Alle Ausgaben der HRRS, Aufsätze und Anmerkungen ab dem Jahr 2000.
HRRS
Onlinezeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht
Dezember 2010
11. Jahrgang
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1. Ergibt sich für die Maßregel der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung aus der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten in der Auslegung durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eine die Rückwirkung generell hindernde andere Bestimmung im Sinne des § 2 Abs. 6 StGB? (Anfrage nach § 132 GVG) (BGHSt)
2. Im Fall zulässiger rückwirkender Anwendung ist § 67d Abs. 3 Satz 1 StGB einschränkend dahin auszulegen, dass die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung nach zehnjährigem Vollzug für erledigt zu erklären ist, sofern nicht eine hochgradige Gefahr schwerster Gewalt- und Sexualverbrechen aus konkreten Umständen in der Person oder dem Verhalten des Untergebrachten abzuleiten ist. (BGHSt)
3. Die Zulässigkeit konventionskonformer Auslegung des Bundesrechts endet aus Gründen der Gesetzesbindung der Gerichte dort, wo der gegenteilige Wille des nationalen Gesetzgebers deutlich erkennbar wird. (Bearbeiter)
4. Die Europäische Menschenrechtskonvention eröffnet den Gerichten keine Verwerfungskompetenz für eindeutig entgegenstehende Gesetze; vielmehr ist im Falle der Unvereinbarkeit des Bundesrechts mit der EMRK allein der Gesetzgeber aufgerufen, eine Verletzung der Konvention infolge Anwendung eindeutiger gesetzlicher Regelungen durch deren Abänderung zu beseitigen. (Bearbeiter)
5. Eine Interpretation des § 2 Abs. 6 StGB in dem Sinne, dass für die Sicherungsverwahrung eine rückwirkende Anwendung nicht möglich ist, würde den vom eindeutigen Willen des Gesetzgebers getragenen Normbefehl teilweise oder ganz aushöhlen und liefe auf ein dem Richter bei der Berücksichtigung der EMRK nicht zustehendes Normverwerfungsrecht hinaus. (Bearbeiter)
6. Zwar wird eine Aussetzung der Sicherungsverwahrung zur Bewährung nach § 67d Abs. 2 StGB nur selten in Betracht kommen. Sie ist jedoch in Erwägung zu ziehen,
wenn eine hochgradige Gefahr weiterer erheblicher Straftaten zwar prognostiziert wird, diese aber durch den Widerrufsdruck und mit einer Aussetzung zur Bewährung zu verbindende Weisungen so weit reduziert werden kann, dass angenommen werden kann, der Verurteilte könne von der Begehung schwerster Gewalt- oder Sexualverbrechen abgehalten werden. In solchen Konstellationen stellt die Aussetzung zur Bewährung anstelle einer sonst zwingend fortdauernden Vollstreckung die „konventionsfreundlichste“ Maßnahme dar. (Bearbeiter)
7. Ob der weitere Vollzug der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung nach den Kriterien des 2. Leitsatzes noch gerechtfertigt ist, hat das zuständige Gericht von Amts wegen aufgrund einer aktuellen Gefährlichkeitsprognose zu prüfen, auch wenn zwei Jahre seit der letzten Prüfung noch nicht vergangen sind. Die Entscheidung des Gerichtshofs ist eine Tatsache, die eine erneute Prüfung einer Erledigterklärung der Sicherungsverwahrung nach § 67e Abs. 1 StGB oder einer Aussetzung ihrer Vollstreckung unerlässlich macht. (Bearbeiter)
8. Nicht tragend bemerkt der Senat, dass die vorgeschlagene Auslegung der Regelungen zur Sicherungsverwahrung an dem Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Satz 2 EMRK nichts zu ändern vermag. Ihn zu beseitigen ist jedoch primär gesetzgeberischen Maßnahmen vorbehalten. Hierfür ist nach Auffassung des Senats zwingend eine grundlegend veränderte Ausgestaltung des Vollzugs der Sicherungsverwahrung in Betracht zu ziehen, welche dessen vom EGMR festgestellte strafgleiche Wirkung zu beseitigen geeignet ist, insbesondere durch verstärkte Therapieorientierung und deutliche Vollzugserleichterungen im Vergleich zum Strafvollzug. (Bearbeiter)
9. Auch dem Bundesverfassungsgericht obliegt die Berücksichtigung einer verbindlichen Interpretation der Konvention durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. (Bearbeiter)
10. Dem Senat erscheint – nicht tragend – im Hinblick auf den Gleichheitsgrundsatz und das Freiheitsrecht aller in Sicherungsverwahrung Untergebrachten überaus zweifelhaft, ob sich eine Neugestaltung des Vollzugs der Sicherungsverwahrung auf Altfälle mit Rückwirkung beschränken lässt, wie es der Koalitionsentwurf auf BT-Drucks. 17/3403 vorsieht. (Bearbeiter)
1. Bei einer Feststellung gemäß § 111i Abs. 2 StPO ist im Urteilstenor (nur) der Vermögensgegenstand bzw. Geldbetrag zu benennen, den der Staat unter den Voraussetzungen des § 111i Abs. 5 StPO unmittelbar oder als Zahlungsanspruch erwirbt. (BGHSt)
2. Bei der Bestimmung des Vermögensgegenstandes bzw. Zahlungsanspruchs, der dem Auffangrechtserwerb des Staates unterliegt, ist bei mehreren Tätern und/oder Teilnehmern von deren gesamtschuldnerischer Haftung auszugehen, wenn und soweit sie zumindest Mitverfügungsmacht an dem aus der Tat erzielten Vermögenswert hatten. (BGHSt)
3. Die Anwendung der Härtevorschrift des § 73c Abs. 1 StGB kann zur Folge haben, dass gegen mehrere Täter und/oder Teilnehmer unterschiedlich hohe Feststellungen nach § 111i Abs. 2 StPO getroffen werden müssen. (BGHSt)
4. Das „Erlangte“ bzw. der „Geldbetrag, der dem Wert des Erlangten entspricht“, ist in den § 111i Abs. 2 Sätze 2, 3 StPO in demselben Sinn zu verstehen wie in § 73 Abs. 1 Satz 1 bzw. § 73a Satz 1 StGB. (Bearbeiter)
5. Die mit der gesamtschuldnerischen Haftung entstehenden Härten können für jeden Mittäter oder Teilnehmer gesondert durch die Anwendung von § 73c StGB ausgeglichen werden. (Bearbeiter)
6. Der Senat lässt dahingestellt, ob eine gesamtschuldnerische Haftung zudem über eine Zurechnung nach den Grundsätzen der Mittäterschaft in Betracht kommt, wenn sich die Beteiligten (lediglich) darüber einig waren, dass sie Mitverfügungsmacht haben sollten (vgl. BGH NStZ 2003, 198, 199; NStZ-RR 2007, 121; NStZ 2010, 85; NStZ 2010, 568). (Bearbeiter)
1. Die Krisenintervention nach § 67h StGB ist Vollstreckung einer Maßregel im Sinne von § 463 Abs. 1 i.V.m. § 462a Abs. 1 Satz 1 StPO. (BGHSt)
2. § 463 Abs. 7 StPO findet im Fall der Krisenintervention nach § 67h StGB entsprechende Anwendung. (BGHSt)
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Vermögenswert aus der Tat im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erlangt, wenn er dem Täter oder Teilnehmer unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestands in irgendeiner Phase des Tatablaufs zugeflossen ist (BGHSt 52, 227, 246), er an ihm also unmittelbar aus der Tat (tatsächliche, aber nicht notwendig rechtliche) Verfügungsmacht gewonnen und dadurch einen Vermögenszuwachs erzielt hat (BGH JZ 2009, 1124; BGH
vom 28. Oktober 2010 - 4 StR 215/10 m.w.N.). Ein lediglich erzielbarer Vermögenszuwachs kann nicht für verfallen erklärt werden (BGH NStZ-RR 2001, 82; NStZ-RR 2006, 39); das gilt auch für den Verfall von Wertersatz (BGH NStZ 2003, 198, 199).
1. Gemäß § 199 Abs. 1 BGB beginnt die für deliktische Ansprüche geltende dreijährige (§ 195 BGB) Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Zur Kenntnis von der Person des Schuldners gehört auch die Kenntnis von dessen Anschrift, weil erst mit dieser die Erhebung einer Klage erfolgversprechend möglich ist (BGH NJW 2009, 587 m.w.N.). Bei Gesamtschuldnern ist der Beginn der Verjährung für jeden Schuldner getrennt zu ermitteln (BGH NJW 2001, 964).
2. Nach Fristbeginn hemmt der spätere Verlust der Kenntnis von der Anschrift des Schuldners, etwa im Fall eines Umzugs, die Verjährung nicht (OLG Karlsruhe ZIP 2009, 1611).
3. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn dem Gläubiger die Kenntnis fehlt, weil er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich grobem Maße verletzt und auch ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt oder das nicht beachtet hat, was jedem hätte einleuchten müssen (BGH NJW 2009, 587).
1. Ergibt sich für die Maßregel der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung aus der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten in der Auslegung durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eine die Rückwirkung generell hindernde andere Bestimmung im Sinne des § 2 Abs. 6 StGB? (Anfrage nach § 132 GVG) (BGHSt)
2. Im Fall zulässiger rückwirkender Anwendung ist § 67d Abs. 3 Satz 1 StGB einschränkend dahin auszulegen, dass die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung nach zehnjährigem Vollzug für erledigt zu erklären ist, sofern nicht eine hochgradige Gefahr schwerster Gewalt- und Sexualverbrechen aus konkreten Umständen in der Person oder dem Verhalten des Untergebrachten abzuleiten ist. (BGHSt)
3. Die Zulässigkeit konventionskonformer Auslegung des Bundesrechts endet aus Gründen der Gesetzesbindung der Gerichte dort, wo der gegenteilige Wille des nationalen Gesetzgebers deutlich erkennbar wird. (Bearbeiter)
4. Die Europäische Menschenrechtskonvention eröffnet den Gerichten keine Verwerfungskompetenz für eindeutig entgegenstehende Gesetze; vielmehr ist im Falle der Unvereinbarkeit des Bundesrechts mit der EMRK allein der Gesetzgeber aufgerufen, eine Verletzung der Konvention infolge Anwendung eindeutiger gesetzlicher Regelungen durch deren Abänderung zu beseitigen. (Bearbeiter)
5. Eine Interpretation des § 2 Abs. 6 StGB in dem Sinne, dass für die Sicherungsverwahrung eine rückwirkende Anwendung nicht möglich ist, würde den vom eindeutigen Willen des Gesetzgebers getragenen Normbefehl teilweise oder ganz aushöhlen und liefe auf ein dem Richter bei der Berücksichtigung der EMRK nicht zustehendes Normverwerfungsrecht hinaus. (Bearbeiter)
6. Zwar wird eine Aussetzung der Sicherungsverwahrung zur Bewährung nach § 67d Abs. 2 StGB nur selten in Betracht kommen. Sie ist jedoch in Erwägung zu ziehen, wenn eine hochgradige Gefahr weiterer erheblicher Straftaten zwar prognostiziert wird, diese aber durch den Widerrufsdruck und mit einer Aussetzung zur Bewährung zu verbindende Weisungen so weit reduziert werden kann, dass angenommen werden kann, der Verurteilte könne von der Begehung schwerster Gewalt- oder Sexualverbrechen abgehalten werden. In solchen Konstellationen stellt die Aussetzung zur Bewährung anstelle einer sonst zwingend fortdauernden Vollstreckung die „konventionsfreundlichste“ Maßnahme dar. (Bearbeiter)
7. Ob der weitere Vollzug der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung nach den Kriterien des 2. Leitsatzes noch gerechtfertigt ist, hat das zuständige Gericht von Amts wegen aufgrund einer aktuellen Gefährlichkeitsprognose zu prüfen, auch wenn zwei Jahre seit der letzten Prüfung noch nicht vergangen sind. Die Entscheidung des Gerichtshofs ist eine Tatsache, die eine erneute Prüfung einer Erledigterklärung der Sicherungsverwahrung nach § 67e Abs. 1 StGB oder einer Aussetzung ihrer Vollstreckung unerlässlich macht. (Bearbeiter)
8. Nicht tragend bemerkt der Senat, dass die vorgeschlagene Auslegung der Regelungen zur Sicherungsverwahrung an dem Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Satz 2 EMRK nichts zu ändern vermag. Ihn zu beseitigen ist jedoch primär gesetzgeberischen Maßnahmen vorbehalten. Hierfür ist nach Auffassung des Senats zwingend eine grundlegend veränderte Ausgestaltung des Vollzugs der Sicher-
ungsverwahrung in Betracht zu ziehen, welche dessen vom EGMR festgestellte strafgleiche Wirkung zu beseitigen geeignet ist, insbesondere durch verstärkte Therapieorientierung und deutliche Vollzugserleichterungen im Vergleich zum Strafvollzug. (Bearbeiter)
9. Dem Senat erscheint – nicht tragend – im Hinblick auf den Gleichheitsgrundsatz und das Freiheitsrecht aller in Sicherungsverwahrung Untergebrachten überaus zweifelhaft, ob sich eine Neugestaltung des Vollzugs der Sicherungsverwahrung auf Altfälle mit Rückwirkung beschränken lässt, wie es der Koalitionsentwurf auf BTDrucks. 17/3403 vorsieht. (Bearbeiter)
1. Ergibt sich für die Maßregel der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung aus der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten in der Auslegung durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eine die Rückwirkung generell hindernde andere Bestimmung im Sinne des § 2 Abs. 6 StGB? (Anfrage nach § 132 GVG) (BGHSt)
2. Im Fall zulässiger rückwirkender Anwendung ist § 67d Abs. 3 Satz 1 StGB einschränkend dahin auszulegen, dass die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung nach zehnjährigem Vollzug für erledigt zu erklären ist, sofern nicht eine hochgradige Gefahr schwerster Gewalt- und Sexualverbrechen aus konkreten Umständen in der Person oder dem Verhalten des Untergebrachten abzuleiten ist. (BGHSt)
3. Die Zulässigkeit konventionskonformer Auslegung des Bundesrechts endet aus Gründen der Gesetzesbindung der Gerichte dort, wo der gegenteilige Wille des nationalen Gesetzgebers deutlich erkennbar wird. (Bearbeiter)
4. Die Europäische Menschenrechtskonvention eröffnet den Gerichten keine Verwerfungskompetenz für eindeutig entgegenstehende Gesetze; vielmehr ist im Falle der Unvereinbarkeit des Bundesrechts mit der EMRK allein der Gesetzgeber aufgerufen, eine Verletzung der Konvention infolge Anwendung eindeutiger gesetzlicher Regelungen durch deren Abänderung zu beseitigen. (Bearbeiter)
5. Eine Interpretation des § 2 Abs. 6 StGB in dem Sinne, dass für die Sicherungsverwahrung eine rückwirkende Anwendung nicht möglich ist, würde den vom eindeutigen Willen des Gesetzgebers getragenen Normbefehl teilweise oder ganz aushöhlen und liefe auf ein dem Richter bei der Berücksichtigung der EMRK nicht zustehendes Normverwerfungsrecht hinaus. (Bearbeiter)
6. Zwar wird eine Aussetzung der Sicherungsverwahrung zur Bewährung nach § 67d Abs. 2 StGB nur selten in Betracht kommen. Sie ist jedoch in Erwägung zu ziehen, wenn eine hochgradige Gefahr weiterer erheblicher Straftaten zwar prognostiziert wird, diese aber durch den Widerrufsdruck und mit einer Aussetzung zur Bewährung zu verbindende Weisungen so weit reduziert werden kann, dass angenommen werden kann, der Verurteilte könne von der Begehung schwerster Gewalt- oder Sexualverbrechen abgehalten werden. In solchen Konstellationen stellt die Aussetzung zur Bewährung anstelle einer sonst zwingend fortdauernden Vollstreckung die „konventionsfreundlichste“ Maßnahme dar. (Bearbeiter)
7. Ob der weitere Vollzug der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung nach den Kriterien des 2. Leitsatzes noch gerechtfertigt ist, hat das zuständige Gericht von Amts wegen aufgrund einer aktuellen Gefährlichkeitsprognose zu prüfen, auch wenn zwei Jahre seit der letzten Prüfung noch nicht vergangen sind. Die Entscheidung des Gerichtshofs ist eine Tatsache, die eine erneute Prüfung einer Erledigterklärung der Sicherungsverwahrung nach § 67e Abs. 1 StGB oder einer Aussetzung ihrer Vollstreckung unerlässlich macht. (Bearbeiter)
8. Nicht tragend bemerkt der Senat, dass die vorgeschlagene Auslegung der Regelungen zur Sicherungsverwahrung an dem Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Satz 2 EMRK nichts zu ändern vermag. Ihn zu beseitigen ist jedoch primär gesetzgeberischen Maßnahmen vorbehalten. Hierfür ist nach Auffassung des Senats zwingend eine grundlegend veränderte Ausgestaltung des Vollzugs der Sicherungsverwahrung in Betracht zu ziehen, welche dessen vom EGMR festgestellte strafgleiche Wirkung zu beseitigen geeignet ist, insbesondere durch verstärkte Therapieorientierung und deutliche Vollzugserleichterungen im Vergleich zum Strafvollzug. (Bearbeiter)
9. Dem Senat erscheint – nicht tragend – im Hinblick auf den Gleichheitsgrundsatz und das Freiheitsrecht aller in Sicherungsverwahrung Untergebrachten überaus zweifelhaft, ob sich eine Neugestaltung des Vollzugs der Sicherungsverwahrung auf Altfälle mit Rückwirkung beschränken lässt, wie es der Koalitionsentwurf auf BTDrucks. 17/3403 vorsieht. (Bearbeiter)
Im Rahmen der Verhängung einer nicht zur Bewährung ausgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe sind Ausführungen zur späteren Strafaussetzung zur Bewährung fern liegend. Die Frage, „ob es des Vollzugs der Freiheitsstrafe
bedürfe“, stellt sich nicht und muss vom Tatrichter daher auch nicht erörtert werden. Insbesondere ist keine „dringende Empfehlung“ aufzunehmen, den Angeklagten „umgehend in den offenen Vollzug aufzunehmen“. Solche rechtlich unverbindlichen Hinweise können Erfordernisse und Besonderheiten des Vollzugs der Freiheitsstrafe und des Vollstreckungsverfahrens der Natur der Sache nach nicht berücksichtigen und begründen die Gefahr, als rechtlich bindend fehlgedeutet zu werden.
1. Nach § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB unterliegt dem Verfall, was der Täter für die Tat oder aus der Tat erlangt hat. „Aus der Tat erlangt“ sind alle Vermögenswerte, die dem Täter unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestandes selbst in irgendeiner Phase des Tatablaufs zufließen, insbesondere also die Beute; „für die Tat erlangt“ sind demgegenüber Vermögenswerte, die dem Täter als Gegenleistung für sein rechtswidriges Handeln gewährt werden, aber – wie etwa ein Lohn für die Tatbegehung - nicht auf der Tatbestandsverwirklichung selbst beruhen (BGHSt 50, 299, 309 f.; BGH NStZ-RR 2003, 10).
2. Ist es Bestandteil der Bandenabrede, dass der Angeklagte – gegen Kostenerstattung – sein Gewerbe erweitert, um größere Betäubungsmittelmengen transportieren zu können, erlangt er diese Geldbeträge nicht für die Taten, sondern für deren Durchführung. Der festgestellte Sachverhalt ist mit der Geldübergabe an einen Drogenkurier zur Finanzierung der Kurierfahrt und der damit verbundenen Aufenthalte nicht vergleichbar.
Zwar bedarf die Nichtanwendung der Ausnahmeregelung des § 53 Abs. 2 Satz 2 StGB grundsätzlich dann einer ausdrücklichen Begründung, wenn nach den besonderen Umständen des Falles die Bildung einer Gesamtfreiheitsstrafe als das gegenüber dem Bestehenlassen der Geldstrafen schwerere Übel erscheint. Anders verhält es sich aber, wenn sich sämtliche Taten gegen dasselbe Rechtsgut richteten und deshalb die Einbeziehung der Geldstrafen in eine Gesamtfreiheitsstrafe nahelag (vgl. BGHR StGB § 53 Abs. 2 Einbeziehung, nachteilige 6).
Das Schweigen des Urteils zur Sicherungsverwahrung kann einen sachlich-rechtlichen Mangel darstellen, wenn der Tatrichter die Sicherungsverwahrung nicht prüft, obwohl deren formelle Voraussetzungen gegeben sind und die Feststellungen die Annahme nahe legen, dass der Täter infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten für die Allgemeinheit gefährlich ist (vgl. BGH NJW 1999, 2606; 3723, 3724). Bei den Ermessensentscheidungen nach § 66 Abs. 2 oder § 66 Abs. 3 StGB müssen die Urteilsgründe zudem in einer für das Revisionsgericht nachvollziehbaren Weise erkennen lassen, dass und aus welchen Gründen der Tatrichter von seiner Entscheidungsbefugnis in einer bestimmten Weise Gebrauch gemacht hat (vgl. BGH NJW 1999, 3723, 3724; BGHR StGB § 66 Abs. 2, Ermessensentscheidung 2, fehlende Erörterung).
Gemäß § 46 Abs. 2 Satz 1 StGB hat der Tatrichter bei der Strafzumessung die Umstände gegeneinander abzuwägen, die für oder gegen den Täter sprechen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat diese Abwägung umso sorgfältiger zu erfolgen, je mehr sich die für angemessen gehaltene Strafe der unteren oder der oberen Grenze des zur Verfügung stehenden Strafrahmens nähert. Außergewöhnlich hohe Strafen bedürfen einer Rechtfertigung in den Urteilsgründen, die die Abweichung vom Üblichen vor dem Hintergrund der Besonderheiten des jeweiligen Falles verständlich macht (BGH StV 1983, 102; StV 1986, 57; BGHR StGB § 222 Strafzumessung 1).
Mangelnde Therapiemotivation, wie sie in einer ablehnenden Haltung des Angeklagten zum Ausdruck kommt, kann unter Umständen ein Indiz dafür sein, dass eine Entwöhnungsbehandlung keine Erfolgschancen hat. Dazu bedarf es jedoch einer Gesamtwürdigung der Täterpersönlichkeit, insbesondere einer Darstellung der Gründe und Wurzeln des Motivationsmangels, ohne deren Kenntnis sich nicht beurteilen lässt, ob er nicht gerade im Unterbringungsvollzug zu beheben ist. Es darf nicht letztlich allein darauf abgestellt werden, dass der Angeklagte die Maßregel ablehnt.
1. Die Möglichkeit, nach § 53 Abs. 2 Satz 2 StGB gesondert auf eine Geldstrafe zu erkennen, führt nicht dazu, dass die Zäsurwirkung der auf Geldstrafe lautenden Vorverurteilung entfällt (BGH, Beschluss vom 21. Februar 2008 – 4 StR 666/07).
2. Bei § 263 StGB handelt es sich um ein Erfolgsdelikt, bei dem die Tat mit dem vollständigen Eintritt des (angestrebten) tatbestandlichen Erfolges beendet ist. Demnach ist der Betrug beendet, wenn der Vermögensvorteil endgültig eingetreten ist.
Ist der Täter, der vom Versuch einer Straftat strafbefreiend zurückgetreten ist, gleichwohl wegen eines zugleich verwirklichten vollendeten Delikts zu bestrafen, darf der auf die versuchte Straftat gerichtete Vorsatz nicht strafschärfend berücksichtigt werden (BGHSt 42, 43; BGH NStZ 2003, 533).