HRRS

Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht

Februar 2012
13. Jahrgang
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Aufsätze und Entscheidungsanmerkungen

Ist für das Abspielen einer Bild-Ton-Aufzeichnung nach § 255a Abs. 2 StPO ein Gerichtsbeschluss erforderlich?

Besprechung von BGH Beschl. v. 26.08.2011 – 1 StR 327/11 = HRRS 2011 Nr. 1041 = NJW 2011, 3382.

Von Rechtsanwalt Andreas Lickleder und Rechtsanwältin Anja Sturm, München/Berlin

I. Einleitung

Mit der Einführung von §§ 247a und 255a StPO durch das Zeugenschutzgesetz (ZSchG), in Kraft getreten zum 01.12.1998[1], wurde die Strafprozessordnung um das Vorführen einer Bild-Ton-Aufzeichnung als Ersatz einer Zeugenvernehmung erweitert. Das Ziel dieser Gesetzesänderung lautete, den (kindlichen) Zeugen vor den Belastungen einer Zeugeneinvernahme zu schützen und vor einer erneuten Konfrontation mit dem Beschuldigten zu bewahren. Der Einführung ging eine Auseinandersetzung zwischen Bundesrat und Bundestag über die materiellen Voraussetzungen des Abspielens voraus.[2] Die formellen Voraussetzungen, also wie die Aufzeichnung in die Hauptverhandlung einzubringen ist, wurden im Gesetzgebungsverfahren nicht weiter diskutiert. Nach einer Erwähnung dieser Fragestellung des 3. Strafsenates[3], der aber mangels einer entsprechenden Verfahrensrüge die Streitfrage offen lassen konnte, liegt mit dem Beschluss des 1. Strafsenates vom 26.08.2011 – BGH 1 StR 327/11 = HRRS 2011 Nr. 1041 = NJW 2011, 3382 erstmals eine obergerichtliche Stellungnahme vor – der Vorsitzende kann die Einführung aufgrund der Sachleitungsbefugnis anordnen.

Dies vermag im Ergebnis nicht zu überzeugen. Es ist weder mit der Systematik der Vorschriften über den Urkundsbeweis noch mit der Gesetzgebungsgeschichte des § 255a Abs. 2 StPO in Einklang zu bringen.

II. Voraussetzungen des §§ 168e, 255a Abs. 2 StPO

1. Herstellung einer Bild-Ton-Aufzeichnung

§ 255a Abs. 2 StPO setzt zunächst die Herstellung einer Bild-Ton-Aufzeichnung entsprechend den Vorgaben der §§ 168e, 58a Abs. 1 Nr. 1 StPO voraus. Diese Aufzeichnung muss persönlich von einem Richter durchgeführt worden sein.

2. Mitwirkung des Angeklagten und des Verteidigers

Dabei ist dem Angeklagten und seinem Verteidiger gem. § 168e StPO die Mitwirkung an dieser Vernehmung zu ermöglichen. Sie sind ordnungsgemäß zu laden, um die Möglichkeit der Fragestellung zu gewährleisten. Nur so wird die Einhaltung des Konfrontationsrechts des Angeklagten gem. Art. 6 Abs. 3 d EMRK gewährleistet.[4] Die Mitwirkung selbst ist hingegen nicht zwingend.

3. Verdacht bestimmter Straftaten / Tauglicher Zeuge: unter 18 Jahren

Grundsätzlich kommt jeder Zeuge in Betracht, der bei den abschließend genannten Straftaten (Sexualstraftaten sowie Straftaten gegen das Leben, Misshandlung von Schutzbefohlenen und bestimmte Straftaten gegen die persönliche Freiheit) vernommen werden kann. Primär geschützt wird der Zeuge, der Geschädigter ist und bei dem die Gefahr besteht, dass er durch eine Konfrontation mit dem Angeklagten erneut traumatisiert wird, daneben auch Tatzeugen von Taten, die dem Angeklagten vorgeworfen werden. Zeugen vom Hörensagen sind nicht zwingend von dem gesetzgeberischen Ziel erfasst, eine erneute Konfrontation mit dem Angeklagten zu vermei-

den; bei ihnen besteht keine Gefahr einer Sekundärviktimisierung.[5]

III. Verfügung des Vorsitzenden im Rahmen der Sachleitungsbefugnis, § 238 Abs. 1 StPO oder Gerichtsbeschluss nach § 251 Abs. 4 StPO

1. Wortlaut

Nach seinem Wortlaut erfordert § 255a Abs. 2 StPO – anders als die Parallelvorschriften der §§ 247, 247a, 251 Abs. 4 StPO – für das Abspielen der Aufzeichnung keinen Gerichtsbeschluss. Darauf weist bereits der 3. Strafsenat hin.[6] Der Vorsitzende "kann" im Rahmen der Sachleitung die Vorführung der Bild-Ton-Aufzeichnung anordnen.[7] Auch der 1. Strafsenat[8] beschränkt sich mit einem Hinweis auf den abweichenden Wortlaut. Der Gesetzeswortlaut sei eindeutig: weder werde auf § 251 Abs. 4 StPO verwiesen noch fordere § 255a Abs. 2 StPO selbst einen Gerichtsbeschluss.

2. Systematik

Dieses Ergebnis durchbricht den Regelungszusammenhang und die bisherige Systematik für die Verlesung von Urkunden.

a) Der Gerichtsbeschluss als Rechtfertigung der Einschränkung des Unmittelbarkeitsprinzips:

Zunächst legt bereits die Systematik des Urkundsbeweises das Erfordernis eines Gerichtsbeschlusses nahe:[9]

aa) Der Unmittelbarkeitsgrundsatz als verfahrensprägendes Prinzip

Der Unmittelbarkeitsgrundsatz ist eine der wesentlichen Prozessmaximen deutschen Strafprozesses.[10] Er sichert die Qualität der Beweisaufnahme, indem er eine direkte und unvermittelte Wahrnehmung des Beweismittels durch die Gerichtspersonen in der Hauptverhandlung garantiert.[11] Eine Abweichung von diesem Prinzip, das Grundlage für die Überzeugungsbildung jedes Richters ist, hat Ausnahmecharakter, der dem Kollegialgericht zu verdeutlichen ist.[12] Zwar ist nicht stets das nächstliegende Beweismittel heranzuziehen.[13] Der Unmittelbarkeitsgrundsatz wird aber nur bei besonderen Verfahrensinteressen durchbrochen, z.B. bei der besonderen Schutzbedürftigkeit Dritter bei § 247 StPO (Gesundheitsgefahren für Zeugen)[14] oder aus Gründen der Verfahrensökonomie, wenn die Funktionstüchtigkeit des Strafverfahrens erhalten werden soll (z.B. bei § 244 Abs. 5 S. 2 StPO[15] oder bei § 251 Abs. 1 Nr. 2 StPO[16]).

bb) Zweck und Inhalt des Gerichtsbeschlusses nach § 251 Abs. 4 S. 1 StPO

§ 251 Abs. 4 S. 1 StPO fordert für die Ersetzung einer Zeugenaussage durch die Verlesung einer Urkunde einen Gerichtsbeschluss. Die Entscheidung durch den gesamten Spruchkörper dient nicht nur der Unterrichtung der Verfahrensbeteiligten über den Grund der Verlesung und der eindeutigen Bestimmung des Umfangs der Verlesung.[17] Sie soll auch die Zuverlässigkeit der Beweisgewinnung sicherstellen und insbesondere den Schöffen im Hinblick auf den Grundsatz der Unmittelbarkeit den Ausnahmecharakter der Verlesung deutlich machen.[18] Ein Kollegialgericht, nicht der Vorsitzende allein, trägt durch eine gemeinsame Meinungsbildung sowie in seiner Gesamtheit die Verantwortung dafür, dass die Einschränkung der Unmittelbarkeit durch den Verzicht auf die Vernehmung des Zeugen hinnehmbar ist.[19]

cc) Erweiterung des Prinzips auf Bild-Ton-Aufnahmen in § 255a StPO

Dieser Grundsatz wird in § 255a Abs. 1 StPO für erwachsene Zeugen oder bei Strafverfahren wegen nicht in § 255a Abs. 2 StPO genannter Tatbestände durch die Anwendung des § 251 StPO auf das Abspielen von Bild-Ton-Aufzeichnungen erweitert. Hier ist stets ein Gerichtsbeschluss erforderlich.[20]

§ 255a Abs. 2 StPO ersetzt ebenso wie §§ 247a, 251 StPO eine an sich zwingende persönliche Vernehmung in der

Hauptverhandlung. Die Norm schränkt somit das Konfrontationsrecht des Angeklagten gem. Art. 6 Abs. 3 lit. d EMRK ein. Allein der unterschiedliche Regelungsgehalt von Abs. 1 (das "allgemeine" Vorspielen von Bild-Ton-Aufzeichnungen) und Abs. 2 (Vorspielen bei kindlichen Zeugen im Rahmen von Katalogtaten) rechtfertigt keine unterschiedliche Behandlung bei der Anordnungskompetenz. Diese Unterscheidung würde sich nämlich allein gegen den Spruchkörper selbst richten, weil dessen Mitglieder an einer Entscheidung über die Voraussetzungen des § 255a Abs. 2 StPO nicht mitwirken können.[21] Weder "Gerichtsbeschluss" noch "Verfügung des Vorsitzenden" tangieren die Intention des Opferschutzes, weil das Abspielen nur einer weiteren formellen Voraussetzung aus der Sphäre des Gerichts unterworfen wird. Die Gefahr der Traumatisierung des Zeugen geht nicht vom Gericht, sondern – allenfalls – vom Angeklagten und seinem Verteidiger aus.[22] Darauf zielt auch die Gesetzesbegründung: Die Einvernahme des geschädigten Zeugen in der Hauptverhandlung sollte nicht mehr von der Zustimmung dieser anderen Verfahrensbeteiligten abhängig sein.

c) Entscheidungsbefugnis des Gerichts: Vorrang der §§ 48 ff., 247a StPO

Zwar liegen im Regelfall die Voraussetzungen des § 255a Abs. 2 StPO mehr oder weniger offensichtlich vor. Durch die Entscheidung nach § 255a StPO wird in die Beweisaufnahme des Gerichts weitergehend als in den anderen Fällen des § 251 StPO eingegriffen; eine alternative Beweiserhebung ist dort (z.B. bei Tod des Zeugen) nicht möglich ist. Die Entscheidung bei § 255a Abs. 2 StPO reicht weiter als bei § 251 StPO, weil hier zugleich entschieden wird, dass eine persönliche Einvernahme des Zeugen gem. § 48 ff StPO oder nach § 247a StPO nicht möglich ist. Der Vorsitzende könnte durch eine Anordnung nach § 255a StPO somit dem Kollegialgericht die Entscheidungskompetenz über die vorrangige Zeugenvernehmung in Form der §§ 247, 247a StPO entziehen. Bei diesen Vorschriften ist nach allgemeiner Meinung[23] jeweils ein Gerichtsbeschluss erforderlich.

Erst die dokumentierte Feststellung des Verlesungsgrundes macht die Ermessensausübung nach § 255a Abs. 2 StPO transparent. Die (begründungslose) Sachleitungsverfügung des Vorsitzenden zeigt nicht, ob sich das Gericht des doppelten Ausnahmecharakters des § 255a StPO in Abgrenzung zu §§ 247a, 48 StPO bewusst ist. Bereits bei § 251 StPO ist die Begründung von maßgeblicher Bedeutung; die Rechtsprechung verzichtet nur darauf, wenn allen Beteiligten bekannt ist, warum die Verlesungsvoraussetzungen vorliegen.[24] Bei Ersetzung einer Zeugenaussage ist ein Gerichtsbeschluss (§ 251 Abs. 4 S. 2 StPO) herbeizuführen, um die Verfahrensbeteiligten und das Revisionsgericht über den Grund der Verlesung zu informieren und die sachliche Rechtfertigung überprüfbar zu machen.[25]

Wenn aber diese – wegen der unmittelbaren Fragemöglichkeit in der Hauptverhandlung den Angeklagten weniger beeinträchtigende – Beweiserhebungsmethode einen Gerichtsbeschluss voraussetzt, muss dies erst recht für § 255a StPO gelten. § 255a Abs. 2 StPO entfernt sich weiter von den wesentlichen Grundsätzen der Mündlichkeit und Unmittelbarkeit und ermöglicht eine Vorführung unter gegenüber § 251 Abs. 1, 2 StPO erweiterten Voraussetzungen.[26] Zwar lässt § 255a StPO eine ergänzende Vernehmung des Zeugen in der Hauptverhandlung zu. § 255a Abs. 2 StPO enthält aber keine Regelung, in welcher Weise diese Einvernahme durchzuführen ist, so dass dann für diesen Beschluss nach § 247a StPO wiederum ein Gerichtsbeschluss erforderlich wäre.

Bei einer Vernehmung nach § 247a StPO haben die Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit, Fragen an den Zeugen zu richten und sich ein eigenes Bild von diesem zu machen.[27] Für den Fall also, dass die Konfrontation mit dem Angeklagten vermieden werden soll, ist § 247a StPO gegenüber § 255a StPO vorrangig.[28] Auch wird § 247a StPO ein Vorrang gegenüber § 255a Abs. 2 StPO eingeräumt, weil der Aufklärungspflicht des Richters im Falle der Vorführung einer Bild-Ton-Aufzeichnung besondere Bedeutung beigemessen wird, die er regelmäßig in Form einer ergänzenden Vernehmung oder einer audio-visuellen Vernehmung zu erfüllen hat.[29]

d) Beschlusserfordernis unter dem Gesichtspunkt Vorverlagerung der Hauptverhandlung

Auch nach der Maßgabe, dass es sich bei § 255a StPO und vergleichbaren Beweiserhebungen um eine "Vorverlagerung" der Hauptverhandlung handelt,[30] sollte die Sachleitungsbefugnis des Vorsitzenden nicht genügen, um eine solche Anordnung zu treffen. Nicht mehr das Gericht entscheidet über den Umfang der Beweisaufnahme (§ 244 Abs. 2 StPO), sondern allein der Vorsitzende. Die Zeugenvernehmung bei § 255a StPO wird im Ermittlungsverfahren regelmäßig durch den Ermittlungsrichter am Amtsgericht vorgenommen. Wenn die Hauptverhandlung aber vor dem Landgericht durchgeführt wird, haben die zur Entscheidung berufenen Personen zu keinem Zeitpunkt die Möglichkeit, an die Zeugen Fragen zu stellen oder sich ein eigenes Bild zu machen. Gerade wegen dieser Vorverlagerung muss das Abspielen dieser Aufzeichnung besonders strengen Anforderungen auch

bzgl. der Anordnung – d.h. denen des § 251 Abs. 4 StPO – genügen.

Die der Entscheidung BGHSt 49, 72[31] zugrunde liegenden Erwägungen bestätigen dies. Der Vorsitzende kann nicht allein entscheiden, inwieweit die Hauptverhandlung vorverlagert und auf einen anderen Richter übertragen wird. Auch sonst hat das Gericht und nicht der Vorsitzende allein über eine Vorverlagerung zu befinden. Die Situation des § 255a Abs. 2 StPO ist ohne weiteres der Einvernahme eines Zeugen durch einen kommissarischen Richter nach § 223 StPO vergleichbar. § 223 StPO durchbricht in gleicher Weise wie § 255a StPO den Unmittelbarkeitsgrundsatz, der eine Wahrnehmung des Beweisstoffes durch das Gericht selbst erfordert.[32] Sachlich besteht zwischen der "Vorwegnahme"[33] und der "Vorverlagerung"[34] einer Hauptverhandlung kein Unterschied.

Im Unterschied zu § 223 StPO wird aber die Vernehmung der kindlichen Zeugen nicht durch das Gericht der Hauptsache im Rahmen der Vorbereitung der Hauptverhandlung beauftragt, sondern bereits durch den Ermittlungsrichter vorgenommen. Schon § 223 StPO setzt einen Gerichtsbeschluss voraus, um eine kommissarische Vernehmung durchführen zu lassen.[35] Dem Vorsitzenden ist es im Falle des § 223 StPO nur gestattet, einzelne Fragen zu formulieren, nicht aber den Beschluss zu fassen. Im Falle des § 223 StPO ist die Mitwirkung des Gerichts gleich in doppelter Weise abgesichert, weil die Verlesung der Vernehmungsergebnisse eines erneuten Gerichtsbeschlusses (des zur Entscheidung berufenen Gerichts nach § 251 Abs. 4 StPO) bedarf. § 255a StPO bedarf in gleicher Weise einer Absicherung der Vorverlagerung gerade durch einen Beschluss des zur Entscheidung berufenen Gerichts, um die Durchbrechung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes zu rechtfertigen.

e) Vergleich mit anderen Beweiserhebungsvoraussetzungen/Ersetzung von anderen Beweiserhebungen, §§ 253, 256 StPO

Die Fälle der §§ 253, 256 StPO, in denen – orientiert am Wortlaut[36] – die Verfügung des Vorsitzenden genügt, sind mit § 255a Abs. 2 StPO nicht vergleichbar. Weder § 253 StPO noch § 256 StPO schränken das Konfrontationsrecht des Angeklagten nach Art. 6 Abs. 3 lit. d EMRK ein, so dass die Prüfung der Voraussetzungen allein durch den Vorsitzenden genügt:

§ 253 StPO regelt Fälle der ersetzenden Urkundenverlesung, die keinen Gerichtsbeschluss voraussetzen.[37] Das Prinzip, ein Gerichtsbeschluss sei stets bei Ersetzung eines unmittelbaren Zeugen erforderlich, wird dadurch nicht durchbrochen, weil mit der Verlesung allein die Einvernahme der Verhörsperson ersetzt wird, deren Beweiswert geringer ist.[38] Gleiches gilt für § 256 StPO. Die Verlesung des Protokolls ersetzt die Vernehmung des Erstellers des Schriftstücks.[39] Zeugenaussagen wie polizeiliche Observationsberichte dürfen gerade nicht nach § 256 StPO verlesen werden,[40] vgl. dazu auch § 256 Abs.1 Nr. 5 StPO: Strafverfolgungsunterlagen dürfen grundsätzlich verlesen werden, es sei denn, sie hätten vernehmungsersetzende Funktion.[41]

3. Gesetzgebung

Neben der systematischen Einordnung zeigt die Entstehungsgeschichte der Norm (unter a) Anzeichen eines Redaktionsversehens (dazu unter b).

Der Strafsenat kommt mit dem Blick auf die Entwicklung des § 255a Abs. 2 StPO zu dem Ergebnis, dieser gebe für ein Redaktionsversehen oder für einen entgegengesetzten Willen des Gesetzgebers nichts her. Die Gesetzesmaterialien zum § 255a StPO weisen aber gerade das Gegenteil nach:

a) Entstehungsgeschichte
aa) Das "Mainzer Modell"

Das Gesetzgebungsverfahren des ZSchG hatte nach einhelliger Auffassung das Ziel, jenseits der Verlesung von Urkunden eine Bild-Ton-Aufzeichnung in die Hauptverhandlung einführen zu können.

Richtungsweisend in diesem Zusammenhang war das von der Justiz in Rheinland-Pfalz entwickelte "Mainzer Modell".[42] Kindliche Zeugen sollten durch einen Richter – ob er der Kammer angehören sollte, die die Hauptverhandlung durchzuführen hatte, war bis zuletzt umstritten – außerhalb des Sitzungszimmers vernommen werden; dies sollte mittels Live-Übertragung in den Sitzungssaal übermittelt werden.

Im Gesetzgebungsverfahren für das ZSchG wurde insbesondere seitens des Bundesrates die Formel gebraucht, dass für Bild-Ton-Aufzeichnungen eine Verwertungsmöglichkeit "ohne die einschränkenden Voraussetzungen des § 251 StPO" geschaffen werden sollte.[43] Unklar ist der Bezug auf eine "einschränkende Voraussetzung des § 251 StPO", ob also § 255a Abs. 2 StPO die Verwertbarkeit einer solchen Aufzeichnung im Hinblick auf sämtliche Voraussetzungen des § 251 StPO erleichtern sollte. Der

Verlauf des Verfahrens zeigt, dass nur eine Gleichsetzung von Bild-Ton-Aufzeichnungen mit Urkunden gewollt war.

Neben dieser Befragung sollte eine weitere die Unmittelbarkeit einschränkende Form der Beweiserhebung eingeführt werden: dabei sollte die Befragung zeugengerecht bereits im Ermittlungsverfahren durchgeführt, in Form einer Bild-Ton-Aufzeichnung festgehalten und das Ergebnis anschließend durch Vorführung dieser Aufzeichnung eingebracht werden.

bb) Gesetzgebungsinitiativen

Die genannten Gesetzesinitiativen führten zu folgenden Modellen:

(1) Gesetzmodell des Bundesrates
(a) Gesetzesantrag der Bundesländer v. 7.3.1996

Die Entwürfe des Bundesrats[44] haben hat den Regelungsgehalt des § 255a StPO als § 250 Abs. 2 E-StPO den Normen zur Protokollverlesung zugeordnet. Die Entwürfe, das als Beweismittel einzuführende Abspielen von Aufzeichnungen systematisch in den Vorschriftenkatalog der §§ 250 ff StPO und somit in den Kernbereich des Urkundsbeweises einzuordnen, zeigten, dass die gleichen Vorschriften gelten sollten wie für Urkunden (vgl. § 251 Abs. 5 StPO-E). Der Gesetzesantrag einiger Bundesländer (BR-Drs. 175/96 vom 07.03.1996) lautete:

"5. § 250 wird wie folgt geändert: Der bisherige Wortlaut wird Absatz 1. Der folgende Absatz 2 wird angefügt:

"(2) In Verfahren wegen Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung (§§ 174 bis 184 des Strafgesetzbuches) oder gegen das Leben (§§ 211 bis 222 des Strafgesetzbuches) oder wegen einer Mißhandlung von Schutzbefohlenen (§ 223 b des Strafgesetzbuches) kann bei einem Zeugen unter 16 Jahren der Beweis über seine Wahrnehmung durch Abspielen einer Bild-Ton-Aufzeichnung über seine frühere richterliche Vernehmung erhoben werden. Eine ergänzende Vernehmung des Zeugen in der Hauptverhandlung ist zulässig."

6. In § 251 wird folgender Absatz 5 angefügt:

" (5) Der Verlesung einer Niederschrift steht das Abspielen einer Bild-Ton-Aufzeichnung einer Vernehmung gleich."

(b) Gesetzesentwurf des Bundesrates

Dieser Antrag mündete in einen Gesetzesentwurf des Bundesrates (im Wortlaut textgleich zu dem Länderentwurf).[45] Das Abspielen stellt nach diesem Entwurf eine Sonderregelung zur Verlesung dar:[46]

- Generell wird das Abspielen von Bild-Ton-Aufzeichnungen dem Verlesen von Protokollen gleichgestellt (§§ 251 ff.).

Die Begründung formuliert weiter:[47]

"Mit der vorgesehenen Ergänzung von § 250 durch einen Absatz 2 wird das Abspielen einer Bild-Ton-Aufnahme zur Kenntnisnahme auch von dem verbalen Inhalt der Aussage zulässig, und zwar auch ohne daß eine der Voraussetzungen des § 251, insbesondere die Zustimmung der Verfahrensbeteiligten, vorliegt." (Hervorhebung durch den Verfasser).

Wenn danach das Abspielen der Verlesung gleichgestellt wird, so bedeutet dies, dass die übrigen Voraussetzungen einer Verlesung, insbesondere die Anordnung nach § 251 Abs. 4 StPO gewahrt sein müssen. Diese Begründung zeigt, dass die "einschränkenden" Voraussetzungen einer Verlesung allein in den Verlesungsgründen des § 251 Abs. 1 und 2 StPO zu sehen sind.

(c) Empfehlung der Ausschüsse des Bundesrates an den Vermittlungsausschuss

Die Empfehlung der Ausschüsse des Bundesrates[48] lautete:

4. Zu Artikel Nr. 4 (§ 247 a Abs. 2 und 3 -neu- c StPO)

In Artikel 1 Nr. 4 ist § 247 a wie folgt zu ändern:

a) Der bisherige Text wird zu Absatz 1.

b) Folgende Absätze 2 und 3 sind anzufügen:

"(2) Handelt es sich um einen Zeugen unter 16 Jahren, der Verletzter einer Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung oder gegen das Leben oder einer Körperverletzung nach § 223b des Strafgesetzbuches ist, kann das Gericht anordnen, daß die Vernehmung in einem besonderen Raum durchgeführt wird. Bei einem anderen Zeugen, der Opfer einer der vorgenannten Straftaten ist, kann das Gericht diese Anordnung treffen, wenn ein erheblicher Nachteil für das Wohl des Zeugen durch die Vernehmung in Gegenwart der in § 240 Abs. 1 und 2 Satz 1 bezeichneten Personen zu befürchten ist. Die Vernehmung wird in diesem Fall zeitgleich durch Bild und Ton in den Sitzungssaal übertragen. Der Vernehmende muß durch eine Tonübertragungsanlage vom Sitzungssaal aus erreichbar sein.

5. Zu Artikel I Nr. 4 a -neu-(§ 250 Abs. 2 -neu- StPO)

In Artikel 1 ist nach Nummer 4 folgende Nummer 4a einzufügen:

4 a. § 250 wird wie folgt geändert:

a) Der bisherige Text wird Absatz 1.

b) Folgender Absatz 2 wird angefügt:

"(2) In Verfahren wegen Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung (§§ 174 bis 184 des Strafgesetzbuches) oder gegen das Leben (§§ 211 bis 222 des Strafgesetzbuches) oder wegen einer Mißhandlung von Schutzbefohlenen (§ 223 b des Strafgesetzbuches)

kann in Fällen des § 247 a Abs. 2 bei einem Zeugen der Beweis über seine Wahrnehmung durch Abspielen einer Bild-Ton-Aufzeichnung über seine frühere richterliche Vernehmung erhoben werden. Eine ergänzende Vernehmung des Zeugen in der Hauptverhandlung ist zulässig."

Begründung: Die Änderung stellt eine Ergänzung der Änderung des § 247 a StPO –neu- dar. Sie stellt sicher, daß die Video-Aufzeichnung zur Kenntnisnahme vom verbalen Inhalt der Aussage des Zeugen in der Hauptverhandlung abgespielt werden kann, und zwar ohne die einschränkenden Voraussetzungen des § 251 StPO, insbesondere die Zustimmung der Verfahrensbeteiligten. Im Übrigen wird auf die Begründung zu § 247a StPO -neu- Bezug genommen. [Hervorhebung durch den Verfasser]

6. Zu Artikel 1 Nr. 2 (§ 68 b StPO) ( "Zeugenbeistand").[…]

Die Formulierung in der Begründung der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses des Bundesrates entspricht nahezu derjenigen aus dem Entwurf des Bundesrates.[49] Die "einschränkenden" Vorgaben beziehen sich auch hier angesichts dieser Wortgleichheit auf die Verlesungsgründe des § 251 Abs. 1, 2 StPO, nicht aber auf die Anordnungsbefugnis des § 251 Abs. 4 StPO. Die Notwendigkeit eines Gerichtsbeschlusses ergab sich hier aus der Verweisung ("Fall des § 247a Abs. 2 StPO"). Wenn schon bei direkter Anwendung für die Vernehmung außerhalb des Gerichtssaals eine Anordnung durch einen Gerichtsbeschluss vorliegen musste, konnte für das (weitergehende) ersatzweise Vorführen einer Bild-Ton-Aufzeichnung nichts anderes gelten.

(2) Gesetzgebungsmodell des Bundestages

Der Entwurf der CDU und FDP-Fraktion im Bundestag vom 11.03.1997[50] sah bereits einen § 255a StPO-E unter Verweisung auf § 251 StPO insgesamt, also auch auf das Erfordernis eines Gerichtsbeschlusses nach § 251 Abs. 4 StPO vor. Der Entwurf der CDU/CSU-Fraktion für § 255a StPO lautete:

§ 255a

Die Vorführung der Bild-Ton-Aufzeichnung einer Zeugenvernehmung ist nur insoweit zulässig, als die Verlesung der Niederschrift über die Vernehmung zur Erforschung der Wahrheit nicht ausreicht. Die §§ 251, 252, 253 und 255 gelten entsprechend."

§ 251 StPO war danach auf Abspielen grundsätzlich insgesamt anzuwenden. Der Bericht des Rechtsausschuss des Bundestages[51] hat an diesem Entwurf nichts verändert. Die Ausschüsse des Bundesrates haben empfohlen, an einer Normierung in § 250 Abs. 2 StPO-E festzuhalten.[52] Das Gesetz zur Änderung der Strafprozessordnung (ZSchG) hat aber der Bundestag mit Beschluss vom 14.11.1997 angenommen.[53] Die eben zitierte Formulierung des § 255a StPO wurde dabei wortgleich übernommen. Der Bundesrat rief daraufhin am 19.12.1997 den Vermittlungsausschuss an,[54] um eine Regelung zu erzielen, die in Durchbrechung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes jugendlichen Zeugen die Vernehmung in einer Hauptverhandlung ersparen sollte.

(3) Divergenzen zwischen BRat/BTag

Während also der Entwurf des Bundesrates eine Abspielmöglichkeit jenseits der Voraussetzungen des § 251 StPO schaffen sollte, sollte dies nach dem Bundestag lediglich unter den zusätzlich zu prüfenden Voraussetzungen des § 251 StPO gelten. Wäre nämlich das Abspielen in § 250 Abs. 2 StPO-E geregelt worden und hätte § 251 Abs. 5 StPO-E für das Abspielen auf die Verlesungsvorschriften des § 251 StPO verwiesen, so wäre jeweils zu prüfen gewesen, ob eine Verlesungsvoraussetzung i.S.v. § 251 Abs. 1 und 2 StPO vorgelegen hätte. Dies hätte dazugeführt, dass – in Ermangelung eines anderen Abspielgrundes – Angeklagter und Verteidiger über § 251 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 3 (heutige Fassung) StPO das Abspielen durch Zustimmungsweigerung hätten blockieren können, soweit keine andere Verlesungsmöglichkeit bestanden hätte. Gerade diese einschränkende Voraussetzung[55] wollte der Bundesrat mit seinem Entwurf abschaffen. Dies ergibt sich aus der Verweisung des § 255a Abs. 2 StPO auf § 247a Abs. 2 StPO-E, vgl. oben.

(4) Änderung durch den Vermittlungsausschuss nach Beratung des Arbeitskreises

Nach den Protokollen der 28. Sitzung des Gemeinsamen Ausschusses vom 14.01.1998 (unter dem TOP III. 5) und vom 02.03.1998 (TOP I. 3) gab es keine Diskussionsbeiträge, die sich mit der Frage der Anordnungskompetenz auseinandersetzen.[56] Vielmehr war allein umstritten, wie die Vernehmungen von besonders schützenswerten Zeugen zu gestalten waren.

Der Vermittlungsausschuss[57] hat vorgeschlagen, die Vorführung einer Bild-Ton-Aufzeichnung bei Jugendlichen (damals unter 16 Jahren) als § 255a Abs. 2 StPO zu regeln. Dieser Kompromissvorschlag wurde angenommen,[58] ohne dass Einwendungen gegen diese Formulierung erhoben worden wären. Der Vorschlag des Vermittlungsausschusses lautet:

5. Nach § 255 wird folgender § 255 a eingefügt:

(1) Für die Vorführung der Bild-Ton-Aufzeichnung einer Zeugenvernehmung gelten die Vorschriften zur Verlesung einer Niederschrift über eine Vernehmung gemäß §§ 251, 252, 253 und 255 entsprechend.

(2) In Verfahren wegen Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung (§§ 174 bis 184c des Strafgesetzbuches) oder gegen das Leben(§§ 211 bis 222 des Strafgesetzbuches) oder wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen (§ 225 des Strafgesetzbuches) kann die Vernehmung eines Zeugen unter sechzehn Jahren durch die Vorführung der Bild-Ton-Aufzeichnung seiner früheren richterlichen Vernehmung ersetzt werden, wenn der Angeklagte und sein Verteidiger Gelegenheit hatten, an dieser mitzuwirken. Eine ergänzende Vernehmung des Zeugen ist zulässig."

Wie der Kompromiss im Arbeitskreis des Vermittlungsausschuss zustande gekommen ist, ist nicht dokumentiert. Anhaltspunkte, dass formelle Voraussetzungen nicht zur Debatte standen, lassen sich aber dem Beitrag des damaligen Justizministers von Rheinland-Pfalz, Peter Caesar[59] entnehmen, indem sich dieser als Mitglied zur Anordnungsproblematik nicht äußert. Offenkundig ist sie nicht Gegenstand der Diskussion gewesen.

(5) Abschließende Debatte im Bundestag

In der Bundestagsdebatte vom 04.03.1998[60] wurde das Problem "Anordnungskompetenz" weder von Vertretern des Bundesrates noch des Bundestages aufgeworfen. Insbesondere hätte die Abweichung des Vorschlag des Vermittlungsausschusses vom Entwurf der CDU/CSU-Fraktion vom 11.03.1997 (BT-Drs. 13/7165) dies nahe gelegt, weil dessen Verweisung für das Abspielen auf §§ 251, 252, 253 StPO gestrichen worden war. Sämtlichen Redebeiträgen ging es jedoch allein um die (materielle) Reichweite des Zeugenschutzes. Allein der Vorschlag des Vermittlungsausschusses und darauf basierend die endgültige Gesetzesfassung verzichten auf den Gerichtsbeschluss.

Sämtliche Gesetzesentwürfe haben somit einen Gerichtsbeschluss entweder mittels eines Verweises auf § 251 Abs. 4 StPO oder eine entsprechende Vorschrift vorausgesetzt, ohne nach der Anordnungskompetenz zu differenzieren. Die Frage der formellen Voraussetzungen der Vorführung einer Bild-Ton-Aufzeichnung hat seit dem 14.01.1998 (Diskussion im Vermittlungsausschuss) weder

  • in der Diskussion im Bundestag oder Bundesrat noch
  • in den Redebeiträgen des Vermittlungsausschusses
  • noch in den Diskussionen des Arbeitskreises, soweit sich diese dem Beitrag von Caesar NJW 1998, 2313 entnehmen lassen,

irgendeine Rolle gespielt. Gleiches ergibt sich aus den Protokollen des Vermittlungsausschusses. Erst auf Vorschlag des Vermittlungsausschusses wurde das kritische Abspielen aus dem Kontext des § 250 Abs. 2 StPO-E herausgenommen und durch Normierung in § 255a Abs. 2 StPO klargestellt, dass insoweit keine weitere Verlesungsvoraussetzung i.S.v. § 251 (erg. aber: Abs. 1, 2) StPO gegeben sein musste.

Die Frage der Anordnungskompetenz war zwischen Bundesrat und Bundestag überhaupt nicht streitig. Dass abweichend von den Entwürfen nunmehr differenziert werden sollte, hätte im Beschluss des Senates[61] einer Erläuterung jenseits dessen, dass "ersichtlich keine Anhaltspunkte bestünden", bedurft. Die Entwicklung zeigt, dass der Gesetzgeber gerade kein Sonderrecht für die Vorführung von Bild-Ton-Aufzeichnungen in den Fällen des § 255a Abs. 2 StPO schaffen wollte.

b) Der Wortlaut des § 255a Abs. 2 StPO als Redaktionsversehen

Das BVerfG hat für das Vorliegen eines Redaktionsversehen folgende Kriterien benannt: Im Rahmen der historischen Auslegung seien die Gesetzesmaterialien heranzuziehen.[62] Anhand der Berichte und Gesetzesbegründungen sowie dem Gesamtzusammenhang der Normen lasse sich feststellen, ob der Gesetzgeber an diese Frage "gedacht" habe.[63] In diesem Beschluss (Rz. 47 – 49) führt das BVerfG aus, unter welchen Voraussetzungen ein Redaktionsversehen abzulehnen ist und verweist neben der Gesetzesbegründung – vergleichbar der Stellungnahme Caesar[64] – auf die Kommentierung des Verfassers des Referentenentwurfes der damals streitigen Rechtsfrage.[65] Maßgeblich soll auch sein, ob einem Punkt "Aufmerksamkeit" geschenkt worden sei.[66]

Die Fassung weist demnach Kennzeichen eines Redaktionsversehens auf:

  • Zwischen Bundesrat und Bundestag bestanden keine Meinungsverschiedenheiten zur Frage der Anordnungsbefugnis, weder innerhalb der verschiedenen Gesetzesentwürfe noch im Vermittlungsausschuss.
  • Ebenso spricht nichts dafür, dass der Gesetzgeber an einen Gerichtsbeschluss "gedacht" hat.
  • Ebenso wenig kann der vom Senat angenommene entgegengesetzte Wille aus Äußerungen von am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Personen abgeleitet werden.

Der Gesetzgeber hat in Initiativen des Bundesrates und des Bundestages über (fast) zwei Jahre, nämlich von Beginn mit dem Gesetzesantrag einiger Bundesländer

vom 07.03.1996[67] bis hin zur Empfehlung der Ausschüsse des Bundesrates vom 05.12.1997[68] ausschließlich Gesetzesentwürfe vorgelegt, die einen Gerichtsbeschluss voraussetzen – sei es in direkter Anwendung oder durch Verweisung auf § 251 Abs. 4 StPO und § 247a Abs. 2 StPO-E. Erst im Vermittlungsausschuss entfiel das Beschlusserfordernis. Es liegt gerade nicht auf der Hand, dass der Gesetzgeber bewusst auf dieses Element eines ordnungsgemäßen Verfahrens verzichten wollte. Eine derart grundlegende Änderung der formellen Voraussetzungen hätte seinen Niederschlag finden müssen, um ein Redaktionsversehen auszuschließen zu können.

IV. Heilung und Verwirkung

1. Einverständnis der Verfahrensbeteiligten

Das Einverständnis aller Verfahrensbeteiligten heilt den Verfahrensfehler eines fehlenden Gerichtsbeschlusses nicht:

Die Systematik des § 251 Abs. 1, 2 StPO zeigt, dass trotz Einverständnis sämtlicher Verfahrensbeteiligten ein Gerichtsbeschluss zwingend ist, allein das Einverständnis der Verfahrensbeteiligten diesen also nicht ersetzen kann.[69] Die Einhaltung der Förmlichkeiten in § 251 Abs. 4 StPO, insbesondere die förmliche Selbstkontrolle des Gerichts durch Entscheidung des gesamten Spruchkörpers, steht nicht zur Disposition der Verfahrensbeteiligten.[70]

Somit kann allein durch das Einverständnis von Angeklagtem und Verteidiger das Erfordernis eines Gerichtsbeschlusses nicht verwirken. Auch dieses Ergebnis lässt sich aus § 251 Abs. 1, 2 StPO herleiten. Dort setzt die Verlesung einer Urkunde selbst dann, wenn alle Verfahrensbeteiligten einverstanden sind, immer noch einen Gerichtsbeschluss voraus, der zu begründen ist, um den Verfahrensbeteiligten die Überprüfung zu ermöglichen. Nichts anderes kann im Rahmen des § 255a Abs. 2 StPO gelten. Sie kann daher (allenfalls zusätzlich) die Verlesungsvoraussetzungen nach §§ 255a Abs. 1 i. V. m. § 251 Abs. 1 Nr. 1, 251 Abs. 2 Nr. 3 StPO schaffen. Die Zustimmung der Verfahrensbeteiligten ersetzt (oder ergänzt) daher lediglich den Grund der Verlesung, nicht aber den Gerichtsbeschluss als solchen. Auch im Rahmen des § 247a StPO sowie des § 251 StPO ersetzt das Einverständnis der Beteiligten nicht die Beschlussfassung.[71]

2. Heilung des fehlenden Gerichtsbeschlusses

Die Verzichtserklärung der Verfahrensbeteiligten heilt lediglich die fehlenden Vorführungsvoraussetzungen des § 255a Abs. 2 StPO, nicht aber die fehlende Anordnung. § 255a Abs. 2 StPO erweitert somit Ersetzungsmöglichkeiten des § 251 Abs. 1, 2 StPO. Wenn auch der Auftrag der Verteidigung in der Wahrung einer am Rechtsstaatsgedanken ausgerichteten Strafrechtspflege besteht,[72] hat der Verteidiger keine Verpflichtung an der Mitwirkung eines justizförmigen Verfahrens, wenn bereits die Strafprozessordnung eine entsprechende Entscheidung vorschreibt. Der Verteidiger missbraucht mit der Berufung auf diesen Verfahrensfehler keine prozessuale Gestaltungsmöglichkeit, selbst wenn er zuvor nicht auf dieses Defizit hingewiesen hat.[73]

Ebenso ist in einem Einverständnis kein Vorabverzicht auf den Gerichtsbeschluss zu sehen. Dem Gericht stehen noch alternative Vernehmungsmöglichkeiten offen, über die es noch nicht entschieden hat.

3. Verwirkung: Gerichtsbeschluss nach § 238 Abs. 2 StPO

Ein Zwischenrechtsbehelf nach § 238 Abs. 2 StPO ist nicht erforderlich, weil der Gesetzgeber selbst bereits eine von Amts wegen vorzunehmende Entscheidung gebietet. Die Einhaltung der prozessualen Mindestregeln steht nicht zur Disposition der Verfahrensbeteiligten. Diese hat das Gericht von sich aus zu wahren.[74]

V. Beruhen

Das Urteil beruht insbesondere dann auf dem nicht ergangenen Gerichtsbeschluss, wenn sich den Verfahrensbeteiligten der Grund der Verlesung nicht erschlossen hat und damit die der Anordnung der Verlesung zu Grunde liegenden Erwägungen rechtlich nicht überprüfbar sind [75] bzw. das Gericht die Verlesungsvoraussetzungen (im Gegensatz zum Vorsitzenden) möglicherweise verneint hätte.[76] Anders verhält es sich, wenn den Verfahrensbeteiligten der Grund der Verlesung klar ist[77] und die persönliche Vernehmung des Zeugen zur weiteren Aufklärung nicht hätte beitragen können.[78] Im Fall des § 255a StPO kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Kammer nach §§ 247, 247a StPO vorgehen würde und sich durch eine (persönliche) Einvernahme unter Ausschluss des Angeklagten ein wesentlich anderes Bild von den Zeugen als durch die Vorführung einer Bild-Ton-

Aufzeichnung gemacht hätte.[79] Ein Ausschluss des ursächlichen Zusammenhangs kann daher im Falle des § 255a Abs. 2 StPO wegen der gleichzeitigen Entscheidung über andere Formen der Beweiserhebung nach §§ 247, 247a StPO kaum angenommen werden.

VI. Folgerungen

In der Konsequenz verschärft der Senat die Anforderungen an die Verteidigung in der Hauptverhandlung: in erster Linie bestimmt der Gesetzgeber den Schutz des Angeklagten durch prozessuale Vorschriften. Er steht hier mit seiner wortlautorientierten Auslegung in der Tradition früherer Entscheidungen.[80] Auch hier wird dem Verteidiger die Verantwortung übertragen, eine für den Angeklagten optimale Ausgestaltung der Beweiserhebung durchzusetzen und somit die Aufgabe zugewiesen, das Verfahren auch im Hinblick auf die vollständige Durchsetzung grundlegender Verfahrensgrundsätze zu überwachen. Der an sich zwingende Grundsatz der Unmittelbarkeit scheint hier jenseits der StPO-Vorschriften disponibel zu sein. Die Auffassung des 1. Strafsenates dürfte allerdings der des 5. Strafsenates entsprechen. Dieser neigt bekanntermaßen dazu, auf den Zwischenrechtsbehelf des § 238 Abs. 2 StPO zu verweisen, der auch bei zwingenden Vorschriften insgesamt der sachnähere Rechtsbehelf sei.[81] Der seit BGHSt 51, 144 scheinbar ebenso dieser Auffassung zuneigende 3. Strafsenat hat sich demgegenüber erst wieder kürzlich zu der These bekannt, dass bei zwingenden strafprozessualen Vorschriften nicht bereits in der Hauptverhandlung der Zwischenrechtsbehelf nach § 238 Abs. 2 StPO erhoben werden muss.[82] Es bleibt daher abzuwarten, welche Kriterien diese Senate an "zwingende strafprozessuale" Vorschriften stellen, ob dies also nur für gesetzlich geregelte Fälle gilt oder ob auch solche Vorschriften "zwingend prozessual" sein können, bei denen sich der Zwang mittelbar aus der Systematik der Strafprozessordnung ergibt.

VII. Zusammenfassung

Das Gesetzgebungsverfahren lässt keinen Rückschluss zu, dass mit dem § 255a Abs. 2 StPO bewusst eine Ausnahme zu § 255a Abs. 1 StPO getroffen werden sollte. Der Ausnahmecharakter des § 255a Abs. 2 StPO beim Vorspielen von Aufzeichnungen beschränkt sich allein auf die Nichtanwendung von § 251 Abs. 1, 2 StPO. Eine Durchbrechung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes erfordert in systematischer Hinsicht stets einen Gerichtsbeschluss, sofern durch das Verlesen einer Urkunde oder eine entsprechende Maßnahme die unmittelbare Vernehmung des Zeugen ersetzt werden soll. § 255a Abs. 2 StPO lässt keine Ausnahme zu und setzt eine Anordnung durch einen Gerichtsbeschluss voraus, was sich nahtlos in die vorhandene Rechtsprechung zu §§ 247, 247a, 255a Abs.1 StPO einfügt. Dies gilt umso mehr, als eine Entscheidung zu einer Verfahrensweise gemäß dieser Vorschrift weitere Ermessensentscheidungen hinsichtlich etwaiger Vernehmungsalternativen umfasst. Der Gerichtsbeschluss kann nicht durch das Einverständnis der Verfahrensbeteiligten ersetzen werden.


[1] BGBl. I, 1998, 820 ff.

[2] Der erste Gesetzesentwurf der Länder Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein stammt vom 07.03.2006, BR-Drs. 175/96.

[3] BGH 3 StR 185/03 = HRRS 2004 Nr. 275 = BGHSt 49, 72, 74 = NJW 2004, 1605.

[4] Cornelius NStZ 2008, 244.

[5] Meyer-Goßner, StPO, 54. Auflage (2011), § 255a Rn. 9; ebenso SK-StPO-Velten, 4. Auflage (2012), § 255a Rn. 16; KK-StPO/Diemer, 6. Auflage (2008) § 255a Rn. 7.

[6] BGH 3 StR 185/03 = HRRS 2004 Nr. 275 = BGHSt 49, 72, 74 = NJW 2004, 1605.

[7] So Meyer-Goßner (Fn. 5), § 255a Rn. 11; Schlothauer StV 1999, 49, ebenso Graf /Berg, StPO, 1. Auflage (2010), § 255a Rn. 15, Löwe-Rosenberg/Mosbacher, StPO, 26. Auflage (2010), § 255a Rn. 17; vgl. zur Entstehung dieser Auffassung auch SK-StPO-Velten (Fn. 5), § 255a Rn. 32.

[8] BGH 1 StR 327/11 = HRRS 2011 Nr. 1041 = NJW 2011, 3382 = StraFo 2011, 396 mit abl. Anm. Eisenberg StraFo 2011, 397.

[9] So auch Eisenberg StraFo 2011, 397, 398. Dort auch ausführlich zur reduzierten Beweiskraft einer Bild-Ton-Aufzeichnung gegenüber der Zeugenvernehmung.

[10] So schon BVerfG NJW 1953, 177; zuletzt z.B. BGH 4 StR 449/07 = HRRS 2008 Nr. 196 = BGHSt 52, 148 = NStZ 2008, 293.

[11] BGH 2 StR 78/10 = HRRS 2010 Nr. 601 = NStZ 2010, 649.

[12] BGH 4 StR 583/10 = HRRS 2011 Nr. 460 = NStZ 2011, 356; vgl. auch BVerfG NJW 2004, 2150. Ausführlich dazu Krüger NStZ 2011, 594.

[13] BGH 4 StR 345/06 = HRRS 2007 Nr. 623 = BGHSt 51, 280 = NJW 2007, 2341; Graf/Ganter (Fn. 7), § 250 Rn. 3.

[14] KK-StPO/Diemer (Fn. 5), § 247 Rn. 13.

[15] Graf/Bachler (Fn. 7), § 244 Rn. 111: hier ist auch – im Unterschied zu § 244 Abs. 3 S. 2 StPO – eine Beweisantizipation zulässig.

[16] BGH 4 StR 619/09 = HRRS 2010 Nr. 443 = NStZ 2010, 466.

[17] BGH 4 StR 604/05 = HRRS 2006 Nr. 485 = NStZ-RR 2007, 52; BGH 2 StR 78/10 = HRRS 2010 Nr. 601 = NStZ 2010, 649.

[18] BGH 4 StR 583/10 = HRRS 2011 Nr. 460 = NStZ 2011, 356.

[19] KK-StPO/Diemer (Fn. 5), § 251 Rn. 31.

[20] Graf/Berg (Fn. 7), § 255a Rn. 14; KK-StPO/Diemer (Fn. 5), § 255a Rn. 14.

[21] Eisenberg StraFo 2011, 397, 398 verweist insoweit auf ein Hierarchiegefälle innerhalb einer Kammer.

[22] Vgl. BR Drs. 933/1/07, S. 5: "insbesondere die Zustimmung der Verfahrensbeteiligten.".

[23] Meyer-Goßner (Fn. 5), § 247a Rn. 8; KK-StPO/Diemer (Fn. 5), § 247a Rn. 15.

[24] KK-StPO/Diemer (Fn. 5), § 251 Rn. 31; BGH 4 StR 604/05 = HRRS 2006 Nr. 485 = NStZ-RR 2007, 52; Krüger NStZ 2011, 594.

[25] Krüger NStZ 2011, 594.

[26] Vgl. auch Eisenberg StraFo 2011, 397, 398 .

[27] Graf/Berg (Fn. 7), § 255a Rn. 14: sorgfältige Abwägung zwischen der Aufklärungspflicht und dem Verteidigungsinteresse des Angeklagten; Radtke-Hohmann/Pauly, StPO, 1. Auflage (2011), § 255a Rn. 27; vgl. auch Eisenberg StraFo 2011, 397, 398 .

[28] SK-StPO-Velten (Fn. 5), § 255a Rn. 5; sollte § 255a StPO vorrangig sein, um Mehrfachvernehmungen zu vermeiden, spricht dies erst recht dafür, den Grund der Verlesung durch einen begründeten Beschluss transparent zu machen; zu den Nachteilen einer audiovisuellen Vorführung auch Eisenberg StraFo 2011, 397, 398.

[29] BGH 1 StR 64/03 = NStZ 2003, 613.

[30] BGH 3 StR 185/03 = BGHSt 49, 72 ff.

[31] Im zugrunde liegenden Fall war das Abspielen einer Bild-Ton-Aufzeichnung der ermittlungsrichterlichen Vernehmung nicht durch richterlichen Beschluss angeordnet worden. Der (mögliche) Verfahrensfehler war aber nicht tragend, weil dem Abspielen jedenfalls § 252 StPO entgegen stand.

[32] KK-StPO/Pfeiffer/Hannich (Fn. 5), Einl. Rn. 9.

[33] BGHSt 9, 24, 27 für § 223 StPO.

[34] BGH 3 StR 185/03 = BGHSt 49, 72, 74 für § 255a StPO.

[35] KK-StPO/Gmel (Fn. 5), § 223 Rn. 13.

[36] Meyer-Goßner (Fn. 5), § 253 Rn. 2, § 256 Rn. 29.

[37] KK-StPO/Diemer (Fn. 5), § 253 Rn. 1.

[38] BGH 1 StR 264/01 = NStZ 2002, 46; 3 StR 284/05 = HRRS 2006 Nr. 713 = NStZ 2006, 652.

[39] Vgl. zur Reichweite der Verlesung zuletzt BGH Urt. v. 21.09.2011 – 1 StR 367/11 = HRRS 2011 Nr. 1173.

[40] BGH 1 StR 496/81 = NStZ 1982, 79; KK-StPO/Diemer (Fn. 5), § 256 Rn. 2.

[41] Vgl. dazu BGH 2 StR 78/10 = HRRS 2010 Nr. 601 = NStZ 2010, 649 mit Anm. Krüger NStZ 2011, 594; Knauer/Wolf NJW 2004, 2932, 2936.

[42] Vgl. dazu Caesar NJW 1998, 2313.

[43] Vgl. unten die Zitate aus den BT/BR-Entwürfen.

[44] BR-Drs. 175/96.

[45] BT-Drs. 13/4983, S. 3 vom 19.06.1996.

[46] BT-Drs. 13/4983, S. 4, unter 2.

[47] BT-Drs. 13/4983, S. 8

[48] BR-Drs. 933/1/97 vom 05.12.1997.

[49] Vgl. BT-Drs. 13/4983.

[50] Vgl. BT-Drs. 13/7165.

[51] BT-Drs. 13/9063.

[52] BR-Drs. 933/1/97 vom 05.12.1997.

[53] BR-Drs. 933/97 (Annahme des Entwurfes des Bundestages BT-Drs. 13/7165).

[54] BR-Drs. 933/1/97.

[55] Im Sinne einer zusätzlichen Verlesungsvoraussetzung.

[56] Protokoll des Vermittlungsausschusses des Deutschen Bundestages und des Bundesrates, 13. Wahlperiode, (Beck/Saur) München 2007.

[57] BT-Drs. 13/10001.

[58] Vgl. das Plenarprotokoll 13/221 vom 04.03.1998, S. 20216D – 20217A, ( http://dipbt.bundestag.de/doc/btp/ 13/13221.pdf#P.20216 ); BR – Plenarprotokoll 722 06.03.1998, S. 51C-52D, http://dipbt.bundestag.de/doc/ brp/722.pdf#P.51 , vgl. http://dip21.bundestag.de/ dip21/btd/13/100/1310001.pdf .

[59] Caesar NJW 1998, 2313.

[60] http://dip21.bundestag.de/dip21/btp/13/13221.pdf (S. 55 – 67).

[61] BGH 1 StR 327/11 = HRRS 2011 Nr. 1041 = NJW 2011, 3382 = StraFo 2011, 396 mit abl. Anm. Eisenberg.

[62] BVerfG 1 BvR 3413/08 = NJW 2009, 2588.

[63] BVerfG Beschl. v. 19. August 2011 – 2 BvG 1/10.

[64] Caesar NJW 1998, 2313.

[65] Vgl. dort (Fn. 63) in Rn. 49 a.E. den Verweis auf Geiger, Gesetz über das Bundesverfassungsgericht vom 12. März 1951, 1952, Vor § 68 Anm. 1 und § 68 Anm. 1.

[66] BVerfG 2 BvL 8/07= NVwZ 2011, 1146, Rz. 136 für die Ablehnung eines Redaktionsversehens in einem Fall, in Bezug auf den gerade Meinungsverschiedenheiten bestanden haben.

[67] BR-Drs. 175/96.

[68] BR-Drs. 933/1/97.

[69] So ausdrücklich für § 251 Abs. 4 StPO BGH 2 StR 78/10 = HRRS 2010 Nr. 601 = NStZ 2010, 649.

[70] BGH 4 StR 604/05 = HRRS 2006 Nr. 485 = NStZ-RR 2007, 52; 4 StR 51/88 = NStZ 1988, 283; Graf/Ganter (Fn. 7), § 251 Rn. 35.

[71] Meyer-Goßner (Fn. 5), §§ 247a Rn. 8 sowie 251 Rn. 40.

[72] BGH 1 StR 544/09 = HRRS 2011 Nr. 223 = NStZ 2011, 294, 295.

[73] Ob die "Missbrauchslösung" aus BGHSt 51, 88 für die unzulässige Berufung auf ein fehlerhaftes Protokoll auch hier greift, scheint fraglich, weil hier eben das Verfahren fehlerhaft ist; vgl. dazu aber Mosbacher NStZ 2011, 606.

[74] BGH 3 StR 44/11 = HRRS 2011 Nr. 994 = NJW 2011, 2821; a.A. Mosbacher NStZ 2011, 606.

[75] BGH 4 StR 604/05 = HRRS 2006 Nr. 485 = NStZ-RR 2007, 52; BGHR StPO § 251 Abs. 4 Gerichtsbeschluss 1, 3, 4; § 251 Abs. 4 S. 1 Anordnung 1.

[76] Vgl. BGH 4 StR 583/10 = HRRS 2011 Nr. 460 = NStZ 2011, 356; auch BGH 5 StR 531/79.

[77] BGH 1 StR 620/09 = HRRS 2010 Nr. 145 = NStZ 2010, 403.

[78] BGH 4 StR 604/05 = HRRS 2006 Nr. 485 = NStZ-RR 2007, 52.

[79] BGH 2 StR 78/10 = HRRS 2010 Nr. 601 = NStZ 2010, 649.

[80] Z.B. BGH 1 StR 154/96 = BGHSt 42, 170 ("Verteidigerkonsultation").

[81] Vgl. Mosbacher NStZ 2011, 606; dagegen z.B. Widmaier NStZ 2011, 305. Ob sich diese Rechtsprechung auf sämtliche Verfahrensvorschriften wie z.B. das Verlesen der Anklageschrift, § 243 Abs. 3 StPO oder die Belehrung nach § 243 Abs. 5 S. 1 StPO übertragen lässt, wurde bislang noch nicht entschieden; hier böte sich eine Differenzierung nach "unabdingbaren" und disponiblen gesetzlichen Regelungen an.

[82] BGH 3 StR 44/11 = HRRS 2011 Nr. 994= NJW 2011, 2821.