH HRRS 2005 Nr. 121 – Zweifel, ob dem auch für eine Konstellation zu folgen wäre, in der das Kind Zeuge einer Vergewaltigung der Mutter wird.
1. Ein Kleinkind kann aufgrund seines Alters noch zu keinerlei Argwohn oder Gegenwehr fähig sein. Die Tötung eines Kleinkindes kann aber heimtückisch begangen sein, wenn die Arg- und Wehrlosigkeit eines im Hinblick auf das Kind schutzbereiten Dritten in feindlicher Willensrichtung zur Tötung ausgenutzt wird.
2. Der potentiell schutzbereite Dritte muss nicht „zugegen“ sein. Schutzbereiter Dritter ist vielmehr jede Person, die den Schutz eines Kleinkindes vor Leib- und Lebensgefahr dauernd oder vorübergehend übernommen hat und diesen im Augenblick der Tat entweder tatsächlich ausübt oder dies deshalb nicht tut, weil sie dem Täter vertraut (vgl. BGHSt 8, 216, 219; BGH NStZ 2006, 338, 339 f.). Der schutzbereite Dritte muss auf Grund der Umstände des Einzelfalls den Schutz allerdings auch wirksam erbringen können, wofür eine gewisse räumliche Nähe erforderlich ist (BGH NStZ 2008, 93, 94).
3. Ein Ausnutzen der Arg- und Wehrlosigkeit eines zur Tatzeit Schlafenden scheitert nicht daran, dass die Angeklagte diesen nicht weglockte und damit dessen Arg- und Wehrlosigkeit nicht herbeiführte, ihn also weder von der Überwachung des Kindes ablenkte noch sonst gezielt in Sicherheit wog. Für das Ausnutzen der Arg- und Wehrlosigkeit eines schutzbereiten Dritten ist es ausreichend, dass der Täter die von ihm erkannte Arglosigkeit des Dritten bewusst zur Tatbegehung ausnutzt, und zwar unabhängig davon, worauf diese beruht (vgl. BGH NStZ-RR 2006, 43; BGH NStZ 2008, 93, 94).
1. Unter Geheimnissen im Sinne des § 353b Abs. 1 StGB sind Tatsachen zu verstehen, die nur einem begrenzten Personenkreis bekannt und zudem geheimhaltungsbedürftig sind (vgl. BGHSt 48, 126, 129). Dies trifft auf die nach § 33 Abs. 1 StVG im Zentralen Fahrzeugregister gespeicherten Halterdaten, die im Rahmen einer einfachen Registerauskunft nach § 39 Abs. 1 StVG jedermann zu den gesetzlich genannten Zwecken übermittelt werden dürfen, nicht zu.
2. Negativauskünfte über fehlende Einträge in der polizeilichen Datensammlung sind geheimhaltungsbedürftig und damit Geheimnisse, da auch sie nachteilige Auswirkungen auf die polizeiliche Aufgabenerfüllung haben können (vgl. BGHSt 46, 339, 340 f., 344).
3. Eine mittelbare Gefährdung kann zur Verwirklichung des § 353b StGB genügen. Für eine effektive Wahrnehmung der ihr obliegenden präventiven und repressiven Aufgaben kommt der Integrität der Polizei und ihrer Beamten gerade auch in dem häufig durch zwangsweise Ausbeutung gekennzeichneten Prostitutionsmilieu besondere Bedeutung zu. Daher kann in der Erschütterung des Vertrauens in die Polizeiarbeit eine konkrete Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen gesehen werden.
1. Wiederholt der Angeklagte bei einer zweiten polizeilichen Vernehmung lediglich die falsche Verdächtigung aus einer vorherigen polizeilichen Vernehmung und zielte er auf dasselbe Verfahren ab, dessen Herbeiführung er bereits bei seiner ersten Vernehmung angestrebt hatte, liegt nur eine Tat im Rechtssinne vor. Der Umstand, dass die zweite Aussage bei einer anderen Polizeidienststelle erfolgte, ändert daran nichts, solange kein neues Verfahren in Gang gesetzt wurde.
2. Ist die falsche Verdächtigung jedoch darauf gerichtet, zwei Personen mit einem Ermittlungsverfahren zu überziehen, ist von einer falschen Verdächtigung in zwei tateinheitlichen Fällen auszugehen.
3. § 164 StGB dient nicht nur dem Schutz von Behörden vor Irreführung, sondern will auch den Einzelnen vor Maßnahmen irregeführter Behörden schützen.
1. In Verkehr gebracht wird falsches Geld, wenn es so aus dem Gewahrsam entlassen wird, dass ein anderer tatsächlich in die Lage versetzt wird, sich des falschen Gel-
des zu bemächtigen und nach Belieben damit umzugehen, es insbesondere weiterzuleiten (vgl. BGHSt 1, 143, 144; 42, 162, 168). Durch das Handeln des Täters muss eine Gefahr des Umlaufs des falschen Geldes begründet sein, was sich anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls bestimmt (vgl. BGHSt 35, 21, 25).
2. Der Tatbestand des Inverkehrbringens ist nicht erfüllt, wenn der Bundesbank ein Geldschein von vorne herein mit dem Ersuchen um Einziehung und Ersatz übergeben wird, da in einem solchen Fall das Geld außerhalb des allgemeinen Zahlungsverkehrs eingeliefert wird.
1. In Verkehr gebracht wird falsches Geld, wenn es so aus dem Gewahrsam entlassen wird, dass ein anderer tatsächlich in die Lage versetzt wird, sich des falschen Geldes zu bemächtigen und nach Belieben damit umzugehen, es insbesondere weiterzuleiten (vgl. BGHSt 1, 143, 144; 42, 162, 168). Durch das Handeln des Täters muss eine Gefahr des Umlaufs des falschen Geldes begründet sein, was sich anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls bestimmt (vgl. BGHSt 35, 21, 25).
2. Der Tatbestand des Inverkehrbringens ist nicht erfüllt, wenn der Bundesbank ein Geldschein von vorne herein mit dem Ersuchen um Einziehung und Ersatz übergeben wird, da in einem solchen Fall das Geld außerhalb des allgemeinen Zahlungsverkehrs eingeliefert wird.
3. Dem verfallshindernden Anspruch eines Dritten gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 steht es nicht entgegen, dass die Strafkammer die Strafverfolgung hinsichtlich des tateinheitlich angeklagten Betrugs gemäß § 154a Abs. 2 StPO auf den Vorwurf der Geldfälschung beschränkt hat, da es lediglich auf die rechtliche Existenz des Anspruchs als Folge der Tat im Sinne des § 264 StPO ankommt.
1. Sich-Verschaffen ist die Herstellung eigener Herrschaftsgewalt über die Sache im Einverständnis mit dem Vortäter. Der Hehler muss die Sache zur eigenen Verfügungsgewalt erlangen, so dass er über die Sache als eigene oder zu eigenen Zwecken verfügen kann und dies auch will (st. Rspr.). Einem Dritten verschafft der Täter die Sache, wenn er z.B. die Diebesbeute unmittelbar vom Vortäter an den Dritterwerber vermittelt.
2. Um jene Voraussetzungen annehmen zu dürfen, ist auch beim Einladen von Gegenständen in einen Transporter die Feststellung erforderlich, welchen Zweck die Angeklagten damit verfolgten.
1. Bei einem Teleskopschlagstock handelt es sich um eine Waffe im technischen Sinn (vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 2 a WaffG).
2. Das Mitsichführen eines gefährlichen Gegenstandes ausschließlich bei Einzelakten des Handeltreibens in Vorbereitung des eigentlichen Umsatzgeschäft erfüllt bereits den Tatbestand des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG. Die Vorschrift regelt ein abstraktes Gefährdungsdelikt. Ein sicherer Ausschluss der Gefahr, vor der § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG andere Personen schützen will, ist hier nicht möglich. Ein Drogenhändler kann nicht nur von Kunden, mit denen er planmäßig in Kontakt tritt, sondern auch unerwartet von Drogenabhängigen, Polizeibeamten oder sonstigen Personen aufgesucht werden, gegen die er sich zum Schutz seiner Person, von Drogenvorräten und Gelderlös oder aber zur Verschleierung seines Handeltreibens mit der Waffe verteidigt.
Für die Strafbarkeit wegen Urkundenfälschung ist eine Täuschung über die Identität des Erklärenden erforderlich. Die Täuschung über einen Aliasnamen genügt nicht.